Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei dem Bezirksleiter einer Einzelhandelskette, der täglich mehrere Filialen aufsucht
Leitsatz (amtlich)
Sind dem Bezirksleiter einer Einzelhandelskette zwischen fünf und acht Filialen fest zugeordnet, die er täglich aufsucht, um dort Arbeiten zu verrichten, die den wesentlichen Inhalt seines Aufgabengebiets betreffen, handelt es sich bei der Fahrt von der Wohnung zu der als erste aufgesuchten Filiale und der Fahrt von der zuletzt aufgesuchten Filiale zur Wohnung jeweils um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dementsprechend ist nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ein geldwerter Vorteil zu erfassen, sofern das dem Bezirksleiter überlassene betriebliche Kfz auch für diese Fahrten genutzt wird.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 Sätze 2-3, § 21 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt eine Kette von Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäften. Sie stellte verschiedenen Arbeitnehmern jeweils ein firmeneigenes Kfz auch zur privaten Nutzung zur Verfügung (Dienstwagen). Den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung der Dienstwagen ermittelte die Klägerin nach der 1 v.H.-Methode. Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1996 mietete die Klägerin mit schriftlichen (Unter-) Mietverträgen von einzelnen Arbeitnehmern Garagen an, in denen die Dienstwagen unterzustellen waren. Dabei handelte es sich teils um die eigene Garage des Arbeitnehmers, teils um eine solche, die der Arbeitnehmer seinerseits von einem Dritten gemietet hatte. Die Garagenmieten, die die Klägerin an ihre Arbeitnehmer zahlte, betrugen bis zu 100 DM monatlich. Die Mietverträge liefen jeweils auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat.
Für den Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis 30. Juni 1997 fand bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die von der Klägerin als Garagenmieten geleisteten Zahlungen stellten Arbeitslohn dar. Für den gesamten Prüfungszeitraum ermittelte er insoweit einen Nachforderungsbetrag (ohne Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) in Höhe von 6 613 DM.
Auch die für die Klägerin tätigen Bezirksleiter verfügten jeweils über einen Dienstwagen. Jeder Bezirksleiter hatte im Prüfungszeitraum zwischen fünf und acht Filialen zu betreuen. Diese suchte er in der Regel arbeitstäglich in wechselnder Reihenfolge auf, um dort mit unterschiedlichem Zeitaufwand verschiedene Arbeiten zu erledigen. Der Prüfer nahm an, jeder Bezirksleiter habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in sämtlichen der ihm zugewiesenen Filialen. Die täglichen Fahrten jedes Bezirksleiters zwischen der Wohnung und der zuerst aufgesuchten Filiale sowie die Fahrten zwischen der jeweils zuletzt besuchten Filiale und der Wohnung seien solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Da die Bezirksleiter für diese Fahrten die Dienstwagen nutzten, sei insoweit ein geldwerter Vorteil zu erfassen. Dieser habe für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis zum 31. Dezember 1995 monatlich 1,04 DM je Entfernungskilometer betragen. Seit dem 1. Januar 1996 seien monatlich je Entfernungskilometer 0,03 v.H. des auf volle 100 DM abgerundeten Listenpreises des jeweiligen Kfz anzusetzen. Die Entfernungskilometer ermittelte der Prüfer auf der Grundlage einer Durchschnittsberechnung. Er legte jeweils die Summe der Entfernungskilometer von der Wohnung des Bezirksleiters zu den einzelnen ihm zugewiesenen Filialen, dividiert durch deren Anzahl, zugrunde. Da die Klägerin einen Pauschalierungsantrag nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestellt hatte, erfolgte die Nachversteuerung hinsichtlich eines Teilbetrags von 0,70 DM je Entfernungskilometer nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 15 v.H. Den Nachforderungsbetrag ermittelte der Prüfer mit insgesamt 7 163 DM (ohne Nebensteuern). Im Übrigen ergab sich insoweit ein Haftungsbetrag in Höhe von 7 573 DM (ohne Nebensteuern) einschließlich der in 1997 angefallenen Nettolohnsteuer. Dem folgend erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid.
Die dagegen gerichtete Klage, die sich hinsichtlich der Garagenmieten nicht gegen die in den Lohnzahlungszeiträumen 1994 und 1995 erfolgten Zahlungen einschließlich der hierauf in 1997 entfallenden Nettolohnsteuer richtete, hat das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 747 veröffentlichten Gründen abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, bei den einzelnen Filialen, die der jeweilige Bezirksleiter aufgesucht habe, habe es sich nach Maßgabe der Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. November 1987 VI R 6/86 (BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443) nicht um regelmäßige Arbeitsstätten gehandelt. Deshalb sei insoweit kein geldwerter Vorteil für die private Nutzung der Dienstwagen zu erfassen. Zwar hätten die Bezirksleiter ihre berufliche Tätigkeit im Wesentlichen in den Filialen ausgeübt; es sei aber eine Einsatzwechseltätigkeit anzunehmen. Für eine solche sei kennzeichnend, dass der Arbeitnehmer einen Beruf ausübe, bei dem ―wie im Streitfall― ein ständiger Wechsel der Arbeitsstätte typisch sei. Die Vorherbestimmtheit des Arbeitsortes sei entgegen der Auffassung des FG kein Merkmal, das für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte spreche. Maßgebend für die von Fahrten zwischen Wohnung und (fester) Arbeitsstätte abweichende Behandlung der Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzstellen sei nach dem genannten BFH-Urteil in BFHE 152, 232, BStBl II 1988, 443 der Umstand, dass der Arbeitnehmer ―wie bei Dienstreisen― nicht laufend zur gleichen Arbeitsstätte fahre und deshalb nicht die Möglichkeit habe, durch eine entsprechende Wohnsitznahme selbst die Höhe seiner Fahrtaufwendungen zu bestimmen. Eine Einsatzwechseltätigkeit könne auch an Einsatzorten ausgeübt werden, die Betriebsstätten des Arbeitgebers darstellten. Entscheidend sei, dass jeder Bezirksleiter täglich zwischen fünf und acht Einsatzstellen an verschiedenen Orten aufsuche. Eine Filiale, die von der Wohnung des zuständigen Bezirksleiters 50 km entfernt liege, befinde sich entgegen der Auffassung des FG nicht mehr im üblichen Einzugsbereich i.S. des Abschn. 38 Abs. 5 Satz 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR). Letztlich könne die Frage der Entfernung der einzelnen Filialen von den Wohnungen der Bezirksleiter jedoch dahinstehen. Eine Tätigkeit, die ―wie hier― durch einen häufigen Ortswechsel geprägt sei, stelle eine Art Reisetätigkeit dar, bei der die Annahme von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ausscheide (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 VI R 109/89, BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422). Die Tätigkeit des Bezirksleiters sei vergleichbar mit der eines Reisevertreters oder eines Kundendiensttechnikers. Auch diese könnten nicht mehr als fünf bis acht Kunden pro Tag aufsuchen. Bereits die Anzahl der den Bezirksleitern zugewiesenen Filialen spreche dagegen, dass diese ihre regelmäßigen Arbeitsstätten seien. Die Intensität der Arbeitsverrichtung an jeder Arbeitsstätte nehme mit zunehmender Anzahl der Arbeitsstätten zwangsläufig ab. Bei fünf bis acht täglich aufzusuchenden Filialen halte sich jeder Bezirksleiter in der einzelnen Filiale zwischen 10 Minuten und 2 Stunden auf.
Auch die an die Arbeitnehmer gezahlten Garagenmieten stellten keinen Arbeitslohn dar. Die Klägerin habe die Mieten ausschließlich für die von den Arbeitnehmern für die Dienstwagen überlassenen Garagen gezahlt und nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft oder für die von den Arbeitnehmern eingegangene Verpflichtung, die Dienstwagen in einer Garage unterzustellen. Arbeitnehmer könnten neben dem Dienstverhältnis auch in andere Rechtsbeziehungen zum Arbeitgeber treten (Hinweis auf BFH-Urteile vom 19. Oktober 1982 VIII R 97/79, BFHE 137, 418, BStBl II 1983, 295; vom 31. Oktober 1989 VIII R 210/83, BFHE 160, 11, BStBl II 1990, 532). Solche Rechtsverhältnisse seien unabhängig vom Dienstverhältnis zu beurteilen, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Begründung und Durchführung des Rechtsverhältnisses weisungsfrei gegenüber stünden und derartige Rechtsbeziehungen zu gleichen Bedingungen üblicherweise auch mit fremden Dritten eingegangen würden. Die Klägerin habe mit den Bezirksleitern Mietverträge abgeschlossen, die sie so auch mit jedem anderen Dritten abschließen würde. Die Einkünfte der Arbeitnehmer aus der Vermietung der Garagen seien daher solche aus Vermietung und Verpachtung. § 21 Abs. 3 EStG komme nicht zur Anwendung, da die Vorschrift voraussetze, dass Einkünfte sowohl unter § 21 EStG als auch unter eine andere Einkunftsart fielen. Sofern die Mietzahlungen der Klägerin gleichwohl als Arbeitslohn zu qualifizieren sein sollten, seien diese Zahlungen durch die Versteuerung der privaten Nutzung der Dienstwagen nach der 1 v.H.-Methode abgegolten und könnten deshalb nicht zusätzlich erfasst werden. Die 1 v.H.-Methode erfasse alle vom Arbeitgeber übernommenen Kfz-Kosten. Hierzu gehöre auch die Miete, die der Arbeitgeber für eine Garage zahle.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die vorinstanzliche Entscheidung aufzuheben sowie die Einspruchsentscheidung vom 7. Januar 1999 und den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 22. Oktober 1997 dahin gehend abzuändern, dass nur die in den Jahren 1994 und 1995 gezahlten Garagenmieten der Nachversteuerung unterworfen werden sowie die hierauf in 1997 entfallende Nettolohnsteuer erfasst wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es trägt vor, jeder Bezirksleiter habe über einen längeren Zeitraum wöchentlich die ihm zugewiesenen fünf bis acht Filialen in etwa gleichem Rhythmus aufgesucht und sich dabei innerhalb des üblichen Einzugsbereichs seiner Wohnung bewegt. Die Tätigkeit eines Bezirksleiters sei nicht mit der eines Reisevertreters bzw. Kundendienstmitarbeiters vergleichbar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422, welches die Fahrten eines Glas- und Gebäudereinigers zur Reinigung von Telefonzellen zum Gegenstand habe. Dieser reinige täglich eine größere Zahl von Telefonzellen. Dagegen habe jeder Bezirksleiter lediglich bis zu acht Filialen aufgesucht. Bei diesen handele es sich zudem um Betriebsstätten des Arbeitgebers.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist insoweit begründet, als sie sich gegen die Nachversteuerung der in dem Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1997 an die Arbeitnehmer gezahlten Garagenmieten richtet. Insoweit waren das Urteil des FG, der Nachforderungs- und Haftungsbescheid vom 22. Oktober 1997 sowie die Einspruchsentscheidung vom 7. Januar 1999 aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Im Übrigen ist die Revision unbegründet, sie war deshalb insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Zu Unrecht hat das FG angenommen, die von der Klägerin an ihre Mitarbeiter in den Lohnzahlungszeiträumen vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1997 gezahlten Garagenmieten stellten Barlohnzahlungen dar. Bei den Zahlungen, die die Klägerin aufgrund der von ihr mit den Arbeitnehmern geschlossenen Mietverträgen erbracht hat, handelt es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um Mietzahlungen i.S. des § 21 Abs. 1 EStG, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Insoweit verweist der Senat in Bezug auf die Fälle, in denen die Arbeitnehmer eine eigene Garage an die Klägerin vermietet haben, auf die Ausführungen in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 7. Juni 2002 VI R 145/99 (unter II. 2.), die im Streitfall entsprechend gelten.
Auch in den Fällen, in denen die Arbeitnehmer eine von einem fremden Dritten gemietete Garage an die Klägerin untervermietet haben, erzielten die Arbeitnehmer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Mietzahlungen der Klägerin stellen auch in diesen Fällen keine Arbeitslohnzahlungen dar. Insoweit verweist der Senat auf die Gründe in dem Urteil VI R 145/99 (unter II. 2.). Die dortigen Ausführungen zur Vermietung einer eigenen Garage an den Arbeitgeber gelten entsprechend für die Vermietung einer Garage an den Arbeitgeber, welche der Arbeitnehmer von einem fremden Dritten gemietet hat. Anders als in der Sache VI R 145/99 handelt es sich hinsichtlich der Zahlungen der Klägerin an die Arbeitnehmer in diesen Fällen deshalb nicht um steuerfreien Auslagenersatz i.S. des § 3 Nr. 50 2. Alternative EStG, weil insoweit ein eigenständiges Mietverhältnis begründet wurde.
2. Die Klägerin hat nicht auch dadurch zusätzlichen, dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Sachlohn geleistet, dass sie ihren Arbeitnehmern die gemieteten Garagen unentgeltlich für die zur privaten Nutzung überlassenen Kfz zur Verfügung gestellt hat. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kalendermonat ermittelte geldwerte Vorteil der privaten Kfz-Nutzung mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer erfasst auch die Überlassung einer Garage für das betriebliche Kfz durch den Arbeitgeber. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im Urteil VI R 145/99 (unter II. 3.), die im Streitfall entsprechend gelten.
3. Die Fahrten der Bezirksleiter zwischen der Wohnung zur jeweils zuerst aufgesuchten Filiale sowie die Fahrten von der jeweils zuletzt besuchten Filiale zur Wohnung waren Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Da die Bezirksleiter die Dienstwagen auch für diese Fahrten nutzten, hat das FA insoweit zutreffend einen ―der Höhe nach unstreitigen― geldwerten Vorteil erfasst.
a) Arbeitsstätte i.S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG bzw. Abschn. 31 Abs. 7 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 LStR 1993 für die Lohnzahlungszeiträume vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Dezember 1995 ist ―entsprechend § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG― der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat (so BFH-Urteile in BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422, und vom 10. Oktober 1994 VI R 2/92, BFHE 175, 553, BStBl II 1995, 137, unter 2. a). Es ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitsstätten haben kann und seine Aufwendungen für die Fahrten von der Wohnung zu diesen Arbeitsstätten und zurück der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1988 VI R 199/84, BFHE 155, 362, BStBl II 1989, 296). Für die Annahme einer Arbeitsstätte reicht es allerdings nicht aus, wenn zahlreiche Tätigkeitsstätten im zeitlichen Abstand immer wieder aufgesucht werden, sondern es ist auch eine gewisse zeitliche Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit in der Tätigkeit an diesen Orten erforderlich (BFH-Urteil in BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422, 424, unter 2. b a.E. zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG). Der Betriebssitz oder sonstige Stätten oder Einrichtungen des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit mit dem Ziel aufsucht, Arbeitsleistungen zu erbringen, sind nebeneinander bestehende regelmäßige Arbeitsstätten.
b) Vom Typus der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind dagegen solche Fahrten nicht umfasst, die durch einen häufigen Ortswechsel geprägt im Rahmen einer Reisetätigkeit durchgeführt werden (BFH-Urteil in BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422). Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung an zahlreichen wechselnden Tätigkeitsstätten zu erbringen hat, wie das z.B. bei einem Reisevertreter oder bei einem Kundendiensttechniker der Fall ist. Hier fehlt die für die Annahme einer Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG erforderliche zeitliche Nachhaltigkeit der Tätigkeit an diesen Orten auch dann, wenn die zahlreichen Tätigkeitsstätten im zeitlichen Abstand immer wieder aufgesucht werden.
c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelt es sich bei den jedem Bezirksleiter zugewiesenen fünf bis acht Filialen um regelmäßige Arbeitsstätten. Die Tätigkeit der Bezirksleiter wurde nicht im Rahmen einer Art Reisetätigkeit durchgeführt, wie dies der BFH in BFHE 173, 179, BStBl II 1994, 422 in Bezug auf einen als Glas- und Gebäudereiniger tätigen Arbeitnehmer angenommen hat. Bei den jedem Bezirksleiter zugewiesenen Filialen handelte es sich jeweils um Betriebsstätten der Klägerin. In den Filialen erfüllten die Bezirksleiter den wesentlichen Teil ihrer Aufgaben. Diese bestanden in der Leitung des aus den einzelnen Filialen bestehenden Verkaufsbezirks. Jeder Bezirksleiter suchte die ihm zugewiesenen Filialen regelmäßig an jedem Arbeitstag auf und war damit jeweils an nebeneinander bestehenden festen Arbeitsstätten tätig. Die in den einzelnen Filialen ausgeübte leitende Tätigkeit wies eine ausreichende zeitliche Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit auf, auch wenn die tägliche Aufenthaltsdauer in der einzelnen Filiale Schwankungen unterlag. Die Anzahl von fünf bis zu acht zum jeweiligen Verkaufsbezirk gehörenden Filialen war so bemessen, dass die Bezirksleiter ihre leitende Tätigkeit vor Ort in den Filialen erfüllen konnten.
4. Die Übertragung der Berechnung des verbleibenden Haftungs- und Nachforderungsbetrags auf das FA folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 846924 |
BFH/NV 2002, 1640 |
BStBl II 2002, 878 |
BFHE 199, 329 |
BFHE 2002, 329 |
BB 2002, 2370 |
BB 2002, 2483 |
DB 2002, 2630 |
DStR 2002, 1942 |
DStRE 2002, 1363 |
HFR 2003, 51 |