Wegen des Vorrangs rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen in Arbeitsverträgen hat die arbeitsrechtliche Verschwiegenheitspflicht auch nach dem Inkrafttreten des GeschGehG eine besondere Bedeutung. Aus arbeitsrechtlicher Sicht werden als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.
Betriebsgeheimnisse umfassen dabei im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen, wobei beides auch miteinander verbunden sein kann.
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Offenkundig ist, was sich jeder Interessierte ohne besondere Mühe zur Kenntnis beschaffen kann.
Grundlage der Verschwiegenheitspflicht
Die Verschwiegenheitspflicht kann ihre Grundlage in einer arbeitsvertraglichen Regelung haben. Aber auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Arbeitsvertrag stellt die Verschwiegenheitspflicht eine Nebenpflicht des Arbeitsvertrags dar, die unbedingt einzuhalten ist.
Auch bei Auftragsverhältnissen oder Verträgen eigener Art (sui generis) kann die Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Auftraggeber bzw. Betriebsinhaber nicht nur eine Nebenpflicht des Vertrags darstellen, sondern je nach besonderer Bedeutung und Vertrauensstellung der Parteien u. U. sogar zum Bestandteil der Hauptpflichten aus § 662 BGB werden.
3.1 Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer ist während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in Bezug auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verpflichtet, jede Mitteilung an Dritte zu unterlassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihm das Geheimnis infolge des Arbeitsverhältnisses bekannt geworden ist oder ob er privat davon Kenntnis erlangt hat.
Für die Verletzung der arbeitsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer sie zum Zwecke des Wettbewerbs, aus Eigennutz oder in der Absicht macht, dem Arbeitgeber Schaden zuzufügen. Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung dieser Pflicht macht er sich schadensersatzpflichtig und kann u. U. entlassen werden.
3.2 Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Auch ohne einen ausdrücklichen Geheimhaltungsvertrag kann die Nachwirkung des Arbeitsvertrags den Arbeitnehmer verpflichten, Betriebsgeheimnisse und Geschäftsgeheimnisse weiter zu wahren. Auch hat der Arbeitnehmer selbst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Diensterfindung so lange geheim zu halten, wie sie nicht frei geworden ist.
Ohne ein ausdrückliches Wettbewerbsverbot ist der Arbeitnehmer allerdings nicht daran gehindert, die Kunden des ehemaligen Arbeitgebers zu umwerben.
Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer daran hindern, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Betriebsgeheimnis zu verwerten, kann er eine entsprechende Vereinbarung treffen.
3.3 Betriebsräte, Aufsichtsräte, leitende Angestellte
Mitglieder von Betriebsräten, Aufsichtsräten und Sprecherausschüssen für leitende Angestellte sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Die Schweigepflicht gilt bei Betriebsratsmitgliedern nicht gegenüber Mitgliedern von anderen Betriebsverfassungsorganen und bei Mitgliedern von Sprecherausschüssen für leitende Angestellte nicht gegenüber Mitgliedern von Gesamt-, Unternehmens- oder Konzernsprecherausschüssen oder den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. Sie endet nie, gilt also auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat und aus dem Betrieb. Zuwiderhandlungen sind strafbar. Dasselbe gilt für Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Einigungsstelle usw.
3.4 Vertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung und Whistleblowing
Auch dann, wenn eine vertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung vereinbart ist, können die Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern aus dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) Anwendung finden.
Vorbehaltlich der Vorgaben des § 5 HinSchG dürfen Informationen, die einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, an eine zuständige Meldestelle weitergegeben oder unter den Voraussetzungen des § 32 HinSchG offengelegt werden, sofern
- die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Weitergabe oder die Offenlegung des Inhalts dieser Informationen notwendig ist, um einen Verstoß aufzudecken, und
- die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 erfüllt sind, also die hinweisgebende Person davon ausgehen durfte, dass die betreffenden Infor...