Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind demnach auch Mehrarbeitszuschläge
. Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbar vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht (§ 4 Abs. 1 TzBfG).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 19.12.2018, 10 AZR 231/18 zu den Regelungen über Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte des Manteltarifvertrages für die Systemgastronomie vom 17.12.2014 entschieden, dass Teilzeitbeschäftigte mit vereinbarter Jahresarbeitszeit einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für die Arbeitszeit haben, die über ihre individuell festgelegte Arbeitszeit hinausgeht. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben daraus abgeleitet, dass in den Fällen, in denen arbeitsvertragliche, betriebliche oder tarifvertragliche Regelungen zu Mehrarbeitszuschlägen bestehen, die für Teilzeitbeschäftigte Mehrarbeitszuschläge erst dann vorsehen, wenn sie über die Differenz der monatlichen oder jährlichen Teilarbeitszeit zur Vollarbeitszeit hinaus Mehrarbeit leisten, diese im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG auszulegen sind. In diesen Fällen haben Teilzeitbeschäftigte demnach einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für die über die vertraglich vereinbarte Teilarbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit (vgl. Punkt 3 der Niederschrift zur Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 20.11.2019).
Mittlerweile sind zu der Thematik mehrere Revisionen beim BAG anhängig (6 AZR 332/19, 6 AZR 253/19 und 6 AZR 254/19). Den Revisionen liegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg zugrunde, wonach für die Vereinbarkeit einer Regelung über Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte mit § 4 Abs. 1 TzBfG eine vereinbarte konkrete Zweckbestimmung der Zuschläge zu berücksichtigen ist.
Das LAG begründet diese Auffassung auch unter Verweis auf das BAG-Urteil vom 19.12.2018, wonach eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten nur gerechtfertigt sein kann, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Dabei kommt es nicht auf die denkbaren Zwecke an, die mit der betreffenden Leistung verfolgt werden können, sondern auf diejenigen, um die es den Tarifvertragsparteien bei der betreffenden Leistung nach ihrem im Tarifvertrag selbst zum Ausdruck gekommenen Willen geht. Der Zweck ist der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen ausdrücklichen Zweckbestimmung der Leistung zu entnehmen oder durch Auslegung der Tarifnorm – anhand von Anspruchsvoraussetzungen, Ausschließungs- und Kürzungsregelungen – zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des BAG ist die unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten unter zwei Voraussetzungen gerechtfertigt: Die tarifliche Regelung muss den Zweck haben, besondere Belastungen auszugleichen, die entstehen, wenn Beschäftigte über die von den Tarifvertragsparteien vorgegebene tarifliche Arbeitszeit hinaus tätig würden. Zugleich müsse die Tarifnorm zum Ziel haben, den Arbeitgeber von einer solchen übermäßigen Inanspruchnahme abzuhalten. Wird demgegenüber der Zweck verfolgt, die Einbuße der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abzuhalten, ist eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt, weil sich dieser Zweck in gleicher Weise auf Teilzeit- und Vollzeitkräfte bezieht.
Nach Ansicht des LAG konnte das BAG in Bezug auf den der Entscheidung vom 19.12.2018 zugrundeliegenden Manteltarifvertrag für Systemgastronomie nicht erkennen, dass die Mehrarbeitszuschläge dem Ausgleich besonderer Belastungen dienen sollen, wenn Arbeitnehmer über die tarifliche Arbeitszeit einer Vollzeitkraft hinaus tätig werden. Die Auslegung dieses Tarifvertrages hat nach Auffassung des BAG ergeben, dass mit den Mehrarbeitszuschlägen der Zweck verfolgt werden solle, Einbußen der Dispositionsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und den Arbeitgeber von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abzuhalten.
Vor dem Hintergrund der unter Umständen gebotenen Differenzierung bei der Zweckbestimmung von Mehrarbeitszuschlägen halten die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung an ihrem bisherige...