Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Berücksichtungsfähigkeit von Zahlungen eines Ehegatten an den anderen Ehegatten aufgrund eines Arbeits- oder Mietverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Zahlungen eines Ehegatten an den anderen Ehegatten auf Grund eines Arbeits- oder eines Mietverhältnisses sind dann keine Betriebsausgaben des Arbeitgeber- oder Mieter-Ehegatten, wenn dieser das Gehalt an den Arbeitnehmer-Ehegatten oder die Miete an den Vermieter-Ehegatten auf ein Bankkonto überweist, über das jeder der beiden Ehegatten allein verfügungsberechtigt ist (Oder-Konto).
Orientierungssatz
1. Der Große Senat des BFH entscheidet in seiner Stammbesetzung darüber, welche Senate berechtigt sind, nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FGO einen weiteren Richter zu den Sitzungen des Großen Senats des BFH zu entsenden. Diese Entscheidung ist ohne mündliche Verhandlung zulässig. Über die weiteren Verfahrensfragen (hier u.a. Absehen von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 1 Nr. 2 BFHEntlG) entscheidet der Große Senat des BFH in seiner erweiterten Besetzung (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Stimmt ein Senat des BFH auf Anfrage eines anderen Senats der Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung zu, wird aber die Anrufung des Großen Senats des BFH erforderlich, weil andere Senate nicht zustimmen, bleibt das Entsendungsrecht des zustimmenden Senats nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FGO erhalten (vgl. BFH-Beschluß vom 1.12.1986 GrS 1/85).
3. Die Stetigkeit der Rechtsprechung des obersten Steuergerichts ist ein wesentliches Element der Rechtssicherheit (vgl. BFH-Beschluß vom 15.7.1968 GrS 2/67). Die Änderung einer steten Rechtsprechung ist danach (nur) dann gerechtfertigt, wenn schwerwiegende sachliche Gründe dafür sprechen.
4. § 12 Nr. 1 EStG begründet für gemischt (teils beruflich-betrieblich, teils privat) veranlaßte Aufwendungen ein Aufteilungsverbot und Abzugsverbot; dadurch soll vermieden werden, daß Aufwendungen für die Lebensführung in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagert werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
5. Es führt nicht zu einer Diskriminierung der ehelichen Lebensgemeinschaft, wenn für die steuerrechtliche Beurteilung von Verträgen zwischen Ehegatten andere Grundsätze gelten als für Verträge zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. BFH-Urteil vom 14.4.1988 IV R 225/85).
6. Ob eine Vermögensverschiebung zwischen den Eheleuten im Einzelfall betrieblich oder privat veranlaßt ist, kann wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlich erkennbarer Merkmale beurteilt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 12.6.1978 GrS 1/77).
7. Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten sind steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie eindeutig und ernstlich vereinbart sind und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt (vollzogen) werden (vgl. BFH-Rechtsprechung). Diese Grundsätze gelten auch für Mietverhältnisse und Pachtverhältnisse. Sie sind auf die Ermittlung des Gewerbeertrags zu übertragen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1; GewStG § 7; FGO § 11 Abs. 2 S. 2; GG Art. 3, 6, 20 Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
A. Sachverhalt und Anrufungsbeschluß
I. Der VIII.Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Beschluß vom 22.März 1988 VIII R 289/84 (BFHE 153, 401, BStBl II 1988, 880) dem Großen Senat gemäß § 11 Abs.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Können Zahlungen eines Ehegatten an den anderen Ehegatten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder eines Mietverhältnisses auch dann Betriebsausgaben sein, wenn der Ehegatte-Arbeitgeber das Gehalt des Ehegatten-Arbeitnehmers sowie die Miete auf ein Bankkonto überweist, über das jeder der beiden Ehegatten allein verfügungsbefugt ist?
II. 1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt einen Großhandel. Seine Ehefrau ist aufgrund eines im Jahre 1977 mündlich geschlossenen Dienstvertrags im Unternehmen als Verkäuferin tätig. Der Arbeitslohn wurde ihr bis Dezember 1978 bar ausgezahlt. Ab 1.Januar 1979 wurden die (monatlichen) Arbeitslöhne auf ein gemeinsames Bankkonto der Ehegatten überwiesen. Jeder Ehegatte war berechtigt, allein über das Konto zu verfügen (sog. Oder-Konto).
Die Lohnüberweisungen für Januar und Februar 1979 (das Wirtschaftsjahr des Klägers umfaßte den Zeitraum vom 1.März 1978 bis zum 28.Februar 1979) betrugen etwas mehr als 2 000 DM und die darauf entrichteten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung nahezu 300 DM.
2. Das Unternehmen des Klägers wurde in einem Gebäude betrieben, das der Ehefrau gehörte. Es bestand ein im Jahre 1977 geschlossener Mietvertrag, nach dem der monatliche Mietzins nahezu 5 000 DM betrug. Dieser Mietzins von insgesamt fast 60 000 DM wurde im Wirtschaftsjahr 1978/79 auf das vorerwähnte gemeinsame Bankkonto der Eheleute überwiesen.
3. Der Kläger behandelte die Arbeitslohnzahlungen sowie die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und die Mietzahlungen als Betriebsausgaben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Betriebsausgabenabzug dieser Zahlungen ab und erließ einen dementsprechenden Gewerbesteuer-Meßbescheid für 1979.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ließ die bezeichneten Zahlungen nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Es meinte, weder der Mietvertrag noch --ab 1.Januar 1979-- der Dienstvertrag sei steuerrechtlich zu berücksichtigen; denn sie seien tatsächlich nicht durchgeführt worden. Bei einer Zahlung eines Ehegatten an einen anderen Ehegatten auf ein sog. Oder-Konto sei die erforderliche Trennung der Einkommens- und Vermögensbereiche der Ehegatten nicht gewährleistet. Die Überweisungen hätten deshalb den Unternehmensbereich des Klägers nicht verlassen.
Mit der Revision rügte der Kläger einen Verstoß gegen § 4 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
III. 1. Der VIII.Senat des BFH möchte entscheiden, daß die Überweisungen auf ein Oder-Konto dem Betriebsausgabenabzug nicht entgegenstehen. Er begründet seine Auffassung im wesentlichen wie folgt:
Vertragsgestaltungen zwischen Ehegatten müßten, um steuerrechtlich anerkannt zu werden, ernstlich vereinbart und den Vereinbarungen entsprechend tatsächlich durchgeführt werden. Entgegen der Auffassung des FG fehle es an einer tatsächlichen Durchführung der Verträge nicht deshalb, weil Gehalt und Miete auf ein Oder-Konto überwiesen worden seien. Denn das Guthaben des Oder-Kontos stehe beiden Ehegatten als Gesamtgläubigern gemäß § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu. Sie seien grundsätzlich in der Weise berechtigt, daß jeder von ihnen die Auszahlung des gesamten Guthabens fordern könne. In einem Fall wie dem vorliegenden sei gemäß § 430 BGB jedoch "ein anderes bestimmt". Der Kläger habe durch die Überweisungen an seine Ehefrau zu erkennen gegeben, daß die überwiesenen Beträge im Innenverhältnis seiner Ehefrau zustehen sollen. Diese Beträge gebührten seiner Ehefrau. Sie seien ihr auch zugeflossen, weil sie darüber verfügen könne. Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus dem Umstand, daß der Kläger, solange seine Ehefrau noch nicht verfügt habe, über das Guthaben selbst weiter verfügen könne. Gleichermaßen könne auch ein Unternehmer-Ehegatte verfahren, der über das Überweisungskonto des anderen Ehegatten Verfügungsmacht habe. Die Rechtsprechung habe in diesem Fall jedoch die Durchführung eines Ehegatten-Arbeitsvertrags nicht in Frage gestellt.
Die bisher vertretene Auffassung, zur tatsächlichen Durchführung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses oder Ehegatten-Mietverhältnisses gehöre auch, daß das vereinbarte Entgelt in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmers (Vermieters) gelange, der vom Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitgeber-(Mieter-)Ehegatten klar und eindeutig getrennt sei, begegne auch insofern Bedenken, als eine solche Trennung für die tatsächliche Durchführung von Arbeitsverhältnissen zwischen Fremden nicht erforderlich sei. Ein Arbeitsverhältnis zwischen Fremden sei tatsächlich durchgeführt, wenn der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung erbracht und der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf das vereinbarte Entgelt erfüllt habe. Dabei bedeute Erfüllung, daß die geschuldete Leistung bewirkt werde. Der Anspruch des Arbeitnehmers (des Vermieters) auf Bezahlung des Arbeitslohns (des Mietzinses) sei bewirkt, wenn der Leistungserfolg eingetreten sei. Voraussetzung für den Eintritt des Leistungserfolgs sei nicht, daß der zu leistende Gegenstand in einen Einkommens- und Vermögensbereich des Gläubigers gelange, der von dem Einkommens- und Vermögensbereich eines Dritten klar und deutlich abgegrenzt sei. Eine Erfüllung in diesem Sinne liege auch vor, wenn das vereinbarte Entgelt in einen Einkommens- und Vermögensbereich gelange, über den nicht allein der Arbeitnehmer, sondern auch sein Ehegatte verfügen könne. Mit der Überweisung auf ein Oder-Konto könne der Arbeitnehmer-Ehegatte über seinen Arbeitslohn frei disponieren.
2. Der VIII.Senat sieht sich an einer dementsprechenden Entscheidung gehindert, weil der I.Senat durch Urteile vom 22.März 1972 I R 152/70 (BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614) und vom 5.Februar 1986 I R 226/84 (BFH/NV 1986, 602) entschieden hat, daß es an dem erforderlichen Zufluß beim Arbeitnehmer-Ehegatten fehle, wenn der Arbeitslohn auf ein Oder-Konto überwiesen werde. Der I.Senat hat auf Anfrage des VIII.Senats einer Abweichung von seiner, des I.Senats, Rechtsprechung nicht zugestimmt. Die beabsichtigte Entscheidung des VIII.Senats würde auch vom Urteil des IV.Senats vom 7.Juni 1984 IV R 254/82 (nicht veröffentlicht --NV--) abweichen. Der IV.Senat hat allerdings auf Anfrage des VIII.Senats mitgeteilt, daß er der Abweichung zustimme.
3. Die Beteiligten haben zum Anrufungsbeschluß wie folgt Stellung genommen:
a) Der Kläger stimmt dem VIII.Senat zu. Er legt dar, es gebe für die von der bisherigen BFH-Rechtsprechung geforderte Trennung der privaten Vermögens- und Einkommensverhältnisse bei Ehegatten weder eine Rechtsgrundlage noch ein legitimes Bedürfnis.
b) Das FA hält dagegen die bisherige BFH-Rechtsprechung für zutreffend. Es meint, das zivilrechtliche Institut der Gesamtgläubigerschaft lasse sich nicht so zurücknehmen, daß das Guthaben nur einem Gesamtgläubiger zugerechnet werden könne. Außenstehende seien zu Lasten jedes Gesamtgläubigers berechtigt. Im Falle der Pfändung könne der Pfändungsgläubiger des Arbeitgeber-Ehegatten den gesamten Betrag des Guthabens einziehen, wenn ihm der Arbeitnehmer-Ehegatte nicht durch Abhebung zuvorkomme. Auch im Innenverhältnis der Gesamtgläubiger könne der Arbeitnehmer-Ehegatte Zugriffe oder Verfügungen des Arbeitgeber-Ehegatten nicht verhindern. Zur Beurteilung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen sei die Trennung der Einkommens- und Vermögensbereiche ein unerläßliches objektives Prüfungskriterium.
c) Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren des Großen Senats gemäß § 122 Abs.2 Satz 1 FGO beigetreten. Er hat sich wie folgt geäußert:
Es sei keine Diskriminierung der ehelichen Lebensgemeinschaft, wenn für die steuerrechtliche Beurteilung von Verträgen zwischen Eheleuten andere Grundsätzen gälten als für Verträge zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Der Leistungsaustausch zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft beruhe nicht auf Familienrecht.
Die bei Ehegatten erforderliche Unterscheidung der betrieblichen und der privaten Veranlassung komme auch in der tatsächlichen Durchführung eines Vertrags zum Ausdruck. Die Abwicklung der Vereinbarung müsse dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Zur tatsächlichen Durchführung einer Ehegatten-Vereinbarung in bezug auf das Unternehmen des einen gehöre es deshalb auch, daß die vereinbarten Entgelte aus dem Vermögensbereich des Unternehmer-Ehegatten in den Vermögensbereich des anderen Ehegatten gelangten. Beide Bereiche müßten klar und eindeutig voneinander getrennt sein. Dafür genüge es nicht, daß die Vergütung auf ein Bankkonto fließe, das von beiden Ehegatten als Oder-Konto gemeinsam geführt werde. In einem solchen Fall hätten die überwiesenen Beträge den Vermögensbereich des Unternehmer-Ehegatten noch nicht eindeutig verlassen. Bei einem Oder-Konto in der durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken bestimmten Form handele es sich um ein Gemeinschaftskonto, bei dem in Abweichung von § 428 Abs.1 BGB jeder Gläubiger Leistungen an sich verlangen könne. Für das Innenverhältnis gelte § 430 Abs.1 BGB. Die Inhaber des Oder-Kontos seien also im Verhältnis zueinander nur zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nichts anderes bestimmt sei. Eine anderweitige Bestimmung des Innenausgleichs gemäß § 430 BGB könne durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung geschehen. Bei Ehegatten gehe die Rechtsprechung davon aus, daß nach Sinn und Zweck des Oder-Kontos während der Ehe jeder Ehegatte jederzeit beliebige Abhebungen tätigen dürfe, so daß in der Regel während der Ehe keine Ausgleichungspflicht entstehe. Der VIII.Senat stelle die Tatsache in den Vordergrund, daß der eine Ehegatte "für den anderen" Mietzinsen und Arbeitsvergütungen auf das gemeinsame Konto überweise. Dies könne aber bei der allgemeinen Zweckbestimmung des ehelichen Oder-Kontos nicht dazu führen, derartige Beträge als im Innenverhältnis allein dem anderen Ehegatten zustehend zu werten. Eine solche gedankliche Aussonderung bestimmter Teile des Guthabens wäre auch praktisch nicht durchführbar.
Der BFH habe bereits entschieden, daß eine steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses nicht möglich sei, wenn das Arbeitsentgelt auf ein eigenes Konto des Arbeitgeber- Ehegatten überwiesen werde, an welchem der Arbeitnehmer-Ehegatte ein Mitverfügungsrecht habe bzw. wenn das Arbeitsentgelt auf ein Konto überwiesen werde, dessen alleiniger Inhaber der Arbeitgeber-Ehegatte sei und über das der Arbeitnehmer-Ehegatte Verfügungsvollmacht besitze. Auch in diesen Fällen komme es auf die klare und eindeutige Trennung des Vermögens der Eheleute an. Werde auf die Trennung des Vermögens der Eheleute im Vorlagefall verzichtet, so könne auch die bisherige Rechtsprechung des BFH in diesen anderen Fällen kaum aufrechterhalten werden.
Entscheidungsgründe
B. Entscheidung des Großen Senats zu den Verfahrensfragen
I. Entsendungsrecht
Der Große Senat entscheidet in seiner Stammbesetzung gemäß § 11 Abs.2 Satz 1 FGO darüber, welche Senate berechtigt sind, nach § 11 Abs.2 Satz 2 FGO einen weiteren Richter zu den Sitzungen des Großen Senats zu entsenden (vgl. BFH-Beschluß vom 28.November 1988 GrS 1/87, BFHE 154, 556, BStBl II 1989, 164 unter B.I., m.w.N.). Diese Entscheidung ist ohne mündliche Verhandlung zulässig (BFH in der vorbezeichneten Entscheidung).
Der Große Senat ist aufgrund von § 11 Abs.3 FGO (Abweichung) angerufen worden. In diesem Fall sind nach § 11 Abs.2 Satz 2 FGO der vorlegende Senat sowie diejenigen Senate entsendungsbefugt, von deren Rechtsprechung abgewichen werden soll. Demnach stehen dem VIII., dem I. und dem IV.Senat ein Entsendungsrecht zu.
1. Der VIII.Senat ist als vorlegender Senat gemäß § 11 Abs.2 Satz 2 FGO am Verfahren des Großen Senats beteiligt und damit entsendungsberechtigt.
2. Der I.Senat ist nach der zuletzt bezeichneten Vorschrift als Senat, dessen Entscheidung von der beabsichtigten Entscheidung des vorlegenden Senats abweicht, ebenfalls beteiligt und entsendungsberechtigt.
3. Auch dem IV.Senat steht ein Entsendungsrecht zu. Er hat zwar auf Anfrage des vorlegenden Senats dessen Rechtsauffassung zugestimmt. Da dadurch aber die neue Rechtsauffassung nicht ohne Anrufung des Großen Senats verwirklicht werden konnte, bleibt das Entsendungsrecht des zustimmenden Senats --hier des IV.-- erhalten (vgl. im einzelnen BFH-Beschluß vom 1.Dezember 1986 GrS 1/85, BFHE 148, 414, BStBl II 1987, 264 unter II.1.).
4. Die beteiligten Senate haben von ihrem Entsendungsrecht Gebrauch gemacht.
II. Weitere Verfahrensfragen
Über die weiteren Verfahrensfragen entscheidet der Große Senat in seiner erweiterten Besetzung (BFH in BFHE 154, 556, BStBl II 1989, 164 unter B.II.).
1. Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wird abgesehen (Art.1 Nr.2 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--). Alle wesentlichen Gesichtspunkte sind schriftlich vorgetragen. Keiner der Verfahrensbeteiligten hat mündliche Verhandlung beantragt (vgl. BFH in BFHE 154, 556, BStBl II 1989, 164 unter B.II.1., sowie in BFHE 148, 414, BStBl II 1987, 264 unter II.3.).
2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des VIII.Senats erheblich. Würde der Große Senat diese Rechtsfrage verneinen, wäre die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 FGO). Im Falle der Bejahung wäre die Vorentscheidung des FG aufzuheben und entweder der Klage stattzugeben oder die Sache an das FG zurückzuverweisen, jedenfalls wäre die Revision begründet (§ 126 Abs.3 FGO).
C. Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage
I. Entscheidungsergebnis
Der Große Senat hält an der bisher vom BFH vertretenen Rechtsauffassung fest.
II. Bisherige Auffassungen zur Form der Gehaltsauszahlung
1. BFH-Rechtsprechung
Nach § 4 Abs.4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Sind Aufwendungen eines Unternehmers nicht betrieblich, sondern privat (oder gemischt privat- betrieblich) veranlaßt, sind sie nicht als Betriebsausgaben abziehbar, sondern als Entnahmen (§ 4 Abs.1 Satz 1, § 12 Nr.1 EStG) zu behandeln.
Wird ein Ehegatten-Dienstverhältnis steuerrechtlich nicht anerkannt, so sind die Aufwendungen des Arbeitgeber-Ehegatten --sei es die Zahlung von Gehalt, sei es die von Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. BFH-Urteile vom 8.Februar 1983 VIII R 27/80, BFHE 138, 198, BStBl II 1983, 496; vom 6.März 1985 I R 58/82, BFH/NV 1986, 83)-- keine Betriebsausgaben.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Dienstverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie eindeutig und ernstlich vereinbart sind und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt (vollzogen) werden. Diese Grundsätze gelten auch für Miet- und Pachtverhältnisse (BFH in BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614). Sie sind --wie der VIII.Senat im Vorlagebeschluß zutreffend ausführt-- auf die Ermittlung des Gewerbeertrags zu übertragen (§ 7 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--).
Um bei Ehegatten-Vertragsverhältnissen einigermaßen verläßlich abgrenzen zu können, ob wirklich ein Leistungsaustauschverhältnis gewollt ist, verlangt die BFH-Rechtsprechung insoweit nicht nur, daß die Verträge rechtlich wirksam zustande gekommen sind, sondern daß sie auch nach Inhalt und Ausführung dem entsprechen, was unter Fremden üblich ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14.April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 7.Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765, jeweils m.w.N.; vom 31.Mai 1989 III R 154/86, BFHE 157, 172).
Von diesen Grundsätzen ausgehend fordert die BFH-Rechtsprechung für die Anerkennung von Ehegatten-Arbeits- und -Mietverhältnissen, daß der Ehegatte tatsächlich mitarbeitet bzw. vermietet und daß hinsichtlich der Leistungen des Arbeitgebers bzw. Mieters bei ihm ein Wertabfluß festzustellen ist und ein Zufluß beim anderen Ehegatten eintritt, weil auch ein fremder Arbeitnehmer oder Vermieter eine uneingeschränkte Verfügungsmacht hinsichtlich des ihm zustehenden Entgelts beanspruche. Eine Überweisung auf ein sog. Oder-Konto wurde bisher nicht als ausreichend erachtet (BFH-Urteile in BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614, und in BFH/NV 1986, 602; vom 7.Juni 1984 IV R 254/82, NV; vom 15.Januar 1980 VIII R 154/78, BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350).
Die BFH-Rechtsprechung sah es jedoch als unschädlich an, wenn das Arbeitsentgelt auf ein alleiniges Konto des Arbeitnehmer-Ehegatten überwiesen wurde, selbst wenn der Arbeitgeber-Ehegatte darüber eine unbeschränkte Verfügungsvollmacht besitzt (Urteil vom 16.Januar 1974 I R 176/72, BFHE 111, 319, BStBl II 1974, 294; bestätigend BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350). Nach der Rechtsprechung des BFH ist es auch unschädlich, wenn der Arbeitslohn unter wirtschaftlicher Betrachtung aufgrund einer Vorabverfügung (in Form einer Darlehensabrede) des Arbeitnehmer-Ehegatten im Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten verbleibt (Urteil vom 17.Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48).
Ebenso fehlt es nach der BFH-Rechtsprechung nicht an der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsverhältnisses, wenn eine OHG, an der ein Ehegatte als Gesellschafter beteiligt ist und bei der der andere Ehegatte als Arbeitnehmer tätig ist, das Gehalt auf ein Oder-Konto der Eheleute überweist (Urteil vom 24.März 1983 IV R 240/80, BFHE 138, 427, BStBl II 1983, 663). Der BFH geht in diesem Fall von einem uneingeschränkten Werteabfluß beim Arbeitgeber (OHG) und einem uneingeschränkten Zufluß beim arbeitenden Ehegatten aus.
Dagegen verneinte der BFH einen Werteübergang in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten, wenn das Geld auf ein eigenes Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wurde, an welchem der Arbeitnehmer-Ehegatte (lediglich) ein Mitverfügungsrecht hatte (Urteile vom 9.April 1968 I R 157/65, BFHE 92, 281, BStBl II 1968, 524; bestätigend BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350); ebenso wenn ein Arbeitnehmer bei einer Personengesellschaft beschäftigt ist und sein Arbeitslohn auf ein Bankkonto seines Gesellschafter-Ehegatten überwiesen wird, wenn dem Arbeitnehmer-Ehegatten über das Konto nur ein (Mit-) Verfügungsrecht eingeräumt ist (BFH-Urteil vom 20.Oktober 1983 IV R 116/83, BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298).
2. Rechtsprechung der FG
Zu der vorgelegten Rechtsfrage haben die FG in jüngster Zeit (seit 1980) unterschiedliche Auffassungen vertreten. Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15.Dezember 1986 5 K 114/86, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1987, 289) und das Niedersächsische FG (Urteil vom 6.August 1987 VI 461/84, EFG 1988, 108) sehen eine Überweisung des Arbeitnehmergehalts auf ein Oder-Konto als schädlich an. Dagegen kann nach Auffassung des Hessischen FG (Urteile vom 6.November 1980 VIII 232-233/79, EFG 1981, 118; vom 28.Januar 1987 7 K 444/84, EFG 1987, 341), des Schleswig-Holsteinischen FG (Urteil vom 6.Dezember 1983 V 198/83 (V), EFG 1984, 448) und des FG Hamburg (Urteile vom 20.Februar 1984 V 498/81, EFG 1984, 490; vom 3.Mai 1985 I 129/84, EFG 1985, 438) einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis nicht allein deshalb die steuerliche Anerkennung versagt werden, weil Gehaltszahlungen auf ein gemeinschaftliches Bankkonto der Ehegatten überwiesen werden.
3. Schrifttum
Während von der Kommentarliteratur die bisherige Rechtsprechung des BFH --z.T. kritiklos-- übernommen wird, werden vor allem in Einzelabhandlungen in letzter Zeit zunehmend Bedenken dagegen geäußert (vgl. insbesondere Stolz, Finanz-Rundschau --FR-- 1983, 313; Stadie, Die persönliche Zurechnung von Einkünften, 1983, S.127 ff.; Apitz, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1984, 390; W.Meilicke, Betriebs-Berater --BB-- 1984, 1885, 1888; Knobbe-Keuk, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1984/85, 81, 83 ff.; Steirer, Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten - verfassungsrechtliche Vorgaben und steuerrechtliche Realitäten, 1986, S.38 ff.; L.Schmidt, FR 1987, 203; Maier, BB 1987, 2279; Kasch, DStR 1988, 691; Meyer-Arndt, Der Betrieb --DB-- 1989, 66; kritisch auch Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 8.Aufl., § 4 Anm.99, Stichwort "Angehörige" unter c, sowie Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., §§ 4, 5 Rdnr.1798).
III. Stellungnahme des Großen Senats zur vorgelegten Rechtsfrage
1. Als Betriebsausgaben des Arbeitgeber- oder Mieter-Ehegatten sind Aufwendungen abziehbar, die durch seinen Betrieb veranlaßt worden sind (§ 4 Abs.4 EStG). Der BFH bejaht die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen, wenn sie objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. Beschluß vom 21.November 1983 GrS 2/82, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160 unter C.I.2.a aa). Im Falle des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses wird ein derartiger objektiver Zusammenhang immer dann bestehen, wenn der Ehegatte durch seine Tätigkeit eine fremde Arbeitskraft ersetzt.
Der Anwendungsbereich des § 4 Abs.4 EStG wird aber u.a. durch § 12 Nr.1 und 2 EStG eingeschränkt (vgl. insbesondere die Beschlüsse des BFH vom 28.November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105 unter B.II.3.; vom 27.November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 unter C.I.). Danach sind solche Aufwendungen für die Lebensführung nicht abziehbar, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Nummer 1), sowie freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und u.a. Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigte Person (Nummer 2). § 12 Nr.1 EStG begründet nach der Rechtsprechung des BFH für gemischt (teils beruflich-betrieblich, teils privat) veranlaßte Aufwendungen ein Aufteilungs- und Abzugsverbot; dadurch soll vermieden werden, daß Aufwendungen für die Lebensführung in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagert werden (BFH am zuletzt angegebenen Ort, m.w.N.).
2. Während bei untereinander fremden Personen Vermögensverschiebungen regelmäßig auf betrieblichen/beruflichen (meist nicht auf privaten) Beziehungen beruhen, haben sie zwischen Ehegatten ihre Ursache nicht selten auch in den familiären Beziehungen der ehelichen Lebensgemeinschaft. Ob eine Vermögensverschiebung zwischen Ehegatten auf einem Leistungsaustauschverhältnis --hier Dienstleistung oder Vermietung-- und damit auf betrieblicher Veranlassung oder auf privaten Erwägungen beruht, hängt von den getroffenen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Durchführung ab, ist also zunächst eine Frage der maßgebenden rechtlichen Vereinbarungen und der Sachverhaltsermittlung (s. Wolff-Diepenbrock, a.a.O., §§ 4, 5 Rdnr.1867); der jeweilige Sachverhalt ist oft nicht zweifelsfrei feststellbar. Denn die steuerliche Einordnung (Abgrenzung) des jeweiligen Lebenssachverhaltes hängt davon ab, welche Sphäre (berufliche/betriebliche oder private/familiäre) die Ehegatten gewählt haben, also von einer inneren Tatsache, die zuverlässig nur unter Rückgriff auf die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten ermittelt werden kann (vgl. Schmidt-Liebig, BB 1983, 52). Ob die Vermögensverschiebung zwischen den Eheleuten im Einzelfall betrieblich oder privat veranlaßt ist, kann folglich wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlich erkennbarer Merkmale beurteilt werden (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 12.Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620 unter D.III.).
3. Dies rechtfertigt es, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) für die im Einzelfall maßgebliche Willensrichtung der Ehegatten als wesentlich zu erachten.
a) Demnach fordert die bisherige BFH-Rechtsprechung zu Recht, daß Arbeitsverträge zwischen Ehegatten, deren Anerkennung dem Grunde nach außer Frage steht, ernstlich --es muß ein Leistungsaustausch auf arbeitsrechtlicher Basis gewollt sein-- und eindeutig --möglichst schriftlich und vor Beginn des Austauschverhältnisses-- geschlossen werden.
b) Darüber hinaus muß nach der BFH-Rechtsprechung ein Ehegatten- Arbeitsverhältnis inhaltlich (sachlich) dem entsprechen, was auch bei Arbeitsverträgen unter Fremden üblich ist. Durch dieses bei Arbeitsverhältnissen unter Fremden nicht vorausgesetzte Erfordernis der Üblichkeit (vgl. dazu Beschluß des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 unter C.I.) kann anhand eines äußeren Merkmals beurteilt werden, ob die Ehegatten lediglich formal einen Arbeitsvertrag geschlossen haben, in Wirklichkeit aber eine Vermögensverschiebung aus privaten Erwägungen beabsichtigen. Der sachliche Vergleich mit Arbeitsverhältnissen zwischen Fremden ist deshalb zur zutreffenden Sachverhaltsermittlung geboten. Eine im Verhältnis zur tatsächlichen Leistung überhöhte (unangemessene) "Entlohnung" belegt, daß eine Vermögensverschiebung gewollt ist, die auf privaten Erwägungen beruht. Dabei ist die Angemessenheit des Lohnes (oder der Tantieme oder der Pension) anhand eines betriebsinternen Fremdvergleichs, in Ausnahmefällen anhand eines betriebsexternen Vergleichs festzustellen (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 157, 172).
c) Die BFH-Rechtsprechung verlangt weiter zutreffend, daß der Ehegatten-Arbeitsvertrag entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. Dazu gehört insbesondere, daß der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt.
d) Zur tatsächlichen Durchführung eines Ehegatten-Dienstverhältnisses gehört aber nicht nur, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte seine Arbeitsleistung erbringt (vgl. vorstehend c). Zu fordern ist darüber hinaus, daß er dafür auch eine wie unter Fremden übliche Entlohnung erhält. Sollte der Arbeitnehmer-Ehegatte für seine tatsächlich geleistete Arbeit aufgrund eines an sich ernstlich und eindeutig geschlossenen Vertrags eine "Entlohnung" z.B. erst bei späterer Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder kalenderjährlich oder "wenn es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens erlauben" erhalten, wird das zu der Annahme berechtigen, er erbringe seine Leistung tatsächlich nur aus privaten Erwägungen. Denn unter Fremden sind derartige Gehalts- oder Lohnabreden nicht üblich.
e) Die tatsächliche Durchführung des Ehegatten-Dienstverhältnisses erfordert schließlich, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte über die Entlohnung auch frei und vom Arbeitgeber-Ehegatten uneingeschränkt verfügen kann. Die vereinbarte Entlohnung muß deshalb ersichtlich in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten, der vom Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten klar und eindeutig getrennt ist, gelangen. Nur wenn der Geldbetrag von einem betrieblichen Konto des Arbeitgeber-Ehegatten auf ein Konto des anderen Ehegatten übergeht, ist eine betrieblich veranlaßte Aufwendung (Betriebsausgabe) anzunehmen. Dieser Übergang ist ein wesentliches Merkmal für den tatsächlichen Vollzug des Arbeitsverhältnisses, weil nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß ein fremder Arbeitnehmer auf einen solchen Übergang des Entgelts in seinen vom Arbeitgeber unabhängigen Einkommens- und Vermögensbereich nicht verzichten wird.
aa) Die also erforderliche Trennung der Einkommens- und Vermögensbereiche der Ehegatten bei Überweisung von Arbeitslohn hat der BFH verneint, wenn der Arbeitslohn auf ein Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wurde, über das dem Arbeitnehmer-Ehegatten nur ein Mitverfügungsrecht zustand (BFHE 92, 281, BStBl II 1968, 524; BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350). Denn in einem solchen Fall wird das Geld lediglich aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten in dessen privaten Bereich überführt; dies ist nur als eine den Gewinn nicht mindernde Entnahme des Arbeitgeber-Ehegatten zu beurteilen. Es fehlt in einem solchen Fall der Übergang der durch Überweisung geleisteten Zahlungen in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten.
bb) Die erforderliche Trennung der beiden Einkommens- und Vermögensbereiche bei Überweisung von Arbeitslohn eines Arbeitgeber-Ehegatten an den Arbeitnehmer-Ehegatten wurde vom BFH dagegen in den Fällen als gegeben erachtet, in denen der Arbeitgeber das Gehalt auf ein Konto des Arbeitnehmers überwies, an dem der Arbeitgeber ein Mitverfügungsrecht hatte (BFHE 111, 319, BStBl II 1974, 294; bestätigt durch BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350). Dies ist auch gerechtfertigt, weil sich diese Fallgestaltung von der unter aa) erörterten bürgerlich-rechtlich und auch wirtschaftlich unterscheidet. In diesem Fall hat das überwiesene Entgelt nicht nur den betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten verlassen. Es ist auch in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten übergegangen. Dem Arbeitnehmer-Ehegatten steht ein vom Arbeitgeber uneingeschränktes und nicht einschränkbares Verfügungsrecht an dem ihm überwiesenen Arbeitslohn zu. Gläubiger des Arbeitgebers können auf diese Beträge nicht mehr zugreifen.
Zwar kann in einem solchen Fall der Arbeitgeber-Ehegatte nach dem Übergang der Entlohnung in den Arbeitnehmerbereich über den entsprechenden Betrag (mit-)verfügen. Dies ändert jedoch nichts an dem vorherigen Übergang in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten. Verfügungen, die er danach selbst vornimmt oder seitens eines anderen (z.B. seines Ehegatten) zuläßt, beeinträchtigen nicht (mehr) die vorhergegangene Erlangung der Verfügungsmacht hinsichtlich des überwiesenen Arbeitslohns.
cc) An dem eindeutigen Übergang vom Arbeitgeberbereich in den Arbeitnehmerbereich mangelt es indessen im Falle der Überweisung des Arbeitslohns von einem betrieblichen Konto des Arbeitgeber- Ehegatten auf ein Oder-Konto der Ehegatten. Bei dieser Gestaltung fehlt --wie im Falle der Überweisung auf ein privates Konto des Arbeitgeber-Ehegatten (vgl. vorstehend unter aa)-- der Übergang der durch Überweisung geleisteten Zahlungen in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer- Ehegatten; die Geldbeträge haben wohl den betrieblichen Bereich, nicht jedoch den Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten verlassen. Denn der Arbeitgeber-Ehegatte kann über das Oder- Konto uneingeschränkt verfügen; seine Gläubiger können in dieses Konto --auch gegen den Willen des Arbeitnehmer-Ehegatten-- vollstrecken.
Welche Absprachen die Ehegatten intern hinsichtlich der Verfügung über das Oder-Konto getroffen und wie sie hiervon Gebrauch gemacht haben, ist dagegen für die steuerrechtliche Wertung ohne Bedeutung. Auf das Innenverhältnis der Ehegatten hinsichtlich des Guthabens auf dem Oder-Konto kommt es --entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats-- nicht an. Unmaßgeblich ist deshalb auch, wem das Guthaben zivilrechtlich "gebührt", durch wessen Leistung es entstanden ist. Denn bei Ehegatten wird zivilrechtlich davon ausgegangen, daß nach Sinn und Zweck des Oder-Kontos während der Ehe jeder Ehegatte jederzeit beliebige Abhebungen tätigen darf, so daß in der Regel während der Ehe --selbst wenn die Gutschrift für eine Leistung eines der Ehegatten erbracht wird-- keine Ausgleichspflicht entsteht (vgl. Soergel/Wolf, BGB-Kommentar, 11.Aufl., § 430 Rz.5; Beschluß des Oberlandesgerichts --OLG-- Düsseldorf vom 8.April 1982 18 W 11/82, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1982, 607). Damit kommt aber auch eine anteilige Zuordnung des Guthabens (hier an den Arbeitnehmer-Ehegatten) nicht in Betracht.
Steht indessen bei einem Gemeinschafts-(Oder-)Konto der überwiesene Geldbetrag zivilrechtlich sowohl dem Arbeitgeber-Ehegatten als auch dem Arbeitnehmer-Ehegatten zu, so ist der aus dem Betriebsvermögen des Arbeitgebers abgeflossene, aber auch in sein Privatvermögen übergegangene Betrag nicht eindeutig als Betriebsausgabe anzusehen. Es ist nicht zweifelsfrei feststellbar, daß die Überweisung gerade von "Arbeitslohn" gewollt ist. Deshalb fehlt es hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung des Ehegatten-Dienstverhältnisses insoweit an der ausschließlich betrieblichen Veranlassung der Arbeitslohnzahlung.
Der Einwand, daß bürgerlich-rechtlich ein Ehegatten-Dienstverhältnis bei Gehaltszahlung auf ein Oder-Konto nicht in Zweifel gezogen wird (so Kasch, a.a.O., S.695; Steirer, a.a.O., S.44), ist dagegen unmaßgeblich. Denn der Betriebsausgabenabzug ist, wie unter C.III.1. ausgeführt, durch die steuerliche Spezialvorschrift des § 12 EStG, die bürgerlich-rechtlich keine Bedeutung hat, eingeschränkt.
4. Das vorstehend wiedergegebene Verständnis von der tatsächlichen Durchführung eines Ehegatten-Dienstverhältnisses ist auch mit Rücksicht auf die Kontinuität der höchstrichterlichen Rechtsprechung geboten. Der Große Senat des BFH hat mehrfach die Stetigkeit der Rechtsprechung des obersten Steuergerichts als wesentliches Element der Rechtssicherheit betont (u.a. Beschluß vom 15.Juli 1968 GrS 2/67, BFHE 93, 75, BStBl II 1968, 666 unter III. 2. f). Die Änderung einer steten Rechtsprechung ist danach (nur) dann gerechtfertigt, wenn schwerwiegende sachliche Gründe dafür sprechen. Solche Gründe sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
5. Die somit bestätigte bisherige BFH-Rechtsprechung entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
a) Zwar dürfen Ehegatten im Vergleich zu Ledigen nicht allein deshalb schlechtergestellt werden, weil sie verheiratet sind (so BVerfG-Beschluß vom 12.März 1985 1 BvR 571/81, 494/82, 47/83, BVerfGE 69, 188, 205). Das BVerfG hat aber wiederholt entschieden, es sei keine Diskriminierung von Ehe und Familie, wenn die BFH-Rechtsprechung für die steuerliche Anerkennung von Ehegatten-Dienstverhältnissen fordere, daß diese vertraglich klar und eindeutig --wie zwischen Fremden üblich-- vereinbart seien und daß die Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt seien. Das BVerfG hat auch ausdrücklich einen Fremdvergleich für sachgemäß erachtet (Urteil vom 24.Januar 1962 1 BvL 32/57, BVerfGE 13, 290, 314, 317). Es hat deshalb Entscheidungen des BFH verfassungsrechtlich für unbedenklich gehalten, nach denen in der Regel eine --wie unter Fremden übliche-- monatliche Auszahlung des Arbeitslohns für die Anerkennung des Ehegatten-Dienstverhältnisses erforderlich ist (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 17.April 1984 1 BvR 11/83, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 1984, 335; vom 27.März 1985 1 BvR 1415/84, Inf 1985, 310).
Darüber hinaus hat das BVerfG verfassungsrechtlich keine Bedenken gegen die Auffassung des BFH, nach welcher ein Ehegatten-Dienstverhältnis tatsächlich nicht durchgeführt ist, wenn der Arbeitslohn lediglich von einem betrieblichen Konto des Arbeitgeber-Ehegatten auf ein privates Bankkonto dieses Ehegatten überwiesen wird, selbst wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte kraft Vollmacht befugt ist, über das Bankguthaben zu verfügen (Beschluß vom 26.Juli 1984 1 BvR 1766/83, Inf 1984, 453). Das BVerfG hat in dieser Entscheidung ausgeführt, daß zwar ein (fremder) Arbeitgeber auf Geheiß seines Arbeitnehmers das Gehalt (bürgerlich-rechtlich) mit befreiender Wirkung auf ein Bankkonto des Ehegatten des Arbeitnehmers überweisen könne. Werde aber auf Geheiß des Arbeitnehmer-Ehegatten das Gehalt auf ein privates Bankkonto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen, über das der Arbeitnehmer-Ehegatte lediglich kraft Vollmacht verfügen könne, stehe dies einem Verzicht auf die Arbeitslohnzahlung näher als einer Tilgung des Gehaltsanspruchs durch Erbringen der geschuldeten Leistung. Es sei von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ertragsteuerrechtlich die Überweisung des Arbeitnehmer-Ehegatten-"Gehalts" auf ein privates Bankkonto des Arbeitgeber-Ehegatten als eine den Gewinn des Arbeitgeber-Ehegatten nicht mindernde Entnahme zu beurteilen.
Verfassungsrechtlich hat dann dasselbe zu gelten, wenn der Arbeitslohn auf ein Oder-Konto der Ehegatten überwiesen wird, da der Arbeitgeber-Ehegatte --wie dargelegt-- über ein solches Konto in gleicher Weise verfügen kann wie über ein auf ihn lautendes Konto, an dem der Arbeitnehmer-Ehegatte lediglich ein Mitverfügungsrecht besitzt.
b) Zutreffend dürfte allerdings die Erwägung des vorlegenden Senats im Vorlagebeschluß sein, daß die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in der Bundesrepublik Deutschland wächst und daß die für die steuerliche Anerkennung von Ehegatten- Dienstverhältnissen dargelegten Voraussetzungen von diesen Lebensgemeinschaften nicht in demselben Umfang wie von Ehegatten zu beachten sind. Daraus resultiert jedoch keine Diskriminierung der Ehe gegenüber den nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Das BVerfG hat in der Entscheidung in BVerfGE 69, 188 nämlich ausdrücklich festgestellt, daß es der Gedanke der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft, wie er den Instituten des Versorgungsausgleichs, des Zugewinnausgleichs und im Bereich des Steuerrechts dem Splittingverfahren zugrunde liegt, erlaubt, bei Ehegatten davon auszugehen, ihre Eheschließung erleichtere eine steuerlich günstige Gestaltung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, und sie seien deshalb nicht ausnahmslos wie Ledige zu behandeln. Damit hat das BVerfG deutlich gemacht, daß nicht jede Rechtsauslegung, die der familienrechtlichen Verbundenheit von Eheleuten besondere Bedeutung beimißt, gegen Art.3 Abs.1 i.V.m. Art.6 Abs.1 des Grundgesetzes verstößt.
Deshalb führt es auch nicht zu einer Diskriminierung der ehelichen Lebensgemeinschaft, wenn für die steuerrechtliche Beurteilung von Verträgen zwischen Ehegatten andere Grundsätze gelten als für Verträge zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. BFH-Urteil vom 14.April 1988 IV R 225/85, BFHE 153, 224, BStBl II 1988, 670). Dem Leistungsaustausch zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann Familienrecht nicht zugrunde liegen. Deshalb ist bei einem Leistungsaustausch zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht in dem gleichen Umfang wie bei Partnern einer ehelichen Lebensgemeinschaft damit zu rechnen, daß er auf privater Veranlassung beruht. Ist dem aber so, ist es zulässig, hinsichtlich der Beweisanzeichen (Indizien) für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses (vgl. dazu vorstehend C.III.2. und 3. am Anfang) unterschiedliche Anforderungen zu stellen.
6. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend auch für die tatsächliche Durchführung eines Mietverhältnisses zwischen Ehegatten (vgl. dazu schon BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614).
IV. Der Große Senat entscheidet die vorgelegte Rechtsfrage demnach wie folgt:
Zahlungen eines Ehegatten an den anderen Ehegatten auf Grund eines Arbeits- oder eines Mietverhältnisses sind dann keine Betriebsausgaben des Arbeitgeber- oder Mieter-Ehegatten, wenn dieser das Gehalt an den Arbeitnehmer- Ehegatten oder die Miete an den Vermieter-Ehegatten auf ein Bankkonto überweist, über das jeder der beiden Ehegatten allein verfügungsberechtigt ist (Oder-Konto).
Fundstellen
Haufe-Index 62465 |
BStBl II 1990, 160 |
BFHE 158, 563 |
BFHE 1990, 563 |
BB 1990, 200-200 (L1) |
BB 1990, 257 |
DB 1990, 301-304 (ST) |
DStR 1990, 111 (KT) |
DStZ 1990, 150 (KT) |
HFR 1990, 122 (LT) |
StE 1990, 42 (K) |