3.2.1 Zeitlich begrenzter Ausschluss

Ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitlich begrenzt ausgeschlossen, ist von der Frist auszugehen, die ohne den Kündigungsausschluss maßgebend gewesen wäre. Diese Fallgestaltung betrifft in erster Linie Arbeitnehmer, denen ein besonderer Kündigungsschutz zusteht, wie Mitglieder des Betriebsrats, Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft[1] oder schwerbehinderte Menschen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Ruhensregelung bei zeitlich begrenztem Ausschluss der ordentlichen Kündigung

Ein Arbeitgeber vereinbart mit einer schwangeren Arbeitnehmerin am 10.9.2023 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2023 unter Zahlung einer Abfindung von 10.000 EUR. Die ordentliche Kündigung ist nach § 9 Abs. 1 MuSchG während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung zeitlich begrenzt ausgeschlossen. Die ohne den besonderen Kündigungsschutz einzuhaltende ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers beträgt 6 Wochen zum Quartalsende. Diese Frist ist mit der Kündigung am 10.9.2023 zum 31.12.2023 eingehalten. Ein ggf. zum 1.1.2024 entstehender Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nicht.

3.2.2 Zeitlich unbegrenzter Ausschluss

Ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen, ist eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten maßgeblich. Die Berechnung dieser fiktiven Kündigungsfrist bezieht sich nicht auf einen bestimmten Endtermin (Monats- oder Quartalsende).

 
Achtung

Keine rückwirkenden Änderungen zulasten der Arbeitslosenversicherung möglich

Die Kündigungsfrist von 18 Monaten ist auch dann maßgeblich, wenn die Tarifvertragsparteien im Nachhinein eine Wiederherstellung der ordentlichen Kündigung vereinbaren. Die Bundesagentur für Arbeit geht in derartigen Fällen davon aus, dass Arbeitnehmern, die eine tarifvertraglich begründete Rechtsposition der "Unkündbarkeit" erworben haben, diese Position nicht mehr zulasten der Arbeitslosenversicherung (d. h. mit dem Ziel der Umgehung bzw. Nichtanwendung der Ruhensregelung) entzogen werden kann.

Etwas anderes gilt dann, wenn tarifvertraglich zwar "Unkündbarkeit" besteht, der Tarifvertrag aber bei Vorliegen bestimmter Gründe (z. B. bei Eintritt voller Erwerbsminderung) wieder eine ordentliche Kündigung vorsieht. Wird der grundsätzlich "unkündbare" Arbeitnehmer aufgrund eines solchen konkret geregelten Sachverhalts gekündigt, ist von der ordentlichen Kündigungsfrist auszugehen.

3.2.3 Ordentliche Kündigung nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung

Kann einem "unkündbaren" Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, gilt eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr. Dies gilt auch dann, wenn die Abfindung im Rahmen eines Sozialplans vereinbart worden ist.[1] Die Kündigungsfrist von einem Jahr gilt jedoch nicht, wenn

  • alternativ eine Kündigungsmöglichkeit mit kürzerer Kündigungsfrist besteht und diese genutzt wird,
  • die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund vorliegen oder
  • die Entlassungsentschädigung lediglich eine Folge der ordentlichen Arbeitgeberkündigung ist.
 
Praxis-Beispiel

Kündigung unter Voraussetzung einer Entlassungsentschädigung

In einem Betrieb wird infolge einer Betriebsänderung[2] ein Sozialplan vereinbart, der auch die Zahlung von Entlassungsentschädigungen vorsieht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verständigen sich daraufhin am 15.2.2023 auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2023. Nach dem Tarifvertrag ist eine Kündigung nur noch bei Vorliegen eines Sozialplans möglich. Da dieser eine Entlassungsentschädigung vorsieht, gilt eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr. Diese Frist (16.2.2023 bis 15.2.2024) ist vorliegend nicht eingehalten, sodass ein ggf. am 1.7.2023 entstehender Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhen würde.

3.2.4 Fristgebundene außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund

In Ausnahmefällen sieht die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung vor, dass auch bei grundsätzlichem Ausschluss der ordentlichen Kündigung noch eine fristgebundene außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zulässig ist. Auch in diesen Fällen ist – im Interesse des Arbeitnehmers – für die Anwendung der Ruhensregelung von der Kündigungsfrist auszugehen, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigungsfrist maßgebend gewesen wäre.

 
Hinweis

Sachverhalte einer fristgebundenen außerordentlichen Kündigung

Eine fristgebundene außerordentliche Kündigung kann zulässig sein, wenn der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers infolge einer Betriebsstilllegung wegfällt und unter Abwägung aller Interessen die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren Belastung für den Arbeitgeber führen würde. Dies gilt nach den Weisungen der Bundesagentur für Arbeit insbesondere, wenn

  • eine Versetzung in einen anderen Betrieb nicht möglich ist,
  • der Arbeitgeber über Jahre hinweg zur Zahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet bliebe, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten oder
  • dadurch die Weiterführung anderer Betriebe des Unternehmens gefährdet wären.

In Fällen einer Kündigung aufgrund einer Teilbetriebsstil...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge