nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung für einen Aufenthalt am Toten Meer (Anreise, Unterkunft, Verpflegung, ärztliche Untersuchungen). Klima-Heilbehandlung. Generalisierte Psoriasis vulgaris. Stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Sachleistungsprinzip. Vom Träger selbst betriebe Einrichtungen. Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Unaufschiebarkeit einer Rehabilitationsmaßnahme. Auswahlermessen. Reduzierung des Auswahlermessens auf Null
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Anspruch auf Kostenerstattung für einen Aufenthalt am Toten Meer wegen Psoriasis vulgaris als Leistung zur medizinischen Rehabilitation scheitert schon daran, dass stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht werden müssen, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder vom Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein Vertrag besteht. Es reicht nicht, wenn lediglich ein Hotelaufenthalt in Israel über einen Reiseveranstalter gebucht wird, zwei freiwillige medizinische Untersuchungen und eigentverantwortlich Sonnenbestrahlungen wahrgenommen werden.
2. Die Vorausstzungen für eine Kostenerstattung sind auch deswegen nicht erfüllt, weil der Rentenversicherungsträger Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung von Rehabilitationsleistungen nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit durchführen muss. Im Rahmen des Auswahlermessens können auch Vertragseinrichtungen im Ausland berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass die Leistungen dort wirtschaftlicher ausgeführt werden. Aber auch wenn das der Fall ist, ergibt sich noch kein Anspruch des Versicherten auf eine Sachleistungsgewährung im Ausland, der das Ermessen auf Null reduziert. Der Rentenversicherungsträger ist berechtigt, die eigenen Einrichtungen unter dem Gesichtspunkt der Auslastung und Rentabilität zu bevorzugen.
Normenkette
SGB X § 39 Abs. 2; SGB VI § 15 Abs. 2 i.V.m.; SGB IX § 26 Abs. 1 Nr. 2, §§ 15, 21, 14 Abs. 2, § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 1; SGB VI §§ 13, 10-11
Verfahrensgang
SG Regensburg (Entscheidung vom 26.02.2003; Aktenzeichen S 9 RJ 284/02) |
Nachgehend
BSG (Aktenzeichen B 13 RJ 5/04 R) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26. Februar 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für einen Aufenthalt am Toten Meer als Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§ 15 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch -SGB IX-).
Die 1962 geborene Klägerin und Berufungsbeklagte leidet seit dem 14. Lebensjahr an einer generalisierten Psoriasis vulgaris. Sie hielt sich in den vergangenen Jahren zur Behandlung dieser Krankheit nach eigenen Angaben jährlich, zuletzt vom 13. Juni bis 12. Juli 2001, auf Kosten ihres Krankenversicherungsträgers am Toten Meer auf. Stationäre medizinische Rehabilitationsleistung in Deutschland wurden bisher nicht durchgeführt.
Am 10. Januar 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung medizinischer Rehabilitationsleistungen in Form einer Klima-Heilbehandlung am Toten Meer. Nur dadurch sei eine Heilung der Psoriasis möglich. Sie fügte ein Schreiben der Dermatologin Dr. E. vom 18. Dezember 2001 bei. Diese gab an, die Klägerin befinde sich bei ihr seit Juni 1996 fortlaufend in hautärztlicher Behandlung. Es bestehe eine ausgeprägte generalisierte Psoriasis vulgaris. Trotz konsequenter selektiver UVB-Therapie und adjuvanter Lokalbehandlung mit diversen speziellen antipsoriatrischen Externa komme es bei der Klägerin immer wieder zu massiven Exazerbationen. Der psychische Leidensdruck sei ungeheuer und daher dringend eine stationäre Behandlung am Toten Meer erforderlich. Erfahrungsgemäß sei die Klägerin nach drei bis vierwöchiger Therapie völlig hauterscheinungsfrei mit relativ anhaltender Wirkung.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin als medizinische Leistung zur Rehabilitation eine dreiwöchige stationäre Heilbehandlung in der Nordsee-Klinik W. (Bescheid vom 28. Januar 2002). Als Maßnahmebeginn teilte die Einrichtung den 20. Februar 2002 mit.
Dagegen erhob die Klägerin einen ausdrücklich auf den Leistungsort beschränkten Widerspruch mit der Begründung, eine Kur an der Nordsee verspreche keinerlei medizinischen Erfolg. Zudem sei in der Nordsee-Klinik auch ein Tumorzentrum untergebracht. Dies stelle für die Klägerin aufgrund familiärer Vorbelastung eine zusätzliche Belastung dar, der sie nicht gewachsen sei. Eine Behandlung am Toten Meer sei die einzig erfolgversprechende und zudem kostengünstigere Maßnahme. Andere Rehabilitationsmöglichkeiten im Inland bestünden nicht. Dr. E. teilte ergänzend mit, die Klägerin habe mit dem Nordsee-Klima schlechte Erfahrungen gemacht. Ein auf eigene Initiative durchgeführ...