Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit der sog. Kleinbetriebsklausel des Kündigungsschutzgesetzes auf eine Konzernholding
Leitsatz (amtlich)
Ein gemeinschaftlicher Betrieb zwischen einer Konzernholding und einer Tochtergesellschaft liegt nicht bereits dann vor, wenn die Holding aufgrund ihrer konzernrechtlichen Leitungsmacht gegenüber dem Vorstand der Tochter-AG anordnet, die Tochter solle bestimmte Arbeiten (z.B. Schreibarbeiten) für die Holding miterledigen.
Besteht kein Gemeinschaftsbetrieb zwischen Holding und Tochter, so genießt ein Arbeitnehmer der Holding nur dann Kündigungsschutz, wenn die Holding ihrerseits dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt, insbesondere die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt.
Normenkette
KSchG § 23 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten zu 1) wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. März 1998 – 9 Sa 764/97 – aufgehoben.
Soweit über die Klage durch das Teilurteil entschieden worden ist, wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24. Januar 1997 – 5 Ca 9091/96 – zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger war seit 4. Januar 1988 Geschäftsführer der beiden Druckereibetriebe C GmbH in T und S GmbH in M , später war er ausschließlich Geschäftsführer der S GmbH. Beworben hatte sich der Kläger aufgrund einer Zeitungsanzeige bei der Beklagten zu 1), der Holding-Gesellschaft einer Unternehmensgruppe, zu der neben den genannten Druckereibetrieben die mit der Schokoladenherstellung befaßte S AG und einige weitere Schokoladenfabriken, darüber hinaus aber auch eine „S Schinken- und Wurstwaren GmbH”, eine H -Service GmbH, eine W -Dienst GmbH und eine Spedition gehören. Das Anstellungsschreiben vom 16. November 1987 war durch den Beklagten zu 2), der zugleich Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und Vorsitzender des Aufsichtsrats der S AG ist, unter der Bezeichnung „K I, Vorsitzender des Aufsichtsrat der S AG” unterzeichnet. Nachträge zu dem Anstellungsvertrag hat der Kläger ausdrücklich mit der Beklagten zu 1) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 27. September 1996 kündigte die Beklagte zu 1) dem Kläger zum 31. Dezember 1996.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Er hat die Auffassung vertreten, er stehe zu beiden Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Das mit dem Beklagten zu 2) bestehende Beschäftigungsverhältnis sei ungekündigt, die Kündigung der Beklagten zu 1) sei rechtsunwirksam. Eine Kündigung sei frühestens zum 31. Dezember 1997 möglich gewesen. Es sei eine Vereinbarung über einen Drei-Jahres-Vertrag mit einer Laufzeit von Anfang 1995 bis Ende 1997 zustande gekommen. Dieser Vertrag habe zwar seitens der Beklagten zu 1) nicht unterschrieben werden können, weil keiner der Vertretungsbefugten bei Vertragsschluß anwesend gewesen sei. Auch ohne Unterschrift sei dieser Vertrag jedoch gültig. Jedenfalls sei das Kündigungsschutzgesetz anzuwenden: Die Beklagte zu 1) bilde mit der S AG einen einheitlichen Betrieb. Dafür spreche die einheitliche Betriebsorganisation, die gemeinsame räumliche Unterbringung und die gemeinsame Nutzung der materiellen und immateriellen Betriebsmittel. Die Mitarbeiter, die ihm gegenüber weisungsbefugt tätig geworden seien, hätten im wesentlichen Anstellungsverträge bei der S AG als Vorstandsmitglieder bzw. Prokuristen. Er sei während seines Beschäftigungsverhältnisses auch von der Personalabteilung der S AG unmittelbar angesprochen worden. Die Beklagte zu 1) könne nach ihrer Funktion nicht gänzlich ohne Personal auskommen. Dementsprechend fungiere die Leiterin Personal Frau E. je nachdem, für welche Gesellschaft ihr Handeln erfolgen solle, entweder unter dem Briefkopf der S AG oder dem der Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 2) halte die Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1) zu 74,9%, darüber hinaus sei er zu 95% Inhaber der S AG. Die einheitliche Ausübung der Macht durch eine einzige Person indiziere die Einheitlichkeit des Betriebes. Die Verhandlungen über den beabsichtigten Verkauf der S GmbH seien von dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der S AG, Rechtsanwalt Dr. R. geführt worden.
Auch mit dem Beklagten zu 2) habe er einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Aufgrund des Anstellungsschreibens vom 16. November 1987 sei er davon ausgegangen, daß der Beklagte zu 2) als Alleingesellschafter der Firmen C und S ihn als Geschäftsführer dieser beiden Gesellschaften eingestellt habe. Richtig sei zwar, daß seine Vergütung über die Beklagte zu 1) geleitet worden sei. Dies habe jedoch ausschließlich auf seinem Hinweis beruht, die Regulierung seiner Vergütung solle nicht über die C GmbH oder die S GmbH erfolgen.
Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die ordentliche Kündigung vom 27. September 1996 nicht zum 31. Dezember 1996 beendet worden ist, sondern ungekündigt über diesen Termin hinaus fortbesteht.
Die Beklagte zu 1) hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, das Kündigungsschutzgesetz sei auf das Vertragsverhältnis der Parteien nicht anzuwenden, da die Holding-Gesellschaft neben dem Kläger und einem weiteren Geschäftsführer der Firmengruppe, wenn man deren Anstellungsverträge mit der Holding überhaupt als Arbeitsverträge bewerte, keine weiteren Arbeitnehmer beschäftige. Zwischen ihr und der S AG gebe es keinen Gemeinschaftsbetrieb. Als reine Dachgesellschaft verfüge sie schon von Natur aus nicht über zahlenmäßig nennenswertes Personal. Ihre Geschäftsleitung liege bei dem Beklagten zu 2) als ihrem Geschäftsführer. Mit dem Betriebszweck der S AG, der fabrikmäßigen Herstellung und dem Vertrieb von S und verwandten Waren sei ihr Betriebszweck, nämlich der Erwerb und die Verwaltung der Anteile an den verschiedenen Gesellschaften der Firmengruppe, nicht identisch. Soweit sie auf die Geschäfte der S AG Einfluß nehme, geschehe dies im Rahmen ihrer Aktienmehrheit an der S AG und im Rahmen der Funktion des Beklagten zu 2) als Aufsichtsratsvorsitzender dieser Gesellschaft. Diese rechtlich und wirtschaftlich mögliche Einflußnahme rechtfertige nicht die Annahme eines gemeinschaftlichen Betriebes zwischen beiden Gesellschaften. Eine Abrede mit dem Kläger über eine vertragliche Mindestlaufzeit bis Ende 1997 sei nicht zustande gekommen. Eine solche Regelung sei nur zur Absicherung des Klägers für den Fall des Verkaufs der S GmbH vorgesehen gewesen. Der entsprechende Vertrag sei nicht unterzeichnet worden, weil sich diese Verkaufsabsichten nicht realisiert hätten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem oben wiedergegebenen Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr insoweit nach Durchführung einer Beweisaufnahme über die vom Kläger behauptete Verlängerung der Laufzeit seines Vertrages durch Teilurteil stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, daß sein zwischen ihm und dem Beklagten zu 2) bestehendes Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27. September 1996 nicht beendet worden ist, und gegen beide Beklagte Tantiemeansprüche geltend macht, ist der Rechtsstreit noch beim Landesarbeitsgericht anhängig.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Feststellungsantrag des Klägers ist unbegründet.
I. Der Antragsteil „sondern ungekündigt über diesen Termin hinaus fortbesteht” ist nicht mangels Feststellungsinteresses (§ 256 ZPO) unzulässig. Er berücksichtigt, daß zwischen den Parteien auch streitig ist, ob das Anstellungsverhältnis des Klägers, wenn nicht zum 31. Dezember 1996, so jedenfalls zum 31. Dezember 1997 beendet worden ist, wobei umstritten ist, ob die ins Auge gefaßte Vertragsverlängerung als Befristung oder als bloße Verlängerung der Kündigungsfrist zu bewerten ist. Auszulegen ist dieser Antragsteil damit als Antrag auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) auch über den 31. Dezember 1997 hinaus fortbestanden hat. Insoweit besteht ein Feststellungsinteresse.
II. Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefaßt – angenommen, die Kündigung der Beklagten zu 1) sei nach § 1 KSchG rechtsunwirksam. Das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar. Bei der Ermittlung der maßgeblichen Beschäftigtenzahl seien die Mitarbeiter der S AG mit zu berücksichtigen. Die Beklagte zu 1) und die S AG bildeten einen gemeinsamen Betrieb. Die Beklagte zu 1) habe keine Gründe vorgetragen, die die Kündigung sozial rechtfertigen könnten.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei auch nicht mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 durch Fristablauf beendet worden. Die Parteien hätten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Anfang 1995 einen Drei-Jahres-Vertrag nur für den Fall des Verkaufs der S GmbH vereinbaren wollen. Da die Gespräche nicht zu einem Unternehmensverkauf geführt hätten, sei eine abändernde Vereinbarung mit dem Kläger auch nicht zustande gekommen.
III. Dem folgt der Senat nicht. Die Revision rügt zu Recht eine Verletzung des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Der Antrag des Klägers auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) nicht beendet worden ist, ist unbegründet, da das Kündigungsschutzgesetz auf das Anstellungsverhältnis des Klägers keine Anwendung findet, die Kündigungsfrist richtig berechnet ist und auch und sonstige Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung nicht ersichtlich sind.
1. Es kann dahinstehen, ob der Kläger überhaupt schlüssig vorgetragen hat, daß ein Anstellungsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestand, obwohl der Kläger nach seinem Anstellungsvertrag eine Tätigkeit als Geschäftsführer von zwei weit entfernt vom Geschäftssitz der Beklagten gelegenen Druckereibetrieben verrichtet hat und nach seiner eigenen Darstellung ein Anstellungsvertrag mit dem Beklagten zu 2) vereinbart worden ist, wobei auf seine, des Klägers, ausdrückliche Anregung hin lediglich die Vergütung über die Beklagte zu 1) gezahlt werden sollte.
2. Ebenso kann offenbleiben, ob das Beschäftigungsverhältnis des Klägers, wenn ein solches zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestand, tatsächlich ein Arbeitsverhältnis darstellte oder ihm nicht vielmehr ein Geschäftsführer-Dienstvertrag zugrunde lag. Es ist keineswegs selbstverständlich, daß ein GmbH-Geschäftsführer, der nicht bei der von ihm geleiteten GmbH, sondern bei der Holding-Gesellschaft der Firmengruppe angestellt ist, damit Arbeitnehmer der Holding ist und beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des KSchG Kündigungsschutz genießt (Senatsurteil vom 15. April 1982 – 2 AZR 1101/79 – BAGE 39, 16 = AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969; Boemke, ZfA 1998, 209, 214, m.w.N.).
3. Es kann schließlich unentschieden bleiben, ob die Beklagte zur Erfüllung ihrer Aufgaben überhaupt einen Betrieb unterhält bzw. benötigt. Je nachdem, in welchem Umfang sich eine Holding-Gesellschaft auf die reine Vermögensverwaltung beschränkt oder Führungsaufgaben in der Unternehmensgruppe übernimmt, ist durchaus eine Holding in der Form einer GmbH denkbar, die zur Durchführung ihrer Aufgaben keinen eigenen Geschäftsbetrieb nötig hat, sondern im wesentlichen in der Person ihres Geschäftsführers tätig wird und etwa anfallende Schreibarbeiten durch Dritte (Schreibbüro, Hilfeleistung durch konzernabhängige Tochtergesellschaft etc.) erledigen läßt.
4. Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ergibt sich jedenfalls nicht daraus, daß den allenfalls zwei Arbeitnehmern der Beklagten zu 1) die unstreitig zahlreichen Beschäftigten der S der S AG hinzuzurechnen wären.
a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß der Senat die Annahme eines ausnahmsweise arbeitgeberübergreifenden Kündigungsschutzes für den Bereich der Privatwirtschaft stets davon abhängig gemacht hat, daß sich zwei oder mehrere Unternehmen zur gemeinsamen Führung eines Betriebes – zumindest konkludent – rechtlich verbunden haben (vgl. Urteile vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 355/89 – AP Nr. 9 zu § 23 KSchG 1969; vom 23. März 1984 – 7 AZR 515/82 – BAGE 45, 259 = AP Nr. 4 zu § 23 KSchG 1969). Ein solcher Gemeinschaftsbetrieb mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen liegt vor, wenn die beteiligten Unternehmen einen einheitlichen Leitungsapparat zur Erfüllung der in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke geschaffen haben. Insbesondere müssen die Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen sein. Diese einheitliche Leitung muß sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten erstrecken. Die einheitliche Leitung braucht nicht in einer einheitlichen vertraglichen Vereinbarung der beteiligten Unternehmen geregelt zu sein. Vielmehr genügt es, daß sich ihre Existenz aus den tatsächlichen Umständen herleiten läßt. Ergeben die Umstände des Einzelfalles, daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, so führt dies regelmäßig zu dem Schluß, daß eine konkludente Führungsvereinbarung vorliegt (Senatsurteil vom 18. Januar 1990, aaO; BAG Urteil vom 3. Dezember 1997 – 7 AZR 764/96 – AP Nr. 24 zu § 1 AuG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, m.w.N.).
b) Das Berufungsgericht verkennt jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, daß die Annahme einer Vereinbarung zur Führung eines gemeinsamen Betriebes nicht schon dann gerechtfertigt ist, wenn mehrere Unternehmen z.B. auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen lediglich unternehmerisch zusammenarbeiten. Vielmehr muß die Vereinbarung auf eine einheitliche Leitung für die Aufgaben gerichtet sein, die vollzogen werden müssen, um die in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke erfüllen zu können (Senatsurteil vom 18. Januar 1990, aaO; BAG Beschluß vom 14. September 1988 – 7 ABR 10/87 – BAGE 59, 319, 324, 325 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972, zu B 2 der Gründe, m.w.N.). Es ist zwischen konzernrechtlicher Weisungsbefugnis und betrieblichem Leitungsapparat zu unterscheiden. Die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes setzt einen einheitlichen, rechtlich gesicherten betriebsbezogenen Leitungsapparat voraus. Adressat von konzernrechtlichen Weisungen ist allein der Vorstand der abhängigen Tochter. Konzernrechtliche Weisungsmacht kann zwar bis zur Betriebs-ebene durchschlagen. Sie erzeugt jedoch für sich gesehen noch keinen betriebsbezogenen Leitungsapparat (Helle, Konzernbedingte Kündigungsschranken bei Abhängigkeit und Beherrschung durch Kapitalgesellschaften, S. 56; Martens, Festschrift 25 Jahre BAG, S. 367, 373; Hanau/Wackerbarth in Lutter, Holding-Handbuch, Rz G 3 S. 274).
c) Der Sachvortrag des Klägers, der für das Vorliegen eines von mehreren Unternehmen geführten gemeinsamen Betriebes i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Darlegungs- und Beweislast trägt (BAG Urteil vom 23. März 1984 – 7 AZR 515/82 – BAGE 45, 259, 268 = AP Nr. 4 zu § 23 KSchG 1969 zu I 2 a bb der Gründe; Senatsurteil vom 18. Januar 1990, aaO), ist danach schon nicht schlüssig.
aa) Die gemeinsame räumliche Unterbringung der Beklagten zu 1) und der S AG, auf die das Berufungsgericht abstellt, ist schon deshalb von geringer Aussagekraft, weil nach dem Vorbringen der Beklagten, dem der Kläger nicht mit eigenem konkreten Sachvortrag entgegengetreten ist, die Beklagte im Verwaltungsgebäude der S AG lediglich einen Raum benutzt, in dem ihr Geschäftsführer, der „Firmeninhaber” I residiert. Die Revision rügt auch zutreffend, daß das Berufungsgericht zu Unrecht die gemeinsame Nutzung der sächlichen und personellen Betriebsmittel durch die Beklagte zu 1) und die S AG allein aus der Tatsache herleitet, daß die Beklagte zu 1) weder über Mitarbeiter im Verwaltungs- noch im Sekretariatsbereich verfügt und etwa anfallende Arbeiten von Mitarbeitern der S AG mit wahrnehmen läßt. Eine solche Arbeitsorganisation zwischen einer Holding als Muttergesellschaft und einer Tochtergesellschaft spricht nicht notwendig für das Vorliegen einer Vereinbarung zur Führung eines Gemeinschaftsbetriebes. Sie kann genauso gut bedeuten, daß die Holding zur Durchführung ihrer Aufgaben keine eigene Betriebsorganisation benötigt und im Wege ihrer konzernrechtlichen Weisungsmacht dem Vorstand der Tochtergesellschaft gegenüber angeordnet hat, daß ihr für Schreib- und Verwaltungsarbeiten Schreibkräfte etc. zur Verfügung stehen (vgl. Hanau/Wackerbarth, aaO, Rz G 3 und G 186). Der Kläger hat nicht einmal schlüssig dargelegt, daß überhaupt in nennenswertem Umfang Schreib- und Verwaltungsarbeiten für die Holding anfallen.
bb) Auch die Indizien, die das Landesarbeitsgericht für das Vorliegen einer einheitlichen Leitung der Beklagten zu 1) und der S AG anführt, sind nicht hinreichend aussagekräftig, wenn man berücksichtigt, daß die Beklagte zu 1) als Holding konzernrechtlich stets in der Lage war, durch ihren Geschäftsführer bestimmenden Einfluß auf die zahlreichen Tochterunternehmen, also auch auf die S AG auszuüben. Wenn der Beklagte zu 2) bei einzelnen Schreiben von seinen zahlreichen Funktionen innerhalb der Unternehmensgruppe anstatt seiner Position als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) als Vorsitzender des Aufsichtsrats der S AG unterschrieben hat, besitzt dies keine Aussagekraft. Ebensowenig wird ein rechtlich bedeutsamer Einfluß der S AG auf die Beklagte als Holding dadurch belegt, daß etwa ein Jurist der S AG zu von der Beklagten zu 1) geführten Vertragsverhandlungen hinzugezogen worden ist. Die Beklagte zu 1), die auch nach dem Vorbringen des Klägers keinen Juristen beschäftigt, konnte sich in dem geschilderten Einzelfall der Hilfe der Konzerntochter bedienen, ohne daß dies für das Vorliegen einer Vereinbarung zur Führung eines gemeinsamen Betriebes spräche. Nichts anderes gilt für die vom Kläger vorgelegten vereinzelten Schreiben der Personalabteilung der S AG. Die Beklagte zu 1), die für ihre höchstens zwei Arbeitnehmer keine eigene Personalabteilung besitzt, hätte sich etwa für die vom Kläger erwähnte Rücksendung seiner Lohnsteuerkarte ebensogut des Personals einer der beiden Druckereien bedienen können, als deren Geschäftsführer der Kläger tätig war.
cc) Die Revision rügt auch zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft, die Beklagte und die S AG seien hinsichtlich ihrer Betriebszwecke miteinander verbunden. Die Annahme eines Gemeinschaftsbetriebes setzt zwar nicht voraus, daß die verschiedenen Unternehmen den gleichen Betriebszweck verfolgen. Immerhin hat der Senat stets betont, daß die Führungsvereinbarung auf eine einheitliche Leitung für die Aufgaben gerichtet sein muß, die vollzogen werden müssen, um die in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke erfüllen zu können (Senatsurteil vom 18. Januar 1990, aaO; BAG Beschluß vom 14. September 1988 – 7 ABR 10/87 – BAGE 59, 319, 324, 325 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972, zu B 2 der Gründe). Solche in einer organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke liegen im Verhältnis zwischen einer im wesentlichen auf die Vermögensverwaltung und die Geschäftsführung ausgerichteten Holding einer in zahlreichen Branchen tätigen Unternehmensgruppe und einem einzelnen auf die Produktion einer bestimmten Artikelgruppe (z.B. S) gerichteten Tochterunternehmen regelmäßig nicht vor und sind vom Kläger jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Eine Holding als Dachgesellschaft einer Unternehmensgruppe, die neben der Produktion u.a. im Hygiene–, Druck- und Speditionsbereich tätig ist, verfolgt mit ihrer Tätigkeit im Bereich der Vermögensverwaltung und der Geschäftsführung klar umrissene Zwecke, die mit dem Betriebszweck einer ihrer Tochtergesellschaften, die S produziert, auch nicht dadurch lediglich innerhalb einer organisatorischen Einheit zu verfolgen sind, daß die S das bedeutendste Tochterunternehmen der Holding darstellt.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO).
a) Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, bei einer Konzernholding, die nur mit einigen wenigen Arbeitnehmern betrieben werde, könne u.U. ein „Berechnungs-durchgriff im Konzern” in Betracht kommen mit dem Ergebnis, daß bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Arbeitnehmer anderer Konzernunternehmen mit zu berücksichtigen seien (Bepler, AuR 1997, 54, 58 f., ders. AuA 1997, 325, 329; ähnlich Buschmann, AuR 1992, 210 f.; Kittner, NZA 1998, 731 f.), ist dem für den vorliegenden Sachverhalt jedenfalls nicht zu folgen. Beim Kläger ist zu berücksichtigen, daß er zu der Personengruppe zählt, die nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG vom Gesetzgeber aus dem Geltungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes normalerweise ausgenommen bleiben soll. Der Kläger bedarf deshalb nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht des Schutzes durch die von Teilen der Literatur befürwortete „teleologische Reduktion” des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Daran ändert nichts die Tatsache, daß der Kläger formell nicht bei der GmbH angestellt war, als deren Geschäftsführer er fungierte, sondern auf eigenen Wunsch seine Vergütung über die beklagte Holding erhielt, die außer ihm günstigstenfalls noch einen Arbeitnehmer beschäftigte.
b) Abgesehen davon ist eine derartige „teleologische Reduktion” auch grundsätzlich als nicht mehr gesetzeskonform abzulehnen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 12. November 1998 (– 2 AZR 459/97 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) dazu ausgeführt, ein unternehmensübergreifender „Berechnungs-durchgriff” sei de lege lata nicht möglich, weil der Gesetzgeber am Betriebsbegriff festgehalten habe, obgleich im Gesetzgebungsverfahren ein Abstellen auf das Unternehmen diskutiert worden sei (vgl. Schwedes, BB 1996, Beilage 17, S. 2 f.; Bepler, AuR 1997, 54, 57) und auch dem Bundesrat vorliegende Entwürfe für ein Arbeitsvertragsgesetz (BR-Drucksache 293/95 und 671/96) dies vorgesehen hätten. Daß das Gesetz für seinen Anwendungsbereich am Betriebsbegriff festhalte, statt auf den in der Regel weiteren Unternehmensbegriff abzustellen, belege auch § 322 Abs. 2 UmwG. Ein vom Betriebsbegriff losgelöster unternehmensübergreifender „Berechnungsdurchgriff” auf den Konzern, d.h. auch in solchen Fällen, in denen kein gemeinsamer Betrieb mehrerer (Konzern-)Unternehmen vorliegt, sei mit dieser Gesetzeslage nicht zu vereinbaren und könne allenfalls in Ausnahmefällen verfassungsrechtlich geboten sein.
c) Im vorliegenden Fall besteht auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte zu 1) oder der Beklagten zu 2) dem Kläger durch Mißbrauch ihrer Organisationsfreiheit den Kündigungsschutz genommen hätten, was möglicherweise die Kündigung als treuwidrig oder sittenwidrig erscheinen lassen könnte (§§ 138, 242 BGB). Nichts hätte im Wege gestanden, einen Anstellungsvertrag des Klägers mit einer der im Druckbereich tätigen GmbHs zu vereinbaren, deren Geschäftsführer er werden sollte. Dann wären auf den Kläger nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht einmal in dem ungewöhnlichen Fall die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes anwendbar gewesen, daß sein Anstellungsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu bewerten wäre. Durch die Anstellung des Klägers bei der Holding hat sich deshalb seine kündigungsschutzrechtliche Position nicht verschlechtert.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten der Vorinstanzen bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Piper, Nipperdey
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.04.1999 durch Backes, Reg. Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1999, 1716 |
BB 1999, 2406 |
DB 1999, 1710 |
NJW 1999, 3212 |
NWB 1999, 2915 |
EBE/BAG 1999, 118 |
ARST 2000, 19 |
EWiR 1999, 963 |
FA 1999, 296 |
FA 1999, 339 |
FA 1999, 363 |
NZA 1999, 932 |
SAE 2000, 102 |
ZAP 1999, 912 |
ZIP 1999, 2176 |
AG 2000, 75 |
AP, 0 |