hier: Auswirkungen des Urteils des Bundessozialgerichts vom 19. September 2007 - B 1 KR 39/06 R -

Sachstand:

Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten vor dem Hintergrund der BSG-Rechtsprechung vom 20. November 2001 - B 1 KR 31/99 R und B 1 KR 26/00 R - am 9. Oktober 2002 eine gemeinsame Verlautbarung zur Leistungsabgrenzung bei Kassenwechsel herausgegeben. Hierin enthalten waren auch Umsetzungshinweise zur stationären Krankenhausbehandlung in Fallpauschalenfällen. Mit Bezug auf die Rechtsprechung wurde davon ausgegangen, dass eine tageweise Aufteilung einer im Krankenhaus angefallenen Fallpauschale nach der tatsächlichen oder nach der kalkulatorischen Verweildauer unzulässig ist. Die insoweit einschlägige Bundespflegesatzverordnung fasse den Krankenhausaufenthalt einschließlich aller dabei in Anspruch genommenen Behandlungsmaßnahmen zu einer Abrechnungseinheit zusammen, so dass es sich krankenversicherungsrechtlich um eine Einmalleistung handelt, für die nur eine einzige Krankenkasse zuständig sein kann. Als Ergebnis wurde daraus gefolgert, dass der maßgebliche Bezugszeitpunkt für die Leistungsabgrenzung beim Kassenwechsel der Tag der Erbringung der Hauptleistung sei. Diese Festlegung wurde seitens der Spitzenverbände der Krankenkassen anlässlich der zum 1. Januar 2003 mit dem DRG-Fallpauschalen-System geänderten Abrechnungsgrundlage gelegentlich der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Leistungsrecht am 24./25. Juli 2003 (vgl. TOP 1) dahingehend modifiziert, dass für die Erbringung der stationären Krankenhausbehandlung die Krankenkasse leistungspflichtig sein soll, bei der am Entlassungstag ein Versicherungsverhältnis besteht.

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat nunmehr mit Urteil vom 19. September 2007 - B 1 KR 39/06 R - seine bisherige Rechtsprechung zur Definition der Krankenhausbehandlung, die mit Fallpauschalen abgerechnet wird, als untrennbare Behandlungseinheit ausdrücklich aufgegeben. Nach den höchstrichterlichen Ausführungen habe nunmehr eine Aufteilung ausgehend von der gesamten Zahl der tatsächlich mit der Fallpauschale abgerechneten Tage in der Weise zu erfolgen, dass die Rechnungs- und Leistungsteile bis zum letzten Tag der bisherigen Mitgliedschaft von denjenigen ab dem ersten Tag der neuen Mitgliedschaft zu trennen und mit einem entsprechenden Anteil gesondert in Ansatz zu bringen seien. Die Leistungszuständigkeit sei mithin in Abhängigkeit von der tatsächlich für die Fallpauschale in Anspruch genommenen Zahl der Krankenhaustage - pro rata temporis - zwischen den zuständigen Kostenträgern aufzuteilen. Dies ermögliche nach Auffassung des Bundessozialgerichts eine gerechte, klare, verwaltungspraktikable und leicht handhabbare Lastenverteilung. An anderer Stelle wird in Erinnerung gerufen, dass die genuine Funktion der Fallpauschalen nicht darin bestünde, der Zuständigkeitsabgrenzung von Leistungserbringern zu dienen. Vielmehr sollen Fallpauschalen ein kostentransparentes Abrechnungssystem, das ökonomisch dazu anreizt, die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus zu verkürzen, schaffen.

Über die aus der gewandelten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu ziehenden Konsequenzen ist mit dem Ziel einer einvernehmlichen Handhabung der Verwaltungspraxis zu beraten.

Besprechungsergebnis:

Den Krankenkassen wird empfohlen, unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 19. September 2007 - B 1 KR 39/06 R - die gesamten Kosten der Krankenhausbehandlung bei einem Kassenwechsel nach den insgesamt im Krankenhaus verbrachten Kalendertagen anteilig auf die beteiligten Krankenkassen aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Kosten ggf. aus DRG-Fallpauschalen, sonstigen Entgelten/Zuschlägen oder belegungsbezogenen Entgelten nach Überschreitung der oberen Grenzverweildauer zusammensetzen. Im Falle einer Verlegung in eine andere stationäre Einrichtung wird der Tag der Verlegung - analog der Zuzahlungsregelung - dem stationären Aufenthalt in der Einrichtung zugeordnet, die den Versicherten aufnimmt.

Beispiel 1:

Aufnahme am 28. März 2008
Entlassung am 7. April 2008
Kassenwechsel am 1. April 2008

Lösung:

Aufteilung der Krankenhauskosten anteilig nach im Krankenhaus verbrachten Kalendertagen:

Anteil Krankenkasse A für die Zeit 28. - 31. März 2008 (4/11 der Gesamtkosten)
Anteil Krankenkasse B für die Zeit 1. - 7. April 2008 (7/11 der Gesamtkosten)

Beispiel 2:

Aufnahme am 9. März 2008
Entlassung am 14. März 2008
Wiederaufnahme wegen Komplikationen am 17. März 2008
Entlassung am 23. April 2008
Kassenwechsel am 1. April 2008

Lösung:

Aufteilung der Krankenhauskosten anteilig nach den im Krankenhaus verbrachten Kalendertagen:

Anteil Krankenkasse A 9. - 14. und 17. - 31. März 2008 (21/44 der Gesamtkosten)
Anteil Krankenkasse B für die Zeit 1. - 23. April 2008 (23/44 der Gesamtkosten)

Beispiel 3:

Aufnahme in Krankenhaus A am 23. März 2008
Verlegung in Krankenhaus B am 27. März 2008
Rückverlegung/Wiederaufnahme in Krankenhaus A am 31. März 2008
Entlassung aus Krankenhaus A am 11. A...

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