OFD Magdeburg, Verfügung v. 12.11.2002, S 2755 - 1 - St 216
1. Wirtschaftliche Bedeutung der Aufsichtsratsvergütungen
Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden. Sie kann in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden und soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen (§ 113 Abs. 1 AktG).
Einen Aufsichtsrat zu bestellen haben grundsätzlich die AG und KGAa (§§ 95 ff. AktG), die GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern (§§ 95 ff. AktG bzw. § 77 BVG) sowie Genossenschaften (§§ 36 ff. GenG).
Aufgrund des Gesellschaftsvertrags kann die Kontrollbefugnis auch auf ein anderes Gesellschaftsorgan, z.B. auf einen Beirat, übertragen werden.
Das am 1.5.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) hat die Tätigkeit des Aufsichtsrats aufgewertet.
Das hat inzwischen auch die Höhe der Vergütung für Aufsichtsräte beeinflusst und eine großzügige Auslegung des Begriffs der Angemessenheit dieser Vergütung i.S.d. Aktienrechts zur Folge gehabt.
2. Ertragsteuerliche Behandlung der Aufsichtsratsvergütung
2.1 Ebene der beaufsichtigten Körperschaft
Die an die Überwachungsorgane von Körperschaften gezahlten Vergütungen stellen an sich nach § 4 Abs. 4 EStG Betriebsausgaben dar. Die Vorschrift des § 10 Nr. 4 KStG beschränkt deren Abziehbarkeit allerdings auf die Hälfte.
Das Abzugsverbot gilt für alle Körperschaften, die Vergütungen an Mitglieder ihres Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands oder an andere mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen gewährt. Das gilt neben Kapitalgesellschaften auch für Genossenschaften, Vereine, Stiftungen, Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (insbesondere bei Sparkassen), für Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG sowie für einen sog. Werksausschuss eines Eigenbetriebs einer Kommune. Die Aufzählung im Gesetz ist nur beispielhaft. Entscheidend für die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG ist, dass der Empfänger der Vergütung eine Überwachungsfunktion über die Geschäftsführung ausübt.
Folgende Merkmale stehen einer Überwachungsfunktion nicht entgegen:
- die Tätigkeit der Überwachung stellt zwar eine wesentliche Aufgabe dar, ist aber nicht auf diese beschränkt,
- Überwachungstätigkeit muss nicht tatsächlich ausgeübt werden,
- in welcher Eigenschaft oder in wessen Interesse das Aufsichtsratsmitglied tätig wird, ist unerheblich,
- das Aufsichtsratsmitglied nimmt nicht nur eine ausschließlich beratende Funktion ein.
Dagegen sind folgende Vergütungen keine Zahlungen für Aufsichtsratstätigkeiten i.S.d. § 10 Nr. 4 KStG:
- für reine Repräsentationsaufgaben,
- an ehemalige Aufsichtsratsmitglieder für beratende Tätigkeiten,
- für eine Doppelfunktion (z.B. Aufsichtsratsmitglied ist sowohl Mitglied der Geschäftsführung als auch in einem sog. Kreditausschuss),
- für Tätigkeiten an Aufsichtsratsmitglieder, die neben dem Aufsichtsrat auch noch als Sachverständige zur weiteren Kontrollfunktion beauftragt werden.
Übt das Aufsichtsratsmitglied neben der Überwachungsfunktion noch eine andere, nicht unter das Abzugsverbot des § 10 Nr. 4 KStG gehörende Tätigkeit aus, ist eine Aufteilung der Vergütung nicht zulässig. Liegt diese andere Tätigkeit allerdings außerhalb der Überwachungsarbeiten eines Aufsichtsrates und wird diese gesondert vereinbart und vergütet, ist diese Vergütung voll abzugsfähig.
Zu den Aufsichtsratsvergütungen gehören einmalige oder laufende Vergütungen, Sitzungs- sowie Tagegelder, Reisegelder und Aufwandsentschädigungen. Aber auch geldwerte Vorteile zählen dazu, wie freie Wohnung, Kost und Unterbringung, unentgeltliche Pkw-Überlassung oder Beitragszahlungen zur Altersversorgung.
§ 10 Nr. 4 KStG findet keine Anwendung auf Erstattung der tatsächlichen Kosten wie Fahrt- und Übernachtungskosten oder der Verpflegungsmehraufwendungen, wenn diese Erstattungen neben der Aufsichtsratsvergütung erfolgen.
Ist das Aufsichtsratsmitglied Unternehmer (vgl. Tz. 3), ist bei der Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG das Folgende zu beachten:
Ist die Umsatzsteuer des Aufsichtsratsmitglieds bei der Körperschaft als Vorsteuer abzugsfähig, ist nur die Hälfte des Nettobetrags der Vergütung (ohne Umsatzsteuer) gem. § 10 Nr. 4 KStG hinzuzurechnen (Abschn. 45 Abs. 2 Satz 1 KStR 1995).
Ist die Körperschaft nicht oder nur teilweise vorsteuerabzugsberechtigt, ist außerdem die Hälfte der gesamten oder der den Vorsteuerabzug übersteigenden Umsatzsteuer hinzuzurechnen.
In den übrigen Fällen ist stets die Hälfte des Gesamtbetrags der Aufsichtsratsvergütung (einschließlich Umsatzsteuer) nach § 10 Nr. 4 KStG hinzuzurechnen.
Rückzahlungen von Aufsichtsratsvergütungen sind im Umkehrschluss aus § 10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte als steuerpflichtige Betriebseinnahme anzusetzen.
2.2 Steuerliche Behandlung beim Empfänger einer Aufsichtsratsvergütung
Beim Empfänger stellt die Aufsichtsratsvergütung in vollem Umfang Einnahmen aus selbstständiger Arbeit i.S....