TOP 1 Ruhen des Krankengeldanspruchs bei Urlaubsabgeltung und Entlassungsentschädigung

Sachstand:

Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch ab Beginn des 2. Monats bis zur 12. Woche einer Sperrzeit (§ 144 SGB III) oder ab Beginn des 2. Monats wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 143 Abs. 2 SGB III) ruht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).

Parallel zu der durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001 (BGBl 2001 Teil I Seite 3443) vorgenommenen Ausdehnung der Vorschrift um die Ruhenszeiten des Arbeitslosengeldes aufgrund einer Urlaubsabgeltung wurde eine Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3a SGB V dahingehend, dass während der Ruhenszeit nach § 143 Abs. 2 SGB III wegen einer Urlaubsabgeltung gleichfalls der Anspruch auf Krankengeld ruht, nicht vorgenommen.

Im Ergebnis tritt damit eine Besserstellung der arbeitsunfähigen Empfänger von Urlaubsabgeltungen gegenüber arbeitsfähigen Empfängern ein, ohne dass ausdrücklich erkennbar ist, dass der Gesetzgeber arbeitsunfähige Versicherte während der Ruhenszeit nach § 143 Abs. 2 SGB III besser stellen wollte als arbeitsfähige Versicherte.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben daher im Besprechungsergebnis vom 22./23. November 2001 zu TOP 9 die Auffassung vertreten, dass während des Ruhenszeitraums nach § 143 Abs. 2 SGB III der Anspruch auf Krankengeld - in analoger Anwendung der Regelung über Sperrzeiten nach dem SGB III - gemäß [jetzt] § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ruht. Krankengeld könne daher auch nicht im Rahmen des § 19 Abs. 2 SGB V gezahlt werden. Diese Rechtsauffassung haben die Spitzenverbände der Krankenkassen in Pkt. 6.1.3 des gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Berechnung, Höhe und Zahlung des Krankengeldes und Verletztengeldes vom 29. November 2005 nochmals bestätigt.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat nun mit Urteil vom 30. Mai 2006 - B 1 KR 26/05 R - (vgl. Anlage 1) entschieden, dass eine Urlaubsabgeltung kein Arbeitsentgelt nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist. Das BSG vertritt u.a. die Ansicht, dass eine analoge Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V oder des § 143 Abs. 2 SGB III mit der Rechtsfolge, dass ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung oder die Gewährung einer Urlaubsabgeltung zum Ruhen eines nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestehenden Anspruchs auf Krankengeld führt, mangels planwidriger Gesetzeslücke ebenso ausscheidet. Dies ergibt sich bereits aus einer Gegenüberstellung der Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V. Der Urlaubsabgeltung wird bei § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V - anders als bei § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V - gerade keine rechtliche Relevanz beigemessen.

Die Auswirkungen des Urteils waren im Hinblick auf das Besprechungsergebnis vom 22./23. November 2001 sowie den derzeitigen Wortlaut des gemeinsamen Rundschreibens zu beraten. In die Beratung war mit einzubeziehen, ob die Rechtsprechung auf Ruhenszeiträume des Arbeitslosengeldes aufgrund einer Entlassungsentschädigung nach § 143a SGB III übertragen werden kann.

Besprechungsergebnis:

Die Spitzenverbände der Krankenkassen halten aufgrund der höchstrichterlichen Entscheidung nicht länger an ihrem Besprechungsergebnis vom 22./23. November 2001 sowie der Aussage in Punkt 6.1.3 des gemeinsamen Rundschreibens vom 29. November 2005 fest. Die Ruhenswirkung des § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V wird bei Urlaubsabgeltungen nicht länger analog angewendet. Ebenso scheidet eine Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (Ruhen bei Bezug von beitragspflichtigem Arbeitsentgelt) aus. Versicherte erhalten daher neben der Urlaubsabgeltung Krankengeld, wenn auch die weiteren Voraussetzungen dafür vorliegen.

Das gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Berechnung, Höhe und Zahlung des Krankengeldes und Verletztengeldes vom 29. November 2005 wird bei nächster Gelegenheit entsprechend dem als Anlage 2 beigefügten Textvorschlag geändert.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen kommen ferner überein, dass die Rechtsprechung in analoger Anwendung auch für Ruhenszeiträume des Arbeitslosengeldes aufgrund einer Entlassungsentschädigung nach § 143a SGB III anzuwenden ist.

Anlage 1 [Hinweis]

[Anlage 1 hier nicht abgebildet. Anmerkung der Redaktion.]

Anlage 2 zu TOP 1 der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Leistungsrecht am 17./18. Oktober 2006 in Essen

Textvorschlag

Zitat

6.1.3 Urlaubsabgeltung/Entlassungsentschädigung

§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wurde durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl 2001 Teil I Seite 3443) dahingehend ergänzt, dass die Krankenversicherungspflicht der Arbeitslosen teilweise auf Zeiten ausgedehnt wird, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 143 Abs. 2 SGB III wegen einer Urlaubsabgeltung ruht. Die Versicherungspflicht beginnt mit dem zweiten Ruhensmonat. Allerdings wurde parallel eine Änderung des § 49 Abs. 1 und Abs. 3a SGB V dahingehend, dass während der Ruhenszeit nach § 143 Abs. 2 SGB III wegen einer Urlaubsabgeltung gleichfalls der Anspruch auf Krankengeld ruht, nicht vorgenommen.

Trotz der im Ergebnis eintretenden Besserstellung arbeitsunfähiger Empfänger von Urlaubsabgeltungen gegenüber arbeitsfähigen Empfängern ha...

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