Zusammenfassung
Das bereits seit 1.5.2004 gesetzlich geregelte Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist nach der Rechtsprechung ein "verlaufs- und ergebnisoffener Suchprozess, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit vermitteln soll". An ihm sind kraft gesetzlicher Vorgabe verschiedene Akteure beteiligt, die unterschiedliche Pflichten haben. Im Mittelpunkt stehen der Arbeitgeber und die Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren/sind. Eine wichtige Rolle hat auch der Betriebs- oder Personalrat. Schließlich gibt es weitere Akteure, die vom Arbeitgeber bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hinzuzuziehen sind und denen verschiedene Pflichten obliegen.
Die Pflicht des Arbeitgebers zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement ist in § 167 Abs. 2 SGB IX gesetzlich vorgeschrieben.
1 Pflichten des Arbeitgebers
1.1 Initiativlast für die Einleitung des BEM
Die Initiativlast für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) hat der Arbeitgeber. Subjektive Erwägungen des Arbeitgebers, die auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zielen oder der Entschluss zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sind nicht Voraussetzung für diese Verpflichtung des Arbeitgebers. Das heißt, er muss ein BEM bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch dann anbieten und durchführen, wenn er keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt oder erwägt.
1.2 Klärung mit dem Betriebsrat
War bzw. ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, muss der Arbeitgeber mit dem Betriebs- bzw. Personalrat "klären", wie die durch das BEM verfolgten Ziele erreicht werden können; bei schwerbehinderten Beschäftigten ist bei der Klärung auch die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Im Rahmen des Klärungsprozesses nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann der Betriebsrat seine Unterrichtung und eine Beratung mit dem Ziel der Verständigung über die Möglichkeiten eines BEM verlangen. Der Betriebsrat und gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung haben allerdings kein Recht, bei den Gesprächen des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer anwesend zu sein. Der Betriebsrat kann auch nicht verlangen, dass das Verfahren über die "Klärung von Möglichkeiten" eines BEM zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat insgesamt auf ein Gremium übertragen wird (z. B. BEM-Team), auch wenn dieses aus Mitgliedern besteht, die vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat benannt werden. Hierzu bedürfte es einer freiwilligen Übereinkunft von Arbeitgeber und Betriebsrat. Allerdings muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mitteilen, die für ein BEM infrage kommen, und zwar unabhängig davon, ob die Betroffenen damit einverstanden sind. D.h., der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als 6 Wochen im Jahreszeitraum auch dann mitteilen, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
1.3 Hinzuziehung weiterer Beteiligter
Bei Vorliegen der Voraussetzungen sind außerdem der Werks- oder Betriebsarzt, sowie bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzuzuziehen, außerdem die Rehabilitationsträger.
Besondere Bedeutung kommt regelmäßig der Pflicht zur Hinzuziehung des Betriebsarztes zu. Dieser ist "soweit erforderlich" hinzuzuziehen. Dies entspricht der in § 1 Satz 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 ASiG normierten Aufgabe des Betriebsarztes, den Arbeitgeber u. a. in Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu beraten. Teilweise wird angenommen, dass ein ohne Einschaltung des Betriebsarztes durchgeführtes BEM nicht ordnungsgemäß ist, wenn der Betriebsarzt nicht beteiligt wurde, obwohl nicht ausgeschlossen ist, dass dies sinnvoll gewesen wäre.
1.4 Information und Belehrung des Beschäftigten
Da die Durchführung des BEM nur mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Beschäftigten möglich ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesen zu informieren. Die Information muss sich insbesondere auf die Ziele des Eingliederungsmanagements und die dafür erhobenen und verwendeten Daten, d. h. in der Regel mindestens die Fehlzeitenaufstellung, erstrecken.
Die Belehrung nach § 167 Abs. 2 Satz 4 SGB IX gehört zu einem regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des Arbeitnehmers zur Durchführung eines BEM. Sie soll dem Arbeitnehmer die Entscheidung ermöglichen, ob er ihm zustimmt oder nicht. Der erforderliche Hinweis über den Inhalt eines BEM muss u. a. deutlich machen, dass eine Hinzuziehung des Betriebsrats zur "Klärung von Möglichkeiten" nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX das Einverständnis des betroffenen Beschäftigten voraussetzt. Das heißt, dieser ist im Rahmen der Unterrichtung darauf hinzuweisen, dass von der Beteiligung des Betriebsrats abgesehen werden kann.
Der Arbeitgeber muss dem Beschäftigten erläutern, was ein BEM bedeutet. Der Arbeitnehmer muss insbesondere wissen, was mit seinen datenschutzrechtlich besonders geschützten Gesundheitsdaten im Verfahren geschieht und dass eine diesbezügliche Einwilligung nur wirksam ist, wenn sie au...