Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Versicherungspflichtigkeit einer Beschäftigung eines Studenten
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Versicherungspflichtigkeit im Rahmen der Arbeitslosenversicherung bei einem Beschäftigungsverhältnis neben einem Studium.
Orientierungssatz
1. Die Beschäftigung von Studenten ist versicherungsfrei, wenn und solange sie "neben" dem Studium ausgeübt wird und ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist (BSG, 10. Dezember 1998, B 12 KR 22/97 R). Auch Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen (sog. Werkstudenten), sind versicherungsfrei, wenn das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmacht (LSG München, 16. April 2014, L 16 R 698/13).
2. Wird die Beschäftigung in einem Umfang von regelmäßig nicht mehr als 20 Wochenstunden ausgeübt, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Student durch sein Studium überwiegend in Anspruch genommen wird, dieses mithin prägend ist. Dies gilt auch bei höheren Arbeitszeitanteilen, wenn diese an das Studium angepasst sind. Allein das Erreichen oder Überschreiten dieser Stundenzahl begründet aber keine Versicherungspflicht (BSG, 10. Dezember 1998, B 12 KR 22/97 R).
3. Bei Beginn einer Tätigkeit bei einer Tankstelle mit 20 bis 22 Wochenstunden bereits vor der Immatrikulation wird nicht ein ausgeübter Beruf neben dem Studium fortgeführt, wenn die Aufnahme der Tätigkeit nur als Nebentätigkeit neben einer geplanten weiteren Ausbildung bzw. Studium gesehen werden kann.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.10.2015 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 01.04.2015.
Die 1989 geborene Klägerin ist ausgebildete medizinisch-technische Angestellte und arbeitete zunächst fünf Jahre in diesem Beruf. Anschließend holte sie bis Mitte Juli 2013 das Fachabitur nach. Vom 01.08.2013 bis 15.12.2013 war sie als Verkäuferin bzw. Tankstellenmitarbeiterin bei der Firma A. (A) bzw vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 bei der Firma J. (J) mit einer vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von jeweils 20 Wochenstunden angestellt. Am 16.09.2013 begann sie ein Studium an der Universität A-Stadt und war für zwei Semester im Studiengang Anglistik/Amerikanistik und Geschichte sowie für ein Semester im Studienfach vergleichende Literaturwissenschaften eingeschrieben.
Im Hinblick auf ihre Exmatrikulation zum 31.03.2015 beantragte sie am 05.03.2015 bei der Beklagten Alg und meldete sich zum 01.04.2015 arbeitslos. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2015 (23 BA) ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Innerhalb der Rahmenfrist vom 01.04.2013 bis 31.03.2015 seien nur 61 Kalendertage mit Versicherungspflichtigkeit nachgewiesen. Die Klägerin sei vom 16.09.2013 bis 31.03.2015 an der Universität A-Stadt immatrikuliert gewesen. Zwar seien im Rahmen der während des Studiums ausgeübten Beschäftigung tatsächlich Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet worden, maßgeblich sei aber die Versicherungspflichtigkeit einer Beschäftigung. Die Beschäftigung während des Studiums sei nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) versicherungsfrei gewesen.
Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Das Studentenprivileg im Hinblick auf die angenommene Versicherungsfreiheit könne widerlegt werden. Ihre Beschäftigung, die sie während des Studiums durchgehend 20 Wochenstunden ausgeübt habe, sei nicht lediglich eine Nebenbeschäftigung gewesen, da diese für sie prägende Bedeutung gehabt und gleich oder stärker gewichtet zum Studium gewesen sei. Letzteres habe neben der ausgeübten Tätigkeit einer späteren beruflichen Orientierung gedient. Daher sei es auch zu einem Wechsel der Studienrichtung innerhalb der dreisemestrigen Studiendauer gekommen. In den Fächern Anglistik und Geschichte, mit denen sie ihr Studium begonnen habe, habe sie zwar Vorlesungen besucht, an den obligatorischen Prüfungen jedoch nicht teilgenommen. Sie sei auch nicht zu allen Vorlesungen zugelassen worden. Nachdem ihr der Studiengang nicht zugesagt habe, sei sie zur Studentenberatung gegangen und habe sich aufgrund der dortigen Empfehlung im Studiengang Komparatistik eingeschrieben. Die Vorlesungen habe sie anschließend nur einen Monat lang besucht und festgestellt, das Studium an einer Universität sei nichts für sie. Nach dem Wechsel des Studienfachs habe der Schwerpunkt mehr denn je in der Ausübung der Tätigkeit bei ihrem Arbeitgeber zur Bestreitung des Lebensunterhalts gelegen. Mangels eines weiteren Interesses und wegen der rein theoretischen Ausric...