Mit Blick auf die demografischen Herausforderungen und dem Konzept der Teilhabe müssen soziale Gruppen, die lange als "Randgruppen" in der Arbeitswelt betrachtet wurden, verstärkt in die Unternehmen eingebunden werden. Unternehmen, die ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und sich für diese Personen über das gesetzliche Maß hinaus engagieren, gelten zunehmend als besonders attraktive Arbeitgeber und werden von den Arbeitssuchenden bevorzugt. Die Vielfalt der Produkte und Dienstleistungen in der heutigen Konsumwelt ist auch nur dann möglich, wenn unter den Arbeitnehmenden eine entsprechende Vielfalt an Charakteren, Begabungen und Spezialisierungen vorhanden ist. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die Belegschaft in Unternehmen diese Vielfalt widerspiegeln.
Doch insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ist es schon aus finanziellen Gründen nicht einfach, für die gesamte gesellschaftliche Vielfalt auch die entsprechenden spezifischen Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die gesetzlichen Mindeststandards müssen aber in jedem Fall eingehalten werden. Dazu zählen in erster Linie die Sicherstellung eines Arbeitsumfeldes ohne Diskriminierung, gleichwertige Chancen im Bewerbungsprozess und die Schaffung barrierefreier Arbeitsplätze. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bildet dabei die wichtigste gesetzliche Grundlage.
Die Europäische Union (EU) hat 1992 das Verbot der Diskriminierung u. a. aufgrund von Merkmalen, wie Alter, Geschlecht, Behinderung, ethnischer und staatlicher Zugehörigkeit, Rasse und Hautfarbe sowie Religion und Weltanschauung, zum allgemeinen Grundsatz des EU-Vertrags erhoben. In Deutschland wurde dieser Grundsatz in Form des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) – umgangssprachlich "Antidiskriminierungsgesetz" – im Jahr 2006 umgesetzt.
Das Gesetz unterscheidet folgende diskriminierende Tatbestände:
- unmittelbare Benachteiligung,
- mittelbare Benachteiligung,
- Belästigung,
- sexuelle Belästigung,
- Anweisung zur Benachteiligung.
Unmittelbare und mittelbare Benachteiligung: Grundsätzlich sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen unzulässig. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines Grundes in besonderer Weise benachteiligen. Sie liegt vor, wenn eine Regelung zwar nicht an ein bestimmtes Merkmal anknüpft, aber dennoch Personen mit geschützten Merkmalen in besonderer Weise benachteiligt werden, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre.
Mittelbare Benachteiligung
Eine tarifliche Regelung sieht vor, dass Pilotinnen und Piloten mindestens 1,65 m groß sein müssen. Die Anforderungen an die Körpergröße sind aber aus sicherheitstechnischen Gründen nicht erforderlich. Statistisch gesehen gibt es mehr Frauen als Männer, die diese Mindestkörpergröße nicht erfüllen. Die Regelung knüpft zwar nicht unmittelbar an das Geschlecht an, wirkt sich aber besonders nachteilig auf Frauen aus. Da also kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für diese Schlechterstellung besteht, liegt eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vor.
Eine unmittelbare Diskriminierung liegt dagegen vor, wenn eine Person in einer gegebenen Situation eine schlechtere Behandlung erfährt als eine andere Person.
Unmittelbare Benachteiligung
Eine Frau ist die einzige weibliche Beschäftigte im Managementteam eines Unternehmens. Sie verdient 40 % weniger als ihre männlichen Kollegen, genauso viel wie die Männer der unteren Führungsebene, die ihr unterstellt sind.
Zulässige unterschiedliche Behandlung: Eine unterschiedliche Behandlung wegen der beruflichen Tätigkeiten ist nur erlaubt, wenn die besonderen Anforderungen, die die Tätigkeit verlangt, wesentlich und entscheidend sind.
Zulässige unterschiedliche Behandlung
Ein Verein bietet Beratung für Migrantinnen aus bestimmten Herkunftsländern an. Um eine Vertrauensbasis zu schaffen, ist es sinnvoll, wenn die Beratung durch Frauen aus dem gleichen Kulturkreis erfolgt. Für diese Tätigkeit kann es daher zulässig sein, Frauen mit einer bestimmten ethnischen Herkunft einzustellen, da das Geschlecht und die ethnische Herkunft hier wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen sind.
Sowohl privatwirtschaftlichen als auch öffentlich-rechtlichen/staatlichen Unternehmen und Organisationen ist es dagegen i. d. R. nicht gestattet, bei der Auswahl von Stellenbewerbern eine Auswahl aufgrund der eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugung zu treffen. So dürfen beispielsweise Bewerberinnen nicht deshalb abgelehnt werden, weil sie ein Kopftuch tragen. Selbst kirchliche Organisationen (Beispiel Caritas) sind in ihrer Handhabung weitgehend dazu übergegangen, auf eine Selektion aufgrund kultureller-konfessioneller Gründe zu verzichten.
Ausschreibung von Stellen: Ein Unternehmen ist verpflichtet, Stellenausschreibungen diskriminierungsfrei zu formulieren. Allerdings darf inhaltlich weiterhin die für die Bewerbung passende Zielgruppe ange...