Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Krankenschwester im Operationsdienst eines Krankenhauses. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Betriebliche Eingliederung. Festes Honorar. Tätigkeit für mehrere Auftraggeber
Leitsatz (amtlich)
Eine im Krankenhaus tätige Krankenschwester ist dort regelmäßig abhängig beschäftigt.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 Abs. 1 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. November 2012 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 26.10.2009 sowie den Änderungsbescheid vom 24.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2010 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei ihrer Tätigkeit als Operationspflegerin für die Beigeladene zu 1) um eine selbständige Tätigkeit handelt.
Die 1977 geborene Klägerin, die gelernte Krankenschwester ist, schloss mit der Beigeladenen zu 1) am 11.05.2009 einen "Vertrag über freie Mitarbeit". Der Vertragsinhalt stellt sich wie folgt dar:
- Die Klägerin übernimmt die "Aufgabe eines freiberuflichen Mitarbeiters" als Fachkrankenpfleger im OP-Bereich (I.).
- Die Klägerin unterliegt bei Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Beigeladenen zu 1) und ist in der Gestaltung ihrer Tätigkeit (Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung) vollkommen frei; allerdings ist auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit der Tätigkeit Rücksicht zu nehmen (II. Ziffer 1).
- Soweit die Klägerin an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort und zur Arbeitszeit gebunden ist, sind trotzdem projektbezogene Zeitvorgaben der Beigeladenen zu 1) einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben der Beigeladenen zu 1), soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführungen erforderlich sind (II. Ziffer 2).
- Die Klägerin ist berechtigt, Aufträge der Beigeladenen zu 1) ohne Angabe von Gründen abzulehnen (II. Ziffer 3).
- Die Klägerin hat gegenüber Angestellten der Beigeladenen zu 1) keine Weisungsbefugnis (II. Ziffer 4).
- Die Klägerin ist verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen ist ohne Zustimmung der Beigeladenen zu 1) nicht möglich (III. Ziffer 1).
- Die Klägerin übt ihre Tätigkeit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) aus. Die Beigeladene zu 1) stellt insoweit nach jeweiliger vorheriger Absprache die entsprechenden Einrichtungen zur Verfügung, soweit eine betriebliche Anwesenheit der Klägerin erforderlich ist (III. Ziffer 2).
- Die Beigeladene zu 1) stellt der Klägerin die zur Erbringung der Dienstleistung erforderliche Hilfsmittelmaterialien, insbesondere Einmal-Schutzhandschuhe aus Gummi/Latex unentgeltlich zur Verfügung, auf Wunsch der Klägerin auch spezielle Kleidung.
- Die Vertragsparteien verpflichten sich zur "gegenseitigen Kenntnisgabe", sofern sich bei der Vertragsdurchführung Abwicklungsschwierigkeiten oder aber vorhersehbare Zeitverzögerungen ergeben (Ziffer IV).
- Die Klägerin ist verpflichtet, sich im Rahmen der Durchführung des Vertrages über den Entwicklungsstand ihres Aufgabengebietes zu informieren und fortzubilden (Ziffer V).
- Die Klägerin kann für andere Auftraggeber oder Arbeitgeber auch im Branchenbereich der Beigeladenen zu 1) tätig sein (z.B. Krankenhäuser usw.) (Ziffer VI).
- Die Klägerin ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, insbesondere auch über das vereinbarte Honorar (VII).
- Das Honorar erhält die Klägerin für die geleisteten Stunden, die durch einen Stundennachweis belegt werden. Der Stundennachweis wird von der Pflegedienstleistung oder deren jeweiligen Vertretung kontrolliert und abgezeichnet (VIII Ziff. 1 und 3).
- Im Krankheitsfall besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei Krankheit muss die Klägerin die Beigeladene zu 1) umgehend schriftlich informieren (VIII Ziff. 2).
- Die Abrechnung für die erbrachte Dienstleistung erfolgt wöchentlich; der Rechnungsbetrag ist zehn Tage nach Rechnungsdatum ohne Abzüge fällig, wobei die Beigeladene zu 1) ohne weitere Mahnung in Verzug ab dieser Frist gerät (Ziffer VIII Ziff. 4).
- Die Beigeladene zu 1) hat ihre Räume, Vorrichtungen, Gerätschaften, die zur Verrichtung der Dienste genutzt werden, so einzurichten und zu unterhalten, dass die Klägerin gegen Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, wie die Natur der Dienstleistung es gestattet (IX Ziffer 1).
- Die Klägerin ist verpflichtet, die ihr übertragenen Aufgaben sorgfältig, fach- und sachgerecht und nach bestem Wissen und Gewissen auszuführen (IX Ziffer 2).
- Eine Haftung für Schäden, die durch die Klägerin verursacht werden, wird ausgeschlossen, soweit nicht eine Pflichtverletzung der Klägerin oder eines Vertreters oder Erfüllungshilfen der Klägerin zu einem Schaden an Leben, K...