Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensberechnung. nichtselbständige Tätigkeit. Änderung von Lohnsteuerabzugsmerkmalen im Bemessungszeitraum. Abzüge für Sozialabgaben. Wegfall der Sozialversicherungspflicht. maßgebliches Lohnsteuerabzugsmerkmal. Geltung in mehr als der Hälfte der Kalendermonate des Bemessungszeitraums
Leitsatz (amtlich)
In der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums hat das alte Abzugsmerkmal nur dann im Sinn von § 2c Abs 3 S 2 BEEG gegolten, wenn es in mehr als der Hälfte der Kalendermonate des Bemessungszeitraums ausschließlich, dh nicht neben dem neuen Abzugsmerkmal, aufgetaucht ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren des Klägers, höheres Elterngeld zu erhalten.
Der inzwischen 37-jährige Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und Vater des am 28.03.2014 geborenen Kindes L. A.. Im streitgegenständlichen Zeitraum lebte er mit L. und seiner Lebensgefährtin, die L.s Mutter ist, in einem gemeinsamen Haushalt in A-Stadt und betreute und erzog das Kind selbst. Vor der Geburt seiner Tochter - sowie vor Beginn des Bezugszeitraums - war der Kläger in Vollzeit bei der Stadt B. zunächst als tarifangestellter Berufsschullehrer und ab dem 11.09.2013 als verbeamtete Lehrkraft erwerbstätig.
Mit Bescheid vom 23.04.2014 bewilligte der Beklagte der Lebensgefährtin des Klägers antragsgemäß Elterngeld für den ersten bis neunten Lebensmonat von L..
Der Kläger seinerseits hatte Elterngeld am 15.04.2014 beantragt und dabei angegeben, er werde im Bezugszeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Folgende monatliche Bruttoeinnahmen aus seiner Lehrertätigkeit fielen an:
- März bis Juli 2013: 3.619,11 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage)
- August 2013: 3.669,78 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage)
- September 2013: 3.723,44 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage)
- Oktober bis Dezember 2013: 3.750,27 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage)
- Im Dezember 2013 zusätzlich Sonderzahlung 744,85 EUR
- Januar und Februar 2014: 3.860,91 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage).
Mit Bescheid vom 28.04.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld für den siebten bis elften Lebensmonat L.s (28.09.2014 bis 27.02.2015) unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Ohne Anrechnung von Einkommen im Bezugszeitraum errechnete er einen Anspruch in Höhe von 1.355,67 Euro monatlich. Als Bemessungszeitraum zog er die Phase März 2013 bis Februar 2014 heran. Seiner Berechnung legte der Beklagte ein monatliches "Elterngeld-Brutto" von 3.621,79 EUR zugrunde. Den monatlichen Abzugsbetrag für Steuern errechnete er mit 758,07 EUR, den für Sozialabgaben mit 778,07 EUR. Den Betrag an monatlichen Sozialabgaben ermittelte er dergestalt, dass er aus den laufenden Gesamteinnahmen aus der nichtselbständigen Erwerbstätigkeit einen monatlichen Durchschnitt bildete (3.705,12 EUR) und auf dieser Basis die Sozialversicherungsabgaben berechnete (9% Kranken- und Pflegeversicherung, 10% Rentenversicherung, 2% Arbeitsförderung). Das "Elterngeld-Netto" bezifferte der Beklagte demzufolge auf 2.085,65 EUR. Als Leistungssatz zog er 65,0% heran.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 28.04.2014 legte der Kläger mit Schreiben vom 15.05.2014 Widerspruch ein und machte geltend, dass bei der Berechnung des Elterngeld-Netto im Bemessungszeitraum von der Gesamtsumme seines Einkommens fehlerhaft Steuern und Sozialabgaben für zwölf Monate abgezogen worden seien, obwohl er seit dem 11.09.2013 verbeamtet sei und daher in den Monaten September 2013 bis Februar 2014 keine Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung gezahlt habe. Er bitte um Korrektur.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, Grundlage für die Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben seien die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach § 2c Abs. 1 BEEG erstellt worden sei (§ 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG). Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert habe, sei die von der Angabe nach § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten habe (§ 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG). Der Kläger habe im Bemessungszeitraum März 2013 bis Februar 2014 sowohl Einkünfte als Angestellter als auch als Beamter erzielt und zwar von März 2013 bis zum 10. September 2013 sozialversicherungspflichtige Einkünfte als Angestellter (6 Monate und 10 Tage) und von 11. September 2013 bis Februar 2014 (5 Monate und 20 Tage) sozialversicherungsfreie...