hier: Durchführung der Anwartschaftsversicherung bei Verlegung des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland
Sachverhalt:
Nach § 240 Abs. 4b SGB V wird der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der GKV ein Betrag in Höhe von 10 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zugrunde gelegt, wenn der Anspruch auf Leistungen für das Mitglied und seine nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen u.a. während eines Auslandsaufenthaltes, der durch die Berufstätigkeit des Mitglieds, seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder eines seiner Elternteile bedingt ist, ruht (eine Art beitragsrechtliche Anwartschaftsversicherung, vgl. BT-Drucks. 13/11021, S. 11). Darüber hinaus kommt die Anwartschaftsversicherung zum Tragen, wenn der Auslandsaufenthalt zwar nicht beruflich bedingt ist, jedoch länger als 3 Kalendermonate dauert.
Bei der Prüfung der gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen zur Anwartschaftsversicherung im Zusammenhang mit einem Auslandsaufenthalt stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 240 Abs. 4b SGB V als Spezialregelung im Verhältnis zu § 3 Nr. 2 SGB IV konzipiert ist. Gemäß § 3 Nr. 2 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs haben. Geht man von dem Vorrang des § 3 Nr. 2 SGB IV aus, wäre die Anwartschaftsversicherung mit Verlegung des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthaltes des Mitglieds ins Ausland zu beenden. Folgt man dagegen der Argumentation, dass der Grundsatz der räumlichen Beschränkung des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuchs durch das rechtliche Konstrukt der Anwartschaftsversicherung durchbrochen wird, wäre der Zugang zur bzw. das Fortbestehen der Anwartschaftsversicherung selbst bei der Verlegung des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland – unter den üblichen Voraussetzungen – nicht ausgeschlossen.
Zurzeit gibt es in der Praxis kein einheitliches Verständnis für die dargestellte Problematik; sie ist daher einer Lösung zuzuführen.
Ergebnis:
Im Sinne einer bundesweit einheitlichen Rechtsauslegung und –anwendung gilt Folgendes:
1. Grundsätzliches
Die sog. Anwartschaftsversicherung nach § 240 Abs. 4b SGB V stellt kein besonderes Versicherungsverhältnis dar. Es handelt sich hierbei um eine freiwillige Mitgliedschaft, die nach § 9 SGB V oder § 188 Abs. 4 SGB V begründet wird/wurde und für die aufgrund eines ruhenden Leistungsanspruchs eine besondere beitragsrechtliche Regelung vorgesehen ist. Die Anwartschaftsversicherung in der Krankenversicherung strahlt auf die Pflegeversicherung aus (vgl. § 20 Abs. 3 SGB XI). Für das Zustandekommen sowie für das Fortbestehen einer freiwilligen Mitgliedschaft ist im Allgemeinen grundsätzlich § 3 Nr. 2 SGB IV einschlägig. Danach endet die in Deutschland bestehende freiwillige Mitgliedschaft kraft Gesetzes, wenn das Mitglied den Geltungsbereich des deutschen Sozialrechts dauerhaft verlässt und seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in einen Staat verlegt, für den weder das über- noch zwischenstaatliche Recht eine Gebietsgleichstellung für die Fortführung der freiwilligen Krankenversicherung vorsieht; das Zustandekommen einer freiwilligen Mitgliedschaft ist unter diesen Bedingungen ausgeschlossen. Die Regelungen zur Ausstrahlung (vgl. § 4 SGB IV) sowie die Anwendung des über- und zwischenstaatlichen Rechts (vgl. § 6 SGB IV) bleiben unberührt (vgl. nähere Ausführungen hierzu in Abschnitt 5 der Grundsätzlichen Hinweise "Obligatorische Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V" vom 14.12.2018 [GR v. 14.12.2018-II]).
Während die Vorrangigkeit des § 3 Nr. 2 SGB IV für die Sachverhalte der "vollwertigen" – mit Leistungsansprüchen versehenen – freiwilligen Mitgliedschaftsverhältnisse zu sachgerechten Ergebnissen führt, würde diese enge Rechtsauslegung die Zielsetzung der Anwartschaftsversicherung nach § 240 Abs. 4b SGB V konterkarieren. Ursprünglich stellte die Anwartschaftsversicherung für Personen, die z.B. aufgrund eines längeren Auslandsaufenthaltes ihre Mitgliedschaft beendet hatten und später nach Deutschland zurückkehrten, einen erneuten Zugang zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sicher, ohne dass ein Versicherungspflichttatbestand erfüllt sein musste oder die sonstigen Voraussetzungen für eine freiwillige Mitgliedschaft vorliegen mussten. Nach der Einführung der Auffang-Versicherungspflicht i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erhalten viele Mitgliedergruppen, die ihre gesetzliche Krankenversicherung aufgrund eines Auslandsaufenthaltes beendet hatten, später einen erneuten Zugang zur GKV, ohne dass für die Zeit des Auslandsaufenthaltes eine Anwartschaftsversicherung bestanden haben muss. Dies gilt allerdings nicht für alle Sachverhalte bzw. Lebenssituationen.
Somit garantiert die Anwartschaftsversicherung nach § 240 Abs. 4b SGB V – ungeachtet der Einführung der Auffang-Versicherungspflicht – in besti...