Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung eines Mietwohngrundstücks in Eigentumswohnungen - Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel
Leitsatz (amtlich)
Die Aufteilung eines Mietwohngrundstücks in Eigentumswohnungen und der Verkauf von mehr als drei dieser Wohnungen hält sich in der Regel nur dann im Rahmen privater Vermögensverwaltung, wenn das Mietwohngrundstück nicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkauf der Wohnungen gekauft worden ist (Abgrenzung zum Urteil des BFH vom 10.August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137).
Orientierungssatz
Es ist zutreffend, daß die Verkäufe von Eigentumswohnungen unabhängig von ihrer Zahl allein noch nicht aus dem Rahmen der privaten Vermögensverwaltung herausfallen, wenn es lediglich um den Verkauf langjährig durch Vermietung genutzter Wohnungen als Abschluß der privaten Vermögensverwaltung geht. Es muß sich dabei aber grundsätzlich um das Ende der privaten Vermögensverwaltung des Veräußerers handeln; dies setzt in der Regel voraus, daß der Veräußerer die Wohnungen vorher im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung langjährig durch Vermietung genutzt hat. In einem solchen Fall ist es auch unschädlich, wenn die durch Vermietung genutzten Wohnungen zum Zwecke des Verkaufs in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; GewStDV § 1 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt eine Gaststätte. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist bei ihr angestellt. Für die Streitjahre wurden die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23.November 1979 erwarben sie ein Mehrfamilienhaus in R. Vor ihrer Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch erklärten sie in einer notariellen Urkunde vom 7.Februar 1980 die Aufteilung des Grundbesitzes in acht Eigentumswohnungen. Am 1.April 1980 ging der Besitz auf die Kläger über.
Die Kläger veräußerten von den acht Eigentumswohnungen fünf, und zwar jeweils eine zum 1.März 1980, zum 1.März 1981, zum 1.April 1981, zum 1.April 1982 und zum 1.November 1982. Aufgrund einer im Jahre 1984 durchgeführten Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, daß der Verkauf der Wohnungen als gewerblicher Grundstückshandel zu bewerten sei. Das FA erließ daher für die Streitjahre entsprechende Einkommensteueränderungsbescheide.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Auffassung des FA, daß durch den Verkauf der Eigentumswohnungen die Merkmale des gewerblichen Grundstückshandels verwirklicht worden seien. Der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung sei überschritten worden. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zwar in einem Urteil vom 10.August 1983 I R 120/80 (BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137) entschieden, daß es sich noch um private Vermögensverwaltung handele, wenn sich der Eigentümer eines Mietwohngrundstücks auf die Aufteilung in Eigentumswohnungen und den Verkauf dieser Wohnungen beschränke. Dabei habe der BFH nicht (jedenfalls nicht ausdrücklich) darauf abgestellt, wie lange das Mietwohngrundstück vorher im Eigentum des Veräußerers bzw. seiner Ehefrau gewesen sei. Soweit daraus die Auffassung des BFH abzuleiten sein solle, daß der Erwerb eines Mietwohngrundstücks mit der anschließenden Umwandlung in Eigentumswohnungen und deren Veräußerung auch dann keinen gewerblichen Grundstückshandel begründe, wenn die Wohnungen in der Absicht der Veräußerung erworben worden seien, könne dem nicht gefolgt werden. Im Streitfall habe es --das FG-- aufgrund der gesamten Umstände des Falles die Überzeugung gewonnen, daß die Kläger das Grundstück bereits mit der Absicht erworben hätten, Eigentumswohnungen zu schaffen und zu veräußern. Ein wichtiges Beweisanzeichen hierfür sei der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb und der Teilungserklärung und der anschließenden Veräußerung der Wohnungen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die Kläger machen geltend, das FG habe den Verkauf der Eigentumswohnungen nach den in dem Urteil in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137 aufgestellten Grundsätzen nicht als gewerblichen Grundstückshandel bewerten dürfen. Sie --die Kläger-- hätten in den Wohnungen zwischen Erwerb und Verkauf keinerlei Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen. Der Kauf sei auch nicht in der Absicht der Weiterveräußerung erfolgt. Das Objekt habe vielmehr als Altersvorsorge dienen sollen. Die fünf Wohnungen seien lediglich verkauft worden, um die Finanzierung des Objekts sicherzustellen und auf Dauer tragbar zu machen.
Die Kläger beantragen, die Einspruchsentscheidung und die streitigen Einkommensteuerbescheide dahin zu ändern, daß die Überschüsse aus den Verkäufen von Eigentumswohnungen in den Veranlagungszeiträumen 1980 und 1981 lediglich als Spekulationsgewinne erfaßt werden und daß für die Jahre 1980 bis 1982 ein Ansatz von Gewinnen bzw. Verlusten aus den Wohnungsverkäufen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb entfällt und statt dessen Verluste aus Vermietung und Verpachtung angesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Kläger haben durch den Kauf des Mietwohngrundstücks, die Aufteilung in Eigentumswohnungen und den Verkauf von fünf dieser Eigentumswohnungen die Merkmale des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt.
1. Nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs.1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) a.F., die für die Streitjahre grundsätzlich auch für den Begriff des gewerblichen Unternehmens in § 15 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) maßgeblich war (Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; siehe nunmehr auch § 15 Abs.2 EStG), ist ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Die Betätigung darf weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs, noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen sein. Sie darf sich auch nicht als bloße Vermögensverwaltung darstellen. Die letztbezeichnete Einschränkung steht zwar nicht ausdrücklich im Gesetz. Sie wird jedoch in ständiger Rechtsprechung vom BFH aus dem gesetzlichen Zusammenhang abgeleitet (z.B. Beschluß des Großen Senats in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
2. Die Kläger haben beim Kauf des Mietwohngrundstücks, der Aufteilung in Eigentumswohnungen und dem Verkauf der fünf Eigentumswohnungen selbständig gehandelt. Sie haben sich auch bei dem Verkauf der Wohnungen nachhaltig betätigt, sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, und sie haben mit Gewinnabsicht gehandelt. Darüber besteht unter den Beteiligten kein Streit.
3. Das FG hat ferner entgegen der Auffassung der Kläger zu Recht angenommen, daß der Kauf des Mietwohngrundstücks, die Aufteilung in Eigentumswohnungen und der Verkauf von fünf Eigentumswohnungen auch über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinausgegangen ist.
Zwar ist zutreffend, daß die Verkäufe von Eigentumswohnungen unabhängig von ihrer Zahl allein noch nicht aus dem Rahmen der privaten Vermögensverwaltung herausfallen, wenn es lediglich um den Verkauf langjährig durch Vermietung genutzter Wohnungen als Abschluß der privaten Vermögensverwaltung geht. Es muß sich dabei aber grundsätzlich um das Ende der privaten Vermögensverwaltung des Veräußerers handeln; dies setzt in der Regel voraus, daß der Veräußerer die Wohnungen vorher im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung langjährig durch Vermietung genutzt hat. In einem solchen Fall ist es auch unschädlich, wenn die durch Vermietung genutzten Wohnungen zum Zwecke des Verkaufs in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden.
Im Streitfall sind die Wohnungen jedoch nicht durch die Kläger, sondern durch jemand anders vor dem Verkauf langjährig durch Vermietung genutzt worden. Die Kläger haben daher nicht nur eine Aufteilung des Mietwohngrundstücks in Eigentumswohnungen und Verkäufe zum Abschluß der privaten Vermögensverwaltung vorgenommen. Sie haben vielmehr das Mietwohngrundstück gekauft und in engem zeitlichen Zusammenhang damit in Eigentumswohnungen aufgeteilt und einen großen Teil der Wohnungen wieder verkauft. Dieser Kauf und der damit in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgte Verkauf der Eigentumswohnungen begründet den gewerblichen Grundstückshandel (Urteile des Senats vom 23.Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 26.Februar 1988 III R 312/84, BFH/NV 1988, 561).
Aus dem BFH-Urteil in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137 läßt sich entgegen den Erwägungen des FG und entgegen der Auffassung der Kläger nichts anderes herleiten. In diesem Urteil hat zwar der I.Senat des BFH private Vermögensverwaltung angenommen, obwohl der Veräußerer von Eigentumswohnungen diese nicht selbst vorher langjährig durch Vermietung genutzt hatte. Die Besonderheit lag aber darin, daß der Veräußerer das von ihm in die Eigentumswohnungen aufgeteilte Mietwohngrundstück im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung bei der Scheidung von seiner Ehefrau erworben hatte. Der erkennende Senat kann offenlassen, ob er bei einer solchen Fallgestaltung ebenfalls den Verkauf der Eigentumswohnungen noch als private Vermögensverwaltung ansehen könnte. Jedenfalls stehen bei einer Vermögensauseinandersetzung im Zusammenhang mit einer Scheidung ganz andere Gesichtspunkte im Vordergrund als in den Fällen, in denen Wohnungen gekauft und in engem zeitlichen Zusammenhang damit wieder verkauft werden. Hierum geht es im Streitfall.
Die Kläger können sich deshalb nicht erfolgreich darauf berufen, daß sie die Wohnungen zunächst nicht in Weiterveräußerungsabsicht gekauft, sondern diese Absicht erst später wegen Finanzierungsschwierigkeiten und zu hoher finanzieller Belastungen aus dem Kauf gefaßt hätten. Die innere Einstellung der Kläger beim Kauf der Wohnungen kann wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 12.Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620, und in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Entscheidend ist daher, ob die Wohnungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kauf veräußert worden sind. Besteht ein solcher Zusammenhang, zwingt dies nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte zu der Schlußfolgerung, daß bei dem Kauf der Wohnungen zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht bestanden hat, auch wenn die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war (Urteile des Senats in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293 und in BFH/NV 1988, 561).
Den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Kauf und dem Verkauf von Wohnungen hat der erkennende Senat bei einem Zeitraum von bis zu etwa fünf Jahren bejaht (Urteile in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, und in BFH/NV 1988, 561). Die Verkäufe der fünf Wohnungen in den Streitjahren haben in weit kürzeren Zeiträumen stattgefunden.
Die Zahl der Wohnungsverkäufe durch die Kläger ist schließlich deutlich höher als die Zahl von vier Wohnungen, ab der nach der Rechtsprechung des BFH gewerblicher Grundstückshandel beginnen kann (Urteile vom 8.August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106; vom 23.Januar 1985 I R 284/81, BFH/NV 1985, 14, und in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, sowie in BFH/NV 1988, 561). Die fünf Verkäufe machen somit von der Zahl her eindeutig einen gewerblichen Grundstückshandel aus.
Fundstellen
Haufe-Index 63298 |
BFH/NV 1990, 69 |
BStBl II 1990, 1057 |
BFHE 160, 494 |
BFHE 1991, 494 |
BB 1990, 2024 |
BB 1990, 2025 (LT) |
DB 1990, 2049-2050 (LT) |
DStR 1990, 522 (KT) |
HFR 1990, 636 (LT) |
StE 1990, 298 (K) |