Entscheidungsstichwort (Thema)
Benachteiligung iSd. AGG. Alter. Geschlecht. Auswahlverfahren. Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG. Kausalitätsvermutung iSv. § 22 AGG. Stellenausschreibung. rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG. Rechtsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
Ohne weitere Anhaltspunkte lässt sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass der Arbeitnehmer wegen seines Geschlechts benachteiligt wurde, wenn der Arbeitgeber bei ungefähr gleicher Anzahl von Bewerbungen von Frauen und Männern ausschließlich Frauen ausgewählt hat, die zum Teil geringer qualifiziert waren als der männliche Bewerber.
Normenkette
AGG § 15 Abs. 2, §§ 11, 22, 3 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird – unter Zurückweisung der Revision des Klägers im Übrigen – das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. März 2013 – 7 Sa 1257/12 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Anträge des Klägers zu 2. und zu 3. abgewiesen wurden.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsstreits – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger wegen mehrerer Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot des AGG eine Entschädigung und Schadensersatz zu zahlen und ob die Beklagte zur Unterlassung verpflichtet ist.
Der im Jahr 1973 geborene Kläger bestand 1999 die Erste Juristische Staatsprüfung in Ba mit der Gesamtnote „befriedigend (6,58)” und Ende 2001 die Zweite Juristische Staatsprüfung, ebenfalls in Ba, mit der Gesamtnote „ausreichend (5,60)”. Nach einem Auslandsaufenthalt war er von August 2002 bis Mai 2003 als freier Mitarbeiter in einer Anwaltskanzlei und daneben als Lehrkraft tätig; daran anschließend betrieb er bis Dezember 2005 eine Rechtsanwaltskanzlei in Ro. Von Januar 2006 bis Juni 2007 war der Kläger bei der D-Versicherungs-AG angestellt, zunächst im Rahmen eines Trainee-Programms und sodann als leitender Angestellter. Während des Jahres 2008 absolvierte er einen Masterstudiengang an der University of St, Republik S, und erwarb im Dezember 2008 den Titel „Master of Laws (LLM) (Public Law)”. Nach seiner Rückkehr aus S war der Kläger arbeitslos gemeldet und bezog vom 23. Februar 2009 bis zum 3. Mai 2009 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Im ersten Halbjahr des Jahres 2009 bewarb er sich mehrfach erfolglos.
Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen. Im März 2009 schrieb sie auf ihrer Webseite ein „Trainee-Programm 2009” für die Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften, (Wirtschafts-)Mathematik, (Wirtschafts-)Informatik und Jura aus, das im August 2009 beginnen und zwölf Monate dauern sollte. In der Ausschreibung hieß es ua.:
„Auswahlverfahren:
- ▪ Durchführung eines Interviews
- ▪ Assessmentcenter (eintägig) mit persönlichem Interview, Einzel- und Gruppenübungen
Wir bieten Ihnen …
- ▪ ein maßgeschneidertes Trainee-Programm in verschiedenen Unternehmensbereichen
- ▪ gezielte Mitarbeit in Themen und Projekten des Fachbereichs, erweitert um Rotationen in ausgewählten Schnittstellenbereichen im Innen- und Außendienst
- ▪ Kombination von „on the job” Komponenten mit „off the job” Komponenten (spezielle Trainings, Fachseminare, etc.)
- ▪ persönliche Betreuung und individuelle Förderung durch einen Paten
- ▪ Festlegen individueller Entwicklungspläne
Anforderungskriterien:
- ▪ einen sehr guten Hochschulabschluss in einer der oben genannten Fachrichtungen, der nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt
- ▪ qualifizierte, berufsorientierte Praxiserfahrung, z. B. durch Ausbildung, Praktika oder Werkstudententätigkeit
- ▪ Wille, Verantwortung zu übernehmen und selbstständig zu arbeiten
- ▪ Fähigkeit, analytisch und konzeptionell zu denken
- ▪ Bereitschaft und Fähigkeit, sich schnell in neue Themen einzudenken und aus Erfahrungen zu lernen
- ▪ Spaß in einem Team zu arbeiten, sich auf andere einzustellen und zu überzeugen
- ▪ Flexibilität, sich auf unterschiedliche Situationen einzustellen
- ▪ als Wirtschaftswissenschaftler/in haben Sie außerdem idealerweise in Ihren Schwerpunkt im Versicherungsmanagement oder Rechnungswesen gesetzt
- ▪ Als Jurist haben Sie beide Staatsexamina erfolgreich abgelegt und verfügen zudem über eine arbeitsrechtliche Ausrichtung oder bringen medizinische Kenntnisse mit
- ▪ als Mathematiker/in verfügen Sie idealerweise über eine versicherungsmathematische Ausrichtung.
…”
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 25. März 2009 auf „IhreStelle für das Traineeprogramm 2009, Fachrichtung: Jura” wie folgt:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großem Interesse habe ich auf Ihre Homepage gelesen, dass Sie für Ihr 12-monatiges Traineeprogramm ab August diesen Jahres auch Absolventen der Fachrichtung Jura suchen. Da ich mich von Ihrem Stellenprofil sehr angezogen fühle und ich bisher insbesondere die Bereiche Arbeitsrecht und Versicherung in meiner beruflichen Laufbahn verbinden konnte, darf ich auf meine online eingereichten Bewerbungsunterlagen verweisen.
Als ehemaliger Schadenbüroleiter einer bedeutsamen Rechtsschutzversicherung verfüge ich bereits über Führungserfahrung im Bereich der privaten Versicherungswirtschaft, da ich im Rahmen dieser Tätigkeit Personalverantwortung für fünf Volljuristen und drei Bürokräfte hatte. Im Rahmen meiner mehr als fünfjährigen anwaltlichen Tätigkeit habe ich mich vorwiegend im Bereich des Arbeitsrechts bewegt und absolviere derzeit auch den Fachanwaltskurs für Arbeitsrecht. Da ich ferner derzeit wegen des Todes meines Vaters ein umfangreiches medizin-rechtliches Mandat betreue, dass sich in viele Bereich des Medizinrechts erstreckt, verfüge ich auch dort bereits über einen erweiterten Erfahrungshorizont. Durch meinen einjährigen Auslandsaufenthalt in S habe ich den Titel ‚Master of Laws’ erworben und befasste mich dort ebenfalls schwerpunktmäßig mit dem Arbeitsrecht.
Als ehemaliger leitender Angestellter und Rechtsanwalt bin ich es gewohnt Verantwortung zu übernehmen und selbständig zu arbeiten. Als absoluter ‚Teamplayer’ bin ich wegen meiner umfangreichen Auslandserfahrungen in äußerstem Maße flexibel. Neue Themen reizen mich und insbesondere motiviert mich, aus diesen Erfahrungen zu lernen.
Sie gewinnen einen hoch motivierten Mitarbeiter, der gerne die Gelegenheit hätte Sie in einem persönlichen Gespräch zu überzeugen.
Mit freundlichen Grüßen
…”
Mit E-Mail vom 19. April 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Absage.
Im Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 11. Juni 2009 heißt es:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
Am 25.03.2009 hatte ich mich online bei Ihnen für ein 12-monatiges Trainee-Programm beworben. Bereits am 19.04.2009 habe ich von Ihnen eine Absage erhalten. Angesichts der Tatsache, dass ich wie maßgeschneidert auf Ihr Stellenprofil passe, ist dies für mich nicht nachvollziehbar. In Ihrer Stellenbeschreibung hatten Sie jedoch erwähnt, dass sie Bewerber ansprechen wollen, deren Studienabschluss nicht länger als 1 Jahr zurück liegt. Mein Studienabschluss liegt mittlerweile mehr als sieben Jahre zurück und ich verfüge über mindestens sechs Jahre Berufserfahrung. Ich gehe daher davon aus, dass ich Ihnen für Ihr Trainee-Programm zu alt war. Jedenfalls haben Sie mit der Formulierung, dass der Studienabschluss nicht länger als ein Jahr zurückliegen solle, die gesetzliche Vermutung geschaffen, dass das Alter bei der Stellenbesetzung eine Rolle gespielt hat.
Ich mache daher Ansprüche wegen Altersdiskriminierung nach dem AGG geltend wie folgt:
1.
Ich darf Sie hiermit auffordern, es künftig zu unterlassen Bewerber für Ihr Unternehmen wegen Ihres Alters zu diskriminieren. Erfüllen können Sie mir gegenüber diesen Anspruch, indem Sie mir eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zukommen lassen, die geeignet ist, die Wiederholungsgefahr für die Zukunft zu vermeiden.
2.
Weiterhin mache ich gegen Sie den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend und darf Sie daher auffordern, an mich EUR 14.000,– zu zahlen. Ich gehe hierbei von vier Bruttomonatsgehältern zu je EUR 3.500,– aus. Da mir die zu erwartende Vergütung nicht bekannt ist, gehe ich vorliegend von einem Durchschnittsgehalt für einen Trainee aus. Selbstverständlich behalte ich mir vor, eine wesentlich höhere Entschädigung geltend zu machen.
3.
Ferner mache ich gegen Sie den materiellen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG geltend, dessen Höhe ich derzeit nicht beziffern kann und erhebe diesen daher derzeit in unbestimmter Höhe. Ich darf Sie daher auffordern, mir gegenüber den materiellen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach anzuerkennen.
Für die Bearbeitung meiner Anliegen habe ich mir den
vorgemerkt. Falls meine Ansprüche bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt sein sollten bzw. mir kein akzeptables Vergleichsangebot unterbreitet werden sollte, müssen Sie mit rechtlichen Schritten rechnen.
Angesichts der rechtlichen Vermutung der Diskriminierung obliegt Ihnen der Gegenbeweis dafür, dass das Alter bei der Stellenbesetzung keine Rolle gespielt hat.
Mit freundlichen Grüßen
…”
Mit Schreiben vom 29. Juni 2009 antwortete die Beklagte dem Kläger wie folgt:
„…,
mit Schreiben vom 25.03.2009 hatten Sie sich auf eine Stelle einer bzw. eines Trainee der Fachrichtung Jura beworben.
Wir haben den Vorgang erneut überprüft und dabei festgestellt, dass Ihnen bedauerlicherweise mit Datum vom 19.04.2009 aus Versehen eine automatisch generierte Absage erteilt wurde, die so nicht unseren Intentionen entsprach.
Wir laden Sie hiermit ein,
am 7. Juli 2009
um 14.00 Uhr
in die J-Straße (bitte beim Empfang melden)
in W
zu kommen, um mit uns gemeinsam über eine mögliche berufliche Zukunft bei R zu sprechen. Ihr Gesprächspartner wird der Unterzeichner sein.
Wir würden uns freuen, wenn Sie den vorgenannten Termin wahrnehmen könnten, und sehen Ihrer entsprechenden Bestätigung bis zum 1. Juli 2009 entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
…”
Im Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 30. Juni 2009 heißt es sodann:
„…,
in der vorbenannten Angelegenheit beziehe ich mich auf Ihr Schreiben vom 29.06.2009. Die Geschichte von der automatisch generierten Absage würde ich Ihnen gerne glauben. Leider glaube ich jedoch nicht an den Zufall, dass dieser vorgebliche Fehler gerade bei demjenigen Bewerber erfolgte, der später Ansprüche wegen Diskriminierung geltend macht.
Ich schlage daher vor, dass wir nach Abschluss dieses Verfahrens über unsere Zukunft bei der R Versicherung sprechen. Sicherlich sind auch Sie der Meinung, dass meine Karriere bei Ihnen nicht schon im Vorfeld durch einen andauernden Arbeitsgerichtsprozess belastet sein sollte.
Ich schlage daher vor, dass Sie die von mir geltend gemachten Ansprüche erfüllen, damit wir dann sehr rasch über meine Zukunft bei der R Versicherung sprechen können.
Mit freundlichen Grüßen
…”
Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 wandte sich der Kläger wie folgt erneut an die Beklagte:
„…,
in der vorbenannten Angelegenheit beziehe ich mich auf Ihr Schreiben vom 22.07.2009. Wie Sie meiner Bewerbung entnehmen können, war ich ursprünglich an einer sehr reizvollen Stelle in Ihrem Unternehmen interessiert. Da Sie mich nunmehr wegen meines Alters bei der Stellenvergabe diskriminiert haben, entnehmen Sie meine Interessen nunmehr meinem ersten anwaltlichen Schreiben, das die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, Entschädigungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen beinhaltet.
Sie werden doch nicht allen Ernstes der Auffassung sein, dass eine Diskriminierung durch eine rückwirkende Einladung zum Vorstellungsgespräch rückgängig gemacht werden kann. Die Unsachlichkeit Ihres letzten Schreibens bestätigt mir, dass Sie mich offensichtlich nicht ernsthaft für eine Stelle vorgesehen haben und dass derzeit eine Beschäftigung bei Ihnen keinen Sinn macht.
Selbstverständlich könnte ich mir eine Beschäftigung nach Beendigung dieses Rechtsstreits bei Ihnen vorstellen, sofern Sie endlich die Einsicht finden werden, dass Diskriminierung in unserer Gesellschaft nichts zu suchen hat sofern Sie Vorkehrungen getroffen haben, dass in Ihrem Unternehmen Diskriminierungen nicht mehr auftreten werden.
Mit freundlichen Grüßen
…”
Die Beklagte besetzte im Fachbereich Jura des ausgeschriebenen Trainee-Programms vier Stellen. Die vier ausgewählten Bewerberinnen haben im Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamen die folgenden Punktzahlen erreicht: G: 9,41 und 7,69 Punkte; E: 8,05 und 8,06 Punkte; B: 8,46 und 5,65 Punkte und F: 6,0 und 5,72 Punkte. Insgesamt hatten sich für das Trainee-Programm im Fachbereich Jura 29 Männer und 34 Frauen beworben.
Nachdem die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16. August 2010 mitgeteilt hatte, die Stellen im Fachbereich Jura mit den Bewerberinnen G, E, B und F besetzt zu haben, machte der Kläger mit Schreiben vom 14. Oktober 2010 dieser gegenüber Folgendes geltend:
„Sehr geehrter Herr Kollege V,
in der obigen Angelegenheit haben Sie mit Schriftsatz vom 18.08.2010 vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Stellen mit vier weiblichen Bewerberinnen besetzt worden seien. Auf Grund der Tatsache, dass 100 % der Stellen mit weiblichen Bewerberinnen besetzt worden sind, haben Sie für Ihre Mandantin die Vermutung geschaffen, dass auch das Geschlecht bei der Stellenbesetzung eine Rolle gespielt hat. …
Meine Ansprüche wegen Geschlechtsdiskriminierung mache ich hiermit Ihrer Mandantin gegenüber explizit geltend und behalte mir vor, die Klage entsprechend zu erweitern, da schließlich jede Diskriminierung wegen eines bestimmten Diskriminierungsmerkmals eine gesonderte Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt.
Die Tatsache der Geschlechtsdiskriminierung dürfte die bisher rechtshängigen Ansprüche stützen bzw. eine weitergehende Entschädigung von einem Bruttomonatsgehalt rechtfertigen.
Mit freundlichen Grüßen
…”
Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 hat die Beklagte eine Liste vorgelegt, in der in den Rubriken „Nachname” und „Vorname” neben den vier namentlich genannten erfolgreichen Bewerberinnen weitere Bewerber/innen anonymisiert aufgeführt sind. Die Liste enthält eine Reihe weiterer Rubriken: „M” und „W” für männlich und weiblich, dort sind die Bewerber/innen durchgehend mit Kreuzchen zugeordnet, „Nat” für Nationalität, dort ist eine Zuordnung nur bezogen auf die vier erfolgreichen Bewerberinnen vorgenommen, sowie die Rubrik „GebDatum”, die fast durchgehend ausgefüllt ist.
Mit seiner am 8. September 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 11. September 2009 zugestellten Klage hat der Kläger seine auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. mindestens 14.000,00 Euro, auf Feststellung eines materiellen Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG sowie auf Unterlassung gerichteten Begehren – jeweils gestützt auf eine Diskriminierung wegen seines Alters – weiter verfolgt. Nachdem die Beklagte eine – später für erledigt erklärte – Widerklage erhoben hatte mit dem Antrag festzustellen, dass Ansprüche wegen einer Geschlechtsdiskriminierung nicht bestehen, hat der Kläger mit seiner am 17. November 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 23. November 2010 zugestellten Klageerweiterung zusätzlich einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Diskriminierung wegen seines Geschlechts iHv. mindestens 3.500,00 Euro geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn wegen seines Alters und seines Geschlechts benachteiligt. Er sei umfassend für die ausgeschriebene Stelle qualifiziert, insbesondere habe er medizinische Kenntnisse sowie eine arbeitsrechtliche Ausrichtung. Die Beklagte habe jedoch mit der Stellenanzeige eine Person gesucht, die über einen Hochschulabschluss verfügt, der „nicht länger als 1 Jahr zurückliegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt”. Damit habe sie junge Menschen – hier: Juristen unter dreißig – gesucht und ältere, bereits berufserfahrene Bewerber – wie ihn – diskriminiert. Ein Indiz dafür, dass er auch wegen seines Geschlechts benachteiligt worden sei, liege in dem Umstand, dass bei zahlenmäßig annähernd gleicher Anzahl von Bewerbungen von Frauen und Männern ausschließlich Frauen ausgewählt worden seien. Zudem seien zwei der eingestellten Frauen weniger qualifiziert als er. Auch der Umstand, dass die Bewerber/innen in der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 bei Gericht eingereichten Liste nach dem Geschlecht erfasst worden seien, sei ein Indiz für eine darauf bezogene Diskriminierung.
Eine Rechtfertigung sei weder für die Benachteiligung wegen des Alters noch für die wegen des Geschlechts gegeben. Insoweit sei insbesondere zu berücksichtigen, dass das von der Beklagten ausgeschriebene Trainee-Programm nicht auf eine nur befristete Beschäftigung angelegt sei, sondern – wie jedenfalls Trainee-Programme in der Versicherungswirtschaft allgemein – der Rekrutierung geeigneten Führungskräftenachwuchses diene, der nach Abschluss des Programms regelmäßig in entsprechenden Führungspositionen tätig werde.
Sein Verlangen nach Entschädigung und Schadensersatz sei nicht dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Er habe sich im fraglichen Zeitraum nach seiner Rückkehr aus dem Ausland und angesichts seiner Arbeitslosigkeit neu orientieren müssen und sich deshalb vielfach und auf unterschiedliche Stellen beworben, so auch bei der Beklagten. Die Einladung der Beklagten zum Vorstellungsgespräch sei nicht ernsthaft gewesen; die Beklagte habe hiermit nur die Abwendung von Ansprüchen nach dem AGG bezweckt. Er habe die Einladung auch nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern nur für den angedachten Termin nicht angenommen, um zunächst die Frage der Diskriminierung zu klären. Im Übrigen sei eine Einstellung angesichts eines schwelenden Rechtsstreits auch wenig wahrscheinlich, jedenfalls wäre mit einer schnellen arbeitgeberseitigen Beendigung eines gleichwohl geschlossenen Arbeitsverhältnisses in der Probezeit zu rechnen gewesen.
Angesichts seiner besonderen Eignung für die ausgeschriebene Position sei die Höhe der Entschädigung nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf drei geschätzte Bruttomonatsentgelte à 3.500,00 Euro begrenzt. Zusätzlich sei wegen der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine weitere Entschädigung in Höhe eines geschätzten Bruttomonatsverdienstes von 3.500,00 Euro zu zahlen. Im Hinblick auf den von ihm geforderten Ersatz materieller Schäden sei davon auszugehen, dass inzwischen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestünde. Schließlich habe er auch einen Unterlassungsanspruch, wobei die Diskriminierung in der Vergangenheit eine Wiederholungsgefahr indiziere.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt
- die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Stellenbewerber im Allgemeinen und insbesondere den Kläger im Auswahlverfahren für eine Stelle als Trainee/Jurist wegen ihres/seines Alters zu benachteiligen;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 14.000,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Juni 2009 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm aufgrund der unterlassenen Einstellung bei der Beklagten vom 19. April 2009 entstanden sind und künftig entstehen werden;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine weitere angemessene Entschädigung in Geld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 3.500,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23. November 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, das Verlangen des Klägers nach ua. Entschädigung und Schadensersatz sei dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt. Der Kläger habe sich bei ihr nicht mit dem Ziel beworben, die Stelle zu erhalten. Vielmehr sei es ihm nur darum gegangen, eine Ablehnung zu provozieren und Ansprüche nach dem AGG geltend zu machen. Dies werde durch mehrere Umstände belegt. So sei das Bewerbungsanschreiben bewusst so formuliert worden, dass eine Ablehnung provoziert werde. Auch der Umstand, dass der Kläger die Einladung zum Vorstellungsgespräch abgelehnt habe, belege die ausschließlich auf Erlangung einer Entschädigung gerichtete Intention des Klägers. Dafür spreche auch, dass der Kläger sich nachweislich mehrmals – wie die von ihr, der Beklagten, aufgeführten Fälle zeigten – gerade auf ihm diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und im Anschluss Ansprüche nach dem AGG geltend gemacht habe. Die wahre Intention des Klägers zeige sich zudem daran, dass er sich im Rechtsstreit nicht nur auf eine Diskriminierung wegen eines, sondern wegen zweier Merkmale iSv. § 1 AGG berufe und er in der Vergangenheit auch schon Entschädigungsansprüche nach dem AGG gegenüber einem Diskothekenbetreiber geltend gemacht habe, nachdem ihm als Mann der Einlass verwehrt worden sei.
Die Stellenausschreibung habe sich ausdrücklich an Personen gerichtet, die beruflich noch nicht festgelegt seien. Dies seien zwar in der Regel jüngere Bewerber und Bewerberinnen. Eine dadurch gegebene mittelbare Benachteiligung sei jedoch gerechtfertigt, wenn ein Unternehmen – wie hier – ein Interesse daran habe, Personen einzustellen, die beruflich noch nicht festgelegt seien, um diese durch ein Trainee-Programm auf die zu ihnen passende Aufgabe im Unternehmen vorzubereiten. Berufseinsteiger seien zudem generell noch lernfähig und formbar, weshalb es in ihrem berechtigten unternehmerischen Interesse liege, die Ausschreibung auf solche Personen zu beziehen.
Auch eine Diskriminierung wegen des Geschlechts liege nicht vor. Innerhalb des für sie, die Beklagte, interessanten „Altersrahmens” seien nur noch 14 der 29 männlichen Bewerber verblieben und 28 der 34 Bewerberinnen. Sie habe im Auswahlverfahren zunächst eine Auswahl nach dem Alter getroffen, dann nach den Examensnoten und sonstigen Qualifikationen. Danach seien unter den nach dem Alter in Frage kommenden Bewerbern/innen mehr Frauen als Männer gewesen. Drei der ausgewählten Bewerberinnen seien bereits nach den Examensnoten besser gewesen als der Kläger; die weitere Bewerberin habe zusätzliche Qualifikationen aufweisen können, nämlich ua. einen Magisterabschluss mit 9,27 Punkten. In der mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 bei Gericht eingereichten Bewerberliste seien personenbezogene Daten, wie das Geschlecht, lediglich zu Identifizierungs- und Unterscheidungszwecken erfasst.
Der Kläger sei auch deshalb abgelehnt worden, weil Volljuristen nach einer internen Personalrichtlinie bei ihr nur tätig werden dürften, wenn sie keine Anwaltszulassung innehätten. Im Übrigen sei der Kläger für die ausgeschriebene Stelle nicht qualifiziert, da er nicht über den in der Ausschreibung geforderten sehr guten Hochschulabschluss verfüge.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung des Klägers mit Urteil vom 16. Januar 2012 (– 7 Sa 615/11 –) zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin hat der Senat mit Beschluss vom 23. August 2012 (– 8 AZN 711/12 –) die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wegen einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 18. März 2013 (– 7 Sa 1257/12 –) erneut zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit der vom Senat mit Beschluss vom 26. September 2013 (– 8 AZN 559/13 –) zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Der Senat hat den Gerichtshof der Europäischen Union mit Beschluss vom 18. Juni 2015 (– 8 AZR 848/13 (A) –) um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über folgende Fragen ersucht:
„1. Sind Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) dahin gehend auszulegen,
dass auch derjenige ‚Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger Erwerbstätigkeit’ sucht, aus dessen Bewerbung hervorgeht, dass nicht eine Einstellung und Beschäftigung, sondern nur der Status als Bewerber erreicht werden soll, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können?
2. Falls die erste Frage bejaht wird:
Kann eine Situation, in der der Status als Bewerber nicht im Hinblick auf eine Einstellung und Beschäftigung, sondern zwecks Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen erreicht wurde, nach Unionsrecht als Rechtsmissbrauch bewertet werden?”
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 28. Juli 2016 (– C-423/15 –) erkannt:
„Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sind dahin auszulegen, dass eine Situation, in der eine Person mit ihrer Stellenbewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur den formalen Status als Bewerber erlangen möchte, und zwar mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen, nicht unter den Begriff ‚Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger Erwerbstätigkeit’ im Sinne dieser Bestimmungen fällt und, wenn die nach Unionsrecht erforderlichen Tatbestandsmerkmale vorliegen, als Rechtsmissbrauch bewertet werden kann.”
Die Parteien halten nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union an ihren Anträgen fest.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat teilweise Erfolg. Soweit der Kläger die Beklagte mit dem Antrag zu 1. auf Unterlassung und mit dem Antrag zu 4. auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen seines Geschlechts in Anspruch nimmt, ist die Revision unbegründet. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Revision ist hingegen insoweit begründet, als der Kläger mit dem Antrag zu 2. von der Beklagten eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen seines Alters verlangt und mit dem Antrag zu 3. – in der gebotenen Auslegung – die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm nach § 15 Abs. 1 AGG zum Ersatz sämtlicher materieller Schäden verpflichtet ist, die ihm aufgrund der unterlassenen Einstellung entstanden sind und künftig entstehen werden. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers insoweit nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich insoweit auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässigen Klageanträge zu 2. und zu 3. begründet sind, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) im Kostenpunkt und im Übrigen insoweit, als die Anträge des Klägers zu 2. und zu 3. abgewiesen wurden und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
A. Soweit der Kläger die Beklagte mit dem Antrag zu 1. auf Unterlassung und mit dem Antrag zu 4. auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen seines Geschlechts in Anspruch nimmt, ist die Revision unbegründet.
I. Der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag zu 1. ist unzulässig, er genügt nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Bestimmtheit des Antrags zu 1. ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen (vgl. ua. BGH 30. April 2015 – I ZR 196/13 – Rn. 9 mwN; 20. Juni 2013 – I ZR 55/12 – Rn. 12 mwN; 10. Februar 2011 – I ZR 164/09 – Rn. 16 mwN; vgl. ferner etwa BAG 27. Juli 2010 – 3 AZR 615/08 – Rn. 17).
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die beklagte Partei deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (ua. BGH 6. Oktober 2016 – I ZR 25/15 – Rn. 29 mwN; 21. Mai 2015 – I ZR 183/13 – Rn. 13; 4. November 2010 – I ZR 118/09 – Rn. 11 mwN). Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit als unzulässig anzusehen. Abweichendes kann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (ua. BGH 21. Mai 2015 – I ZR 183/13 – Rn. 13 mwN; 5. Oktober 2010 – I ZR 46/09 – Rn. 10 mwN; 16. November 2006 – I ZR 191/03 – Rn. 16 mwN).
2. Danach genügt der im vorliegenden Verfahren gestellte Antrag, „es … zu unterlassen, Stellenbewerber im Allgemeinen und insbesondere den Kläger im Auswahlverfahren für eine Stelle als Trainee/Jurist wegen ihres/seines Alters zu benachteiligen” nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag gibt lediglich den Wortlaut von ua. §§ 1 und 7 AGG wieder, ohne dass erkennbar wäre, welche konkrete/n Handlung/en insoweit als Verletzungshandlung/en anzusehen und von der Beklagten zu unterlassen sind. Im Fall einer stattgebenden Entscheidung bliebe es demnach im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen zu entscheiden, was der Beklagten verboten ist und was nicht. Darauf, ob der Kläger auch insoweit ein Rechtsschutzinteresse hat, als er Unterlassung auch bezogen auf „Stellenbewerber im Allgemeinen” begehrt, was zweifelhaft ist, kommt es nach alledem nicht an.
II. Soweit der Kläger mit dem Antrag zu 4. von der Beklagten eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen seines Geschlechts verlangt, hat die Revision ebenfalls keinen Erfolg. Zwar durfte das Landesarbeitsgericht den Antrag zu 4. nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen. Die Annahme des Berufungsgerichts, der zulässige Antrag zu 4. sei unbegründet, erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO).
1. Das Landesarbeitsgericht durfte den Antrag zu 4. nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung. Insoweit komme es nicht darauf an, ob die vom Kläger vorgetragenen Umstände die Vermutung begründen könnten, der Kläger sei in unzulässiger Weise wegen seines Geschlechts benachteiligt worden. Wie die Prüfung einer etwaigen Diskriminierung wegen des Alters des Klägers ergeben habe, habe die Beklagte ihn in zulässiger Weise bereits deshalb aus dem Kreis der aussichtsreichen Bewerber ausnehmen dürfen, weil er eine Grundvoraussetzung der Stellenausschreibung, nämlich einen zeitlich nahen Studienabschluss, nicht erfülle. Die faktische Ungleichbehandlung von Bewerbern, deren Studienabschluss schon länger als ein Jahr zurückliege und die nach der statistischen Wahrscheinlichkeit älter als solche mit nahem Examen seien, sei nämlich durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Da der Kläger sich danach nicht mehr im Kreis der für eine weitere Auswahl in Frage kommenden Bewerber befunden habe, bei denen allein eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts in Frage kommen könne, sei eine Diskriminierung wegen des Geschlechts von vornherein ausgeschlossen.
b) Diese Annahme des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit die Regelungssystematik des AGG und dabei insbesondere den Bedeutungsgehalt von § 4 AGG verkannt.
aa) Nach der Systematik des AGG ist jede Benachteiligung im Hinblick auf jeden der in § 1 AGG aufgeführten einzelnen Gründe gesondert zu überprüfen. Dies findet seine Bestätigung in § 4 AGG, der die unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer Gründe iSv. § 1 AGG regelt. Nach § 4 AGG kann eine unterschiedliche Behandlung, die wegen mehrerer der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt, nach den §§ 8 bis 10 und § 20 AGG nur gerechtfertigt werden, wenn sich die Rechtfertigung auf alle diese Gründe erstreckt, derentwegen die unterschiedliche Behandlung erfolgt. § 4 AGG schafft dabei allerdings keine neue, aus der Kombination mehrerer dieser Gründe resultierende Diskriminierungskategorie, die sich dann feststellen ließe, wenn eine Diskriminierung wegen dieser Gründe – einzeln betrachtet – nicht nachgewiesen ist. Die Vorschrift berücksichtigt vielmehr den Umstand, dass bestimmte Personengruppen typischerweise der Gefahr der Benachteiligung aus mehreren Gründen iSv. § 1 AGG ausgesetzt sind und stellt klar, dass jede Ungleichbehandlung für sich auf ihre Rechtfertigung hin zu prüfen ist. Ist eine unterschiedliche Behandlung möglicherweise im Hinblick auf einen der in § 1 AGG genannten Gründe gerechtfertigt, liegt darin nicht zugleich die Rechtfertigung einer Benachteiligung wegen eines anderen in § 1 AGG genannten – ebenfalls vorliegenden – Grundes (BT-Drs. 16/1780 S. 33). In dieser Auslegung entspricht § 4 AGG den unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. EuGH 24. November 2016 – C-443/15 – [Parris] Rn. 79 ff.).
bb) Danach durfte das Landesarbeitsgericht eine etwaige Diskriminierung des Klägers wegen des Geschlechts nicht mit der Begründung verneinen, die Ungleichbehandlung älterer Bewerber sei durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, weshalb die Beklagte ihn in zulässiger Weise aus dem Kreis der aussichtsreichen Bewerber, bei denen allein eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts in Frage kommen könne, habe ausnehmen dürfen. Vielmehr hätte das Landesarbeitsgericht gesondert prüfen müssen, ob eine etwaige Benachteiligung des Klägers wegen seines Geschlechts gerechtfertigt war.
2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Antrag zu 4. sei unbegründet, stellt sich allerdings aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG aufgrund einer Benachteiligung wegen seines Geschlechts, da er – obgleich ihn insoweit die Darlegungslast trifft – schon keine Indizien iSv. § 22 AGG für eine solche Diskriminierung dargetan hat.
a) Zwar wurde der Kläger dadurch, dass er von der Beklagten nicht eingestellt wurde, unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt. Er hat durch die Nichteinstellung eine weniger günstige Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG erfahren als die letztlich eingestellten Bewerberinnen.
b) Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass er die unmittelbare Benachteiligung wegen seines Geschlechts erfahren hat. Er hat keine Indizien iSv. § 22 AGG vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass zwischen der benachteiligenden Behandlung und seinem Geschlecht der nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Kausalzusammenhang bestand. Der Kläger hat sich insoweit ausschließlich darauf gestützt, die Beklagte habe – wie die mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 bei Gericht eingereichte Liste zeige – bei der Datenerhebung eine Differenzierung nach dem Geschlecht vorgenommen, sie habe bei ungefähr gleicher Anzahl von Bewerbungen von Frauen und Männern ausschließlich Frauen ausgewählt und habe schließlich Frauen eingestellt, die im Vergleich mit ihm weniger qualifiziert gewesen seien. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Vermutung iSv. § 22 AGG zu begründen, dass er wegen seines Geschlechts diskriminiert wurde.
aa) Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare (§ 3 Abs. 1 AGG) als auch mittelbare (§ 3 Abs. 2 AGG) Benachteiligungen verbietet.
(1) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst allerdings nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen” eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht – gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder” des Verhaltens – handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 62; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 53, BAGE 155, 149; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 34 mwN).
(2) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den (haftungsbegründenden) Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149).
(a) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt ist (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149). Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaţia ACCEPT] Rn. 50; vgl. auch EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 31 mwN).
(b) Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 85; 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaţia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 – C-54/07 – [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 11. August 2016 – 8 AZR 375/15 – Rn. 24; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 54 mwN, BAGE 155, 149). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 63 mwN; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – aaO).
bb) Danach hat der Kläger schon keine (hinreichenden) Indizien iSv. § 22 AGG vorgetragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass zwischen der benachteiligenden Behandlung und seinem Geschlecht der nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Kausalzusammenhang bestand.
(1) Der vom Kläger vorgetragene Umstand, dass die Beklagte bei ungefähr gleicher Anzahl von Bewerbungen von Frauen und Männern ausschließlich Frauen ausgewählt habe, die zum Teil geringer qualifiziert seien als er, lässt im vorliegenden Fall ohne weitere Anhaltspunkte nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass der Kläger wegen seines Geschlechts benachteiligt wurde.
(a) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung statistischer Daten in einem Rechtsstreit wegen einer verbotenen Diskriminierung hinweist, trifft es zwar zu, dass im Rahmen der richterlichen Würdigung des Sachverhalts ua. Ergebnisse von Statistiken einen tatsächlichen Anhaltspunkt für eine Benachteiligung „wegen” eines in § 1 AGG genannten Grundes darstellen können (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 22 AGG, BT-Drs. 16/1780 S. 47, sowie BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 1012/08 – Rn. 68). Unabhängig von der Frage, ob empirische Daten im Einzelfall unter methodischen Gesichtspunkten – ua. bezogen auf die Datenmenge – überhaupt ausreichend aussagekräftig sind (vgl. zu den Anforderungen: EuGH 9. Februar 1999 – C-167/97 – [Seymour-Smith und Perez] Rn. 62, Slg. 1999, I-623; 27. Oktober 1993 – C-127/92 – [Enderby] Rn. 17, Slg. 1993, I-5535), kommt es allerdings zudem jeweils darauf an, ob sie für eine bestimmte Situation überhaupt einschlägig sind bzw. welche Deutung sie erlauben.
(b) Allein der Umstand, dass die Beklagte bei ungefähr gleicher Anzahl von Bewerbungen von Frauen und Männern ausschließlich Frauen ausgewählt hat, lässt hier nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass der Kläger wegen seines Geschlechts nicht ausgewählt wurde.
Dieser Umstand allein kann mehrere Erklärungen haben. Insoweit ist es ebenso gut denkbar, dass es sich bei den ausgewählten Bewerberinnen unabhängig vom Geschlecht schlicht um die – aus Sicht der Beklagten – vier insgesamt am besten geeigneten Bewerber/innen handelte. Was die in den Staatsexamina erzielten Noten anbelangt, trifft dies im Vergleich zum Kläger auf drei der ausgewählten Bewerberinnen auch ohne Weiteres zu. Während der Kläger die Erste Juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote „befriedigend (6,58)” und die Zweite Juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote „ausreichend (5,60)” bestanden hatte, hatten G im Ersten Staatsexamen 9,41 Punkte sowie im Zweiten Staatsexamen 7,69 Punkte, E in der Ersten Staatsprüfung 8,05 Punkte sowie in der Zweiten Staatsprüfung 8,06 Punkte und B im Ersten Staatsexamen 8,46 Punkte sowie im Zweiten Staatsexamen 5,65 Punkte erzielt.
Soweit der Kläger im Hinblick auf die vierte erfolgreiche Mitbewerberin ausführt, diese habe in den Staatsexamina schlechtere Abschlüsse erzielt als er, ändert dies nichts. Die Examensergebnisse des Klägers und der von ihm als „schlechter” benannten erfolgreichen Mitbewerberin F liegen bereits sehr eng beieinander. F hatte zwar das Erste Staatsexamen mit 6,0 Punkten und damit etwas schlechter als der Kläger bestanden; sie hatte allerdings in der Zweiten Staatsprüfung 5,72 Punkte erzielt und damit geringfügig besser abgeschnitten als der Kläger. Wenn die Beklagte in dieser Situation einer zusätzlichen Qualifikation der Mitbewerberin F ein größeres Gewicht beigemessen hat als den weiteren Qualifikationen des Klägers, ist dies nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist als private Arbeitgeberin nicht an die Vorgaben von Art. 33 Abs. 2 GG gebunden und war deshalb nicht verpflichtet, ihre Auswahlentscheidung ausschließlich nach den Kriterien der „Bestenauslese” auf der Grundlage des – hier: in der Stellenausschreibung – veröffentlichten Anforderungsprofils zu treffen (zur Bindung des öffentlichen Arbeitgebers an das festgelegte Anforderungsprofil: vgl. etwa BAG 21. Februar 2013 – 8 AZR 180/12 – Rn. 30 f., BAGE 144, 275; 24. Januar 2013 – 8 AZR 188/12 – Rn. 29 f.; 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – Rn. 36 f.; 21. Juli 2009 – 9 AZR 431/08 – Rn. 24, BAGE 131, 232). Aus diesem Grund war sie nicht gehindert, auch etwaige Zusatzqualifikationen der Bewerber/innen, die in der Stellenausschreibung nicht genannt waren, bei ihrer Auswahlentscheidung zu berücksichtigen und unterschiedlich zu gewichten.
Auch der Umstand, dass die Beklagte in der Stellenausschreibung einen sehr guten Hochschulabschluss ausdrücklich als Anforderungskriterium genannt hat und keine der erfolgreichen Mitbewerberinnen über einen solchen Abschluss verfügt, führt zu keiner anderen Bewertung. Insoweit wirkt sich vielmehr aus, dass Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 32 mwN).
Letztlich ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht von Gesetzes wegen gehalten war, freie Stellen bei gleicher Anzahl von Bewerbungen von Frauen und Männern in dem entsprechenden Verhältnis zu besetzen und dass es auch keinen Erfahrungssatz des Inhalts gibt, wonach offene Stellen bei – annähernd – hälftiger Bewerbung von Frauen und Männern regelmäßig in einem entsprechenden Verhältnis besetzt werden.
(2) Weitere Umstände, die die Vermutung iSv. § 22 AGG begründen könnten, er sei wegen seines Geschlechts benachteiligt worden, hat der Kläger nicht dargetan. Soweit er geltend macht, die Beklagte habe bei der Datenerhebung nach dem Geschlecht differenziert und dies auf die in der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 bei Gericht eingereichten Liste enthaltene Rubrik „M” und „W” stützt, kann er hieraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es spricht viel dafür, dass die Beklagte diese Liste nicht im Auswahl-/ Stellenbesetzungsverfahren, sondern erst während des vorliegenden Rechtsstreits für Zwecke dieses Rechtsstreits erstellt hat. Dies wird dadurch belegt, dass die vier ausgewählten Bewerberinnen namentlich eingetragen sind, hingegen für die nicht ausgewählten Bewerber/innen in den Rubriken „Nachname” und „Vorname” jeweils „ANONYM” eingetragen ist. Aber auch dann, wenn die Beklagte im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren einen nicht anonymisierten Vorläufer dieser Liste erstellt haben sollte, würde sich allein aus der Erhebung der Angaben zum Geschlecht der Bewerber/innen nichts dafür ergeben, dass dieses als Kriterium der Auswahl (mit) herangezogen wurde. So ist die Liste schon nicht im Hinblick auf die Angaben in den Rubriken „M” und „W” geordnet. Allein die Datenerhebung durch eine Zuordnung der Bewerber/innen zu den Rubriken „M” und „W” lässt – unabhängig davon, ob die Daten lediglich zu Identifizierungs- und Unterscheidungszwecken erfasst wurden, wie die Beklagte behauptet – nicht darauf schließen, dass überhaupt eine Präferenz für ein Geschlecht bestand.
(3) Auch aus einer Gesamtwürdigung der von dem Kläger für eine Diskriminierung wegen seines Geschlechts vorgetragenen Umstände ergibt sich nichts Abweichendes.
B. Die Revision ist insoweit begründet, als der Kläger mit dem Antrag zu 2. von der Beklagten eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen seines Alters verlangt und mit dem Antrag zu 3. – in der gebotenen Auslegung – die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm nach § 15 Abs. 1 AGG zum Ersatz sämtlicher materieller Schäden verpflichtet ist, die ihm aufgrund der unterlassenen Einstellung entstanden sind und künftig entstehen werden. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers insoweit nicht zurückgewiesen werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich insoweit auch nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Ob und ggf. in welchem Umfang die zulässigen Klageanträge zu 2. und zu 3. begründet sind, kann vom Senat aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist zudem Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) im Kostenpunkt und im Übrigen insoweit, als die Anträge des Klägers zu 2. und zu 3. abgewiesen wurden, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
I. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durften die Anträge zu 2. und zu 3. nicht abgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass das in der Stellenausschreibung der Beklagten enthaltene Anforderungskriterium eines Hochschulabschlusses, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt” Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter” gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG. Allerdings hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass diese Anforderung gerechtfertigt iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG sei, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die faktische Ungleichbehandlung von Bewerbern, deren Studienabschluss schon länger als ein Jahr zurückliege und die nach der statistischen Wahrscheinlichkeit älter als solche mit nahem Examen seien, sei durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Personen, die ihren akademischen Abschluss erst kurz vor dem Einstellungstermin gemacht hätten, seien noch nicht von einschlägiger Berufserfahrung vorgeprägt; sie verfügten über besondere Offenheit und sehr frische Erinnerung an die im Studium und in der praktischen Ausbildung geführten wissenschaftlichen Diskussionen. Wenn die Beklagte ihr Trainee-Programm, in dem sie den Trainees die Möglichkeit bieten wolle, in die verschiedenen Bereiche juristischer Tätigkeit in einem großen Versicherungsunternehmen Einblick zu nehmen, auf Berufseinsteiger beschränke, die üblicherweise noch unter 30 Jahre alt seien, so sei dies gerechtfertigt. Diese Beschränkung sei auch erforderlich: Nur wenn tatsächlich alle Einzustellenden in gleicher Weise unerfahren seien und „frisch von der Universität” kämen, sei das beabsichtigte Ziel, erste berufliche Einstiegschancen im Rahmen eines Trainee-Programms anzubieten, tatsächlich gewährleistet. Hätte die Beklagte die Voraussetzungen dahin ausgeweitet, dass vom Anforderungsprofil auch solche Personen umfasst würden, die zwar schon berufstätig seien, aber noch kein vergleichbares Trainee-Programm durchlaufen hätten, wäre gerade nicht gewährleistet, dass sich ausschließlich wirklich beruflich noch unerfahrene Personen um die Stelle bewerben, die dort erstmalig auf eine juristische Tätigkeit in einer Versicherung vorbereitet werden können, ohne von vorherigen Berufserfahrungen in irgendeiner Weise bereits vorgeprägt zu sein. Die Beschränkung des Bewerberkreises sei auch angemessen in der Abwägung zum verfolgten Ziel. Dabei sei einerseits zu berücksichtigen, dass es sich bei den angebotenen Stellen nicht um existenzsichernde unbefristete Lebenszeitanstellungen, sondern um auf ein Jahr befristete Trainee-Programme gehandelt habe. Die erfolgte mittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters sei zudem nicht so schwerwiegend, dass ihr gegenüber das genannte „legitime” Ziel zurücktreten müsse, denn es hätten auch solche Berufseinsteiger eine Einstellungschance gehabt, die ihren Studienabschluss erst in einem dem Kläger entsprechenden Alter gemacht hätten.
2. Diese Annahme hält nur teilweise einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
a) Sowohl der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG als auch der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens nach § 15 Abs. 1 AGG setzen einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wonach sowohl unmittelbare (§ 3 Abs. 1 AGG) als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 2 AGG) wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – ua. wegen des Alters – verboten sind. Dabei muss zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund ein Kausalzusammenhang bestehen. Die Darlegungs- und Beweislast sowie das Beweismaß im Hinblick auf den haftungsbegründenden Kausalzusammenhang richten sich – wie unter Rn. 43 ausgeführt – nach § 22 AGG.
b) Schreibt der Arbeitgeber eine Stelle entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG aus, kann dies die Vermutung iSv. § 22 AGG begründen, dass der/die erfolglose Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines Grundes iSv. § 1 AGG benachteiligt wurde. Zwar verweist § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG, allerdings muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und damit ein Verstoß gegen § 11 AGG nicht vorliegt, wenn eine mögliche mittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG gerechtfertigt oder eine unmittelbare Benachteiligung nach §§ 8, 9 oder § 10 AGG zulässig ist (näher etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 29 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 55, BAGE 155, 149).
c) Das Landesarbeitsgericht hat zwar rechtsfehlerfrei angenommen, dass das in der Stellenausschreibung der Beklagten enthaltene Anforderungskriterium eines Hochschulabschlusses, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt” Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter” gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG.
aa) Die Auslegung veröffentlichter Stellenanzeigen durch das Landesarbeitsgericht unterliegt – wie die Auslegung typischer Willenserklärungen bzw. Allgemeiner Geschäftsbedingungen – der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung. Unter einer Ausschreibung iSv. § 11 AGG ist die an eine unbekannte Vielzahl von Personen gerichtete Aufforderung eines Arbeitgebers zu verstehen, sich auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben (vgl. Suckow in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 11 Rn. 13; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 11 Rn. 10). Danach ist die Stellenausschreibung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen sind (BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 33; vgl. auch BAG 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 12).
bb) Das in der Stellenausschreibung enthaltene neutrale Anforderungskriterium eines Hochschulabschlusses, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt” kann ältere Personen gegenüber jüngeren Personen in besonderer Weise benachteiligen iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG. Es bewirkt, soweit es an einer Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG fehlt, eine mittelbare Diskriminierung wegen des höheren Lebensalters.
(1) Über einen Hochschulabschluss, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt”, verfügen typischerweise Bewerber/innen, die keine bzw. kaum Berufserfahrung haben. Dies unterstreichen auch die in der Stellenausschreibung der Beklagten aufgeführten Beispiele zu dem weiteren Anforderungskriterium „qualifizierte, berufsorientierte Praxiserfahrung”. Eine Ausbildung, ein Praktikum und eine Werkstudententätigkeit liegt idR zeitlich vor einer Berufserfahrung im eigentlichen Sinne und wird typischerweise von jungen Menschen vor, während oder kurz nach einem Hochschulstudium absolviert.
(2) Die damit aufgestellte Anforderung, Bewerber/innen „ohne nennenswerte Berufserfahrung” zu suchen, ist mittelbar iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter” verknüpft. Denn bei der Berufserfahrung handelt es sich um ein Kriterium, das dem Anschein nach neutral ist iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG. Unmittelbar wird damit nicht auf ein bestimmtes Alter Bezug genommen. Jedoch ist das Kriterium der Berufserfahrung mittelbar mit dem in § 1 AGG genannten Grund „Alter” verbunden. Bewerber/innen mit einer (längeren) Berufserfahrung weisen gegenüber Berufsanfänger/innen und gegenüber Bewerber/innen mit erster oder kurzer Berufserfahrung typischerweise ein höheres Lebensalter auf (vgl. nur BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 81; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 73, BAGE 155, 149; 18. August 2009 – 1 ABR 47/08 – Rn. 33, BAGE 131, 342).
(3) Da die Beklagte mit dem in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungskriterium eines Hochschulabschlusses, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt”, signalisiert, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter/innen zu haben, ist diese Anforderung geeignet, ältere gegenüber jüngeren Personen wegen des Alters in besonderer Weise zu benachteiligen. Typischerweise werden ältere Personen allein wegen dieser Anforderung häufig von vornherein von einer Bewerbung absehen. Daran ändert es nichts, dass es gelegentlich – aber nicht typischerweise – Quereinsteiger gibt.
(4) Vorstehendes gilt auch, soweit die Beklagte mit der Stellenausschreibung ein Trainee-Programm für die Fachrichtung „Jura” ausgeschrieben hat. Zwar verlangt sie insoweit, dass der/die Bewerber/in beide Staatsexamina erfolgreich abgelegt hat, also Volljurist/in ist, was es aufgrund der regelmäßigen Dauer des Referendariats zwangsläufig mit sich bringt, dass der Hochschulabschluss – verstanden als Erstes juristisches Staatsexamen – länger als ein Jahr zurückliegt. Ein verständiger und redlicher potentieller Bewerber wird das Anforderungskriterium eines Hochschulabschlusses in der Fachrichtung „Jura”, der nicht länger als ein Jahr zurückliegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt, unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise deshalb dahin verstehen, dass insoweit nicht an den Hochschulabschluss – Erstes Staatsexamen –, sondern an den Abschluss der Ausbildung, mithin an das Zweite Juristische Staatsexamen angeknüpft wird.
(5) Im Übrigen räumt die Beklagte selbst ein, sie habe mit der Stellenausschreibung Personen gesucht, die beruflich noch nicht festgelegt seien, nämlich jüngere Bewerber und Bewerberinnen. Im Auswahlverfahren habe sie auch zunächst eine Auswahl nach dem Kriterium „Alter” getroffen.
d) Allerdings ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Anforderung, wonach der Abschluss der Ausbildung nicht länger als ein Jahr zurückliegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt, gerechtfertigt iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG sei, revisionsrechtlich zu beanstanden.
aa) Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG läge eine mittelbare Benachteiligung dann nicht vor, wenn das dem Anschein nach neutrale Anforderungskriterium der Stellenanzeige – hier: ein Ausbildungsabschluss, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt” bzw. keine nennenswerte Berufserfahrung – durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt wäre und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich wären.
(1) § 3 Abs. 2 AGG dient der Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG – und entsprechender Bestimmungen weiterer Richtlinien – in das nationale Recht. § 3 Abs. 2 AGG ist unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit den Richtlinien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Danach ist bereits der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung nicht erfüllt, wenn diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Sie entgehen dann der Qualifikation als Diskriminierung (so ausdrücklich EuGH 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 59, Slg. 2009, I-1569).
(2) Das mit dem neutralen Kriterium verfolgte „rechtmäßige” Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss zwar – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – kein „legitimes” Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG sowie von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung sein, sondern schließt andere von der Rechtsordnung anerkannte Gründe für die Verwendung des neutralen Kriteriums ein. Es muss sich aber um ein objektives Ziel handeln, das selbst nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des verbotenen Anknüpfungsgrundes nach § 1 AGG zu tun hat (vgl. etwa EuGH 20. März 2003 – C-187/00 – [Kutz-Bauer] Rn. 50 mwN, Slg. 2003, I-2741; 17. Juni 1998 – C-243/95 – [Hill und Stapleton] Rn. 34 mwN, Slg. 1998, I-3739). Rechtmäßige Ziele in diesem Sinne können also nur solche sein, die nicht ihrerseits diskriminierend sind und die auch ansonsten legal sind (vgl. BAG 12. November 2013 – 9 AZR 484/12 – Rn. 19; 20. Juni 2013 – 6 AZR 907/12 – Rn. 49; 28. Januar 2010 – 2 AZR 764/08 – Rn. 19, BAGE 133, 141). Wird ein wirtschaftlicher Grund als objektives Ziel angeführt, kommt nur ein objektiv gerechtfertigter wirtschaftlicher Grund in Frage (EuGH 31. März 1981 – C-96/80 – [Jenkins] Rn. 12, Slg. 1981, 911). Der für die Ungleichbehandlung angeführte Grund muss einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entsprechen (EuGH 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 67, Slg. 2001, I-4961).
(3) Zudem müssen die differenzierenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels erforderlich und angemessen sein. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. ua. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 113 ff.; zu den gleichlautenden Begriffen in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG: vgl. etwa EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 62, Slg. 2005, I-9981). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, sie also dafür geeignet sind, sie zudem im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels erforderlich sind, was nur angenommen werden kann, wenn dieses Ziel durch andere geeignete und weniger einschneidende Mittel nicht erreicht werden kann, und wenn die Mittel ferner im Hinblick auf das angestrebte Ziel angemessen sind, was bedeutet, dass die Mittel nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Personen führen, die wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden (EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 118 ff., 122 ff.; zu den gleichlautenden Begriffen in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG: vgl. EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] aaO; 26. Februar 2015 – C-515/13 – [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25 ff., 44; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56, 59 ff.; 5. Juli 2012 – C-141/11 – [Hörnfeldt] Rn. 38 ff.; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).
(4) Die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG begründenden Tatsachen trägt der Arbeitgeber (vgl. ua. EuGH 16. Juli 2015 – C-83/14 – [CHEZ Razpredelenie Bulgaria] Rn. 116 f.; BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 86 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 477/14 – Rn. 80 ff.).
Bei § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG handelt es sich um eine für den Arbeitgeber günstige Bestimmung, weshalb diesen bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in dieser Regelung enthaltenen Voraussetzungen trifft. Für eine solche Auslegung von § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG spricht bereits die Formulierung „es sei denn”, mit der – wortgleich mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Halbs. 2 Ziff. i der Richtlinie 2000/78/EG – eine Ausnahme von dem in § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG niedergelegten Grundsatz eingeleitet wird. Entscheidend kommt hinzu, dass der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung nicht erfüllt ist, wenn diejenigen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die mittelbare Diskriminierungen bewirken können, durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entstehungsgeschichte von § 3 Abs. 2 AGG. Zwar ist der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung davon ausgegangen, dass der sehr weite Anwendungsbereich, der von § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG eröffnet werde, nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG einer Einschränkung bedürfe, für die der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast trage (BT-Drs. 16/1780 S. 33). Diese Vorstellung des nationalen Gesetzgebers ist jedoch unbeachtlich (ebenso ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 87; 19. Mai 2016 – 8 AZR 477/14 – Rn. 81). Eine Auslegung von § 3 Abs. 2 AGG dahin, dass der Arbeitnehmer, der den Grund für die neutralen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren iSv. § 3 Abs. 2 AGG regelmäßig nicht kennt, darzulegen und zu beweisen hätte, dass die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung nicht vorliegen, wäre unvereinbar mit den Vorgaben des Unionsrechts, wonach dem Arbeitnehmer die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung – hier: die Richtlinie 2000/78/EG – verliehenen Rechte nicht übermäßig erschwert werden darf (vgl. etwa EuGH 16. Januar 2014 – C-429/12 – [Pohl] Rn. 23). Im Übrigen trägt auch nur eine Auslegung von § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG dahin, dass den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG begründenden Tatsachen trifft, dem Art. 8 der Richtlinie 2000/43/EG, Art. 10 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 19 der Richtlinie 2006/54/EG zugrundeliegenden Rechtsgedanken Rechnung, wonach stets der Beklagte zu beweisen hat, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat (vgl. etwa EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaţia ACCEPT] Rn. 55; 17. Juli 2008 – C-303/06 – [Coleman] Rn. 54, Slg. 2008, I-5603).
bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass das Anforderungskriterium der Stellenausschreibung, nach dem der Abschluss der Ausbildung nicht länger als ein Jahr zurückliegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt, gerechtfertigt iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers folgt dies allerdings nicht bereits daraus, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, ihm auf sein Geltendmachungsschreiben hin, mithin noch vor Prozessbeginn, die Gründe für das differenzierende Anforderungskriterium der Stellenausschreibung mitzuteilen und – weil sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen war – ab Prozessbeginn mit Vorbringen zur Rechtfertigung der möglichen – hier: mittelbaren – Benachteiligung ausgeschlossen gewesen wäre.
(a) Soweit der Kläger seine Rechtsauffassung darauf stützt, eine Offenlegung der Differenzierungsgründe vor Prozessbeginn sei erforderlich, damit ein betroffener abgelehnter Bewerber sich darüber klar werden könne, ob die ihm widerfahrene unterschiedliche Behandlung sachlich gerechtfertigt sei, verkennt er den sowohl § 22 AGG als auch den ua. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG zugrundeliegenden Rechtsgedanken. Danach ist es zunächst Sache der Person, die sich durch eine Verletzung bzw. Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, (bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle) Tatsachen glaubhaft zu machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen. Erst „sodann” hat die beklagte Partei nachzuweisen, dass keine Verletzung des Diskriminierungsverbots vorliegt (ua. EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 36, ausdrücklich auf die hier genannten Richtlinienbestimmungen bezogen: Rn. 34 f.). Rechtfertigungsgründe müssen mithin nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht vor der gerichtlichen Inanspruchnahme, sondern nur im Prozess und dort erst dann vorgebracht werden, wenn die Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, entsprechende Tatsachen glaubhaft gemacht hat. Vor diesem Hintergrund bedarf es – entgegen der Anregung des Klägers – keines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zu der Frage, ob der Effektivitätsgrundsatz des Unionsrechts beim Diskriminierungsschutz es erfordert, dass ein Arbeitgeber seine Rechtfertigungsgründe für eine Benachteiligung vor der gerichtlichen Inanspruchnahme nach außen hin kundgetan hat.
(b) Soweit der Kläger meint, eine materiell-rechtliche Präklusion des Arbeitgebers mit Differenzierungsgründen, die nicht vorab offengelegt wurden, sei geboten, da der Arbeitgeber andernfalls willkürliche Differenzierungen im Nachhinein durch vorgeschobene sachliche Gründe rechtfertigen, also im Nachhinein auch Rechtfertigungsgründe konstruieren könne, übersieht er, dass es keine Frage der Präklusion, sondern der Würdigung ist, ob der Arbeitgeber einen tatsächlich nicht vorhandenen Differenzierungs- oder Rechtfertigungsgrund nur „vorschiebt”. Diese Würdigung obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Diese haben nach den Grundsätzen des § 286 Abs. 1 ZPO – der als Rechtsvorschrift des innerstaatlichen Rechts insoweit auch aus Sicht des Unionsrechts ausdrücklich Anwendung findet (ua. EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 37) – festzustellen, ob ein vom Arbeitgeber im Prozess vorgetragener Differenzierungs- bzw. Rechtfertigungsgrund tatsächlich vorliegt. Eine zeitliche Grenze für das Vorbringen solcher Gründe bildet – von den allgemeinen Regelungen über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens abgesehen – im Übrigen insoweit nur das Revisionsrecht. Der Arbeitgeber kann seine Ungleichbehandlung nicht auf Gründe stützen, die als neue Tatsachen vom Revisionsgericht nach § 559 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden können (BAG 23. Februar 2011 – 5 AZR 84/10 – Rn. 16 mwN).
(2) Dennoch hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Anforderungskriterium eines Ausbildungsabschlusses, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt”, sei gerechtfertigt iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
(a) Problematisch ist zunächst, dass sich dem angefochtenen Urteil nicht ohne Weiteres entnehmen lässt, was das Landesarbeitsgericht konkret als „rechtmäßiges Ziel” iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG angesehen hat. Allerdings spricht viel dafür, dass das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 16. Januar 2012 (– 7 Sa 615/11 –), auf das es insoweit in der hier angefochtenen Entscheidung Bezug genommen hat, unausgesprochen davon ausgegangen ist, dass die Beklagte das Ziel hatte, „lernfähige” und „formbare” Trainees für das von ihr aufgelegte „Trainee-Programm 2009” zu gewinnen. Zudem heißt es an anderer Stelle des genannten Urteils, die Beklagte habe das Ziel verfolgt, den Bewerbern/Bewerberinnen erste berufliche Einstiegschancen im Rahmen eines einjährigen Trainee-Programms anzubieten.
(aa) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Beklagte habe mit dem Anforderungskriterium der Stellenausschreibung, wonach der Abschluss der Ausbildung keinesfalls länger als ein Jahr zurückliegenden darf, das Ziel verfolgt, lernfähige und formbare Personen für das Trainee-Programm zu gewinnen und dieses Ziel als rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG angesehen hat, begegnet dies keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Dass die Beklagte berechtigterweise nach lernfähigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen suchte, die auch „formbar” im Sinne einer Anpassungsfähigkeit an die Gegebenheiten des Unternehmens und die Anforderungen der Tätigkeit sind, ergibt sich schon aus den Inhalten und dem Ablauf des von ihr angebotenen Trainee-Programms. Denn nach der Stellenanzeige sollen die ausgewählten Personen auf der Grundlage individueller Entwicklungspläne und mit persönlicher Betreuung und individueller Förderung in Themen und Projekten in verschiedenen Unternehmensbereichen mitarbeiten, wobei daneben sowohl Rotationen in ausgewählte Schnittstellenbereiche im Innen- und Außendienst wie auch die Teilnahme an speziellen Trainings und Fachseminaren etc. geplant waren. Für ein solches, auf berufliche Förderung und Entwicklung ausgelegtes Programm „entwicklungsfähige” Personen zu gewinnen, die Lernfähigkeit und Formbarkeit im og. Sinne mitbringen, entspricht ohne Weiteres einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens. Da dieses Ziel zudem seinerseits nicht diskriminierend und auch ansonsten legal ist, liegt ein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG vor.
(bb) Anders verhält es sich demgegenüber, soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, bei dem Ziel der Beklagten, den Bewerbern/Bewerberinnen erste berufliche Einstiegschancen im Rahmen eines einjährigen Trainee-Programms anzubieten, handele es sich um ein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG. Diese Annahme hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dieses Ziel ist, da „erste berufliche Einstiegschancen” typischerweise von Personen nach Abschluss einer Ausbildung und damit von Jüngeren gesucht werden, nicht frei von Diskriminierung wegen des Alters und kann deshalb grundsätzlich kein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG sein. Umstände, die ggf. ausnahmsweise eine abweichende Bewertung gebieten könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt.
(b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die mit dem Anforderungskriterium eines nicht länger als ein Jahr zurückliegenden Hochschulabschlusses verbundene Beschränkung auf Berufseinsteiger sei zur Zielerreichung erforderlich, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Landesarbeitsgericht hat die Erforderlichkeit dieser Beschränkung im Wesentlichen im Hinblick auf das Ziel der Beklagten, den Bewerbern/Bewerberinnen erste berufliche Einstiegschancen im Rahmen eines einjährigen Trainee-Programms anzubieten, und damit im Hinblick auf ein nicht rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG beurteilt.
Soweit sich seinen Ausführungen überhaupt etwas zur Erforderlichkeit der Beschränkung auf Berufseinsteiger im Hinblick auf das Ziel der Beklagten, lernfähige und formbare Personen für das Trainee-Programm zu gewinnen, entnehmen lässt, beschränken sich die Urteilsgründe auf die Annahme, im Hinblick auf dieses Ziel sei es erforderlich, dass sich ausschließlich wirklich beruflich noch unerfahrene Personen um die Stelle bewerben, die dort erstmalig auf eine juristische Tätigkeit in einer Versicherung vorbereitet werden könnten, ohne von vorherigen Berufserfahrungen in irgendeiner Weise bereits vorgeprägt zu sein.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob es überhaupt zutrifft, dass Personen, deren akademischer Abschluss erst kurz vor dem Einstellungstermin erfolgte und deren praktische Erfahrungen allenfalls aus Praktika oder ähnlichen Tätigkeiten herrühren, deshalb mit einer im Vergleich zu anderen Personen besonderen Offenheit versehen sind, weil sie noch nicht von einschlägigen Berufserfahrungen vorgeprägt und beeinflusst sind; jedenfalls hält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beschränkung auf Berufseinsteiger sei zur Erreichung des Ziels der Beklagten, lernfähige und formbare Personen für das Trainee-Programm zu gewinnen, erforderlich, einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Das Berufungsgericht hat für seine dahingehende Annahme weder tatsächliche Gründe genannt noch Belege angeführt. Mit seinen allgemeinen und im Übrigen zirkulären Ausführungen durfte es die Erforderlichkeit des in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungskriteriums nicht bejahen.
(c) Da das Landesarbeitsgericht nach alledem zu Unrecht die Erforderlichkeit des in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungskriteriums zur Erreichung des mit ihm angestrebten Ziels bejaht hat, kommt es auf die Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht die Angemessenheit des Anforderungskriteriums angenommen hat, nicht mehr an.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Klageanträge zu 2. und zu 3. erweist sich nicht aus einem anderen Grund als im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO).
1. Die Klage ist insoweit zulässig. Dies gilt – in der gebotenen Auslegung – auch für den Klageantrag zu 3.
a) Der Klageantrag zu 3. bedarf der Auslegung. Obgleich der Antrag in seinem ersten Teil nur „künftige” materielle Schäden erfasst, wird durch die Formulierung in seinem zweiten Teil „entstanden sind und künftig entstehen werden” deutlich, dass der Antrag sich nicht allein auf in der Zukunft entstehende Schäden bezieht, sondern dass er auch den Ersatz bereits entstandener materieller Schäden umfasst.
b) In dieser Auslegung ist der Klageantrag zu 3. zulässig, insbesondere ist das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) gegeben.
aa) Wird Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden erhoben, liegt ein Feststellungsinteresse vor, wenn der Schadenseintritt möglich ist, auch wenn Art und Umfang sowie Zeitpunkt des Eintritts noch ungewiss sind. Es muss lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bestehen (BAG 17. März 2016 – 8 AZR 677/14 – Rn. 20; 12. April 2011 – 9 AZR 229/10 – Rn. 36; 19. August 2010 – 8 AZR 315/09 – Rn. 29; offenlassend, ob „die bloße Möglichkeit” genügt BGH 2. April 2014 – VIII ZR 19/13 – Rn. 18). Dies ist vorliegend der Fall. Zwar war die von der Beklagten angebotene Stelle als Trainee auf zwölf Monate ab August 2009 befristet. Der Kläger hat aber ausreichend für das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts über die Dauer des Trainee-Programms hinaus vorgetragen, indem er dargetan hat, dass das von der Beklagten ausgeschriebene Trainee-Programm nicht auf eine nur befristete Beschäftigung ausgelegt gewesen sei, sondern dass es – wie Trainee-Programme in der Versicherungswirtschaft allgemein – der Rekrutierung des Führungskräftenachwuchses diente, der nach Abschluss des Programms regelmäßig in entsprechenden Führungspositionen beschäftigt werde. Dies bestätigt auch die Beklagte, indem sie ausführt, es gehe ihr mit dem aufgelegten Trainee-Programm um ihre „späteren Führungskräfte”, die sie im Sinne ihres Unternehmens formen und die sie auf die jeweils zu ihnen passende Aufgabe im Unternehmen vorbereiten wolle.
bb) Soweit der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz bereits entstandener Schäden begehrt, steht der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage der Zulässigkeit des Feststellungsantrags auch dann nicht entgegen, wenn der Kläger die Klage wegen eines Teils des sich entwickelnden Schadens schon bei Klageerhebung hätte beziffern können. Eine Partei ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden ist und – wie hier – mit der Entstehung eines weiteren Schadens nach ihrem Vortrag noch zu rechnen ist (BAG 17. März 2016 – 8 AZR 677/14 – Rn. 20; vgl. auch BGH 6. März 2012 – VI ZR 167/11 – Rn. 3; 8. Juli 2003 – VI ZR 304/02 – zu II 1 der Gründe).
2. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff (vgl. näher ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 38; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 62, BAGE 155, 149). Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 AGG.
3. Der Kläger hat den Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht (§ 15 Abs. 4 AGG) und innerhalb der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingeklagt.
4. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht dargetan, dass das Anforderungskriterium der Stellenausschreibung, wonach der Ausbildungsabschluss nicht länger als ein Jahr zurückliegen darf, und das Personen eines höheren Lebensalters gegenüber jüngeren Personen in besonderer Weise benachteiligen kann iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 1 AGG, durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG.
a) Dies gilt zunächst, soweit die Beklagte das – wie unter Rn. 84 ausgeführt, rechtmäßige – Ziel verfolgt, „formbare” und „besonders lernfähige” Trainees zu gewinnen. Insoweit hat die Beklagte keinerlei Vortrag zur Erforderlichkeit des Anforderungskriteriums gehalten. Zwar hat sie geltend gemacht, Berufseinsteiger seien generell noch lernfähig und formbar, allerdings hat sie nichts substantiiert dafür vorgetragen, dass Hochschulabsolventen bzw. Volljuristen mit einer Berufserfahrung von mehr als einem Jahr typischerweise nicht mehr lernfähig und formbar oder merkbar weniger lernfähig und formbar wären. Bloße Behauptungen, Befürchtungen und Vermutungen des Arbeitgebers können eine AGG-widrige Ungleichbehandlung indes nicht rechtfertigen (vgl. ua. BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 46; 29. September 2011 – 2 AZR 177/10 – Rn. 17; 8. Dezember 2010 – 7 ABR 98/09 – Rn. 62, BAGE 136, 237; 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 55, BAGE 129, 181).
b) Soweit das Vorbringen der Beklagten dahin zu verstehen sein sollte, dass sie mit dem Anforderungskriterium eines Hochschulabschlusses, der „nicht länger als 1 Jahr zurück liegt oder innerhalb der nächsten Monate erfolgt” und damit mit dem Kriterium „nicht nennenswerter Berufserfahrung” das Ziel verfolgt, sicherzustellen, dass die Arbeiten, die in dem Trainee-Programm anfallen, möglichst optimal erledigt werden, fehlt es ebenfalls an einer Darlegung, dass dieses Kriterium zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist.
aa) Zwar kann das Kriterium der Berufserfahrung, um das es hier im Kern geht, beim Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG) – einschließlich der Auswahlkriterien – für eine möglichst optimale Erledigung der anfallenden Arbeit von Bedeutung sein. Setzt der Arbeitgeber eine gewisse Berufserfahrung voraus, fordert er also nicht „wenig”, sondern „viel” an Berufserfahrung, kann dies, obwohl dadurch regelmäßig jüngere Personen benachteiligt werden, für viele Tätigkeiten gerechtfertigt sein. Größere Berufserfahrung befähigt den Arbeitnehmer nämlich in der Regel, seine Arbeit besser zu verrichten (vgl. zur mittelbaren Entgeltdiskriminierung bezogen auf das „Geschlecht” EuGH 3. Oktober 2006 – C-17/05 – [Cadman] Rn. 34 f., Slg. 2006, I-9583). Allgemein wird es als Vorteil angesehen, wenn Bewerber bereits über Berufserfahrung verfügen, da sie diese Kenntnisse dem neuen Arbeitgeber zur Verfügung stellen können (BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 58). Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Denn obwohl eine größere Berufserfahrung regelmäßig dazu befähigt, die Arbeit besser zu verrichten, sucht die Beklagte Bewerber/innen ohne Berufserfahrung.
bb) Insoweit könnte allerdings aktuelles Spezialwissen, das außerhalb der Ausbildung nicht erworben werden kann und über das Personen, die die entsprechende Ausbildung bereits länger abgeschlossen haben, mithin nicht verfügen können, für eine bessere Verrichtung der Arbeit erforderlich sein. Dies hat die Beklagte jedoch nicht dargetan. Insoweit beschränkt sich ihr Vorbringen darauf, an Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen mit einem äußerst aktuellen und breit gefächerten Wissensstand interessiert zu sein, ohne dass auch nur im Ansatz erläutert würde, welches Spezialwissen erforderlich ist und warum über ein solches Wissen nur Personen verfügen, die ihr Hochschulstudium maximal ein Jahr zuvor abgeschlossen haben.
c) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie verfolge mit dem Anforderungskriterium das Ziel, beruflich noch nicht festgelegte Personen zu gewinnen und zu fördern, nämlich „unverbildete” Personen, die ihr theoretisches Wissen aus dem Studium „allein” mit der spezifischen Praxis ihres Unternehmens verbinden, hat sie kein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG dargetan. Das mit dem neutralen Kriterium verfolgte „rechtmäßige” Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, muss – wie unter Rn. 73 ausgeführt – ein objektives Ziel sein, das selbst nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des verbotenen Anknüpfungsgrundes nach § 1 AGG zu tun hat. Rechtmäßige Ziele in diesem Sinne können demnach nur solche sein, die nicht ihrerseits diskriminierend sind und die auch ansonsten legal sind. Dies ist bei dem og. Ziel nicht der Fall, weil dieses nur „in anderem Gewande” das Anforderungskriterium der Stellenausschreibung selbst wiedergibt, wonach der/die Bewerber/in nicht über nennenswerte Berufserfahrung verfügen darf. Dieses Ziel ist selbst nicht frei von Diskriminierung wegen des Alters.
d) Soweit die Beklagte darüber hinaus geltend macht, sie habe ein unternehmerisches Interesse an einem „ausgewogenen Verhältnis von Mitarbeitern mit und ohne Berufserfahrung”, ist auch dieses Vorbringen nicht geeignet, darzutun, dass die Beklagte mit dem – negativen – Anforderungskriterium, dass der/die Bewerber/in nicht über eine Berufserfahrung als Jurist/in von mehr als einem Jahr verfügt, ein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG verfolgt. Zum einen spricht bereits einiges dafür, dass auch dieses Ziel – auf das Trainee-Programm bezogen – nur mit anderen Worten das Anforderungskriterium der Stellenausschreibung selbst wiedergibt und damit selbst nicht frei von Diskriminierung wegen des Alters ist. Zum anderen hat die Beklagte nicht im Ansatz dazu vorgetragen, warum dieses Ziel – auch unter Einbeziehung der anderen bei ihr bestehenden Arbeitsplätze – einem „wirklichen Bedürfnis” des Unternehmens entspricht.
e) Soweit die Beklagte schließlich anführt, es gehe ihr darum, mit den Trainee-Stellen ein beschäftigungspolitisches Ziel zu unterstützen, denn durch eine gezielte Ansprache von Berufsanfängern werde diesen eine Einstiegsmöglichkeit in das Berufsleben geboten, was auch vor dem Hintergrund geschehe, dass Universitätsabsolventen immer wieder Schwierigkeiten hätten, eine geeignete Stelle zu finden, kann dahinstehen, ob und inwieweit sich ein Unternehmen der Privatwirtschaft überhaupt auf (beschäftigungs-)politische und damit vorrangig staatliche Ziele berufen kann. Ebenso offenbleiben kann, ob und inwieweit die Beklagte ein solches Ziel zu Lasten älterer Bewerber/innen verfolgen darf. Jedenfalls fehlt es an jeglichem Vortrag, auf welche konkrete beschäftigungspolitische Maßnahme bzw. welches konkrete beschäftigungspolitische Programm sie sich beruft und woraus sich ergibt, dass Universitätsabsolventen im Zeitraum der Ausschreibung Schwierigkeiten hatten, eine geeignete Stelle zu finden. Damit verbleibt es dabei, dass das Ziel der Beklagten darauf beschränkt ist, Berufsanfängern eine Einstiegsmöglichkeit in das Berufsleben zu bieten. Da „erste berufliche Einstiegschancen” allerdings typischerweise von Personen nach Abschluss einer Ausbildung und damit von Jüngeren gesucht werden, ist dieses Ziel – wie unter Rn. 85 ausgeführt – nicht frei von Diskriminierung wegen des Alters und kann deshalb grundsätzlich kein rechtmäßiges Ziel iSv. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG sein. Umstände, die ggf. ausnahmsweise eine abweichende Bewertung gebieten könnten, hat die Beklagte nicht dargetan.
5. Die Beklagte kann sich schließlich zur Rechtfertigung der durch die Stellenausschreibung bewirkten mittelbaren Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 2 AGG auch nicht mit Erfolg auf § 8 Abs. 1 AGG und § 10 AGG berufen.
a) § 8 Abs. 1 AGG dient der Umsetzung von ua. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht, § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht (vgl. etwa BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 78, 82, BAGE 155, 149). Beide Bestimmungen des AGG sind in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen.
aa) Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur gerechtfertigt, wenn sämtliche in der Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Stellt ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, kann eine unterschiedliche Behandlung zudem nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein (EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 71, Slg. 2011, I-8003). Bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 AGG, der demnach eng auszulegen ist, ist zu beachten, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern nur ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen kann und dass ein solches Merkmal – oder sein Fehlen – nur dann eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG ist, wenn davon die ordnungsgemäße Durchführung der Tätigkeit abhängt (vgl. etwa EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 66, 71 f., aaO; 12. Januar 2010 – C-229/08 – [Wolf] Rn. 35, Slg. 2010, I-1; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – Rn. 34, BAGE 148, 158).
bb) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Tatbeständen, nach denen unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG insbesondere gerechtfertigt sein können (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 45; 25. Februar 2010 – 6 AZR 911/08 – Rn. 35, BAGE 133, 265; 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 40, BAGE 129, 181).
(1) Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (vgl. näher etwa BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 81 ff., BAGE 155, 149), dh. Ziele, die als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sind – obgleich die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Aufzählung nicht erschöpfend ist (EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 80, Slg. 2011, I-8003) – wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung nur solche, die mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung im Zusammenhang stehen, und damit nur rechtmäßige Ziele aus dem Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik (vgl. EuGH 21. Januar 2015 – C-529/13 – [Felber] Rn. 30; 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 81, aaO; dazu auch BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 – Rn. 36, BAGE 152, 134; 19. Dezember 2013 – 6 AZR 790/12 – Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als legitim iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele” im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift den Arbeitgebern bei der Verfolgung der sozial-politischen Ziele einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 – [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Ein unabhängig von Allgemeininteressen verfolgtes Ziel eines Arbeitgebers kann eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters jedoch nicht rechtfertigen (vgl. BAG 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 – aaO).
(2) Nach § 10 Satz 1 AGG reicht es – ebenso wie nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG – für die Rechtfertigung einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nicht aus, dass der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgt; hinzukommen muss nach § 10 Satz 2 AGG, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] Rn. 43; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 55 f.). Dabei sind in unionsrechtskonformer Auslegung von § 10 Satz 2 AGG die Mittel nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Personen zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden (vgl. etwa EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] aaO; 26. Februar 2015 – C-515/13 – [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 56) und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 9. September 2015 – C-20/13 – [Unland] aaO; 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 59; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 65 mwN, Slg. 2005, I-9981).
(3) Um darzutun, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber allgemein behauptet, dass die die unterschiedliche Behandlung bewirkende Maßnahme oder Regelung geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen. Derartige allgemeine Behauptungen lassen nämlich nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 – [Fuchs und Köhler] Rn. 77, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 65, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BAG 26. Mai 2009 – 1 AZR 198/08 – Rn. 35, BAGE 131, 61). Der Arbeitgeber hat hierzu vielmehr substantiierten Sachvortrag zu leisten (vgl. EuGH 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 – [Fuchs und Köhler] Rn. 82, aaO).
cc) Sowohl § 8 Abs. 1 AGG als auch § 10 AGG stellen sich als für den Arbeitgeber günstige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, hier des Alters, dar (vgl. hierzu etwa EuGH 13. September 2011 – C-447/09 – [Prigge ua.] Rn. 72, 81, Slg. 2011, I-8003; 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569), weshalb den Arbeitgeber bereits nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in den Bestimmungen enthaltenen Voraussetzungen trifft (zur Darlegungs- und Beweislast nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vgl. etwa EuGH 21. Juli 2011 – C-159/10, C-160/10 – [Fuchs und Köhler] Rn. 83, Slg. 2011, I-6919). Im Übrigen trägt auch nur eine Auslegung von § 8 Abs. 1, § 10 AGG dahin, dass den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die die Rechtfertigung begründenden Tatsachen trifft, dem Art. 8 der Richtlinie 2000/43/EG, Art. 10 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 19 der Richtlinie 2006/54/EG zugrundeliegenden Rechtsgedanken Rechnung, wonach stets der Beklagte zu beweisen hat, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat (vgl. etwa EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaţia ACCEPT] Rn. 55; 17. Juli 2008 – C-303/06 – [Coleman] Rn. 54, Slg. 2008, I-5603). Der Arbeitgeber hat hierzu substantiierten Sachvortrag zu leisten.
b) Danach kann die Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die durch die Stellenausschreibung bewirkte mittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 2 AGG sei nach § 8 Abs. 1 AGG bzw. nach § 10 AGG zulässig. Sowohl § 8 Abs. 1 AGG als auch § 10 AGG stellen an die Rechtfertigung einer Benachteiligung wegen des Alters keine geringeren, sondern strengere Anforderungen als § 3 Abs. 2 Halbs. 2 AGG.
6. Die Beklagte, die nach § 22 AGG insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier: das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben, dh. dass in ihrem Motivbündel das Alter weder als negatives noch als positives Kriterium enthalten war (zu dieser Anforderung: vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 88 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 86 ff., BAGE 155, 149; 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 27 mwN).
a) Sie hat – im Gegenteil – vielmehr bestätigt, dass der Kläger die ungünstigere Behandlung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen seines Alters erfahren hat. Sie selbst hat vorgetragen, eine Auswahl nach dem Alter getroffen zu haben, weswegen der Kläger für die Besetzung einer der Trainee-Stellen nicht ausgewählt worden sei.
b) Soweit die Beklagte sich darauf berufen hat, der Kläger sei von ihr auch deshalb abgelehnt worden, weil bei ihr beschäftigte Volljuristen aufgrund einer internen Personalrichtlinie ihre Zulassung als Rechtsanwalt oder -anwältin nicht behalten dürften, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Mit diesem Vorbringen hat die Beklagte es gerade nicht ausgeschlossen, dass in ihrem Motivbündel das Alter des Klägers als Kriterium enthalten war.
7. Die unmittelbare Benachteiligung, die der Kläger durch seine Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren wegen seines Alters erfahren hat, ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 1 oder § 10 AGG zulässig.
Eine berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG kann das von der Beklagten gewählte Differenzierungskriterium – ein kürzlich erfolgter Hochschulabschluss – bereits der Sache nach nicht sein. Im Hinblick auf ein legitimes Ziel iSv. § 10 AGG fehlt es an jeglichem Vorbringen der Beklagten. Soweit sie geltend gemacht hat, ein beschäftigungspolitisches Ziel zu verfolgen, fehlt es – wie unter Rn. 106 ausgeführt – bereits an einem Vortrag, auf welche konkrete beschäftigungspolitische Maßnahme bzw. welches konkrete beschäftigungspolitische Programm sie sich beruft und woraus sich ergibt, dass Universitätsabsolventen im Zeitraum der Ausschreibung Schwierigkeiten hatten, eine geeignete Stelle zu finden.
8. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg einwenden, der Kläger sei für die ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet und könne bereits aus diesem Grund weder eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG noch Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG beanspruchen.
Abgesehen davon, dass der Einwand der Beklagten, der Kläger verfüge nicht über den mit der Ausschreibung geforderten sehr guten Hochschulabschluss, bereits angesichts des Umstandes nicht durchgreift, dass dies auch für die erfolgreichen Mitbewerberinnen gilt, hat der Senat seine frühere Rechtsprechung, wonach Bewerber/innen sich nur dann in einer vergleichbaren Situation bzw. vergleichbaren Lage iSv. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG befinden, wenn sie für die Stelle „objektiv geeignet” sind und deshalb nur unter dieser Voraussetzung Entschädigung und Schadensersatz verlangen können (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 – 8 AZR 118/13 – Rn. 18; 14. November 2013 – 8 AZR 997/12 – Rn. 29; 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 – 8 AZR 180/12 – Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 – 8 AZR 697/10 – Rn. 35; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 26; 7. April 2011 – 8 AZR 679/09 – Rn. 37; ausdrücklich offengelassen neuerdings von: BAG 20. Januar 2016 – 8 AZR 194/14 – Rn. 19 ff.; 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 21; 26. Juni 2014 – 8 AZR 547/13 – Rn. 29) mit Urteilen vom 19. Mai 2016 (– 8 AZR 470/14 – Rn. 22 ff., BAGE 155, 149; – 8 AZR 477/14 – Rn. 58 ff.; – 8 AZR 583/14 – Rn. 55 ff.), auf deren Begründung Bezug genommen wird, aufgegeben und dies mit Urteilen vom 11. August 2016 (– 8 AZR 406/14 – Rn. 88 ff.; – 8 AZR 809/14 – Rn. 63 ff.; – 8 AZR 4/15 – Rn. 26 ff.), auf deren Begründung ebenfalls Bezug genommen wird, bestätigt. Danach ist die objektive Eignung nicht mehr Voraussetzung für einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG.
9. Das Entschädigungs- und Schadensersatzverlangen des Klägers ist auch nicht dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt.
a) Sowohl ein Entschädigungsverlangen eines/einer erfolglosen Bewerbers/Bewerberin nach § 15 Abs. 2 AGG als auch sein/ihr Verlangen nach Ersatz des materiellen Schadens nach § 15 Abs. 1 AGG können dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt sein. Rechtsmissbrauch wäre anzunehmen, sofern ein/e Kläger/in sich nicht beworben haben sollte, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm/ihr darum gegangen sein sollte, nur den formalen Status als Bewerber/in iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche auf Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen (vgl. ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 48 ff.; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 32 ff., BAGE 155, 149).
aa) Nach § 242 BGB sind durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Der Ausnutzung einer rechtsmissbräuchlich erworbenen Rechtsposition kann demnach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen (vgl. etwa BAG 17. März 2016 – 8 AZR 677/14 – Rn. 44; 21. Oktober 2014 – 3 AZR 866/12 – Rn. 48; 23. November 2006 – 8 AZR 349/06 – Rn. 33; BGH 6. Februar 2002 – X ZR 215/00 – zu I 2 c der Gründe; 6. Oktober 1971 – VIII ZR 165/69 – zu I der Gründe, BGHZ 57, 108). Allerdings führt nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung der hierdurch erlangten Rechtsstellung. Hat der Anspruchsteller sich die günstige Rechtsposition aber gerade durch ein treuwidriges Verhalten verschafft, liegt eine unzulässige Rechtsausübung iSv. § 242 BGB vor (etwa BGH 28. Oktober 2009 – IV ZR 140/08 – Rn. 21).
bb) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den – rechtshindernden – Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (vgl. ua. BAG 18. Juni 2015 – 8 AZR 848/13 (A) – Rn. 26; 23. August 2012 – 8 AZR 285/11 – Rn. 37; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 54).
b) Unter diesen engen Voraussetzungen begegnet der Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB auch keinen unionsrechtlichen Bedenken (vgl. EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 35 ff.).
aa) Das Verbot des Rechtsmissbrauchs ist ein anerkannter Grundsatz des Unionsrechts (vgl. ua. EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 37; 28. Januar 2016 – C-50/14 – [CASTA ua.] Rn. 65). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht gestattet (etwa EuGH 28. Januar 2015 – C-417/13 – [Starjakob] Rn. 55 mwN; 9. März 1999 – C-212/97 – [Centros] Rn. 24, Slg. 1999, I-1459; 2. Mai 1996 – C-206/94 – [Brennet/Paletta] Rn. 24, Slg. 1996, I-2357).
bb) Dabei ergeben sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen, unter denen Rechtsmissbrauch angenommen werden kann, vergleichbar strenge Anforderungen wie nach deutschem Recht.
Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements. Hinsichtlich des objektiven Elements muss sich aus einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergeben, dass trotz formaler Einhaltung der in der betreffenden Unionsregelung vorgesehenen Bedingungen das Ziel dieser Regelung nicht erreicht wurde. In Bezug auf das subjektive Element muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte (ua. EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 40; 17. Dezember 2015 – C-419/14 – [WebMindLicenses] Rn. 36 mwN) die Absicht ersichtlich sein, sich einen ungerechtfertigten Vorteil aus der Unionsregelung dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (zu der hier einschlägigen Richtlinie 2000/78/EG vgl. EuGH 28. Januar 2015 – C-417/13 – [Starjakob] Rn. 56 mwN; vgl. im Übrigen etwa EuGH 13. März 2014 – C-155/13 – [SICES ua.] Rn. 31 ff.; 16. Oktober 2012 – C-364/10 – [Ungarn/Slowakei] Rn. 58; 21. Februar 2006 – C-255/02 – [Halifax ua.] Rn. 74 ff., Slg. 2006, I-1609; 21. Juli 2005 – C-515/03 – [Eichsfelder Schlachtbetrieb] Rn. 39, Slg. 2005, I-7355; 14. Dezember 2000 – C-110/99 – [Emsland-Stärke] Rn. 52, 53, Slg. 2000, I-11569). Das Missbrauchsverbot ist allerdings nicht relevant, wenn das fragliche Verhalten eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Vorteils (etwa EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 40; 13. März 2014 – C-155/13 – [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 – C-255/02 – [Halifax ua.] Rn. 75, aaO). Die Prüfung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer missbräuchlichen Praxis erfüllt sind, hat gemäß den Beweisregeln des nationalen Rechts zu erfolgen. Diese Regeln dürfen jedoch die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen (ua. EuGH 17. Dezember 2015 – C-419/14 – [WebMindLicenses] Rn. 65 mwN).
cc) Sowohl aus dem Titel als auch aus den Erwägungsgründen und dem Inhalt und der Zielsetzung der Richtlinie 2000/78/EG folgt, dass diese einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf” gleichbehandelt wird, indem dem Betroffenen ein wirksamer Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe – darunter das Alter – geboten wird (ua. EuGH 26. September 2013 – C-546/11 – [Dansk Jurist- og Økonomforbund] Rn. 23; 8. September 2011 – C-297/10 und C-298/10 – [Hennigs und Mai] Rn. 49, Slg. 2011, I-7965). Ferner ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG – ebenso wie aus Art. 1 Satz 2 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG –, dass diese Richtlinie für eine Person gilt, die eine Beschäftigung sucht und dies auch in Bezug auf die Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen für diese Beschäftigung (vgl. EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – [Meister] Rn. 33).
dd) Damit handelt eine Person, die mit ihrer Bewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur die formale Position eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG erlangen will mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung oder Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG geltend zu machen, auch nach Unionsrecht rechtsmissbräuchlich (vgl. EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 35 ff.).
c) Gemessen an diesen Vorgaben lassen die von der Beklagten bisher vorgetragenen Umstände weder für sich betrachtet noch in ihrer Gesamtschau den Schluss zu, dass die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands (§ 242 BGB) erfüllt sind.
Soweit der Senat im Vorabentscheidungsersuchen vom 18. Juni 2015 (– 8 AZR 848/13 (A) – Rn. 15) die – gegenteilige – Auffassung vertreten hat, dass der Kläger sich bei der Beklagten nicht mit dem Ziel einer Einstellung beworben habe, hält er daran – nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 28. Juli 2016 (– C-423/15 – [Kratzer] Rn. 35 ff.) die Voraussetzungen des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands konkretisiert hat – nicht fest. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 28. Juli 2016 (– C-423/15 – [Kratzer] Rn. 27 f., 42 f.) selbst. Diese Entscheidung baut insoweit ausschließlich auf der Sachlage, wie sie der Senat als vorlegendes Gericht dargestellt hat und auf der vom Senat vorgenommenen Würdigung der Umstände auf. Nach der Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof der Europäischen Union ist nämlich allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits zuständig (EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 27 mwN).
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten lassen sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers allein bereits keine hinreichenden objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden.
(1) Dies gilt zunächst, soweit der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben nicht näher erläutert hat, weshalb er sich trotz bereits vorhandener Führungserfahrung bewirbt und soweit das Anschreiben des Klägers beispielsweise Rechtschreibfehler und auch Ausführungen zu familiären Umständen enthält, die die Beklagte als unüblich oder gar geschwätzig bewertet. Wie viel „Mühe” ein Bewerber sich mit seinem Bewerbungsschreiben und den weiteren Bewerbungsunterlagen gegeben hat, wie ansprechend seine Präsentation ist und wie eindringlich und überzeugend er ein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle bekundet hat, mag zwar ein Umstand sein, der für die konkrete Auswahlentscheidung des Arbeitgebers den Ausschlag geben kann. Es existiert hingegen weder ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass nur derjenige, der ein solches Bewerbungsschreiben verfasst, an der Stelle interessiert ist, noch der gegenteilige Erfahrungssatz, dass derjenige, dessen Bewerbungsschreiben diesen Vorgaben nicht entspricht, sich nur mit dem Ziel bewirbt, die formale Position des Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen zu können (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 56; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 48, BAGE 155, 149).
(2) Eine andere Bewertung kann allerdings dann geboten sein, wenn entweder dem Bewerbungsschreiben selbst oder in Verbindung mit weiteren Umständen zu entnehmen ist, dass der Kläger eine Ablehnung seiner Bewerbung provozieren wollte mit dem ausschließlichen Ziel, Ansprüche nach § 15 AGG geltend zu machen. Entgegen der Annahme der Beklagten kann vorliegend jedoch nicht schon allein dem Bewerbungsschreiben entnommen werden, der Kläger habe sich bei der Beklagten nur beworben, um eine Ablehnung zu provozieren und Ansprüche nach dem AGG geltend zu machen.
(a) Zwar hat der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben seine vielfältigen Führungserfahrungen im Bereich der privaten Versicherungswirtschaft und seine Personalverantwortung betont, was bei einer Bewerbung um eine Stelle als Trainee in einem Programm, für das die Beklagte ausweislich ihrer Stellenausschreibung Hochschulabsolventen ohne nennenswerte Berufserfahrung suchte, als bewusste Herausforderung einer Absage aufgefasst werden könnte. Allerdings besteht ebenso die Möglichkeit, dass dieses Verhalten des Klägers eine andere Erklärung hat. So hat der Kläger aufgezeigt, dass er zum damaligen Zeitpunkt arbeitssuchend war; zudem hat er dargetan, dass Trainee-Programme in der Versicherungswirtschaft regelmäßig dazu dienen, einen geeigneten Führungskräftenachwuchs zu rekrutieren, der nach Abschluss des Programms regelmäßig in entsprechenden Führungspositionen tätig werde. Vor diesem Hintergrund können die Ausführungen des Klägers im Bewerbungsschreiben zu seiner Führungserfahrung und Personalverantwortung auch dem Zweck gedient haben, sich in besonderer Weise für das Trainee-Programm und damit für einen späteren Einstieg in eine Führungsposition bei der Beklagten zu empfehlen. Darauf, ob die vom Kläger gewählten Formulierungen geschickt oder weniger geschickt erscheinen, kommt es nicht an.
(b) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger im Bewerbungsschreiben angegeben hat, wegen des Todes seines Vaters ein umfangreiches medizinrechtliches Mandat zu betreuen, das sich in viele Bereiche des Medizinrechts erstrecke, weshalb er auch dort bereits über einen erweiterten Erfahrungshorizont verfüge. Zwar sieht die Beklagte in diesen Ausführungen des Klägers einen bewusst provozierenden Hinweis auf eine abschreckende Geschwätzigkeit des Klägers, der Kläger hingegen führt an, er habe nachvollziehbar erläutern wollen, woraus sich seine medizinrechtliche Erfahrung ergäbe. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte ausweislich ihrer Stellenausschreibung einen Juristen suchte, der über eine arbeitsrechtliche Ausrichtung verfügt oder medizinische Kenntnisse mitbringt, ist es jedenfalls keinesfalls fernliegend, dass der Kläger mit seinen Ausführungen wiederum seine besondere Eignung für das Trainee-Programm betonen wollte. Darauf, ob die vom Kläger insoweit gewählten Formulierungen geschickt oder weniger geschickt erscheinen, kommt es auch hier nicht an.
(3) Dass sich dem Bewerbungsschreiben des Klägers allein keine hinreichenden Umstände entnehmen lassen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden, hat der Senat auch im Vorabentscheidungsersuchen vom 18. Juni 2015 (– 8 AZR 848/13 (A) – Rn. 15) angenommen. Zwar hat er ausgeführt, das Bewerbungsschreiben sei nach seiner Auffassung so formuliert, dass die Beklagte den Kläger nicht als Trainee einstellen würde, was sich daran zeige, dass der Kläger seine vielfältige Führungserfahrung betont habe. Allerdings hat der Senat seine Würdigung, dem Kläger sei es nicht darum gegangen, die Stelle zu erhalten, dieser habe sich vielmehr nur beworben, um eine Entschädigung geltend zu machen, nicht allein auf das Bewerbungsschreiben, sondern daneben auf einen weiteren Umstand gestützt, nämlich darauf, dass der Kläger die Einladung der Beklagten zu einem Gespräch mit deren Personalleiter nicht angenommen hat.
bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten und entgegen der Annahme des Senats im Vorabentscheidungsersuchen vom 18. Juni 2015 (– 8 AZR 848/13 (A) – Rn. 15) erlaubt dieser Umstand allerdings nicht den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers.
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob jemand sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern ob es ihm vielmehr darum gegangen ist, nur den formalen Status als Bewerber iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung oder Schadensersatz geltend zu machen, ist in der Regel der Zeitpunkt der Bewerbung. Damit können im Rahmen der Prüfung, ob ein Entschädigungs- und Schadensersatzverlangen dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt sind, in der Regel nur Umstände aus der Zeit bis zur Absage berücksichtigt werden und deshalb regelmäßig nicht solche, die zeitlich danach liegen. Vorliegend datiert die Absage der Beklagten vom 19. April 2009, das Schreiben des Klägers, mit dem dieser die Einladung der Beklagten zu einem Gespräch abgelehnt hatte, trägt das Datum des 30. Juni 2009. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat indes nicht dargetan, weshalb ausnahmsweise gleichwohl aus der unter dem 30. Juni 2009 erteilten Absage des Klägers auf die Motivation zu schließen sein soll, mit der dieser sich beworben hat. Das Schreiben, mit dem der Kläger das Gesprächsangebot der Beklagten abgelehnt hatte, enthält insoweit auch keinerlei Anhaltspunkte. Vorliegend kommt hinzu, dass die Beklagte den Kläger erst zu einem Gespräch eingeladen hatte, nachdem sie ihm eine Absage erteilt und der Kläger Ansprüche nach dem AGG geltend gemacht hatte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht auszuschließen, dass die Gesprächseinladung der Beklagten – wie der Kläger geltend macht – dazu diente, Ansprüche nach dem AGG abzuwenden. Im Übrigen wirkt sich aus, dass die nachträgliche Einladung einem zunächst abgelehnten Bewerber de facto häufig nicht dieselbe „Chance” einer Einstellung wie eine ursprüngliche Einladung eröffnet und dass insbesondere nicht in jedem Fall zu erwarten ist, dass der Bewerber unbefangen in ein „nachgeholtes” Vorstellungsgespräch geht oder der potentielle Arbeitgeber es auszublenden vermag, wenn der Bewerber sich gegen die Absage bereits zur Wehr gesetzt hat (BAG 22. August 2013 – 8 AZR 563/12 – Rn. 59).
cc) Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe zahlreiche Bewerbungen versandt, mit denen er sich auf Stellen mit unterschiedlichen Schwerpunkten bei verschiedenen Arbeitgebern im Bundesgebiet beworben habe, kann sie auch allein hieraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Ein solcher Umstand – für sich betrachtet – erlaubt nicht den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers. Ein solches Vorgehen kann ebenso dafür sprechen, dass der Kläger – zumal er zum Zeitpunkt seiner Bewerbung arbeitslos war und sich neu orientierte – eine neue berufliche Herausforderung und finanzielle Absicherung suchte und es ihm deshalb mit seiner Bewerbung bei der Beklagten ernst war.
dd) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe sich im Jahr 2009 in fünf weiteren Fällen und im Jahr 2004 in einem weiteren Fall gerade und gezielt (nur) auf ihm – im Hinblick auf die Gründe „Alter”, „Geschlecht” und „Religion” – diskriminierend erscheinende Stellenanzeigen beworben und anschließend Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eingeklagt. Diese – in den Instanzen – vorgetragenen Umstände lassen weder für sich betrachtet noch in einer Gesamtschau den Schluss auf ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen des Klägers zu, das auf der Annahme beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn” verbleiben, weil die Beklagte – sei es bereits unter dem Druck des Geltendmachungsschreibens oder im Verlauf des Prozesses – freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Zahlung einlässt. Soweit die Beklagte in der Revisionsinstanz darüber hinausgehende Umstände, insb. Erkenntnisse aus einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren vorgetragen hat, die das Verhalten des Klägers insoweit ggf. in einem anderen Licht erscheinen lassen, waren diese Umstände vom Senat nicht zu berücksichtigen (§ 559 ZPO).
(1) Auf Rechtsmissbrauch kann nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 59; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 50, BAGE 155, 149; 18. Juni 2015 – 8 AZR 848/13 (A) – Rn. 24; 24. Januar 2013 – 8 AZR 429/11 – Rn. 63; 13. Oktober 2011 – 8 AZR 608/10 – Rn. 56 mwN; 21. Juli 2009 – 9 AZR 431/08 – Rn. 52, BAGE 131, 232). Ein solches Verhalten für sich betrachtet lässt sich ebenso damit erklären, dass ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der jeweiligen Stelle bestand und dass der/die Bewerber/in, weil er/sie sich entgegen den Vorgaben des AGG bei der Auswahl- und Besetzungsentscheidung diskriminiert sieht, mit der Entschädigungs- und/oder Schadensersatzklage zulässigerweise seine/ihre Rechte nach dem AGG wahrnimmt. Dabei ist es entgegen der Auffassung der Beklagten auch ohne Bedeutung, ob Entschädigung und/oder Schadensersatz wegen einer Benachteiligung wegen nur eines Grundes, oder wegen mehrerer Gründe iSv. § 1 AGG verlangt werden.
(2) Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Person sich häufig auf solche Stellenausschreibungen beworben hat, die Formulierungen, insb. Anforderungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen und deshalb „auf den ersten Blick” den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle entgegen § 11 AGG, wonach ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf, ausgeschrieben. Dies folgt bereits daraus, dass der/die Bewerber/in auch in einem solchen Fall mit einer Entschädigungs- und/oder Schadensersatzklage grundsätzlich ein nicht unerhebliches Risiko eingeht, den Prozess zu verlieren und damit nicht nur keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG bzw. Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG zu erlangen, sondern auch mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 60; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 51, BAGE 155, 149).
(3) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass selbst dann, wenn die Geltendmachung von Entschädigungs- und/oder Schadensersatzansprüchen aufgrund anderer erfolgloser Bewerbungen rechtsmissbräuchlich (gewesen) sein sollte, dies nicht ohne Weiteres auch für die jeweils streitgegenständliche gelten muss, sind an die Annahme des durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwands insoweit hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Dies kann in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn sich ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen der Person feststellen lässt, das auf der Erwägung beruht, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde letztlich ein auskömmlicher „Gewinn” verbleiben, weil der Arbeitgeber – sei es bereits unter dem Druck einer angekündigten Entschädigungs- bzw. Schadensersatzklage oder im Verlaufe eines Prozesses – freiwillig die Forderung erfüllt oder sich vergleichsweise auf eine Zahlung einlässt (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 4/15 – Rn. 67; 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 58, BAGE 155, 149).
(4) Es kann gegenwärtig dahinstehen, ob das Entschädigungs- bzw. Schadensersatzverlangen des Klägers in den anderen von der Beklagten angeführten Verfahren dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt wäre; die bislang von der Beklagten vorgetragenen Umstände rechtfertigen jedenfalls nicht den Schluss, auch die Bewerbung des Klägers auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle und die sich an die Ablehnung anschließende Entschädigungs- und Schadensersatzklage seien Teil eines systematischen und zielgerichteten Vorgehens des Klägers im Rahmen des oben dargestellten „Geschäftsmodells”. Vielmehr verbleibt – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger erst zu Beginn des Jahres 2009 aus S zurückgekehrt und zunächst arbeitslos war, die „gute Möglichkeit”, dass der Kläger ein ernsthaftes Interesse an dem Erhalt der Stelle hatte, und dass er mit der Erhebung der Entschädigungs- und Schadensersatzklage zulässigerweise seine Rechte nach dem AGG wahrgenommen hat.
ee) Auch die weiteren von der Beklagten angeführten Umstände lassen keinen Schluss auf Rechtsmissbrauch zu:
(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten lassen sich auch dem Umstand, dass der Kläger sich, obwohl er bereits Personalverantwortung wahrgenommen und Führungserfahrung hatte, auf eine befristete Stelle als Trainee und damit unterhalb seiner Qualifikation beworben hat, keine objektiven Umstände entnehmen, die den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers erlauben würden. Sich unterhalb der bereits erworbenen Qualifikation zu bewerben kann vielfältige Gründe haben, ua. die Sorge, überhaupt eine neue Stelle zu finden oder auch die vom Kläger angesprochene Annahme, dass eine Führungsposition bei der Beklagten nur über den Weg der Teilnahme an einem Trainee-Programm erlangt werden kann.
(2) Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass der Kläger bereits als Rechtsanwalt tätig war, ergibt sich schon deshalb nichts anderes, weil dies im hier relevanten Zeitraum gar nicht der Fall war.
(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten begründen weder der Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit Entschädigungsansprüche gegenüber einem Diskothekenbesitzer geltend gemacht hatte, noch der Umstand, dass er vor Jahren in einer Lokalzeitung einen Artikel zu rechtlichen Fragen des Diskriminierungsschutzes verfasst und dass er seine Abschlussarbeit im Masterstudiengang zum Thema der Diskriminierung bei Einstellung erstellt hat, objektive Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich bei der Beklagten nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erlangen, sondern dass es ihm darum gegangen ist, nur den formalen Status als Bewerber/in iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung und Schadensersatz geltend zu machen.
III. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welchem Umfang die Klageanträge zu 2. und zu 3. begründet sind. Zudem ist den Parteien insbesondere im Hinblick darauf, dass der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 28. Juli 2016 (– C-423/15 – [Kratzer] Rn. 35 ff.) die unionsrechtlichen Vorgaben für die Annahme des Rechtsmissbrauchseinwands nach § 242 BGB im Zusammenhang mit Bewerbungen konkretisiert hat, Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei wird das Landesarbeitsgericht insbesondere Folgendes zu beachten haben:
1. Das Landesarbeitsgericht hat – aus seiner Sicht konsequent – nicht geprüft, ob das Entschädigungsverlangen des Klägers dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt ist und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht ggf. nachzuholen haben.
a) Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass die von der Beklagten bislang vorgetragenen Umstände weder für sich betrachtet noch in der Gesamtschau den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers zulassen (vgl. dazu Rn. 133 ff.).
b) Umstände, die im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ggf. eine andere Beurteilung gebieten könnten, weil sie das Verhalten des Klägers in einem anderen Licht erscheinen lassen, hat die Beklagte bislang nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, insbesondere hatte sie bisher noch keine Gelegenheit, die von ihr in der Revisionsinstanz angeführten Erkenntnisse aus einem laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger in den Prozess einzuführen.
Sollte die Beklagte ihr Vorbringen entsprechend ergänzen und im Bestreitensfall beweisen, wird es Sache des Klägers sein, hiergegen Einwendungen vorzubringen oder darzutun, dass sein Verhalten eine andere Erklärung hat als nur die Erlangung einer Entschädigung (vgl. etwa EuGH 28. Juli 2016 – C-423/15 – [Kratzer] Rn. 40; 13. März 2014 – C-155/13 – [SICES ua.] Rn. 33; 21. Februar 2006 – C-255/02 – [Halifax ua.] Rn. 75, Slg. 2006, I-1609). Insoweit könnte auch von Bedeutung sein, ob und wann der Kläger sich – im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Bewerbung und auch im Übrigen – auf welche Stellenausschreibungen, die keinen Anlass für die Annahme einer Diskriminierung wegen des Alters boten, beworben hat. Insoweit ist dem Kläger Gelegenheit zu geben, seine Bewerbungsbemühungen im maßgebenden Zeitraum der Stellenanzeige näher darzulegen.
2. Sofern das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, das Benachteiligungsverbot des AGG sei verletzt, wird es zu beachten haben:
a) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien” (hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ua. EuGH 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 22. Oktober 2015 – 8 AZR 384/14 – Rn. 16; 18. September 2014 – 8 AZR 759/13 – Rn. 26 mwN; 16. September 2008 – 9 AZR 791/07 – Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).
b) Im Hinblick auf den auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG gerichteten Klageantrag zu 2. wird das Landesarbeitsgericht bei der Bestimmung der Höhe einer Entschädigung Folgendes zu beachten haben (vgl. auch BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 100 ff.):
aa) Auch bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG sind alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen (vgl. ua. BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – Rn. 44, BAGE 148, 158; 23. August 2012 – 8 AZR 285/11 – Rn. 38; 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – Rn. 38; 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181). Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten (vgl. EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaţia ACCEPT] Rn. 63; 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – aaO). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (EuGH 25. April 2013 – C-81/12 – [Asociaţia ACCEPT] Rn. 63 mwN; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 662/13 – aaO). Dass nach dem AGG neben der Entschädigung für Nichtvermögensschäden (§ 15 Abs. 2 AGG) auch der Ersatz materieller Schäden (§ 15 Abs. 1 AGG) verlangt werden kann, führt nicht zu einer Kürzung der Entschädigung für den Nichtvermögensschaden (vgl. BGH 23. April 2012 – II ZR 163/10 – Rn. 73, BGHZ 193, 110).
bb) Soweit der Kläger einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG über die in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG angegebene Höhe hinaus geltend macht – der Kläger fordert vorliegend eine Entschädigung iHv. vier Bruttomonatsgehältern à 3.500,00 Euro –, obliegt es der Beklagten, sofern sie sich auf die Höchstgrenze des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG berufen möchte, im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der wegen eines Grundes nach § 1 AGG benachteiligte Kläger auch bei diskriminierungsfreier Auswahl die ausgeschriebene Stelle nicht erhalten hätte (vgl. BAG 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – Rn. 78; 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – Rn. 62 mwN). Insoweit hätte die Beklagte, die über sämtliche eingereichten Bewerbungsunterlagen verfügt, zu beweisen, dass der Kläger die zu besetzende Position auch dann nicht erhalten hätte, wenn keine Diskriminierung stattgefunden hätte (EuGH 22. April 1997 – C-180/95 – [Draehmpaehl] Rn. 36, Slg. 1997, I-2195). Dabei kommt es, da die ausgeschriebenen Stellen tatsächlich mit vier Mitbewerberinnen besetzt wurden, im Hinblick auf die Frage der „Besteignung” nicht allein auf eine Vergleichsbetrachtung mit den Anforderungen der Stellenausschreibung an, sondern insbesondere auf eine Vergleichsbetrachtung mit den tatsächlich eingestellten Bewerberinnen (BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 102; ebenso im Ergebnis ErfK/Schlachter 17. Aufl. § 15 AGG Rn. 4 im Hinblick auf § 15 Abs. 1 AGG).
c) Im Hinblick auf den auf § 15 Abs. 1 AGG gestützten Klageantrag zu 1. (Feststellungsantrag) gibt der Senat die folgenden Hinweise:
Streiten die Parteien – wie hier – darüber, ob der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 1 AGG zum Ersatz eines Vermögensschadens in Form entgangenen Gewinns (§ 252 BGB), hier: Arbeitsentgelts (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 104 mwN), verpflichtet ist, hat der/die Anspruchsteller/in die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität. Diese, dem/der Anspruchsteller/in im Rahmen von § 15 Abs. 1 AGG obliegende Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität wird durch § 22 AGG nicht abgeändert (vgl. etwa BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 105; 20. Juni 2013 – 8 AZR 482/12 – Rn. 52 f.; 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – Rn. 78 f.). Demnach muss der Kläger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Benachteiligung für die Ablehnung der entsprechenden Bewerbung ursächlich geworden ist, dh. dass er die Stelle bei benachteiligungsfreier Auswahl erhalten hätte (ua. BAG 11. August 2016 – 8 AZR 406/14 – Rn. 105; 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – Rn. 76; BGH 23. April 2012 – II ZR 163/10 – Rn. 63, BGHZ 193, 110). Vor dem Hintergrund, dass das Trainee-Programm auf zwölf Monate befristet war und der Kläger ausschließlich entgangenen Gewinn für die Zeit nach Beendigung des Trainee-Programms geltend macht, wird der Kläger zudem dazu vorzutragen haben, woraus sich ergeben soll, dass er über diesen Zeitraum hinaus beschäftigt worden wäre. Auch hier können dem Kläger aber Beweiserleichterungen zugutekommen, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder Wahrscheinlichkeit für eine entsprechende Weiterbeschäftigung bei diskriminierungsfreiem Vorgehen bestünde.
3. Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Kosten seiner erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde(n) seien der Gegenseite aufzuerlegen, beschränkt sich der Senat auf den Hinweis, dass sich bei Anwendung der §§ 91 ff. ZPO der gerichtliche Kostenausspruch generell und einheitlich nach (dem letztlichen) Obsiegen und Unterliegen richtet.
Unterschriften
Schlewing, Winter, Vogelsang, Wein, F. Rojahn
Fundstellen
Haufe-Index 10873166 |
DStR 2017, 10 |
NJW 2017, 32 |
NZA 2017, 9 |
ArbR 2017, 336 |