Prof. Dr. Michael Worzalla
5.1 Die Monatsfrist
In § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ist eine Frist von einem Monat zur Ausübung des Widerspruchsrechts vorgesehen. Die Frist beginnt mit Zugang der Unterrichtung in Textform nach § 613a Abs. 5 BGB. Die Frist beginnt somit zu laufen, wenn dem Arbeitnehmer die Unterrichtung nach Abs. 5 im Sinne des § 130 BGB zugegangen ist .
Erfolgt die Unterrichtung durch einen der beteiligten Arbeitgeber schon einige Zeit vor dem Übergang des Betriebs, kann der Arbeitnehmer mit der Ausübung des Widerspruchsrechts nicht bis zum Zeitpunkt des Übergangs warten. Er muss das Widerspruchsrecht nach Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB innerhalb eines Monats ausüben. Sein schriftlicher Widerspruch muss dem bisherigen Arbeitgeber oder dem Betriebserwerber innerhalb der Monatsfrist nach § 130 BGB zugehen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Zeitpunkt des Zugangs trägt im Streitfall der Arbeitnehmer, der sich auf den wirksamen Widerspruch beruft.
Die Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB beginnt nur dann zu laufen, wenn der Arbeitnehmer über den Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 1 BGB ordnungsgemäß unterrichtet worden ist.
In Fällen ausgebliebener oder unzureichender Information nach § 613a Abs. 5 BGB muss der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht erst dann ausüben, wenn er nachträglich ordnungsgemäß unterrichtet worden ist. Das kann auch nach erfolgtem Betriebs(teil-)übergang der Fall sein. Ihm ist vom Zeitpunkt der nachgeholten oder erneuten Unterrichtung eine neue Monatsfrist einzuräumen.
5.2 Verwirkung des Widerspruchsrechts
Auch wenn die Information gemäß § 613a Abs. 5 BGB nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, besteht das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB jedoch nicht unbegrenzt. Das Widerspruchsrecht kann nach der Rechtsprechung des BAG wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Dies hat das BAG auch nach Inkrafttreten des § 613a Abs. 6 BGB bestätigt. Den Eintritt der Verwirkung ab einem bestimmten Zeitablauf lehnt das BAG ab, nimmt das aber für eine Frist von mehr als 2 Jahren häufig an, ggf. auch schon nach 5 Monaten ab Ablauf der Widerspruchsfrist. Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls.
Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst mit der zutreffenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen oder mit der Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung. Grundsätzlich beginnt sie mit der fehlerhaften Unterrichtung. Für die Feststellung der Verwirkung muss darüber hinaus eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden.
Denn neben dem Zeitmoment muss jedenfalls ein Umstandsmoment eintreten, das ein besonderes Vertrauen des Arbeitgebers begründet, dass das Widerspruchsrecht nicht mehr ausgeübt wird. Ohne ein solches Umstandsmoment tritt Verwirkung nicht ein. Die Länge des Zeitablaufs ist in Wechselwirkung zu dem erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je gewichtiger das Umstandsmoment ist, d. h., das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Das gilt auch umgekehrt.
Die bloße Weiterarbeit beim Erwerber begründet kein Umstandsmoment. In einem solchen Fall endet das Widerspruchsrecht nach 7 Jahren.
- Ein Umstandsmoment kann z. B. die Inanspruchnahme des Betriebserwerbers im Rahmen der Nachhaftung sein.
- Nicht ausreichend für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts durch den Arbeitnehmer ist, dass er gegen eine Kündigung des Betriebserwerbers nach Betriebsübergang Kündigungsschutzklage erhebt. Dadurch wahrt der Arbeitnehmer nur sein Interesse, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Regelung des § 7 KSchG geltend zu machen. Er begründet damit kein berechtigtes Vertrauen, er werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben, sondern akzeptiere den Betriebserwerber als neuen Arbeitgeber.
- Nicht ausreichend ist aufseiten des Arbeitnehmers die Annahme der Vergütung, einer Jubiläumszahlung, einer Gehaltserhöhung oder Beförderung durch den Erwerber.
- Einen Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts rechtfertigen kann, kann es darstellen, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert, dass er mit dem Betriebserwerber einen Aufhebungsvertrag abschließt, eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift oder sein zunächst nachhaltig bekundetes Interesse an der Aufrechterhaltung seines Arbeitsverhältnisses im Wege eines Beendigungsvergleichs aufgibt und im Gegenzug einen Anspruch auf eine überplanmäßige Abfindung akzeptiert, bzw. eine Abfindung gezahlt wird, die den gesamten Bestand des Arbeitsverhältnisses, auch der Zeit beim Betriebsveräußerer berücksichtigt. Das gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer eine Eigenkündig...