Durch die Rechtsvorschrift soll ermöglicht werden, dass
- Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben frühzeitig eingeleitet werden und
- eine klare Abgrenzung der Leistungszuständigkeit an der Schnittstelle zwischen Krankenversicherung (Krankengeld) und Rentenversicherung (Rente wegen Erwerbsminderung) erfolgt.
Ist trotz der Krankenbehandlung zu Lasten der GKV eine nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Teilhabe am Erwerbsleben zu befürchten, so ist nach Maßgabe der für die verschiedenen Sozialversicherungszweige geltenden Leistungsgesetze und des SGB IX zu prüfen, ob Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) einzuleiten sind. Dabei hat der Gesetzgeber der GKV mit § 51 Abs. 1 SGB V ein Instrument an die Hand gegeben, um die Durchführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben in medizinisch gebotenen Fällen wirkungsvoll durchzusetzen. Ist nach ärztlichem Gutachten die Erwerbsfähigkeit einer oder eines Versicherten erheblich gefährdet oder gemindert, so kann die Krankenkasse der oder dem Versicherten eine zehnwöchige Frist setzen, innerhalb derer sie oder er einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zu LTA zu stellen hat. Kommt sie oder er der Aufforderung nicht nach, so entfällt mit Fristablauf der Anspruch auf Auszahlung des Krankengeldes – selbst bei unstrittig fortbestehender AU (BSG-Urteile vom 16.12.2014, B 1 KR 31/13 R und B 1 KR 32/13 R). Bei späterer Antragstellung lebt der Anspruch wieder auf (§ 51 Abs. 3 SGB V).
Mit der Aufforderung kann die Krankenkasse eine Prüfung des Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente durch die Rentenversicherung initiieren. Anträge auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zu LTA gelten als Antrag auf Rente, wenn die Voraussetzungen des § 116 Abs. 2 SGB VI erfüllt sind. Voraussetzung dieser "Umdeutung" des Rehabilitationsantrages ist, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen oder primär nicht aussichtsreich sind, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abzuwenden. Die oder der Versicherte wird schriftlich unter Nennung der Konsequenzen auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Damit wird die oder der Versicherte in ihrem oder seinem Dispositionsrecht eingeschränkt, d. h. alle Entscheidungen zum Rehabilitationsantrag können von der oder dem Versicherten nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse getroffen werden. Zieht die oder der Versicherte ihren oder seinen Antrag ohne Zustimmung der Krankenkasse angesichts der Umdeutung zurück oder nimmt sie oder er eine zugesagte Rente nicht an, so kann ebenfalls trotz fortbestehender AU ihr oder sein Krankengeldanspruch entfallen. Das Gleiche gilt, wenn die Krankenkasse eine Aufforderung im Sinne des § 51 Abs. 1 oder 2 SGB V "nachschiebt", nachdem die oder der Versicherte von sich aus einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt hat. Das Dispositionsrecht der oder des Versicherten kann jedoch durch die Krankenkasse dann nicht mehr nachträglich wirksam eingeschränkt werden, wenn die Dispositionserklärung der oder des Versicherten dem Rentenversicherungsträger bereits zugegangen ist. (BSG-Urteil vom 26.06.2008, AZ.: B 13 R 37/07 R, Rdnr. 23, 32). Der Krankenkasse ist hierdurch aber nicht die Möglichkeit einer Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V verwehrt.
Bei der Entscheidung der Krankenkasse zur Aufforderung nach § 51 SGB V handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Wegen der möglicherweise einschneidenden Bedeutung für die Versicherte oder den Versicherten erfordert die Aufforderung nach § 51 Abs. 1 SGB V eine besondere sozialmedizinische Beurteilung, wobei Art und Form dieses Gutachtens nicht festgelegt sind (BSG-Urteil vom 07.08.1991, AZ.: 1/3 RK 26/90). Inhaltlich müssen jedoch als Mindeststandard nach der laufenden Sozialrechtsprechung – jedenfalls summarisch – die erhobenen Befunde wiedergegeben werden und die Ärztin oder der Arzt muss sich zu den nach ihrer oder seiner Auffassung durch die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten Leistungseinschränkungen und ihrer voraussichtlichen Dauer äußern.
Im Kontext des § 51 SGB V sind die Auslegungsgrundsätze der Rentenversicherungsträger zu den persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe der Versicherten i. d. F. vom 18.07.2002 zu beachten. Die hier abgebildete Version der Auslegungsgrundsätze wurde entsprechend der Begriffsbestimmungen aus dem sozialmedizinischen Glossar für die Deutsche Rentenversicherung (Stand: 07/2013) aktualisiert.
Diese Auslegungsgrundsätze dienen zur Klärung der Grundbegriffe der Leistungen zur Teilhabe, sollen jedoch keine Festschreibung bewirken. 1. Einleitung Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung kann für seine Versicherten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen erbringen, ... |