3.5.1 Kooperation mit den Aufsichtspersonen, § 20 SGB VII
§ 20 Abs. 3 SGB VII verpflichtet die Aufsichtspersonen (Mitarbeiter der Berufsgenossenschaften) zu einer engen Kooperation mit den Betriebsräten (genauer geregelt in der "Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung mit den Betriebsvertretungen" v. 28.11.1977, BAnz Nr. 225 v. 2.12.1977). Diese Zusammenarbeit bezieht sich auf Betriebsbesichtigungen, Unfalluntersuchungen und Besprechungen zu Fragen des Arbeitsschutzes. In diesen Fällen ist ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen, mindestens jedoch von dem entsprechenden Termin in Kenntnis zu setzen:
Besichtigungs- oder Besprechungstermine
Ist der Betriebsrat über einen entsprechenden Termin informiert und nimmt trotzdem nicht daran teil, so hat dieses keine rechtlichen Folgen. Wird anlässlich eines solchen Termins eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme veranlasst, so ist der Betriebsrat erneut zu beteiligen, anderenfalls kann diese nicht wirksam werden.
Der Betriebsrat kann, falls er den Eindruck hat, dass bei der Berufsgenossenschaft von seiner Existenz nichts bekannt ist, diese eigenständig darauf aufmerksam machen. Die Berufsgenossenschaft wiederum kann zu Terminen im jeweiligen Betrieb den Betriebsrat eigenständig einladen, ohne den Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen.
3.5.2 Mitbestimmung und Mitwirkung bei der Bestellung des Sicherheitsbeauftragten
In Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten muss der Unternehmer nach § 22 SGB VII Sicherheitsbeauftragte bestellen. Diese sollen den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten unterstützen, sich vom Vorhandensein der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren aufmerksam machen. Im Jahr 2014 wurde bei den Unfallversicherungsträgern die neue DGUV V1 in Kraft gesetzt, die in § 20 Abs. 1 eine über die Vorschrift des § 22 SGB VII hinausgehende Regelung hinsichtlich der Zahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten enthält. Diese Regelung ist mit einer Vielzahl unbestimmter und auslegungsfähiger Rechtsbegriffe versehen, die in der betrieblichen Praxis eine umfängliche Prüfung der Zahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten nach sich ziehen wird.
§ 22 Abs. 1 SGB VII gewährte dem Betriebsrat bislang lediglich ein Mitwirkungsrecht bei der Bestellung dieser Sicherheitsbeauftragten. Mitwirkung ist ein weniger weitgehendes Recht als die Mitbestimmung (siehe Abschn. 2.1.1), d. h., dass der Betriebsrat einer solchen Bestellung nicht widersprechen kann (was in der Rechtsprechung bereits umstritten war). Im Rahmen der Mitwirkung ist der Betriebsrat grundsätzlich vor der Bestellung eingehend anzuhören, wobei das Ziel dieser Anhörung eine gemeinsame Verständigung auf eine bestimmte Person sein sollte. Mit der Rechtsprechung des BAG, insbesondere nach dem Beschluss v. 18.3.2014 (1 ABR 73/12), in dem es um die Frage ging, wie der Arbeitgeber den Arbeitsschutz organisieren soll, hat das Gericht dem Arbeitgeber auferlegt, den Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitbestimmen zu lassen, wenn es sich bei einer konkreten Maßnahme des Arbeitgebers um eine Konkretisierung einer im Gesetz nicht näher bestimmten Arbeitsschutzorganisationsmaßnahme handelt. Das Gesetz bestimme nach dieser Entscheidung lediglich den Rahmen, den der Arbeitgeber ausfüllt. Das wiederum ist mitbestimmungspflichtig. Die Regelung der Bestellung des Sicherheitsbeauftragten in § 20 Abs. 1 DGUV V1 ist exakt eine solche Regelung: Vorgegeben werden sehr allgemein formulierte Rahmenbedingungen, nach denen der Arbeitgeber nun die Zahl der Sicherheitsbeauftragten festzulegen hat. Dieser Schritt ist also mitbestimmungspflichtig, während die konkrete Bestellung des Sicherheitsbeauftragten selbst (= die Auswahl der Person und die Berufung) auch weiterhin nur mitwirkungspflichtig bleibt.
Zusatzentlohnung von Sicherheitsbeauftragten
Der "Sicherheitsbeauftragte" ist oftmals ein "Titel ohne Mittel". Dementsprechend ist die Bereitschaft von Mitarbeitern, diese zusätzliche Verpflichtung zu übernehmen, oft gering. Arbeitgeber und Betriebsrat können deswegen, z. B. im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung, eine Zusatzentlohnung vereinbaren (das Bundessozialgericht (BSGE 37, 262) regt diese als zusätzlichen Anreiz sogar an).
3.5.3 Unfallmeldungen
Nach § 193 SGB VII muss der Arbeitgeber Unfälle, die tödlich enden oder eine mehr als dreitägige Arbeitsunfähigkeit verursachen, der Berufsgenossenschaft melden. Diese Meldung muss vom Betriebsrat gegengezeichnet sein.
Für die Unfallmeldung muss der Arbeitgeber ein Meldeformular verwenden, das die Gegenzeichnung durch den Betriebsrat bereits vorsieht. Dem Betriebsrat muss eine Kopie der Unfallmeldung überlassen werden, die er für eigene Zwecke auswerten kann (z. B. Unfallstatistik).
Ist das Meldeformular nicht vom Betriebsrat gegengezeichnet, obwohl ein Betriebsrat im Unternehmen existiert, kann die Berufsgenossenschaft das Meldeformular eigenständig an den Betriebsrat zur Kenntnisnahme und Gegen...