1.1 Grundlagen
Die grundlegenden Vergütungsfragen wurden bereits abgehandelt.
Im folgenden Abschnitt soll es vor allem um Leistungsstörungen gehen, also um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verpflichtung zur Zahlung der Ausbildungsvergütung entfällt oder trotz einer fehlenden Leistung durch den Auszubildenden erhalten bleibt. Vorab werden jedoch die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen dargestellt.
1.2 Steuer- und Sozialversicherungsrecht
Eine Regelung zur Ausbildungsvergütung fehlt im Einkommensteuerrecht. Da § 3 EStG nur die steuerfreien Tatbestände positiv regelt, ist die Ausbildungsvergütung damit steuerrechtlich der normalen Arbeitsvergütung gleichgestellt. Allerdings greift bei vielen Auszubildenden der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG, der im Jahr 2024 bei 11.604 EUR und damit ausgehend von 12 gleichbleibenden Vergütungszahlungen bei 967 EUR pro Monat liegt. Da die durchschnittliche monatliche tarifliche Ausbildungsvergütung im Jahr 2023 bei 1.066 EUR lag, werden viele Auszubildende jedenfalls im Verlauf ihrer Ausbildung einkommensteuerpflichtig.
Da der Ausbildende weder verpflichtet ist, die Zeit für die Fahrten zur Berufsschule zu vergüten, noch die Fahrtkosten zu erstatten, wird der Auszubildende die Fahrt zur Ausbildungsstätte (erste Tätigkeitsstätte) mit der Kilometerpauschale und die Fahrt zur Berufsschule als Dienstreise steuerlich absetzen können.
Berechnung der Wegpauschale
Sind der Ausbildungsbetrieb und die Berufsschule jeweils 10 km entfernt, kann der Auszubildende die Fahrt zum Betrieb und zurück mit 10 km x 0,30 EUR geltend machen, die Fahrt zur Berufsschule allerdings mit Hin- und Rückfahrt, also 2 x 10 km x 0,30 EUR.
Das Sozialversicherungsrecht kennt ebenfalls keine Besonderheiten für Auszubildende. Insofern sind Ausbildungsvergütungen sozialversicherungspflichtig und Auszubildende sozialversichert. Nur in dem Fall, dass der Auszubildende monatlich weniger als 325 EUR verdient, trägt der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein. Dies kann allenfalls theoretisch bei Teilzeitausbildungsverhältnissen der Fall sein, wenn gleichzeitig nur die Mindestvergütung nach § 17 Abs. 2 BBiG oder eine tarifliche Ausbildungsvergütung nach § 17 Abs. 3 BBiG gezahlt wird.
1.3 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen
Bei der Entgeltfortzahlung besteht kein Unterschied zu Arbeitsverhältnissen, da das EFZG auch auf Ausbildungsverhältnisse uneingeschränkt anwendbar ist.
1.4 Freistellungen und ähnliche Tatbestände
Das BBiG verpflichtet den Ausbildenden an mehreren Stellen, den Auszubildenden zu einem bestimmten Zweck freizustellen. So bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BBiG, dass Auszubildende für den Berufsschulunterricht, die Teilnahme an Prüfungen und auswärtigen Ausbildungsmaßnahmen sowie an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht, freizustellen sind. Mit der Anrechnungsbestimmung nach § 15 Abs. 2 BBiG wird in arbeitszeitrechtlicher Hinsicht klargestellt, dass eine Nacharbeitsverpflichtung unzulässig ist. In entgeltrechtlicher Hinsicht bestimmt § 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG, dass Freistellungszeiten nach § 15 zu vergüten sind. Auszubildende, die ihre Abschlussprüfung in 2 Teilen ablegen, haben vor jedem Prüfungstag einen Tag unter Fortzahlung der Vergütung frei. Sofern dem Prüfungstag jedoch ein Wochenende oder ein Feiertag vorausgeht, muss keine Freistellung für den letzten Arbeitstag vor der Prüfung gewährt werden.
§ 19 BBiG regelt noch weitere Tatbestände, in denen nicht ausgebildet wird, gleichwohl die Vergütung erhalten bleibt. § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG begrenzt dabei das Betriebsrisiko des Ausbildenden auf 6 Wochen.
Entgeltfortzahlung aus unverschuldeten Gründen
Brennt der Betrieb durch einen Blitzschlag ab, ist weder eine Arbeitsleistung noch eine Ausbildung möglich. Während Arbeitnehmer theoretisch zeitlich unbegrenzt Anspruch auf ihre Vergütung haben, haben Auszubildende nur einen Vergütungsanspruch für 6 Wochen.
Zugunsten des Auszubildenden dürfte die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG etwa bei Kurzarbeit im Betrieb eingreifen. In diesem Fall ist die volle Ausbildungsvergütung für die ersten 6 Wochen der Kurzarbeit fortzuzahlen.
§ 19 Abs. 1 Nr. 2b BBiG entspricht der Vorschrift des § 616 BGB für Arbeitsverhältnisse und greift beispielsweise bei Arztbesuchen, eigener Hochzeit oder behördlicher Quarantäneanordnung ein. Allerdings ergeben sich gegenüber § 616 BGB vor allem 2 Unterschiede: Erstens ist § 616 BGB im Gegensatz zu § 19 BBiG nicht zwingend, im Arbeitsverhältnis könnten die Parteien des Arbeitsvertrags also dessen Anwendung ausschließen. Zweitens beschränkt § 19 Abs. 1 Nr. 2b BBiG das Fehlen nicht auf eine "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit". Daraus muss man wohl schließen müssen, dass der persönliche Verhinderungsgrund durchaus 6...