[Anmerk. d. Red.: Anzuwenden bis 30.04.2014: Für ab 01.05.2014 übernommene Buß- oder Verwarnungsgelder s. BE v. 09.04.2014, TOP 4.]
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind als Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung anzusehen, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zum Arbeitsentgelt gehören demnach auch Vorteile, die dem Arbeitnehmer aus seinem Beschäftigungsverhältnis erwachsen, es sei denn, dass aufgrund der Regelungen der Arbeitsentgeltverordnung keine Zurechnung zum Arbeitsentgelt vorzunehmen ist. So schreibt § 1 ArEV vor, dass einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 07.07.2004 – VI R 29/00 – (USK 2004-50) entschieden, dass es sich nicht um die Zahlung von Arbeitslohn handelt, wenn ein Arbeitgeber, der einen Paketzustelldienst betreibt, aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse die Zahlung von Verwarnungsgeldern, die gegen die bei ihm angestellten Fahrer wegen Verletzung des Halteverbots verhängt worden sind, übernimmt. In seiner Urteilsbegründung führt der Bundesfinanzhof aus, nach ständiger Rechtsprechung (u. a. Urteil vom 26.06.2003 – VI R 112/98 –, BFH Bd. 203 S. 53, BStBl 2003 II S. 886) sei Arbeitslohn jeder geldwerte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sei (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Verb. mit § 2 Abs. 1 LStDV). Das sei der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt werde, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers sei, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt werde, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweise. Dagegen seien solche Vorteile nicht als Arbeitslohn anzusehen, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen.
Mit obigem Urteil sah es der Bundesfinanzhof in dem entschiedenen Rechtsstreit als erwiesen an, dass die Zahlung der Verwarnungsgelder nicht der Entlohnung des Arbeitnehmers, sondern dem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gedient hat. Die Übernahme der Verwarnungsgelder führte zum Ausgleich eines Nachteils, den die Arbeitnehmer allein im Interesse ihres Arbeitgebers hingenommen hatten. Die Finanzverwaltung folgt diesem Urteil und sieht Verwarnungsgelder nicht als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn an, soweit es sich um Verwarnungsgelder wegen Verletzung des Halteverbots handelt, die der Arbeitgeber (z. B. Paketzustelldienst) aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse übernimmt.
Die Besprechungsteilnehmer schließen sich für den Bereich der Sozialversicherung der im Steuerrecht praktizierten Verfahrensweise an, d. h., dass vom Arbeitgeber übernommene Verwarnungsgelder wegen Verletzung des Halteverbots nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören, wenn der Arbeitgeber sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse übernimmt. Dabei muss das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers sowie die ausdrückliche Billigung des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers konkret schriftlich niedergelegt und in den Lohnunterlagen dokumentiert sein. Im Übrigen wird ein eigenbetriebliches Interesse nur angenommen, wenn die Verletzung des Halteverbots mit Firmenfahrzeugen begangen wird.
Nach diesem Besprechungsergebnis soll spätestens vom 01.08.2006 an verfahren werden; soweit bis dahin in der Praxis anders verfahren worden ist, behält es dabei sein Bewenden.