Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldschädliche Einkünfte und Bezüge
Leitsatz (NV)
- Der Begriff der "Einkünfte" in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht im Streitjahr 1998 der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG sowie dem Begriff der "Einkünfte" i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG und des § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG (Bestätigung der Rspr.).
- Für den VZ 1998 entspricht der Jahresgrenzbetrag mit Einkünften und Bezügen von 12.360,00 DM sowohl nach der Art der gewählten Bemessungsgrundlage, als auch nach der Höhe verfassungsrechtlichen Anforderungen.
- Das Fehlen einer gleitenden Übergangsregelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 33a Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (EFG 1999, 713) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog bis einschließlich Dezember 1997 für ihren 1979 geborenen Sohn (S) Kindergeld. S befand sich seit dem 1. August 1997 in einer Ausbildung zum Industriemechaniker. Er erhielt im ersten Ausbildungsjahr (1. August 1997 bis 31. Juli 1998) eine Ausbildungsvergütung von 1 090 DM/Monat und im zweiten Ausbildungsjahr von 1 148 DM/Monat. Dazu kamen jährlich je 50 v.H. der monatlichen Vergütung als Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Arbeitsamt ―Familienkasse―) ermittelte für das Jahr 1998 Bruttobezüge des S in Höhe von 14 489 DM und nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von 2 000 DM Einkünfte in Höhe von 12 489 DM, so dass die Einkünfte des S um 129 DM über dem im Streitjahr maßgeblichen Jahresgrenzbetrag von 12 360 DM lagen. Die Familienkasse setzte daraufhin das Kindergeld ab 1. Januar 1998 auf 0 DM fest.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 713 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die endgültigen Einkünfte und Bezüge des S betrügen für das Streitjahr 13 127 DM, so dass die entscheidende Einkommensgrenze tatsächlich um einen Betrag von 767 DM überschritten werde. Der Betrag von 129 DM beruhe auf einer ursprünglich vorzunehmenden Schätzung. Der zustehende jährliche Kindergeldanspruch in Höhe von 2 640 DM dürfe wegen der aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotenen Härteregelung nur um den die Einkünfte-/Bezügegrenze überschreitenden Betrag von 767 DM gekürzt werden, so dass ein Kindergeld in Höhe von 1 873 DM verbleibe. Erst wenn der Anspruch auf Kindergeld verbraucht sei, werde eine Gleichstellung innerhalb der Familie erreicht. Ohne Härteregelung entstehe den betroffenen Familien ein finanzieller Schaden, denn die starre Grenze führe dazu, dass eine finanzielle Reduzierung ―auch innerhalb des Existenzminimums― eintrete. Die gebotene Förderung der Familie dürfe nicht abrupt enden. Bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit müsse der Staat den Unterhaltsaufwand für Kinder, der auch die Ausbildungskosten umfasse, in dem Umfang als besteuerbares Einkommen außer Betracht lassen, in dem dieses zur Gewährleistung des Existenzminimums des Kindes erforderlich sei (wird ausgeführt). Einkünfte und Bezüge des Kindes unterhalb der Existenzminimumsgrenze könnten aber nicht auf das Einkommen der Eltern angerechnet werden; dies sei verfassungswidrig.
Darüber hinaus sei fraglich, wie die kindergeldschädliche Einkommensgrenze zu ermitteln sei. Unter Bezugnahme auf das Urteil des FG Niedersachsen vom 20. Juli 1999 VII 471/98 Ki (EFG 1999, 1137) müsse sich der Grenzbetrag an dem einkommensteuerfreien Existenzminimum orientieren, das sich seinerseits an dem zu versteuernden Einkommen ausrichte.
Die Klägerin beantragt,
den Kindergeldbescheid vom 23. Oktober 1997, die Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 1998 sowie das Urteil des Niedersächsischen FG vom 4. Februar 1999 V 111/98 Ki aufzuheben, soweit das Urteil dem Klageantrag nicht entspricht, um die Festsetzung des beantragten Kindergeldes für 1998 sicherzustellen.
Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Im Steuerrecht seien starre Einkommensgrenzen und Pauschalierungen allgemein üblich. Bei der Gestaltung der Einkommensgrenze für volljährige Kinder habe der Gesetzgeber einen relativ weiten Gestaltungsspielraum. Wann das Existenzminimum des Kindes durch eigene Einnahmen gedeckt und die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern dadurch nicht mehr belastet sei, sei vom Bundesverfassungsgericht nicht explizit umschrieben. Die hilfsweise Begründung der Klägerin, dass die Sonderausgaben zusätzlich zu den Werbungskosten abzuziehen seien, habe keine Grundlage im Einkommensteuergesetz (EStG).
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Fundstellen
Haufe-Index 674538 |
HFR 2002, 508 |