Durch das Erste Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (1. SGB XI-Änderungsgesetz – 1. SGB XI-ÄndG) vom 14. Juni 1996 wurde in § 44 SGB XI ein neuer Absatz 2 mit folgendem Inhalt eingefügt:
"Für Pflegepersonen, die wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung auch in ihrer Pflegetätigkeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind oder befreit wären, wenn sie in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig wären und einen Befreiungsantrag gestellt hätten, werden die nach Absatz 1 Satz 1 und 2 zu entrichtenden Beiträge auf Antrag an die berufsständische Versorgungseinrichtung gezahlt."
Nach der Gesetzesbegründung soll durch den neuen Absatz 2 sichergestellt werden, daß Personen, die während der Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Rentenversicherungspflicht befreit sind (z. B. angestellte Ärzte oder Apotheker), bei Übernahme einer Pflegetätigkeit ihre berufsständische Alterssicherung ausbauen können. Dasselbe soll für selbständig Tätige gelten, die als Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung erfüllen würden, wenn sie nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig wären.
Die rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzte Neuregelung geht jedoch bei einer streng am Gesetzeswortlaut orientierten Auslegung des § 44 Abs. 2 SGB XI ins Leere, da sich die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nur auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt (§ 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI). Personen, die von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit sind, unterliegen in einer daneben ausgeübten Pflegetätigkeit grundsätzlich der Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen und der VDR sind sich andererseits jedoch einig, daß dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, die ehrenamtliche Pflegetätigkeit als sozial- und gesellschaftspolitisch erwünschtes Engagement auch durch Ausbau der berufsständischen Altersversorgung zu stärken, Rechnung getragen werden muß Sie kommen daher überein, die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI, die die zeitlich begrenzte Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen auch auf "berufsfremde" Tätigkeiten ermöglicht, weit auszulegen. Die nicht erwerbsmäßig ausgeübte Pflegetätigkeit ist als ihrer Eigenart nach zeitlich begrenzt anzusehen und führt für die betroffenen Personen, die einen entsprechenden Antrag nach § 44 Abs. 2 SGB XI stellen, zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht.
Näheres über das Verfahren zur Zahlung und zum Nachweis der Beiträge soll in Kürze in einem Gespräch mit der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) festgelegt werden. Die Spitzenverbände der Krankenkassen empfehlen ihren Mitgliedskassen, die Beiträge für Pflegepersonen, die einen Antrag auf Zahlung von Beiträgen an berufsständische Versorgungseinrichtungen gestellt haben, vorerst weiter an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen. Eine spätere Rückbuchung dieser Beiträge wird dadurch nicht ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen für die Beitragszahlung an das berufsständische Versorgungswerk zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 44 Abs. 2 SGB XI erfüllt waren.