Nach der allgemeinen Prozessförderungspflicht[1] sind Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die in der ersten Instanz nicht rechtzeitig vorgetragen worden sind, in der Berufungsinstanz nur zuzulassen, wenn

  • ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichtes die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder
  • die Partei das Vorbringen in der ersten Instanz nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hat.[2]

Eine solche Nachlässigkeit liegt vor, wenn eine Partei in besonders schwerwiegender Weise die Prozessförderungspflicht verletzt. Das ist der Fall, wenn sie gegen Verhaltenspflichten verstoßen hat, die von jeder Partei erwartet werden können.[3] Die Partei muss sich ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Eine grobe Nachlässigkeit liegt nicht vor, wenn dem Gericht selbst Fehler bei der Leitung des Prozesses unterlaufen sind und diese Fehler für das Unterbleiben des Vortrags zumindest mitursächlich sind.

 
Praxis-Beispiel

Unzureichendes Gebrauchmachen vom richterlichen Fragerecht

Das Vorbringen ist allerdings zwingend auszuschließen, wenn seine Berücksichtigung zu einer Verfahrensverzögerung führen würde oder die Partei das Unterbleiben ihres Vorbringens in der ersten Instanz nicht ausreichend entschuldigen kann.

[3] BVerfG, Beschluss v. 30.1.1985, 1 BvR 99/84.

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