Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung von Zivildienst leistenden Kindern
Leitsatz (NV)
Es ist nicht mehr klärungsbedürftig, dass es verfassungsgemäß ist, dass Eltern für Kinder, die statt des Grundwehrdienstes Zivildienst leisten, keinen Kinderfreibetrag und kein Kindergeld erhalten.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1, Abs. 5 S. 1 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12a; WSG § 1 Abs. 1; SozDiG § 1 Abs. 1 Nr. 5
Gründe
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
Die Voraussetzungen der § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits mit Beschluss vom 4. Juli 2001 VI B 176/00 (BFHE 196, 98, BStBl II 2001, 675) entschieden, es sei verfassungsgemäß, dass Eltern für Kinder, die ihren gesetzlichen Grundwehrdienst leisten, keinen Kinderfreibetrag und kein Kindergeld erhalten. Für Kinder, die statt des Grundwehrdienstes Zivildienst leisten, kann nichts anderes gelten (vgl. auch § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
Auch der Hinweis, in dem zitierten BFH-Beschluss sei die Verfassungsmäßigkeit des Umstandes, dass die Wehr- und Zivildienstleistenden nicht in den Katalog des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG aufgenommen worden seien, nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―) i.V.m. Art. 12a GG geprüft worden, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn es verstößt entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nicht gegen diese Vorschriften, dass Kinder, die ein freiwilliges soziales Jahr leisten, anders als die Wehr- und Zivildienstleistenden berücksichtigt worden sind.
Eine Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen durch das Gesetz kann nur dann verfassungswidrig sein, wenn sie vergleichbare Sachverhalte betrifft. Nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz sind Wehr- und Zivildienst einerseits und freiwilliges soziales Jahr andererseits in Bezug auf die steuerliche Berücksichtigung und das Kindergeld aber nicht vergleichbar. Denn im ersteren Fall besteht ein gesetzlich geregelter Vergütungsanspruch (§ 1 Abs. 1 des Wehrsoldgesetzes), während beim freiwilligen sozialen Jahr nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres in der für das Streitjahr 2001 gültigen Fassung den Helferinnen und Helfern vom Träger des freiwilligen sozialen Jahres nur Unterkunft, Verpflegung, Arbeitskleidung und ein angemessenes Taschengeld gewährt werden durften. Deshalb konnte der Gesetzgeber bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Katalog des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG typisierend von einer unterschiedlichen Bedürfnislage der betroffenen Personengruppen ausgehen. Dass die finanzielle Situation der beiden Personengruppen auch tatsächlich unterschiedlich ist, wird durch den eigenen Vortrag des Klägers belegt, wonach das Taschengeld während des freiwilligen sozialen Jahres für einen Zeitraum von 10 Monaten um insgesamt 2 820 DM niedriger gewesen sei als die Geldleistungen, die ein Zivildienstleistender im Vergleichszeitraum erhalten habe.
Da die unterschiedliche Behandlung der beiden Persongruppen durch das Gesetz schon aus den vorstehenden Gründen sachlich gerechtfertigt ist, kann offen bleiben, ob es ―wie der Beklagte und Beschwerdegegner meint― auch im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit gelegen hätte, das freiwillige soziale Jahr allein deshalb in den Katalog des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG aufzunehmen, um einen Anreiz für eine Entscheidung zugunsten eines derartigen Jahres zu schaffen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 959765 |
BFH/NV 2003, 1182 |