Die Entscheidungen in versicherungs-, beitrags- und melderechtlicher Hinsicht werden im Allgemeinen durch den Arbeitgeber vorgenommen. Der Arbeitgeber ist dazu nach ständiger Rechtsprechung gehalten, sich jeweils zum Fälligkeitstag Klarheit über die sozialversicherungsrechtliche Behandlung der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer bzw. der fälligen Abgaben zu verschaffen und diese bei den Einzugsstellen mittels Beitragsnachweis anzuzeigen.
7.1 Prüfungsschwerpunkte Versicherungspflicht
Prüfungsschwerpunkte sind nicht nur die versicherungspflichtig gemeldeten Arbeitnehmer, sondern insbesondere
- Gesellschafter
- freie Mitarbeiter und Honorarkräfte,
- Sub-/Nachunternehmer,
- mitarbeitende Familienangehörige und Lebenspartner,
- Leiharbeitnehmer,
- flexible Arbeitszeitregelungen/Altersteilzeitfälle,
- Fälle der Einstrahlung/Ausstrahlung/Entsendung
- geringfügig/kurzfristig Beschäftigte einschließlich Abrufarbeitsverhältnisse
- Studenten, Praktikanten, Schüler, Rentenbezieher, Beamte und beamtenähnliche Personen, Arbeitnehmer nach Vollendung des Regelrentenalters, Befreiung von der Versicherungspflicht,
- unständig Beschäftigte und
- alle Tatbestände der illegalen Beschäftigung und Schwarzarbeit
7.2 Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status
7.2.1 Entscheidungen außerhalb von Betriebsprüfungen durch die Einzugsstelle
Für verbindliche Entscheidungen in allen sozialversicherungsrechtlichen Belangen in Zusammenhang mit den Beschäftigungsverhältnissen sind außerhalb von Betriebsprüfungen ausschließlich die Krankenkassen zuständig. Dies gilt auch, wenn nur die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe zu einem Zweig der Sozialversicherung zu entscheiden ist. Verbindliche Entscheidungen können nur von der zuständigen Krankenkasse getroffen werden, bei der der Arbeitnehmer versichert ist bzw. bei der er zuletzt versichert war. War der Arbeitnehmer noch nie bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, kann die zuständige Krankenkasse frei gewählt werden.
In Einzelfällen ist auch der Rentenversicherungsträger verpflichtet, die Arbeitgeber bei der Aufklärung von Sachverhalten zu unterstützen, damit diese ihren Pflichten ordnungsgemäß nachkommen können. Dies ist jedoch auf allgemeine Informationen zu versicherungsrechtlichen, melderechtlichen und beitragsrechtlichen Rechten und Pflichten begrenzt.
7.2.2 Statusentscheidungen
Die Beteiligten (Auftraggeber/Arbeitgeber bzw. Auftragnehmer/Arbeitnehmer) können schriftlich eine Statusfeststellung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt. Hierfür ist bundesweit die Clearingstelle der DRV Bund zuständig.
Das Statusanfrageverfahren ist nur außerhalb von Betriebsprüfungen zulässig. Hat der Rentenversicherungsträger zum Zeitpunkt der Statusanfrage bereits eine Betriebsprüfung schriftlich angekündigt, erfolgen Statusentscheidungen ausschließlich im Rahmen der Betriebsprüfung.
Beginn der Versicherungspflicht bei Statusfeststellungen
Wird der Antrag auf Statusfeststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt, tritt die Versicherungspflicht unter den Voraussetzungen von § 7a Abs. 6 SGB IV erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein. Dagegen beginnt die Versicherungspflicht stets rückwirkend ab Beginn der Beschäftigung, sofern die Entscheidung erst im Rahmen einer Betriebsprüfung gefällt wird.
Prognoseentscheidungen, Gruppenfeststellungen & Antragsrecht Dritter
Seit April 2022 entscheidet die Clearingstelle nur noch über den Erwerbsstatus (Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit) und nicht mehr über die Feststellung der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung (Elementenfeststellung). Seither ist es zusätzlich möglich, Prognoseentscheidungen oder gutachterliche Gruppenfeststellungen zu beantragen. Wenn in einem Vertragsverhältnis drei Parteien involviert sind, wird auch die dritte Partei ein eigenes Antragsrecht haben. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens können die Beteiligten nach Einreichen des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen. Die vier neuen Instrumente – Prognoseentscheidung, Gruppenfeststellung, Antragsrecht Dritter und mündliche Anhörung – sind bis zum 30.6.2027 zeitlich begrenzt.
7.2.3 Leistungsrechtliche Bindung der Bundesagentur für Arbeit
Die Bundesagentur für Arbeit ist an die von der Clearingstelle der DRV Bund mittels rechtskräftigem Verwaltungsakt getroffenen Entscheidungen leistungsrechtlich gebunden. Sie ist für Entscheidungen zur Beurteilung der Versicherungspflicht/-freiheit von Beschäftigungen nicht zuständig. Dies gilt auch für Entscheidungen im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV(GR v. 13.4.2010).
7.2.4 Entscheidungen im Rahmen der Betriebsprüfung
Die Träger der Rentenversicherung sind im Rahmen ihrer Betriebsprüfungen berechtigt und verpflichtet, alle im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsbeitrag und der Künstlersozialabgabe sowie den Meldepflichten stehenden Sachverhalte zu prüfen, zu beurteilen und zu entscheiden. Sie erlassen die entsprechenden Bescheide einschließlich der Widerspruchsbescheide und sind vor den Sozialgerichten aktiv legitimiert. Beanstandungen zu unfallversicherungsrechtlichen Sachve...