Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Bewilligung des Krankengeldes durch Krankenkasse. kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

wegen einstweiliger Anordnung

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Fortzahlung des Krankengeldes bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens kann nicht mit einer aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs begründet werden, da es sich bei der Bewilligung des Krankengeldes durch die Krankenkasse (KK) an den Versicherten nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, der nur nach § 48 SGB 10 aufgehoben werden kann und bei dem eine aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zur Erhebung einer Anfechtungsklage - dh zumindest bis einen Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids - besteht. Dieser Rechtsansicht, die vom Bundesversicherungsamt (BVA) in einem Rundschreiben an die bundesunmittelbaren gesetzlichen Krankenkassen vom 12.10.2010 geäußert wurde, tritt der Senat nicht bei.

2. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung konsequent entschieden, dass das Krankengeld durch die KK abschnittsweise gewährt wird und das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt von dieser neu zu prüfen ist. Erst wenn nach ggf vorausgegangener Krankengeldgewährung eine erneute Bescheinigung vorgelegt wird, besteht für die KK überhaupt erst Anlass, die weiteren rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs und damit eines neuen Leistungsfalls zu prüfen (vgl zB BSG vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R = BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6).

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 11. Februar 2011 wird insoweit zurückgewiesen als der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnt wurde.

II. Der Antrag auf Feststellung, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 25.11.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.09.2010 aufschiebende Wirkung bis zum 17.03.2011 hatte, wird abgelehnt.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

IV. Der Antragstellerin wird auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe für das Antrags- und Beschwerdeverfahren bis zum Betrag von 102,00 EURO bewilligt und Rechtsanwalt H., B-Straße, B-Stadt beigeordnet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch der Antragstellerin auf Zahlung von Krankengeld im Zeitraum 01.10.2010 bis 17.03.2011.

Bei der 1957 geborenen Antragstellerin (Ast) trat am 15.11.2009 Arbeitsunfähigkeit wegen psychovegetativer Erschöpfung und arterieller Hypertonie ein. Sie war zu diesem Zeitpunkt teilzeitbeschäftigt in einem Modegeschäft, wobei der Arbeitsunfähigkeit eine halbjährige Freistellungsphase seitens des Arbeitgebers vorausgegangen war. Grund für die Freistellung war die Versorgungssituation ihres an einer infantilen Cerebralparese erkrankten erwachsenen Sohnes, bei dem eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe II vorliegt. Im Zeitraum 21.07. bis 18.08.2010 führte die Ast eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durch, an deren Ende sie als arbeitsfähig entlassen wurde. Es bestehe trotz abweichender Einschätzung der Ast eine Leistungsfähigkeit für die letzte Tätigkeit und am allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens 6 Stunden. Im Anschluss an die Reha bescheinigte der behandelnde Nervenarzt Dr. R. weiterhin Arbeitsunfähigkeit wegen Anpassungs- und Somatisierungsstörungen. Am 14.09.2010 teilte die Antragsgegnerin (Ag) der Ast mit, dass sie die Arbeitsunfähigkeit über den 30.09.2010 hinaus nicht anerkennen werde, ggf. sei eine weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt ausführlich zu begründen. Das Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Mit Schreiben vom 07.11.2010 (Eingang wohl 09.11.2010) übermittelte die Ast der Ag ein weiteres Attest ihres Arztes sowie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 28.10.2010 (bis 30.11.2010). Hierauf teilte die Ag mit, dass ein schriftlicher Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.09.2010 bisher nicht eingegangen sei. Das Schreiben vom 07.11.2010 sei zu spät, so dass der Bescheid rechtlich bindend geworden sei und eine Zahlung über den 30.09.2010 hinaus nicht erfolgen könne.

Am 25.11.2010 legte der Bevollmächtigte der Ast Widerspruch ein und beantragte vorsorglich eine Neufeststellung im Rahmen des § 44 SGB X. Die Ast habe sich zur Wahrung ihrer Rechte bei der Agentur für Arbeit gemeldet, auch werde vorsorglich beantragt, die Ast freiwillig zu versichern. Mit Datum 29.11.2010 erließ die Ag einen Bescheid nach § 44 SGB X, in dem sie im Ergebnis feststellte, dass die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 30.09.2010 mangels weiterer Arbeitsunfähigkeit zu Recht erfolgt sei. Hiergegen legte der Bevollmächtigte erneut Widerspruch ein und wies darauf hin, dass der gegen den Bescheid vom 14.09.2010 eingelegte Widerspruch nicht verspätet gewesen sei, weil die Ag eine ihr vorliegende Vollmacht des Bevollmächtigten nicht berücksichtigt habe. Eine etwaige Versäumung der Widerspruchsfrist gelte im Übrigen gemäß § 41 Abs. 3 SGB X...

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