Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlmengenberechnung bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Fehlmenge bei der Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977 ist der Unterschied zwischen dem ermittelten Sollbestand, der sich rein rechnerisch durch Abziehen des Gesamtabgangs vom Gesamtzugang nach dem Inhalt der in den Betriebsbüchern enthaltenen Anschreibungen ergibt, und dem festgestellten Istbestand (Bestätigung der Rechtsprechung). Ergeben sich nach Anschreibungen (Satz 1) bei verschiedenen verbrauchsteuerpflichtigen Waren einerseits Mehr-, andererseits Mindermengen, so sind die Mindermengen die Fehlmenge i.S. des § 161 AO 1977, nicht erst der Saldo aus Mehr- und Mindermengen.

2. Der Steuerpflichtige hat glaubhaft gemacht, daß die Fehlmenge auf Umstände zurückzuführen ist, die eine Steuer nicht begründen, wenn er der Behörde bzw. dem FG die Überzeugung vermittelt, daß die entsprechenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sind (Bestätigung der Rechtsprechung). Stehen der festgestellten Fehlmenge Mehrmengen bei anderen steuerpflichtigen Waren gegenüber, so genügt im allgemeinen der pauschale Hinweis allein, Fehl- und Mehrmengen seien auf Vertauschung oder Verwechslung zurückzuführen, noch nicht zur Glaubhaftmachung.

 

Orientierungssatz

Gegenstand der Leuchtmittelsteuer ist jede einzelne Glühlampe oder Entladungslampe i.S. der Definition des § 1 LeuchtmStG. Um sicherzustellen, daß jedes einzelne Leuchtmittel der Versteuerung zugeführt wird, unterliegen Leuchtmittelherstellungsbetriebe der Steueraufsicht.

 

Normenkette

AO 1977 § 161; LeuchtmStG §§ 1-2, 10; LeuchtmStDB §§ 21-22, 28

 

Verfahrensgang

FG Berlin (Entscheidung vom 08.03.1988; Aktenzeichen VII 368/84)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) stellt Leuchtmittel u.a. in A her und betreibt dort ein Zentrallager. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt ―HZA―) befreite sie auf ihren Antrag u.a. von der Führung eines Ausgangslagerbuches (vgl. § 21 der Durchführungsbestimmungen zum Leuchtmittelsteuergesetz ―LeuchtmStDB―), sofern sie entsprechende Aufzeichnungen mit Hilfe der EDV erstellt und aufbewahrt. Das HZA verzichtete auch auf das Ausfüllen des Abschnitts B "Bestandsaufnahme" im amtlichen Vordruck für die jährlichen Bestandsaufnahmen, wenn die Klägerin eine datenverarbeitungsmäßig erstellte Auflistung "Liste a - Bestandsaufnahme" und "Listen b, c - Soll-Ist-Vergleich" u.a. unmittelbar aus den Inventurunterlagen (Zählzetteln) ohne firmeninterne Bestandsaufnahmekorrekturen anfertigt.

Am 31.Juli 1982 führte die Klägerin für den Herstellungsbetrieb in A die nach § 28 Abs.1 LeuchtmStDB vorgeschriebene Bestandsaufnahme für die Zeit vom 1.August 1981 bis 31.Juli 1982 durch. Sie verwendete dafür die erwähnten, mit Hilfe der EDV erstellten Listen. Aufgrund des Soll-Ist-Vergleichs der Klägerin bei den einzelnen von ihr mit ihrer EDV-Auflistung erfaßten Artikeln (Produkttypen) ergaben sich unstreitig Minusdifferenzen von insgesamt 554 886 und Plusdifferenzen von 495 746 Leuchtmitteln. Die Klägerin saldierte diese Differenzen. Sie wies eine Sollmenge von 10 047 769, eine Istmenge von 9 989 881 und eine Fehlmenge von 57 888 Leuchtmitteln aus.

Mit Steuerbescheid vom 30.November 1983 forderte das HZA unter Bezugnahme auf § 161 der Abgabenordnung (AO 1977) von der Klägerin Leuchtmittelsteuer in Höhe von 96 287,60 DM. Es lehnte dabei eine Saldierung ab, ging also von einer Fehlmenge von 554 886 Leuchtmitteln aus und sah davon eine Menge von insgesamt 331 420 Leuchtmitteln als von der Klägerin aufgeklärt an. Der Berechnung der Leuchtmittelsteuerforderung legte das HZA die restliche Fehlmenge in Höhe von 223 466 Leuchtmitteln zugrunde und kürzte die Leuchtmittelsteuer nach § 9 Abs.2 des Leuchtmittelsteuergesetzes (LeuchtmStG) um 1 v.H.

Mit ihrer Klage beantragte die Klägerin, die Leuchtmittelsteuer auf 686,79 DM herabzusetzen. Sie begründete ihre Klage im wesentlichen damit, zur Feststellung der Fehlmenge seien die innerhalb der gleichen Leuchtmittelsteuergruppe festgestellten Minderbestände mit den dabei festgestellten Mehrbeständen zu saldieren. Allenfalls könne als Fehlmenge die Summe der Minussalden innerhalb einer Leuchtmittelsteuergruppe pro Artikeluntergruppe angesehen werden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1988, 489; nur Leitsätze). Seine Begründung zu den materiell-rechtlichen Fragen ist in der Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern (ZfZ) 1988, 311 veröffentlicht.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist nicht begründet. Der angefochtene Steuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Bei der nach § 28 LeuchtmStDB vorgeschriebenen und von der Klägerin durchgeführten Bestandsaufnahme haben sich nach den Feststellungen des FG Fehlmengen in der Höhe ergeben, von der das HZA in den angefochtenen Bescheiden ausgegangen ist. Die Klägerin hat nach den den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs.2 FGO) Feststellungen des FG nicht glaubhaft gemacht, daß diese Fehlmengen auf Umstände zurückzuführen sind, die eine Leuchtmittelsteuer nicht begründen (vgl. § 161 AO 1977).

1. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Fehlmenge i.S. des § 161 AO 1977 jede Minusdifferenz ist, die sich in bezug auf einzelne Artikel beim Vergleich des Istbestandes mit dem Sollbestand nach den maßgebenden betrieblichen Aufzeichnungen ergibt (so die vom FG bestätigte Auffassung des HZA), oder ob die im Rahmen des Soll-Ist-Vergleichs bei verschiedenen Leuchtmitteln derselben Steuergruppe (oder Artikeluntergruppe) festgestellten Mehr- und Mindermengen zunächst zu saldieren sind und erst ein Minusergebnis im Saldo als eine Fehlmenge anzusehen ist (so die Auffassung der Klägerin). Der Senat hält die erstgenannte Auffassung für richtig.

a) Eine Fehlmenge ist der Unterschied zwischen dem bei der Bestandsaufnahme ermittelten Sollbestand, der sich rein rechnerisch durch Abziehen des Gesamtabgangs von dem Gesamtzugang nach dem Inhalt der in den Betriebsbüchern enthaltenen Anschreibungen ergibt, und dem bei der Bestandsaufnahme vorgefundenen Istbestand. Diese vom Reichsfinanzhof (RFH) im Urteil vom 30.Juni 1926 IV A 160/26 (RFHE 19, 163) in Auslegung einer Vorgängervorschrift des § 161 AO 1977, des § 42 Abs.2 des Tabaksteuergesetzes i.d.F. des Jahres 1924, entwickelte Definition kann, wie die Klägerin zu Recht ausführt, auch bei der Auslegung des Begriffs "Fehlmengen an verbrauchsteuerpflichtigen Waren" i.S. § 161 Satz 1 AO 1977 herangezogen werden (vgl. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 161 AO 1977 Anm.3 und 6; von Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9.Aufl., § 161 AO 1977 Anm.3 und 4). Sie liegt auch dem von der Klägerin zitierten nicht veröffentlichten Senatsurteil vom 21.Juni 1977 VII R 30/74 zugrunde, in dem es um die Auslegung des § 196 der Reichsabgabenordnung (AO) ging, der dem § 161 AO 1977 im wesentlichen entsprach (vgl. auch Senatsentscheidungen vom 8.Februar 1977 VII R 113/74, BFHE 121, 367, 370, und vom 7.Juni 1984 VII S 3/84, Juristisches Informationssystem ―JURIS― 379, 711; Urteil des Hessischen FG vom 1.Dezember 1982 VII 432/77, EFG 1983, 374, ZfZ 1983, 309, 310; Tipke/Kruse, a.a.O., § 161 AO 1977 Anm.3 und 6; von Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 161 AO 1977 Tz.3 und 4; Dewitz in ZfZ 1984, 205; Peters, Das Verbrauchsteuerrecht, 1989, Rdnr.851).

Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG den Istbestand für jeden einzelnen Artikel ermittelt. Sie hat ferner den Sollbestand so, wie es die genannte Definition voraussetzt, nach dem Inhalt der in den Betriebsbüchern enthaltenen Anschreibungen (vgl. § 22 LeuchtmStDB) ermittelt und in der Liste c, deren Vorlage ihr vom HZA zur Auflage gemacht worden war, für jeden einzelnen Artikel dargestellt. Das Ausgangslagerbuch i.S. des § 21 LeuchtmStDB spielte dabei schon deswegen keine Rolle, weil die Klägerin auf ihren Antrag hin von seiner Führung befreit worden war (§ 21 Abs.2 LeuchtmStDB). Bei dem Vergleich der so zustande gekommenen artikelbezogenen Ist- und Sollbestände haben sich u.a. Minusdifferenzen ergeben. Diese sind in Anwendung der genannten Definition Fehlmengen i.S. des § 161 AO 1977. Daran vermag die Tatsache nichts zu ändern, daß der genannte Vergleich bei anderen Artikeln zu Mehrmengen geführt hat.

Der Senat vermag nicht der Auffassung der Klägerin zu folgen, kraft Gesetzes seien für die Fehlmengenermittlung bei Leuchtmitteln allein die Steuergruppen maßgebend. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Begriff der Bestandsaufnahme in § 161 AO 1977 dahin auszulegen, daß darunter die in den jeweiligen Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts ―hier also des Leuchtmittelsteuerrechts― geregelten Bestandsaufnahmen fallen (vgl. zuletzt Urteil vom 26.September 1989 VII R 57/86, BFHE 158, 190, 192, mit weiteren Hinweisen). Es gibt jedoch keine Vorschrift des Leuchtmittelsteuerrechts, aus der sich entnehmen ließe, daß Fehlmengen i.S. des § 161 AO 1977 nicht die beim Soll-Ist-Vergleich festgestellten Minusdifferenzen sind.

Vielmehr ist bei der Beurteilung dieser Frage auch zu beachten, daß Gegenstand der Leuchtmittelsteuer jede einzelne Glüh- oder Entladungslampe i.S. der Definition des § 1 LeuchtmStG ist. Das ergibt sich auch aus § 2 LeuchtmStG ―dem Steuertarif―, der für Leuchtmittel verschiedener Beschaffenheit verschiedene Steuersätze "je Stück" vorsieht. Um sicherzustellen, daß jedes einzelne Leuchtmittel (*= verbrauchsteuerpflichtige Ware i.S. des § 161 AO 1977) der Versteuerung zugeführt wird, unterliegen Leuchtmittelherstellungsbetriebe wie der der Klägerin der Steueraufsicht (§ 10 Abs.1 LeuchtmStG). Die nach § 28 LeuchtmStDB vorgeschriebene Bestandsaufnahme (*= vorgeschriebene Bestandsaufnahme i.S. des § 161 AO 1977) ist eine wichtige Maßnahme der Steueraufsicht (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 20.Dezember 1983 IV 93/82 N, EFG 1984, 388, 390, ZfZ 1984, 305; Peters, a.a.O.). Daraus muß gefolgert werden, daß auch bei der Bestandsaufnahme grundsätzlich auf das einzelne Leuchtmittel abzustellen ist. Dem § 2 LeuchtmStG kann keine gegenteilige Handlungsanweisung für die Feststellung des Sollbestandes bei einer Bestandsaufnahme entnommen werden.

Auch aus § 28 LeuchtmStDB ergibt sich nichts, was zu einer anderen Bestimmung des Begriffs der Fehlmenge Anlaß gäbe. Diese Vorschrift verpflichtet den Hersteller zur alljährlichen Feststellung der Istbestände "an Leuchtmitteln" und zur entsprechenden Anmeldung der Sollbestände und schreibt vor, daß der Bestand auf besonderem Formular anzumelden ist. Daß Istbestände und Sollbestände entgegen den Anforderungen einer zweckmäßigen Steueraufsicht nicht nach einzelnen Artikeln getrennt, sondern nach Steuergruppen zusammengefaßt festzustellen sind, ist dieser Vorschrift nicht zu entnehmen. Auch aus den Hinweisen in dem in Einklang mit § 28 Abs.1 Satz 2 LeuchtmStDB vorgeschriebenen Muster Nr.2119 (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung ―VSF― V 8395) ergibt sich eine solche Regelung nicht. Nach diesen Hinweisen und dem Text des Formulars sind zwar die Bestände im Formular nur nach Steuergruppen getrennt nachzuweisen (vgl. Hinweis 2 des Formulars) und abzurechnen (Hinweis 4 des Formulars). Damit wird aber auch nicht mittelbar die Durchführung einer Bestandsaufnahme für Leuchtmittel geregelt, sondern lediglich vorgeschrieben, wie das Ergebnis einer Bestandsaufnahme anzumelden ist. Aus den genannten Hinweisen kann vor allem nichts darüber entnommen werden, wie der Hersteller die Bücher zu führen hat, aus denen bei einer Bestandsaufnahme der Sollbestand entnommen werden muß (vgl. auch §§ 21 und 22 LeuchtmStDB).

Selbst wenn dies aber der Fall wäre, wäre das im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Denn nach den Feststellungen des FG hat das HZA nach § 21 Abs.2 und § 28 Abs.1 Satz 4 LeuchtmStDB auf Antrag ausdrücklich zugelassen, daß die Klägerin kein Ausgangslagerbuch führt und ihre Bestandsanmeldungen nicht nach vorgeschriebenem Muster abgibt, sondern dafür ihre datenverarbeitungsmäßig erstellten Auflistungen u.a. b und c verwendet. In der Auflistung c hatte aber die Klägerin die von ihr hergestellten Artikel (Produkttypen) jeweils einzeln mit Soll- und Istbestand anzugeben, was wiederum die Führung entsprechender betrieblicher Aufzeichnungen voraussetzte. Die unter Berücksichtigung dieser betrieblichen Aufzeichnungen durchgeführte Bestandsaufnahme ist i.S. des § 161 AO 1977 durch das Leuchtmittelsteuerrecht vorgeschrieben. Die dabei ―d.h. in bezug auf die einzelnen Artikel― aufgetretenen Minusdifferenzen sind die nach § 161 AO 1977 maßgeblichen Fehlmengen.

Diese Auffassung ist auch sachgerecht. Die Bestandsaufnahme ist, wie oben ausgeführt, eine wichtige Maßnahme der Steueraufsicht (§ 10 Abs.1 LeuchtmStG). Sie dient zusammen mit dem Bestandsvergleich der Kontrolle, ob alle verbrauchsteuerpflichtigen Waren ―d.h. jede einzelne von ihnen― der Verbrauchsteuer unterworfen worden sind. Für den Fall, daß in den maßgebenden betrieblichen Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen Waren noch als im Lager befindlich vermerkt sind, die bei der Aufnahme des Istbestandes als fehlend festgestellt werden, besteht für das HZA Anlaß, der Frage nachzugehen, ob jede einzelne dieser Waren dennoch der Besteuerung zugeführt worden ist. Die Existenz von Mehrmengen bei einer anderen Ware beseitigt diesen Anlaß auch dann nicht, wenn diese dem gleichen Steuersatz wie die fehlende unterliegt. Denn damit ist das Fehlen dieser Ware noch nicht automatisch aufgeklärt. Deswegen soll das HZA nach § 161 AO 1977 (vgl. z.B. Senatsurteile vom 12.Oktober 1960 VII 11/60 U, BFHE 72, 22, BStBl III 1961, 9, und vom 17.März 1981 VII R 60/77, BFHE 133, 158, 161) befugt sein, soweit die entstandenen Unklarheiten nicht durch den Steuerpflichtigen beseitigt werden, davon auszugehen, daß für die fehlenden Waren eine Verbrauchsteuer nach den entsprechenden Schuldentstehungstatbeständen (hier § 3 LeuchtmStG) entstanden ist.

Durch die von der Klägerin für richtig gehaltene Saldierung werden die bei den einzelnen Artikeln im Vergleich zum Sollbestand festgestellten Fehlmengen nur rechnerisch ausgeglichen, ohne daß die Zweifel an der zutreffenden Versteuerung beseitigt worden sind, die ihren Grund in dem festgestellten tatsächlichen Auseinanderfallen von Soll- und Istbestand haben. Die in solchen Fällen naheliegende Möglichkeit der Vertauschung oder Verwechslung von Waren verschiedener Produkttypen ist ein Umstand, der es rechtfertigen mag, dem Steuerpflichtigen die Widerlegung der Vermutung des § 161 AO 1977 zu erleichtern. Er reicht aber nicht aus, um etwa folgern zu können, das Vorhandensein einer Mehrmenge z.B. bei 110-Watt-Glühlampen sei bereits ―ohne konkrete Hinweise auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Vertauschens oder Verwechselns― geeignet, eine Fehlmenge z.B. bei 200-Watt-Glühlampen (beide gehören zur gleichen Steuergruppe) aufzuklären, während dies z.B. in bezug auf eine Mehrmenge für 190-Watt-Glühlampen bei einer Fehlmenge für 210-Watt-Glühlampen (gehören verschiedenen Steuergruppen an) nicht der Fall sein soll.

b) Die Klägerin beruft sich für ihre Gegenauffassung darauf, daß "freiwillig geführte Aufzeichnungen" keine Grundlage für die Feststellung etwaiger Fehlmengen sein dürften. Es kann dahinstehen, ob diese Auffassung richtig ist. Denn jedenfalls hat die Klägerin die für die Feststellung der einzelnen Sollmengen maßgeblichen betrieblichen Aufzeichnungen nicht "freiwillig" geführt. Ihre Führung entspricht vielmehr den Auflagen des HZA im Zusammenhang mit der Befreiung der Klägerin von der Pflicht zur Führung des Ausgangslagerbuches und zur Ausfüllung des Abschnitts B des Formulars über die jährliche Bestandsaufnahme. Überdies kamen als Unterlagen für die Feststellung der Sollmengen nur die bezeichneten betrieblichen Aufzeichnungen in Betracht, da es an anderen Aufzeichnungen fehlte. Daher braucht auch nicht auf die Frage eingegangen zu werden, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn die Klägerin zur Führung eines Ausgangslagerbuches verpflichtet gewesen wäre.

c) Die vom Senat bestätigte Auffassung des FG verletzt entgegen der Auffassung der Klägerin weder Art.2 Abs.1, Art.14 und Art.20 Abs.3 des Grundgesetzes (GG) noch § 3 Abs.1, § 38 AO 1977. Daß für die Feststellung der Fehlmengen i.S. des § 161 AO 1977 die betrieblichen Aufzeichnungen der Klägerin herangezogen werden mußten, verletzt nicht den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, sondern ergibt sich gerade, wie ausgeführt, aus der Auslegung des § 161 AO 1977, den erwähnten Vorschriften des Leuchtmittelsteuerrechts und den besonderen Auflagen des HZA für die Klägerin. Es kann hier dahinstehen, ob Fehlmengen grundsätzlich anders festgestellt werden könnten, wenn ein Steuerpflichtiger zulässigerweise die steuerpflichtigen Waren nur nach Steuergruppen zusammengefaßt aufgezeichnet hat (vgl. z.B. Abschn.36 Abs.4 der Einkommensteuer-Richtlinien und Koller/Hirt/Röttinger, ABC des Bilanzsteuerrechts, 3.Aufl. 1979, S.290, wonach bei der körperlichen Bestandsaufnahme grundsätzlich die Einzelaufnahme der Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens erforderlich ist). Denn jedenfalls läge dann ein mit dem vorliegenden nicht vergleichbarer Fall vor, den anders zu behandeln nach Art.3 GG nicht untersagt ist.

2. Nach § 161 Satz 1 AO 1977 wird vermutet, daß hinsichtlich der Fehlmengen eine Leuchtmittelsteuer nach § 3 LeuchtmStG entstanden ist, soweit die Klägerin nicht glaubhaft gemacht hat, daß die Fehlmengen auf Umstände zurückzuführen sind, die eine Steuer nicht begründen. Das Glaubhaftmachen dient ―wie der Beweis― der Überzeugungsbildung, läßt jedoch im Verhältnis zum Beweis einen geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit genügen. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn sie überwiegend wahrscheinlich ist. Die Ausführungen des Steuerpflichtigen zu den Fehlmengen müssen demnach die Verursachung der Fehlmengen durch bestimmte Umstände zum Gegenstand haben und durch ihre überwiegende Wahrscheinlichkeit der Zollbehörde die Überzeugung verschaffen, daß sie zutreffen (vgl. Urteil in BFHE 133, 158, 162, m.w.N.). Es ist Sache des Steuerpflichtigen, alles in seiner Macht liegende zu tun, um der Steuerbehörde die Überzeugung von der Richtigkeit seiner Einlassung zu vermitteln. Eine etwaige Unaufklärbarkeit geht zu Lasten des Steuerpflichtigen (Urteil in BFHE 133, 158, 162).

Diese Rechtsauffassung liegt auch der Vorentscheidung zugrunde. Das FG hat in den Gründen der Vorentscheidung ausgeführt, es halte nicht für glaubhaft gemacht, daß die Fehlmengen auf Verwechslung oder Vertauschung beruhten, sondern halte es für wesentlich wahrscheinlicher, daß die Fehlmengen auf verschiedene Weise zur Zeit der konventionellen Lagerhaltung und durch die Umorganisation entstanden seien. Das FG hat also zutreffend nach überwiegender Wahrscheinlichkeit entschieden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63054

BFH/NV 1991, 19

BFHE 162, 191

BFHE 1991, 191

BB 1991, 309

BB 1991, 309 (LT)

HFR 1991, 262 (LT)

StE 1991, 67 (K)

StRK, R.3 (LT)

ZfZ 1991, 145 (KT)

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