Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Zwillinge. Verzicht beider Partner auf Erwerbstätigkeit. Anspruch für jeden einzelnen Zwilling
Orientierungssatz
1. Elterngeld steht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 1 BEEG den Eltern für den Fall, dass beide Partner auf Erwerbstätigkeit verzichten, für jeden der beiden Zwillinge zu.
2. Unabhängig davon, ob das Wort "einem" in § 1 Abs 1 BEEG als Zahlwort oder als unbestimmter Artikel gebraucht wird, ist § 1 Abs 1 BEEG so auszulegen, dass das Elterngeld bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für ein bestimmtes, namentlich zu benennendes Kind zu gewähren ist.
3. Eine Auslegung des § 1 Abs 1 BEEG iVm § 2 Abs 6 BEEG dergestalt, dass auch bei gleichzeitigem Verzicht auf Erwerbstätigkeit durch beide Elternteile der Anspruch auf Elterngeld für Mehrlinge den Eltern nur einmal zusteht, ist dem Wortlaut der Bestimmungen nicht zu entnehmen und würde nach Überzeugung des erkennenden Senats auch gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstoßen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 14. April 2008 und die Bescheide des Beklagten vom 21.06.2007 und 14.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2007 abgeändert und der Beklagte zur Bewilligung von einem weiteren Monat Elterngeld für das Kind R. sowie zur Bewilligung von zwei weiteren Monaten Elterngeld für das Kind E. (13. und 14. Lebensmonat) verpflichtet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klage- sowie des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Bezugsdauer des dem Kläger zustehenden Elterngeldes für die Kinder E. und R. sowie die Berücksichtigung der Kirchensteuer bei der Berechnung.
Der Kläger und seine Ehefrau sind Eltern der am 9.2.2007 geborenen Zwillinge E. und R.. Beide Eltern waren bis zur Geburt der Kinder voll erwerbstätig. Der gemeinsame Dienstherr bewilligte der Ehefrau des Klägers ab dem Ende des Mutterschutzes am 22.6.2007 vom 25.6.2007 bis 11.4.2008 und dem Kläger vom 12.3.2007 bis 20.3.2008 Elternzeit. Seit dem 21.3.2008 arbeitet der Kläger wieder vollschichtig.
Mit Schreiben vom 12.4.2007 beantragten beide Eltern Elterngeld. Der Kläger begehrte für den Sohn R. Elterngeld vom zweiten bis zwölften Lebensmonat. Eine Anrechnung der Bezüge während des Mutterschutzes sei bereits bei seiner Frau für das Kind E. erfolgt. Außerdem begehrte er für die Tochter E. Elterngeld für die Lebensmonate 13 und 14.
Die Ehefrau des Klägers beantragte Elterngeld für E. für den ersten bis zwölften Lebensmonat unter Anrechnung der Bezüge während des Mutterschutzes sowie für R. für die Lebensmonate 13 und 14.
Mit vorläufigem Bescheid vom 21.6.2007, bestätigt durch die endgültige Entscheidung vom 14.5.2008, bewilligte der Beklagte dem Kläger für beide Kinder Elterngeld für den zweiten bis neunten Lebensmonat einschließlich eines Erhöhungsbetrags von 300 € für das Zwillingskind, im zweiten Lebensmonat 1714,66 €, ab dem dritten Lebensmonat 1812,26 €. Mit Bescheid vom gleichen Tag gewährte er der Ehefrau des Klägers für beide Kinder Elterngeld für den ersten bis sechsten Lebensmonat unter Anrechnung der Bezüge während des Mutterschutzes. Er zahlte für den fünften Lebensmonat 774,48 € und im sechsten Lebensmonat 1.659,62 € einschließlich des Erhöhungsbetrags für das Zwillingskind von 300 €.
In ihren Widersprüchen vertraten der Kläger und seine Ehefrau weiterhin die Auffassung, ihnen stehe für jedes Zwillingskind ein eigener Anspruch auf Elterngeld zusätzlich zum Erhöhungsbetrag für Mehrlingsgeburten zu, da jeweils ein Kind betreut werde. Außerdem habe bei der Berechnung des Elterngeldes die Zahlung von Kirchensteuer nicht berücksichtigt werden dürfen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4.10.2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ein Anspruch auf Elterngeld bestehe nicht für jeden Zwilling, vielmehr werde bei Mehrlingsgeburten das Elterngeld um jeweils 300 € für das zweite und jedes weitere Kind erhöht. Da das Elterngeld als Entgeltersatzleistung konzipiert sei und regelmäßig auch nur ein Erwerbseinkommen wegfalle, könne Elterngeld anlässlich einer Geburt auch nur einmal zugesprochen werden. Durch den Mehrlingszuschlag werde der höheren finanziellen Belastung der Familie Rechnung getragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tag wies der Beklagte den Widerspruch der Ehefrau des Klägers zurück.
Gegen diese Widerspruchsbescheide legten der Kläger und seine Ehefrau Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) ein. Sie beantragten den parallelen Bezug von Elterngeld für zwölf Monate für das eine und jeweils weitere zwei Monate für das andere Zwillingskind. Zusätzlich zum Erhöhungsbetrag nach § 2 Abs. 6 BEEG hätten sie Anspruch auf Elterngeld für jeden der beiden Zwillinge. Andernfalls würden sie im Vergleich zu Familien, die zeitnah zur Geburt ein wei...