Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Europarechtmäßigkeit der § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG; verfassungsrechtliches Gebot der Zusammenveranlagung
Leitsatz (NV)
1. Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG europarechtlichen Vorgaben entsprechen.
2. Die Frage, ob Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG es gebieten, einen nicht unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen, der nur auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird, mit seiner nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen zu veranlagen, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
3. Das FG verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn es sich in den Urteilsgründen mit der Rüge, die Ablehnung der Zusammenveranlagung verstoße in seinem Fall gegen Art. 6 GG, in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich auseinander setzt.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2, § 26; FGO § 96 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 25.04.2007; Aktenzeichen 4 K 4725/05) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt die bloße Behauptung, eine Norm (hier: §§ 1 Abs. 3, 1a des Einkommensteuergesetzes --EStG--) sei verfassungswidrig, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, sofern diese nicht offenkundig ist. Vielmehr ist für die Darlegung eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. Januar 2005 VIII B 93/03, BFH/NV 2005, 894). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.
Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, weshalb Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) es gebieten sollen, einen mangels Wohnsitzes und gewöhnlichen Inlandsaufenthalts hier nicht unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen, der nur auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird, mit seiner nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehefrau, die zudem keine inländischen Einkünfte erzielt, zur Einkommensteuer zusammen zu veranlagen (§ 26 EStG). Er setzt sich ferner nicht mit der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung auseinander (Senatsurteil vom 22. Februar 2006 I R 60/05, BFHE 212, 468, BStBl II 2007, 106).
b) Der Kläger hat auch nicht hinreichend begründet, weshalb es grundsätzlich klärungsbedürftig sein soll, ob die Wesentlichkeitsgrenzen in § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG europarechtswidrig sein sollen.
Der in Belgien wohnhafte Kläger erzielt seine Einkünfte ausschließlich in Deutschland und wird in Deutschland auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Seine Ehefrau, die Beigeladene, erzielt ausschließlich in Belgien zu versteuernde Einkünfte, die sowohl die absolute (12 372 €) als auch die relative Wesentlichkeitsgrenze (10 v.H. des Welteinkommens) der §§ 1 Abs. 3, 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG übersteigen.
Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG europarechtlichen Vorgaben entsprechen. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat in seinem Urteil vom 14. September 1999 Rs. C-391/97 "Gschwind" (EuGHE I 1999, 5451) die Wesentlichkeitsgrenzen in § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich gebilligt. Dies hat der Senat durch Urteil vom 15. Mai 2002 I R 40/01 (BFHE 199, 224, BStBl II 2002, 660) nochmals bestätigt. Soweit der Kläger vorbringt, aus dem EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996 Rs. C-107/94 "Asscher" (EuGHE I 1996, 3089) ergebe sich trotz dieser Entscheidungen weiterer Klärungsbedarf, steht dem schon entgegen, dass dieses Urteil vor der Entscheidung "Gschwind" in EuGHE I 1999, 5451 ergangen ist, mit dem der EuGH die nationale Regelung bestätigt hat. Fragen, die der EuGH bei seiner Entscheidung möglicherweise nicht bedacht hat, können sich hieraus daher nicht ergeben.
2. Das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) nicht verletzt. Es hat sich zwar in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich mit dem Vorbringen des Klägers auseinander gesetzt, die Ablehnung der Zusammenveranlagung sei in seinem Fall mit Art. 6 GG nicht vereinbar. Es hat aber dieses Vorbringen in den Tatbestand seiner Entscheidung aufgenommen und damit zur Kenntnis genommen. Da die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm von Amts wegen zu erfolgen hat, das FG aber von einer Vorlage an das BVerfG abgesehen hat, folgt hieraus, dass es das Vorbringen des Klägers geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet hat. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 1839021 |
BFH/NV 2008, 205 |