Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein möchten, müssen alle Leistungsreserven heben, die im Betrieb vorhanden sind. Schließlich gilt es, neue Umsätze zu erschließen, die Produktivität zu steigern, Kosten zu sparen, Abläufe oder die Qualität zu verbessern.
Der zentrale Erfolgsfaktor bei der Erreichung dieser Ziele sind die Mitarbeiter. Allerdings nutzen vor allem mittelständische Unternehmen bisher überwiegend nur die "normale" Arbeitsleistung der Beschäftigten. Das darüber hinaus gehende Ideen- und Kreativitätspotenzial, das in nahezu jedem Mitarbeiter steckt, wird häufig nicht erschlossen. Anders als große Unternehmen setzen kleine Betriebe nur selten Instrumente wie z. B. kontinuierliche Verbesserungsprozesse oder Kaizen (eine Methode aus Japan, die nach kontinuierlicher Verbesserung sucht) ein. Der Aufwand, um Verbesserungen zu erreichen, scheint zumindest für kleine Firmen recht hoch.
Um das Kreativpotenzial der Mitarbeiter dennoch zu erschließen, genügt es in kleinen und mittelständischen Betrieben meist ein einfaches betriebliches Vorschlagswesen (BVW) einzuführen. Auf den Einsatz weiterer Instrumente kann dann verzichtet werden. Das BVW kann man durchaus als "Sammelbecken" für Ideen und Vorschläge von Mitarbeitern verstehen, die diesen z. B. am Arbeitsplatz oder in ihrer Freizeit einfallen. Das betriebliche Vorschlagwesen hat die Aufgaben Ideen zu sammeln und soll gleichzeitig regeln, wie eingebrachte Ideen bewertet und entlohnt werden sollen. Gerade auch die Belohnung ist von Bedeutung, um die Mitarbeiter dazu zu motivieren, neue Ideen und Verbesserungsvorschläge zu formulieren.
Unternehmen, die ein Vorschlagswesen oder andere Methoden zur Ideenfindung nutzen, profitieren unter anderem von folgenden Vorteilen:
- neue Erfolgspotenziale zu erschließen: bei Produkten, Leistungen, Kunden, Märkten
- Kosten zu reduzieren
- Abläufe zu verbessern und beispielsweise die Bearbeitungsdauer von Aufträgen reduzieren
- Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu steigern
- höhere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, da diese die Chance haben, an der Entwicklung des Betriebes aktiv mitzuwirken und gesteigerte Identifikation mit dem Betrieb und Förderung abteilungs-/bereichsübergreifender Zusammenarbeit, vor allem, wenn das Engagement der Mitarbeiter ehrlich anerkannt wird
Neben den Vorteilen gibt es natürlich auch Nachteile, die man im Unternehmen berücksichtigen muss:
- Arbeitsaufwand vor allem für die Schaffung der Strukturen und die Einführung eines Vorschlagswesens
- kontinuierlicher Organisations-, Koordinations- und Kommunikationsaufwand
- Fach- und Führungskräfte tendieren häufig dazu, Vorschläge von Mitarbeitern als direkte Kritik an der eigenen Person zu sehen und unterstützen die Vorschläge nur bedingt oder blockieren sie sogar
- zu hohe Erwartungen der Mitarbeiter an die Prämierung von Vorschlägen
- vor allem zu Beginn oft großes Misstrauen der Beschäftigten, weil diese u. a. befürchten, dass Einsparungen zu ihren Lasten vorgenommen werden sollen
- Potenziell möglicher Missbrauch des Vorschlagswesens, weil lediglich formell richtige, aber keine echten Vorschläge eingebracht werden. Diese Form von Missbrauch ist öfter zu beobachten, wenn Mitarbeiter demotiviert oder vom tatsächlichen Nutzen des Vorschlagswesens nicht überzeugt sind. Das kann der Fall sein, wenn sie z. B. feststellen, dass eingereichte Vorschläge nicht oder nur nach sehr langer Zeit bearbeitet und meist negativ bewertet werden.
- Tendenz zur "Rosinenpickerei", wenn Beschäftigte vor allem Vorschläge einreichen, mit denen sie hohe Prämien erzielen können oder erwarten
Die Praxis zeigt, dass der Nutzen des Vorschlagwesens im Kern überwiegt und dass Unternehmen von einem funktionierenden Vorschlagswesen profitieren. Voraussetzung ist, dass Geschäftsleitung oder Inhaber zu 100 % hinter dem Vorhaben stehen und die Beteiligten bei ihrem Vorhaben unterstützen. Dazu gehört auch, die Beschäftigten zu motivieren, Ideen zu beschreiben und sie bewerten zu lassen.
Vielen Nachteilen kann die Geschäftsleitung entgegenwirken, indem sie offen mit den Mitarbeitern spricht und ihnen auch mehrmals und anhand von Beispielen Ziele und Zweck erläutert. Nützlich ist zudem die Konzeption eines kurzen Leitfadens und einer FAQ-Liste, mit deren Hilfe sich Mitarbeiter informieren können, z. B. über das Intranet. Ist die Unterstützung nicht vorhanden oder erfolgt sie nur halbherzig, sollten Unternehmen besser auf das Instrument verzichten, weil dem Aufwand nur ein geringer Nutzen gegenüberstünde.
Vorschlagswesen als Agendapunkt in Zielvereinbarungen
Wenn Sie in Ihrem Betrieb mit Zielvereinbarungen arbeiten, sollten Sie überlegen, ob Sie das Vorschlagswesen in die Zielvereinbarungen mit einbeziehen, etwa in der Form, dass jeder Mitarbeiter pro Jahr eine Mindestzahl an prämierten Ideen einreichen muss. Damit fördern Sie als Vorgesetzter das Engagement ihrer Mitarbeiter.