Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung bei Verzicht auf Kündigungsschutzklage. Sozialplanleistungen und Verzicht auf Kündigungsschutzklage. freiwillige, der Planungssicherheit des Arbeitgebers bei Betriebsänderungen dienende Betriebsvereinbarung. Gleichbehandlungsgebot. Maßregelungsverbot des § 612a BGB
Leitsatz (amtlich)
- Sozialplanleistungen dürfen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. An dieser Rechtslage hat sich durch den zum 1. Januar 2004 neu eingeführten § 1a KSchG nichts geändert.
- Die Betriebsparteien sind nicht gehindert, bei einer Betriebsänderung im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit zusätzlich zu einem Sozialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Leistungen für den Fall vorzusehen, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht. Das Verbot, Sozialplanleistungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, darf dadurch nicht umgangen werden.
Orientierungssatz
- Es verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wenn die Betriebsparteien Sozialplanleistungen vom Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig machen. Daran hat sich durch § 1a KSchG nichts geändert. Die darin vorgesehene Abfindung hat eine andere Funktion als eine Sozialplanleistung.
- Die Betriebsparteien können anlässlich einer Betriebsänderung zusätzlich zu einem Sozialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit Leistungen davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage absieht. Dadurch wird weder der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verletzt noch gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Die Zulässigkeit einer derartigen Regelung entspricht der in § 1a KSchG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung.
- Durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung, in welcher Leistungen für den Fall der Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage vorgesehen sind, darf nicht das Verbot umgangen werden, Sozialplanleistungen von einem solchen Verzicht abhängig zu machen. Ob eine Umgehung vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
- Es bleibt dahingestellt, ob § 612a BGB auf Maßnahmen und Vereinbarungen anwendbar ist, die der Rechtsausübung zeitlich vorangehen.
Normenkette
BetrVG § 112 Abs. 1 S. 2, § 75 Abs. 1 S. 1, §§ 88, 77 Abs. 3, 4 S. 1; BGB § 612a; KSchG § 1a Abs. 1, § 4 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 20. April 2004 – 5 Sa 539/03 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 18. September 2003 – 2 Ca 533/03 – abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
- Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch aus einer Betriebsvereinbarung.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 18. Januar 1994 als Maschineneinrichter zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.406,80 Euro beschäftigt. Anlässlich einer Betriebsänderung vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat am 21. Februar 2003 einen Interessenausgleich und Sozialplan (BV Sozialplan). Dieser sieht Abfindungen vor für Arbeitnehmer, denen infolge der Betriebsänderung gekündigt wird. Nach Nr. VI. 1 BV Sozialplan errechnet sich der Abfindungsbetrag nach der Formel Alter × Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsverdienst: 50. Ebenfalls am 21. Februar 2003 schlossen die Betriebsparteien “ergänzend zu dem Interessenausgleich und Sozialplan” eine “Betriebsvereinbarung (Outplacement, Abwicklungsvertrag)” (BV Outplacement). Diese enthält ua. folgende Regelungen:
“2.
Anspruch auf Gruppenoutplacement
Den in vorstehender Nummer eins genannten Mitarbeitern wird ein Gruppenoutplacementprogramm gewährt. Alle Einzelheiten, insbesondere den Umfang des Programms handelt die Geschäftsführung mit dem Veranstalter Firma von R… aus.
Die Gewährung des Gruppenoutplacementprogrammes setzt voraus, dass der Mitarbeiter innerhalb von 7 Tagen nach Erhalt der Kündigungserklärung schriftlich auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Es soll ein Abwicklungsvertrag abgeschlossen werden, wie er in nachstehender Nummer 3 vorgesehen ist (ohne Nummer 3.2).
3.
Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages
Jeder der in vorstehender Nummer 1 genannter Mitarbeiter, der auf den Gruppenoutplacementanspruch (Nr. 2) sowie auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage innerhalb von 7 Tagen nach Ausspruch der Kündigung schriftlich gegenüber der Personalabteilung verzichtet, hat den Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages, insbesondere zu den folgenden Bedingungen:
3.1 Das Anstellungsverhältnis zwischen den Vertragsparteien endet auf Grund der Kündigung der Gesellschaft aus betriebsbedingten Gründen zu dem in der Kündigung vorgesehenen Beendigungstermin.
3.2 Wenn der Mitarbeiter auf seinen Anspruch auf ein Gruppenoutplacementprogramm nach dieser Betriebsvereinbarung verzichtet, erhöht sich die Abfindung des Mitarbeiters gemäß dem Sozialplan vom 21.02.03 um ein Brutto-Monatsgehalt. Die Abfindung wird spätestens mit der letzten Gehaltsabrechnung ausgezahlt, wenn bis dahin alle Gegenstände zurückgegeben worden sind.”
Mit Schreiben vom 28. März 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Mai 2003. Sie zahlte dem Kläger die ihm nach der BV Sozialplan zustehende Abfindung von rund 13.000,00 Euro.
Der Kläger hat am 8. April 2003 Kündigungsschutzklage erhoben und hilfsweise die Zahlung von 2.406,80 Euro verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die in der BV Outplacement vorgesehene Verknüpfung des Anspruchs auf die Erhöhung der Abfindung um ein Monatsgehalt mit dem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage sei unzulässig. Sie verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG und gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Deshalb könnten auch Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage Gebrauch gemacht hätten, die erhöhte Abfindung verlangen.
Der Kläger hat – soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung – beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn über die in Ziff. VI des Interessenausgleichs und Sozialplans vom 21. Februar 2003 vorgesehene Abfindung hinaus einen weiteren Abfindungsbetrag in Höhe von 2.406,80 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die von ihr freiwillig zusätzlich zu der BV Sozialplan abgeschlossene BV Outplacement sei wirksam. Die Verknüpfung der darin vorgesehenen Leistungen mit dem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage diene ihrem berechtigten Interesse an einer raschen Bereinigung und an Planungssicherheit.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen und die Beklagte auf den Hilfsantrag zur Zahlung von 2.406,80 Euro verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung auch des Zahlungsantrags.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Zahlungsklage zu Unrecht entsprochen. Dem Kläger steht nach der BV Outplacement kein Abfindungsanspruch zu, da er nicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Diese in der BV Outplacement vorgesehene Anspruchsvoraussetzung verstößt weder gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG noch gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.
I. Der Kläger hat keinen Abfindungsanspruch nach der BV Outplacement.
1. Voraussetzung für einen Anspruch auf eine weitere Abfindung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts ist nach Nr. 3.2 BV Outplacement der Abschluss des in Nr. 3 Satz 1 BV Outplacement vorgesehenen Abwicklungsvertrags. Gegenstand eines Abwicklungsvertrags ist nach Nr. 3.1 BV Outplacement die Beendigung des Anstellungsverhältnisses zu dem in der Kündigung vorgesehenen Beendigungstermin. Voraussetzung für den Abschluss eines solchen Abwicklungsvertrags ist nach Nr. 3 Satz 1 BV Outplacement der innerhalb von 7 Tagen nach Ausspruch der Kündigung schriftlich gegenüber der Personalabteilung zu erklärende Verzicht auf den Gruppenoutplacementanspruch und auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
a) Der Kläger hat keinen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten geschlossen. Er hat mit der Beklagten nicht vereinbart, dass sein Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Mai 2003 endet. Er hat eine Kündigungsschutzklage erhoben, die vom Arbeitsgericht rechtskräftig abgewiesen wurde.
b) Der Kläger hatte nach der BV Outplacement auch keinen Anspruch auf den Abschluss eines Abwicklungsvertrags. Voraussetzung hierfür wäre der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gewesen. Diesen hat der Kläger nicht erklärt.
II. Entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts sind die Regelungen in Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 und in Nr. 3 Satz 1 BV Outplacement wirksam. Die Betriebsparteien durften den Anspruch auf das Gruppenoutplacement und die weitere Abfindung vom Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig machen. Die Zulässigkeit einer solchen Regelung ist abhängig vom Zweck der jeweiligen Leistung. Während bei erzwingbaren Sozialplanleistungen eine derartige Verknüpfung unzulässig ist, kann sie in freiwilligen Betriebsvereinbarungen, mit denen andere Leistungszwecke verfolgt werden, vorgenommen werden.
1. Nach bislang ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum dürfen Leistungen in Sozialplänen iSv. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, die dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dienen, nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden (vgl. BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – BAGE 44, 364; 20. Juni 1985 – 2 AZR 427/84 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Ausgleichsquittung Nr. 1, zu B II 1a der Gründe; LAG Baden-Württemberg 16. September 1997 – 8 Sa 77/97 – NZA-RR 1998, 358; LAG Niedersachsen 16. August 2002 – 10 Sa 409/02 – NZA-RR 2003, 578; DKK-Däubler 2. 9. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 43; Fitting 22. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 169; HWK/Hohenstatt/Willemsen BetrVG § 112 Rn. 54; Hess in HSWG 6. Aufl. BetrVG § 112 Rn. 94; ErfK/Kania 5. Aufl. §§ 112, 112a BetrVG Rn. 23; MünchArbR-Matthes 2. Aufl. Bd. 3 § 362 Rn. 14; Richardi/Annuß BetrVG 9. Aufl. § 112 Rn. 112; aA neuerdings unter Hinweis auf § 1a KSchG nF Busch BB 2004, 267 ff.; Hanau ZIP 2004, 1169, 1177 f.; Raab RdA 2005, 1, 10 f.). Daran hält der Senat grundsätzlich fest. Die Einführung des § 1a KSchG hat die Rechtslage insoweit nicht verändert.
a) Ob sich die Unwirksamkeit einer derartigen Sozialplanbestimmung bereits aus der fehlenden Regelungsmacht der Betriebsparteien ergibt (so BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – BAGE 44, 364), ist allerdings fraglich. Bei einem Einigungsstellenspruch stellt der Umfang der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats eine Grenze der Regelungsbefugnis dar. Der Einigungsstelle ist es verwehrt, gegen den Willen des Arbeitgebers Regelungen über einen Gegenstand zu treffen, der nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterfällt. Bei einvernehmlichen Betriebsvereinbarungen ist dagegen die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien nicht auf die Gegenstände des § 88 BetrVG beschränkt. Die Betriebsparteien haben in den Schranken des § 77 Abs. 3 BetrVG grundsätzlich eine umfassende Regelungskompetenz (vgl. BAG GS 7. November 1989 – GS 3/85 – BAGE 63, 211, zu C I 2b und c der Gründe; Fitting 22. Aufl. § 88 Rn. 2 mwN). Daher spricht vieles dafür, dass Regelungen in einem einvernehmlich vereinbarten Sozialplan nicht allein deshalb unwirksam sind, weil sie nicht der Funktion des Sozialplans dienen und daher nicht erzwungen werden könnten.
b) Diese Frage muss hier nicht entschieden werden. Die Unwirksamkeit einer Regelung in einem Sozialplan, die den Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf eine Abfindung zum Ausgleich oder zur Milderung der mit der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig macht, folgt jedenfalls aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (so auch BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – BAGE 44, 364). Ob eine solche Regelung auch gegen § 612a BGB verstößt (so LAG Niedersachsen 16. August 2002 – 10 Sa 409/02 – NZA-RR 2003, 578; ErfK/Preis 5. Aufl. § 612a BGB Rn. 15; Fitting 22. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 169; Richardi/Annuß BetrVG 9. Aufl. § 112 Rn. 112; Schliemann in ArbR BGB 2. Aufl. § 612a Rn. 20), kann deshalb ebenfalls dahinstehen.
aa) Die Betriebsparteien haben bei Sozialplänen – wie auch sonst bei Betriebsvereinbarungen – den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt (vgl. zuletzt BAG 22. März 2005 – 1 AZR 49/04 – zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv.≫, zu 3a der Gründe). Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (vgl. BAG 22. März 2005 – 1 AZR 49/04 – aaO). Macht ein Sozialplan den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zur Voraussetzung für den Anspruch auf die Sozialplanabfindung, erfolgt eine Gruppenbildung, welche die Anwendung des Gleichheitssatzes ermöglicht und gebietet. Die Arbeitnehmer, welche nicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten, werden hinsichtlich der Sozialplanabfindung schlechter behandelt als diejenigen, die von der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung absehen.
bb) Diese Ungleichbehandlung ist nach Sinn und Zweck des Sozialplans sachlich nicht gerechtfertigt. Nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist ein Sozialplan eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Auf diese Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion stellt der Senat bei der Auslegung sowie der rechtlichen Überprüfung von Sozialplänen in ständiger Rechtsprechung entscheidend ab (vgl. etwa 14. August 2001 – 1 AZR 760/00 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 142 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 108, zu III 1a der Gründe; 21. Oktober 2003 – 1 AZR 407/02 – BAGE 108, 147, zu I 1 der Gründe mwN). Darüber hinaus hat ein Sozialplan eine Befriedungsfunktion (vgl. etwa 14. August 2001 – 1 AZR 760/00 – aaO; 21. Oktober 2003 – 1 AZR 407/00 – aaO, zu I 2 der Gründe). Dies rechtfertigt es ua., bei Sozialplanabfindungen auch an Kriterien wie Lebensalter und Betriebszugehörigkeit anzuknüpfen. Eine “Bereinigungsfunktion” zur Herbeiführung von Planungssicherheit kommt einem Sozialplan dagegen nicht zu (vgl. BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – BAGE 44, 364). Er dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder gar zu beseitigen. Wird ein Sozialplan gleichwohl so ausgestaltet, verfehlt er seine Funktion. Dies ist der Fall, wenn der Anspruch auf Sozialplanabfindungen von dem individualrechtlichen Verzicht des Arbeitnehmers zur gerichtlichen Überprüfung einer ihn betreffenden Kündigung abhängig gemacht wird (vgl. BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – aaO). Eine derartige Bedingung hat nichts mit den wirtschaftlichen Nachteilen zu tun, die den betroffenen Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen. Die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer, die nach – verlorener – Kündigungsschutzklage ihren Arbeitsplatz verlieren, sind nicht geringer als die Nachteile derjenigen, die keinen Kündigungsschutzprozess führen. Keine oder zumindest nicht dieselben wirtschaftlichen Nachteile entstehen allerdings für die Arbeitnehmer, die ihren Kündigungsschutzprozess gewinnen, behalten sie doch den Arbeitsplatz. Daher ist es auch sachlich gerechtfertigt, die Fälligkeit des Sozialplananspruchs bis zum Abschluss eines etwaigen Kündigungsschutzprozesses hinauszuschieben (vgl. BAG 20. Juni 1985 – 2 AZR 427/84 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 33 = EzA KSchG § 4 Ausgleichsquittung Nr. 1, zu B II 1b aa der Gründe).
cc) An dieser Rechtslage hat sich durch die am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Vorschrift des § 1a Abs. 1 KSchG nichts geändert. Die Regelung belegt zwar, dass nach den Wertungen des Gesetzgebers die Verknüpfung eines individuellen Abfindungsanspruchs mit der Nichtwahrnehmung des Klagerechts nach § 4 Satz 1 KSchG von der Rechtsordnung gebilligt wird. Aus ihr kann aber für Sozialplanansprüche nichts hergeleitet werden (aA Busch BB 2004, 267 ff.; Hanau ZIP 2004, 1169, 1177 f.; Raab RdA 2005, 1, 10 f.). Durch § 1a KSchG soll eine “einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess” geschaffen werden (vgl. BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Der in § 1a KSchG vorgesehene Abfindungsanspruch entspricht seinem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Hinnahme einer Kündigung vereinbarten Abfindung. Damit sind Sozialplanleistungen nicht vergleichbar (vgl. BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – BAGE 44, 364). Anders als bei einer in einem Kündigungsschutzprozess vergleichsweise vereinbarten oder nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG versprochenen Abfindung steht es bei einer Sozialplanabfindung nicht im Belieben des Arbeitgebers, ob er sich auf diese einlässt. Vielmehr begründet die Betriebsänderung einen – erforderlichenfalls über die Einigungsstelle erzwingbaren – Anspruch des Betriebsrats auf Abschluss eines Sozialplans (BAG 20. Dezember 1983 – 1 AZR 442/82 – aaO). Außerdem geht ein Sozialplan, der für den Verlust der Arbeitsplätze Abfindungen vorsieht, von der Wirksamkeit der Kündigungen aus. Andernfalls träte ein auszugleichender oder abzumildernder Verlust nicht ein. Dagegen wird eine individualrechtliche Abfindung regelmäßig auch im Hinblick auf das Risiko des Arbeitgebers vereinbart, dass sich die Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess als unwirksam erweisen könnte. Dieses Risiko soll durch die an die Hinnahme der Kündigung oder die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geknüpfte Abfindung beseitigt werden. Eine Sozialplanabfindung hat damit eine völlig andere Funktion als die Abfindung nach § 1a KSchG.
2. Auch wenn Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürfen, ist den Betriebsparteien nicht jegliche Regelung verboten, durch die im Falle einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer ein finanzieller Anreiz geschaffen werden soll, eine Kündigung zu akzeptieren. Jedenfalls dann, wenn die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans nachgekommen sind, können sie freiwillig eine kollektivrechtliche Regelung treffen, die im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit finanzielle Leistungen für den Fall vorsieht, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht. Das Verbot, Sozialplanabfindungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, darf dadurch aber nicht umgangen werden.
a) Die grundsätzliche Befugnis der Betriebsparteien zu einer solchen freiwilligen Betriebsvereinbarung folgt aus § 88 BetrVG. Ihre Kompetenz ist nicht auf die dort ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt. In den Schranken des § 77 Abs. 3 BetrVG können grundsätzlich alle durch Tarifvertrag regelbare Angelegenheiten Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Daher können Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung unter Beachtung von zwingendem höherrangigen Recht ua. Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen (vgl. BAG GS 7. November 1989 – GS 3/85 – BAGE 63, 211, zu C I 2b der Gründe).
b) Eine Betriebsvereinbarung, in der Abfindungsansprüche der Arbeitnehmer vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden, verstößt nicht notwendig gegen den auch bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen zu beachtenden betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Gruppenbildung zwischen den Arbeitnehmern, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten, und denjenigen, die dies nicht tun, kann vielmehr durch den Regelungszweck gerechtfertigt sein. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Verzicht auf die Kündigungsschutzklage, zu dem die freiwillige Leistung des Arbeitgebers einen Anreiz darstellen soll, der raschen Bereinigung der mit dem Ausspruch von Kündigungen verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Unsicherheit und der Herstellung von Planungssicherheit dient. Hieran hat der Arbeitgeber – wie jetzt auch in § 1a KSchG deutlich wird – ein anerkennenswertes Interesse.
c) Eine solche Betriebsvereinbarung ist nicht etwa wegen Verstoßes gegen § 612a BGB unwirksam.
aa) Allerdings haben die Betriebsparteien bei Betriebsvereinbarungen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB zu beachten (vgl. ErfK/Preis 5. Aufl. § 612a BGB Rn. 9; Richardi/Annuß BetrVG 9. Aufl. § 112 Rn. 112; MünchKomm-BGB/Müller-Glöge 4. Aufl. § 612a Rn. 13; Schliemann in ArbR BGB 2. Aufl. § 612a Rn. 14). Dabei kann dahinstehen, ob sich dies aus der unmittelbaren Anwendung des § 612a BGB oder mittelbar aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergibt. Dementsprechend dürfen die Betriebsparteien Arbeitnehmer nicht deshalb benachteiligen, weil sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausüben.
bb) Eine Benachteiligung iSv. § 612a BGB setzt nicht notwendig voraus, dass sich die Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert. Das Maßregelungsverbot kann auch verletzt sein, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, weil sie ihre Rechte nicht ausgeübt haben (vgl. BAG 23. Februar 2000 – 10 AZR 1/99 – BAGE 94, 11, zu II 6 der Gründe; 12. Juni 2002 – 10 AZR 340/01 – BAGE 101, 312, zu II 1a der Gründe; 7. November 2002 – 2 AZR 742/00 – BAGE 103, 265, zu B I 1d bb (1) der Gründe mwN; ErfK/Preis 5. Aufl. § 612a BGB Rn. 10; MünchKomm-BGB/Müller-Glöge 4. Auf. § 612a Rn. 15; HWK/Thüsing § 612a BGB Rn. 9).
cc) Noch nicht abschließend geklärt ist in Rechtsprechung und Schrifttum die Frage, ob § 612a BGB nur Maßnahmen und Vereinbarungen erfasst, die der Rechtsausübung zeitlich nachfolgen, oder auch solche, die vor der Rechtsausübung liegen, aber erst später wirksam werden (vgl. dazu insbesondere HWK/Thüsing § 612a BGB Rn. 7 und 8 mit zahl. Nachw.). Die überwiegende Auffassung hält die zeitliche Reihenfolge für unerheblich; § 612a BGB sei auch oder gerade dann anwendbar, wenn die benachteiligende Maßnahme oder Vereinbarung zeitlich vor der Rechtsausübung liege (so Soergel/Raab BGB 12. Aufl. § 612a Rn. 11; Staudinger/Richardi BGB 13. Bearbeitung § 612a Rn. 13; Preis Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht S. 172; Gaul NJW 1994, 1025, 1027; jedenfalls im Ergebnis so – für eine von der Bereitschaft der Arbeitnehmer zur unbezahlten Arbeitszeitverlängerung abhängige Erfolgsbeteiligung – auch BAG 12. Juni 2002 – 10 AZR 340/01 – BAGE 101, 312, zu II 1c der Gründe). Das führt zu einer nicht unerheblichen Einschränkung der Vertragsfreiheit (vgl. Staudinger/Richardi BGB 13. Bearbeitung § 612a Rn. 10). Wohl auch deshalb wollen einige Vertreter dieser Auffassung die Anwendbarkeit des § 612a BGB auf Maßnahmen und Vereinbarungen begrenzen, die unverhältnismäßig und sozial inadäquat sind (vgl. etwa Gaul NJW 1994, 1025, 1027; vgl. auch Hanau/Vossen DB 1992, 213, 221). Dagegen lehnt ein anderer Teil des Schrifttums die Anwendbarkeit des § 612a BGB auf Vereinbarungen ab, die der Rechtsausübung vorangegangen sind; eine solche Vereinbarung könne keine Benachteiligung iSv. § 612a BGB darstellen (so insbesondere HWK/Thüsing § 612a BGB Rn. 8; ders. NZA 1994, 728, 730 f.; im Ergebnis ebenso BGB-RGRK/Ascheid § 612a Rn. 5). Der Senat hat entschieden, dass eine während eines Arbeitskampfs ausgelobte Prämie für die Nichtteilnahme an einem rechtmäßigen Streik keine Maßregelung iSv. § 612a BGB darstellt (13. Juli 1993 – 1 AZR 676/92 – BAGE 73, 320, zu IV 1 der Gründe). Bezüglich der Kürzung von Sondervergütungen wegen berechtigter Fehlzeiten hat der Gesetzgeber das Problem der Anwendbarkeit des § 612a BGB durch § 4a EFZG gelöst (vgl. ErfK/Dörner 5. Aufl. § 4a EFZG Rn. 3 mwN).
dd) Im Streitfall kann die generelle Streitfrage, ob das Maßregelungsverbot des § 612a BGB überhaupt auf Maßnahmen und Vereinbarungen anwendbar ist, die der Rechtsausübung zeitlich vorangehen, dahinstehen. Auch wenn hiervon grundsätzlich auszugehen wäre, verstoßen jedenfalls Vereinbarungen, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmern für den Fall des Verzichts auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung verspricht, nicht gegen das Maßregelungsverbot. Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien, in denen eine Abfindung dafür versprochen wird, dass der Arbeitnehmer eine Kündigung akzeptiert, gegen diese keine Klage erhebt oder von der Fortführung einer bereits erhobenen Klage Abstand nimmt, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar kann ein Arbeitnehmer nicht im Voraus auf den gesetzlichen Kündigungsschutz wirksam verzichten (vgl. etwa KR-Friedrich 7. Aufl. § 4 KSchG Rn. 296 mwN). In Rechtsprechung und Schrifttum ist aber allgemein anerkannt, dass nach erklärter Kündigung bereits vor Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG ein Verzicht auf die Erhebung oder Durchführung einer Kündigungsschutzklage zulässig ist (vgl. BAG 3. Mai 1979 – 2 AZR 679/77 – BAGE 32, 6, zu II 2a der Gründe; 27. November 2003 – 2 AZR 135/03 – AP BGB § 312 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 312 Nr. 1; KR-Friedrich aaO Rn. 297 mwN). Den Arbeitsvertragsparteien ist es auch jedenfalls nach Ausspruch der Kündigung nicht verwehrt, für einen solchen Verzicht des Arbeitnehmers eine Gegenleistung des Arbeitgebers in Form einer Abfindung zu vereinbaren. Anders als bei unverzichtbaren Rechten und Ansprüchen wird damit dem Arbeitnehmer kein von der Rechtsordnung missbilligtes Rechtsgeschäft angetragen. Zwar wird ihm in einem solchen Fall ein Vorteil gerade dafür versprochen, dass er sein Recht auf Erhebung oder Durchführung einer Kündigungsschutzklage nicht wahrnimmt. Gleichwohl liegt darin kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Andernfalls wären Abfindungsvergleiche in Kündigungsstreitigkeiten nicht statthaft. Gütliche Einigungen der Arbeitsvertragsparteien über Kündigungen zu verhindern, ist jedoch ersichtlich nicht der Zweck des § 612a BGB. Dies macht nunmehr auch § 1a Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG deutlich. Anders als in Fällen, in denen der Arbeitgeber nachträglich dem Arbeitnehmer wegen der vorangegangenen Wahrnehmung von Rechten Leistungen vorenthält, wird der Arbeitnehmer durch ein Angebot des Arbeitgebers, im Falle des Klageverzichts eine Abfindung zu bezahlen, nicht für die Wahrnehmung seiner Rechte “bestraft”. Ihm bleibt die freie Entscheidung, ob er sein Klagerecht verfolgt oder für den Verzicht auf dieses Recht eine (Gegen-)Leistung des Arbeitgebers erhält. Hiernach verstößt es auch nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits vor Ausspruch einer Kündigung eine Abfindung für den Fall verspricht, dass er gegen die Kündigung keine Klage erhebt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung die freie Wahl verbleibt, ob er sich für die ausgelobte Abfindung oder die Erhebung einer Kündigungsschutzklage entscheidet.
ee) Ein Versprechen des Arbeitgebers, den Arbeitnehmern, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten, eine Abfindung zu zahlen, ist nicht nur in individuellen Zusagen oder in einer Gesamtzusage möglich. Es kann auch mit normativer Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) in einer mit dem Betriebsrat geschlossenen freiwilligen Betriebsvereinbarung erfolgen.
d) Durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung, in welcher Leistungen für den Fall der Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage versprochen werden, darf allerdings nicht das Verbot umgangen werden, Sozialplanabfindungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen. Ob eine solche Umgehung vorliegt, kann regelmäßig nur unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. Eine Umgehung kann insbesondere vorliegen, wenn der Sozialplan keine angemessene Abmilderung der wirtschaftlichen Nachteile vorsieht (vgl. zur “Mindestdotierung” eines Sozialplans BAG 24. August 2004 – 1 ABR 23/03 – NZA 2005, 302, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) oder wenn greifbare Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dem “an sich” für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen seien zum Nachteil der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer Mittel entzogen und funktionswidrig im “Bereinigungsinteresse” des Arbeitgebers eingesetzt worden.
3. Im Streitfall ist nicht zu beanstanden, dass die Betriebsparteien in der BV Outplacement den wahlweisen Anspruch der Arbeitnehmer auf die Teilnahme an dem Outplacementprogramm oder die Erhöhung der Abfindung um ein Monatsgehalt davon abhängig gemacht haben, dass der Arbeitnehmer nach Ausspruch schriftlich auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Die Verknüpfung verstößt unter Berücksichtigung der mit der Betriebsvereinbarung verfolgten Zwecke weder gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG noch gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Durch die BV Outplacement wird auch nicht das Verbot umgangen, Sozialplanleistungen an den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu knüpfen.
a) Zweck der BV Outplacement ist zum einen die weitere Abmilderung von Nachteilen für die gekündigten Arbeitnehmer durch die Möglichkeit der Teilnahme an einem Outplacementprogramm, das sie bei ihren Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz unterstützen soll. Diese Möglichkeit an den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zu knüpfen, ist sachangemessen. Dieser dient dazu, eine sinnvolle, zeitnahe und in ihrer Motivation nicht durch ein Kündigungsschutzverfahren belastete Teilnahme an einem solchen Programm zu gewährleisten.
b) Zweck der BV Outplacement ist zum anderen, für die Beklagte auch unabhängig von einer Teilnahme am Outplacementprogramm Planungssicherheit durch die alsbaldige “Bereinigung” der mit Kündigungsschutzklagen verbundenen Unsicherheit zu schaffen (vgl. zu einer einem ähnlichen Leistungszweck dienenden Produktivitätsprämie BAG 22. März 2005 – 1 AZR 49/04 – zVv.). Hier dient der Verzicht auf die Kündigungsschutzklage ausschließlich dem Interesse der Beklagten, den mit Kündigungsschutzklagen verbundenen Aufwand und das jeweilige Prozessrisiko zu vermeiden und möglichst bald Planungssicherheit zu erhalten. Erkennbar zu diesem Zweck war die Beklagte bereit, über ihre Verpflichtungen aus dem Sozialplan hinaus freiwillig weitere Leistungen zu erbringen. Die Gegenleistung hierfür sollte der von den Arbeitnehmern zu erklärende Verzicht auf die Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens sein.
Bei diesem Leistungszweck verstößt die Verknüpfung der in der BV Outplacement vorgesehenen weiteren Abfindung mit dem Verzicht der betroffenen Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Angesichts des anerkennenswerten Interesses der Beklagten an alsbaldiger Rechtssicherheit und Klarheit ist es nicht sachwidrig oder gar willkürlich, den Anspruch auf eine Abfindung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Im Ergebnis dahinstehen kann die Frage, ob möglicherweise die in der BV Outplacement für den Verzicht vorgesehene Frist von einer Woche unangemessen kurz ist. Auch bei einer – ggf. gebotenen und zulässigen – geltungserhaltenden Verlängerung der Frist auf drei Wochen oder bei Einbeziehung der Fälle, in denen die Arbeitnehmer ohne ausdrückliche Verzichtserklärung die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG haben verstreichen lassen, ergäbe sich für den Kläger kein Anspruch. Dieser hat nicht etwa nach Ablauf der Ein-Wochen-Frist auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet oder die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG ungenutzt verstreichen lassen. Er hat fristgemäß Kündigungsschutzklage erhoben und diese durch das Arbeitsgericht entscheiden lassen.
c) Die Regelungen der BV Outplacement, nach denen der zusätzliche Abfindungsanspruch vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht wird, verstoßen nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Von den Arbeitnehmern wurde nicht etwa erwartet, bereits vor dem Ausspruch der Kündigungen auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten. Ihnen wurde vielmehr die freie Entscheidung eröffnet, ihr Klagerecht zu verfolgen oder die ausgelobte Abfindung zu erhalten.
d) Die Betriebsparteien haben dabei nicht das Verbot umgangen, Sozialplanleistungen vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig zu machen. Sie haben mit der am selben Tag vereinbarten BV Sozialplan einen den Erfordernissen des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG genügenden vollständigen Sozialplan geschlossen. Die BV Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern der Beklagten entstehen. Die in ihr vorgesehenen Leistungen sind nicht von einem Verzicht der betroffenen Arbeitnehmer abhängig. Sie bedarf zu ihrer Anwendbarkeit keiner Ergänzung und ist auch ohne die BV Outplacement praktizierbar. Aus dem Wort “ergänzend” in der Präambel der BV Outplacement kann entgegen den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht der Schluss gezogen werden, die BV Sozialplan sei unvollständig. Dass die Leistungen nach der BV Sozialplan keine angemessene Abmilderung der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile darstellen würden, ist weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich. Die BV Sozialplan sieht nicht unbeträchtliche Abfindungen vor. Die Formel Alter × Betriebszugehörigkeit × Bruttomonatsverdienst : 50 führt bereits bei einem 25-jährigen Arbeitnehmer zu einer Abfindung von einem halben Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr. Bei Arbeitnehmern, die älter als 25 Jahre sind, steigt der Abfindungsanspruch entsprechend. Es bestehen auch keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme, die Betriebsparteien hätten für den Sozialplan zur Verfügung stehende finanzielle Mittel zweckentfremdet im “Bereinigungsinteresse” der Beklagten eingesetzt. Gegen eine derartige Annahme spricht der Umstand, dass das für zusätzliche Abfindungen nach der BV Outplacement vorgesehene finanzielle Volumen ganz deutlich hinter dem Sozialplanvolumen zurückbleibt.
III. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts stünde selbst bei Unwirksamkeit der in der BV Outplacement vorgesehenen Verknüpfung dem Kläger der geltend gemachte Abfindungsanspruch nicht zu.
1. Die Unwirksamkeit des Verlangens nach einem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage hätte die Unwirksamkeit der gesamten BV Outplacement zur Folge. Es handelt sich bei dieser Tatbestandsvoraussetzung nicht etwa nur um einen marginalen Punkt in einer Betriebsvereinbarung, die auch ohne diese Bedingung noch sinnvoll anwendbar bliebe. Vielmehr entfiele mit diesem Erfordernis ein zentrales Element der gesamten Betriebsvereinbarung. Auch der Leistungsumfang bliebe entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht derselbe, käme doch auf die Beklagte für jeden Arbeitnehmer, der von dem Outplacementangebot keinen Gebrauch gemacht und auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht verzichtet hat, als weitere finanzielle Belastung je ein Bruttomonatsgehalt hinzu.
2. Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergäbe sich in diesem Fall kein Anspruch des Klägers. Falls die Beklagte an die Arbeitnehmer, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage und auf die Teilnahme am Outplacementprogramm verzichtet haben, ein Bruttomonatsgehalt schon bezahlt haben sollte, geschah dies ersichtlich in der Annahme, hierzu auf Grund der BV Outplacement verpflichtet zu sein. In Fällen, in denen der Arbeitgeber in Anwendung einer vermeintlich wirksamen Betriebsvereinbarung Leistungen erbracht hat, gibt es keinen Anspruch auf “Gleichbehandlung im Irrtum” (vgl. BAG 26. November 1998 – 6 AZR 335/97 – BAGE 90, 219, zu B II 2c der Gründe).
Unterschriften
Schmidt, Kreft, Linsenmaier, Rösch, Olaf Kunz
Fundstellen
Haufe-Index 1392838 |
BAGE 2007, 68 |
BB 2005, 1967 |
DB 2005, 1744 |
NWB 2005, 3197 |
EBE/BAG 2005, 132 |
FA 2005, 271 |
FA 2005, 352 |
NZA 2005, 997 |
StuB 2005, 778 |
ZIP 2005, 1468 |
ZTR 2005, 542 |
AP, 0 |
AuA 2005, 562 |
EzA-SD 2005, 9 |
EzA |
LGP 2005, 164 |
ZfSH/SGB 2006, 21 |
AUR 2005, 386 |
ArbRB 2005, 267 |
NJW-Spezial 2005, 420 |
RdW 2005, 752 |
SBT 2005, 20 |
BAGReport 2005, 280 |
SJ 2005, 41 |