Die Überarbeitung der Begutachtungsanleitung Arbeitsunfähigkeit (BGA AU) wurde notwendig, um dem aktuellen Erkenntnisstand der Praxis, den zwischenzeitlichen Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der AU und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung – Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-Richtlinie) und der Rechtsprechung Rechnung zu tragen.
Bei jeder Arbeitsunfähigkeit (AU) infolge Krankheit handelt es sich um einen komplexen Zusammenhang von rechtlichen, beruflichen und medizinischen Aspekten. Diese Komplexität erfordert von allen Beteiligten vielschichtige Kenntnisse. Die praktische Bedeutung der AU und deren Folgen sind für die Patientin/Versicherte oder den Patienten/Versicherten, die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt, den Arbeitgeber und die Krankenkasse jeweils unterschiedlich, so dass sich die Gutachterin oder der Gutachter des Medizinischen Dienstes bei ihrer oder seiner Beurteilung in einem Spannungsfeld befindet.
Wesentlich ist, dass nicht die AU-begründende Diagnose, sondern die resultierenden strukturellen und funktionellen Schädigungen, Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe sowie personbezogene Faktoren (insbesondere das Krankheitsverhalten, subjektive Erwartung an Gesundheits- und Erwerbsprognose) und umweltbezogene Faktoren (z. B. besondere Bedingungen des Arbeitsplatzes) die AU und ihre Dauer beeinflussen. Die Krankenkassen analysieren regelmäßig AU-Fälle und legen sie dem Medizinischen Dienst zur gutachtlichen Stellungnahme vor, soweit dies gesetzlich vorgesehen und erforderlich ist.
Wirksame Maßnahmen zur Vermeidung von wiederkehrender AU oder Langzeit-AU sind notwendig, denn mit zunehmender AU-Dauer treten soziale und psychosoziale Probleme verstärkt auf bzw. sie verselbständigen sich sogar. Zu spät eingeleitete Maßnahmen, die sowohl Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen, können eine erfolgreiche Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit dann kaum noch beeinflussen.
Das Ziel der Anleitung ist, die Inhalte, die Art und den Umfang der Instrumente darzustellen, die für eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen Medizinischem Dienst und Krankenkasse wesentlich sind. Zu nennen sind insbesondere:
- rechtliche Rahmenbedingungen,
- einheitliche Kriterien und Maßstäbe der Begutachtung,
- organisatorische Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit,
- Verfahren der sozialmedizinischen Fallberatung,
- Art und Inhalte der Begutachtung sowie die Dokumentation.