Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätungszuschlag: Ausübung des Ermessens, Höchstbetrag von 10 000 DM, Gewichtung der Ermessenskriterien, prozentuale Höchstgrenze, von Steuerbescheid getrennte Festsetzung, gerichtliche Nachprüfung, Entschuldbarkeit der verspäteten Erklärungsabgabe bei Vertretung durch Steuerberater, Auswahlermessen, Zweck des Verspätungszuschlags, erstmalige Fristüberschreitung, Begründungserfordernisse, für die Höhe maßgeblicher Zinsvorteil
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der regelmäßig mit der Steuer festzusetzende Verspätungszuschlag einen Monat nach dem Erlaß des Steuerbescheids festgesetzt, so ist er nicht schon deshalb rechtsfehlerhaft.
2. Mit dem Höchstbetrag des Verspätungszuschlags von 10 000 DM kann ein Zinsvorteil nicht nur in außergewöhnlichen Fällen, etwa bei Zusammentreffen mehrerer erschwerender Umstände, abgeschöpft werden.
3. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist nur dann ermessensfehlerfrei, wenn die Behörde von zutreffenden Annahmen über die Höhe des abzuschöpfenden Zinsvorteils ausgeht.
Orientierungssatz
1. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags erfüllt sind, ist eine von den Gerichten voll überprüfbare Rechtsentscheidung. Dabei darf das Gericht nicht die allein maßgeblichen Verwaltungserwägungen durch eigene Erwägungen ersetzen. Für die gerichtliche Prüfung sind diejenigen tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die der Behörde im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung bekannt waren oder bekannt sein mußten (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. § 152 Abs.3 AO 1977 kann nach seinem Wortsinn ("regelmäßig") nur als Ordnungsvorschrift verstanden werden, deren Nichtbeachtung nicht die Rechtsfolgen einer Verwirkung nach sich zieht. Eine Festsetzung "mit der Steuer" liegt auch dann vor, wenn der Bescheid in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Steuerbescheid ergeht.
3. Verspätungszuschlag: Die verspätete Abgabe der Steuererklärung ist nicht entschuldbar, wenn die Erklärung von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellt wurde, der mit den steuerlichen Verhältnissen der Steuerpflichtigen vertraut war und dem bekannt sein mußte, daß die verspätete Abgabe der Steuererklärung zu einer Hinauszögerung der Zahlungsfrist für die hohe Abschlußzahlung führte (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1987 IV R 8/85). Der Umstand, daß eine Feststellungserklärung noch nicht erstellt war, entbindet den Steuerpflichtigen nicht von der Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung.
4. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO 1977 erfüllt, hat die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob sie einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und wie hoch sie ihn unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des § 152 Abs.2 AO 1977 festsetzt (sog. Auswahlermessen). Bei der Ausübung des Auswahlermessens sind die Ermessenskriterien des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 auch in der schriftlichen Begründung der Ermessensentscheidung zu behandeln. Dies gilt auch dann, wenn die Festsetzung des Verspätungszuschlags dem Grunde nach nicht zu beanstanden ist, weil die verspätete Abgabe von Steuererklärungen durch den Steuerpflichtigen nicht entschuldbar ist.
5. Die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 genannten Kriterien für die Bemessung eines Verspätungszuschlags sind grundsätzlich gleichwertig. Nach den Umständen des Einzelfalles kann ein Kriterium stärker als ein anderes hervortreten. Bei der Bemessung darf sich die Finanzbehörde nicht ausschließlich am erzielten Vorteil und nicht in erster Linie an der festgesetzten Steuer bzw. den zu versteuernden Einkünften oder Umsätzen orientieren.
6. Da beim Verspätungszuschlag der eigentliche Druck auf den Steuerpflichtigen nicht von der Wegnahme des erlangten Vorteils, sondern von der darüber hinausgreifenden Auferlegung einer Geldsanktion ausgeht, muß der Zuschlag innerhalb der zulässigen Höchstgrenze um so höher angesetzt werden, je höher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Höhe des Verspätungszuschlags den durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung bewirkten Zinsvorteil erheblich übersteigt.
7. Bemessung eines Verspätungszuschlags: § 152 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 ist dahin auszulegen, daß der Höchstbetrag nur ein Korrektiv zur Anwendung eines ermessensgemäß ermittelten Vomhundertsatzes bezogen auf die festgesetzte Steuer ist. Wird hiernach etwa bei Annahme eines "minder schweren Falles" ein Vomhundertsatz von beispielsweise fünf (im Streitfall rechnerisch: 30 424 DM) angewendet, ist dies grundsätzlich rechtlich auch dann einwandfrei, wenn dadurch die Höchstgrenze von 10 000 DM erreicht wird. Vorrangig ist mithin von der prozentualen Höchstgrenze auszugehen; hierbei darf die absolute Höchstgrenze nicht überschritten werden.
8. Beruht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht lediglich auf einer prozentualen Relation zur festgesetzten Steuer, sondern insbesondere auf Erwägungen zu einem realisierten Zinsvorteil, besteht keine Notwendigkeit, das Anwendungsergebnis durch besondere Anforderungen an den Verschuldensgrad gegen ein verfassungswidriges Übermaß abzusichern. Nur in dem Umfang, wie die Sanktionswirkung und nicht die Abschöpfung des Zinsvorteils im Vordergrund steht, ist es gerechtfertigt, den oberen Bereich der Sanktionsskala für besonders schwere Fälle vorzubehalten. Denn die Festsetzung des Verspätungszuschlags mit dem gesetzlichen Höchstbetrag bedarf einer zusätzlichen Rechtfertigung, welche die Abweichung vom Üblichen an den Besonderheiten des Falles verständlich macht.
9. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags unter Anwendung des prozentualen Höchstsatzes (10 v.H.) kann ungeachtet dessen, daß der gezogene Vorteil gering war, im Hinblick auf die Häufigkeit und Dauer der Verspätung ermessensgerecht sein. Bei erheblicher Fristüberschreitung oder schwerwiegendem Verschulden kann ein Verspätungszuschlag selbst dann gerechtfertigt sein, wenn die Steuerfestsetzung zu einer Erstattung führt.
10. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags muß auch bei erstmaliger Fristüberschreitung nicht ermessensfehlerhaft sein. Es ist daher rechtlich zulässig, auch bei erstmaliger Verspätung den Zinszuschlag "abzuschöpfen" und darüber hinaus aus dem Gesichtspunkt der Sanktionswirkung zu erhöhen. Wird hierbei der Höchstbetrag von 10 000 DM erreicht, kommt es auf die übrigen gesetzlich vorgesehenen Ermessenskriterien nicht an.
11. Bemessung eines Verspätungszuschlags: Die Finanzverwaltung kann den maßgebenden Zinssatz summarisch ermitteln. Sie braucht nicht im Einzelfall zu prüfen, ob der Steuerpflichtige Fremdkapital aufgenommen hat oder über genügend Eigenkapital verfügt, das er zwecks Erzielung steuerbarer Einkünfte eingesetzt haben könnte. Detaillierte Ermittlungen zum anzuwendenden Rechnungszinsfuß sind der Finanzverwaltung zwar nicht versagt, sie sind jedoch auch nicht vorgeschrieben. Auch braucht nicht geprüft zu werden, ob die Anlage von Eigenkapital zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften geführt hat. Die Bestimmung des anzuwendenden Rechnungszinsfußes gehört zu den wesentlichen Ermessenserwägungen, welche in die der Verwaltung obliegende Gesamtwürdigung einfließen müssen. Zinshöhe und Zeitdauer der Verspätung müssen als Grundlage die rechtlich gebotenen Überlegungen der Verwaltung festliegen.
Normenkette
AO 1977 § 152 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3; FGO § 102
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1989 zusammenveranlagt. Bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung bedienten sie sich eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe. Mit "bevorzugter Anforderung" vom 24. August 1990 forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Kläger zur Abgabe u.a. der Einkommensteuererklärung 1989 bis zum 15. Oktober 1990 auf. Einen im vereinfachten Verfahren gestellten Antrag auf Fristverlängerung bis zum 28. Februar 1991 lehnte das FA mit Verfügung vom 22. Oktober 1990 ab. Unter dem 30. November 1990 erinnerte es an die Abgabe der Einkommensteuererklärung und drohte mit Verfügung vom 25. März 1991 die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von 200 DM an, falls die Steuererklärung nicht spätestens bis zum 25. April 1991 eingereicht werde. An diesem Tage ging die Einkommensteuererklärung beim FA ein, allerdings ohne Unterschrift und ohne die Anlage KSO. Die Unterschrift wurde am 30. April 1991 auf einem besonderen Formblatt nachgeholt, das am 7. Mai 1991 beim FA einging.
Das FA führte die Veranlagung auf der Grundlage der eingereichten Erklärung durch, wobei es die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Wege der Schätzung ermittelte. Aufgrund des Bescheides vom 20. August 1991, mit dem die Einkommensteuer in Höhe von 608 496 DM festgesetzt wurde, ergab sich eine Abschlußzahlung in Höhe von 343 943 DM. Mit Bescheid vom 19. September 1991 setzte das FA unter Hinweis auf § 152 der Abgabenordnung (AO 1977) einen Verspätungszuschlag in Höhe von 10 000 DM fest. Die Festsetzung beruht im wesentlichen auf einer Ermittlung des "gezogenen Vorteils" (343 943 DM x 1 v.H. x 5 volle Monate der Fristüberschreitung = 17 197 DM). Besondere Gründe, die zu einer abweichenden Festsetzung des Verspätungszuschlags führen könnten, sah das FA als nicht gegeben an.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags begründeten die Kläger u. a. wie folgt: Als Zinssatz sei höchstens 0,5 v.H. pro Monat anzusetzen. Ab April 1991 greife ohnehin die Verzinsung nach § 233a AO 1977, was den Zinslauf nochmals verkürze. Gehe man ferner davon aus, daß die Bearbeitungszeit im FA üblicherweise zwei bis drei Monate dauere und nach Ergehen eines Steuerbescheides noch eine Zahlungsfrist von einem Monat bestehe, so sei praktisch überhaupt kein Zinsvorteil entstanden. Die verspätete Abgabe der Erklärung 1989 sei entschuldbar, weil die Höhe der hauptsächlich erzielten Einkünfte --nämlich der Gewinnanteil aus der Beteiligung an der Firma S GmbH & Co. KG-- zu dieser Zeit noch nicht festgestanden habe. Außerdem sei in den fraglichen Zeitraum eine grundlegende Neuorganisation des Unternehmens gefallen.
Die Oberfinanzdirektion (OFD) hat die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. In Ausübung eigenen Ermessens halte sie den Verspätungszuschlag sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach für gerechtfertigt und zweckmäßig. Entgegen der Darstellung der Kläger hätten diese auch in der Vergangenheit ihre Steuererklärungen verspätet abgegeben. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags sei nicht verwirkt. § 152 Abs. 3 AO 1977 sei dahin auszulegen, daß der Gesetzgeber auch eine gesonderte Festsetzung des Zuschlags für zulässig halte. Nach der besonderen Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung hätten die Kläger nicht damit rechnen können, daß dem ohne Begründung gestellten Fristverlängerungsantrag entsprochen werde. Daß der Gewinn der KG noch nicht festgestellt gewesen sei, sei unerheblich; es wäre den Klägern zuzumuten gewesen, den Gewinnanteil zumindest überschlägig zu ermitteln. "Im Hinblick auf das bisher unpünktliche Abgabeverhalten" der Kläger sei die Festsetzung eines Verspätungszuschlags erforderlich und angemessen. Hauptzweck des § 152 AO 1977 sei es, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Erfüllung seiner Steuererklärungspflichten anzuhalten. Um dem Zweck des Verspätungszuschlags als eines Druckmittels eigener Art gerecht zu werden, müsse der Zuschlag für den Steuerpflichtigen spürbar sein. Die Kläger hätten aus der Fristversäumnis finanzielle Vorteile gezogen. Auch bei dem von ihnen zugrunde gelegten Zinssatz von 6 v.H. ergebe sich bei der Fristüberschreitung von über sechs Monaten ein Zinsvorteil von über 10 000 DM. Der von ihnen erzielte Zinsvorteil sei somit höher als der festgesetzte Verspätungszuschlag, so daß die Kläger wirtschaftlich nicht belastet seien. "Schon aus diesem Grunde" sei der festgesetzte Verspätungszuschlag angemessen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt: Die Beschwerdeentscheidung der OFD lasse weder hinsichtlich des Entschließungsermessens noch hinsichtlich der Höhe des Verspätungszuschlags Fehler erkennen. Die OFD sei von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Die Kläger hätten die Angaben des FA über die verspätete Einreichung von Steuererklärungen in den Vorjahren nicht mehr bestritten. Die in § 152 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 aufgeführten Bemessungskriterien seien grundsätzlich gleichwertig. Es dürfe nicht einseitig auf eines der genannten Kriterien abgestellt werden. Der aus der verspäteten Abgabe der Einkommensteuererklärung gezogene Zinsvorteil liege, gleichgültig ob man bei der Berechnung von fünf oder von sechs Monaten Fristüberschreitung ausgehe, weit über dem gesetzlich bestimmten Höchstbetrag, so daß sich jede Erörterung anderer Gesichtspunkte erübrigt habe. Ohnehin komme eine betragsmäßige Erhöhung des Verspätungszuschlags, wie sie in anderen Fällen wegen Zusammentreffens mehrerer Umstände geboten sei, nicht in Betracht. Zu Unrecht rügten die Kläger, daß die OFD den Zinsvorteil nicht betragsmäßig ermittelt habe. Müsse wie im vorliegenden Fall der Verspätungszuschlag ohnehin auf den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag gekappt werden, erübrige sich jede Diskussion über die Angemessenheit. Allenfalls hätte bei erstmaliger oder geringer Fristüberschreitung erörtert werden können, ob ein Unterschreiten des Höchstbetrages geboten gewesen wäre. Dafür habe vorliegend "schon angesichts der Tatsache, daß die Kläger wiederholt die Erklärungen verspätet abgegeben hatten und dies immer zu erheblichen Nachforderungen geführt hatte", kein Anlaß bestanden. Die OFD habe daher zu Recht auf den Hauptzweck des § 152 AO 1977 hingewiesen, der darin bestehe, den Zuschlag so zu bemessen, daß er für den Steuerpflichtigen spürbar sei.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts und des Amtsermittlungsgrundsatzes sowie die Versagung rechtlichen Gehörs.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil und die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 1989 vom 19. September 1991 in Gestalt der Beschwerdeentscheidung der OFD vom 5. Oktober 1992 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und der angefochtenen Verwaltungsakte, weil die Verwaltungsbehörden das ihnen eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt haben (§ 102 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Da die Revision schon deswegen Erfolg hat, kommt es auf die von den Klägern erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht an.
I.
Allerdings hat das Vorbringen der Revision, die Verwaltungsbehörden hätten im übrigen zwingendes Recht verletzt, keinen Erfolg.
1. Gemäß § 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO 1977 kann das FA gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht fristgerecht nachkommt, einen Verspätungszuschlag festsetzen, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich (§ 152 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Ob diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags erfüllt sind, ist eine von den Gerichten voll überprüfbare Rechtsentscheidung (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. August 1961 IV 96/59 U, BFHE 73, 761, BStBl III 1961, 542; vom 20. Januar 1993 I R 117/91, BFH/NV 1994, 359).
2. FA und OFD konnten davon ausgehen, daß die Verspätung bei Abgabe der Einkommensteuererklärung auf einem Verschulden der Kläger beruht. Hierzu enthalten die angefochtenen Bescheide zwar keine Ausführungen. Im Hinblick darauf, daß sich die Beschwerdeentscheidung mit dem Fehlen von Entschuldigungsgründen befaßt, war aber eine weitere Begründung zum Verständnis des Verwaltungsakts in diesem Punkt nicht erforderlich (§ 121 Abs. 1 AO 1977).
Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die von den Klägern vorgetragenen Tatsachen die verspätete Abgabe der Steuererklärung nicht als unverschuldet erscheinen lassen. Die Erklärung wurde von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellt, der mit den steuerlichen Verhältnissen der Kläger vertraut war und dem bekannt sein mußte, daß die verspätete Abgabe der Steuererklärung zu einer Hinauszögerung der Zahlungsfrist für die hohe Abschlußzahlung führte (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1987 IV R 8/85, BFH/NV 1989, 1, unter 3. a.E.). Die Kläger haben nicht im einzelnen dargelegt, in welcher Hinsicht es einer zeitaufwendigen persönlichen Mitwirkung hierbei bedurft hätte. Der Umstand, daß die Feststellungserklärung für die KG noch nicht erstellt war, entband sie, wie aus § 155 Abs. 2, § 162 Abs. 3 AO 1977 ersichtlich ist, nicht von der Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung.
3. Die Revision ist auch nicht bereits deswegen begründet, weil die Festsetzung des Verspätungszuschlags wegen Verstoßes gegen § 152 Abs. 3 AO 1977 rechtswidrig wäre. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags durch gesonderten Bescheid vom 19. September 1991 war rechtlich zulässig. § 152 Abs.3 AO 1977 kann nach seinem Wortsinn ("regelmäßig") nur als Ordnungsvorschrift verstanden werden, deren Nichtbeachtung nicht die Rechtsfolgen einer Verwirkung nach sich zieht (vgl. Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 152 AO 1977 Rdnr. 36, und Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 152 AO 1977 Tz. 12; a.A. Klein/ Orlopp, Abgabenordnung, § 152 Anm. 4). Die Verwaltung praktiziert die Festsetzung des Verspätungszuschlags im jeweiligen Veranlagungsbescheid jedenfalls bei der maschinellen Festsetzung als "Regelfall"; der diesbezügliche Vortrag der Kläger war daher nicht beweisbedürftig. Im übrigen besagt § 152 Abs. 3 AO 1977 nicht, daß der Verspätungszuschlag "im Steuerbescheid" festzusetzen wäre. § 157 AO 1977, der Form und Inhalt der Steuerbescheide festlegt, enthält hierzu keine Aussage. Eine Festsetzung "mit der Steuer" liegt auch dann vor, wenn der Bescheid in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Steuerbescheid ergeht. Letzteres war hier der Fall. Das Gesetz sieht für diesen Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung (§ 37 Abs. 1, § 1 Abs. 3 AO 1977) keinen besonderen Erlöschenstatbestand vor (§ 47 AO 1977); ein solcher ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben oder des Vertrauensschutzes.
II.
Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind ermessensfehlerhaft.
1. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO 1977 erfüllt, hat die zuständige Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob sie einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen; s. BFH-Urteil vom 18. August 1988 V R 19/83, BFHE 154, 23, BStBl II 1988, 929, m.w.N.) und wie hoch sie ihn unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des § 152 Abs.2 AO 1977 festsetzt (sog. Auswahlermessen; vgl. Urteil in BFHE 154, 23, BStBl II 1988, 929, m.w.N.).
Ein Verwaltungsakt, durch den ein Verspätungszuschlag festgesetzt wurde, darf von den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nur daraufhin überprüft werden, ob er rechtswidrig ist, weil die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 FGO). Dabei darf das Gericht nicht die allein maßgeblichen Verwaltungserwägungen durch eigene Erwägungen ersetzen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 1988 VII R 36/86, BFHE 152, 299, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1988, 240; BFH-Beschluß vom 25. April 1986 VI S 3/86, BFH/NV 1988, 518). Für die gerichtliche Prüfung sind diejenigen tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die der Behörde im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung bekannt waren oder bekannt sein mußten (BFH-Urteil vom 26. März 1991 VII R 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545).
2. Die Rechtsprechung des BFH geht bei der gerichtlichen Prüfung von Bescheiden über die Festsetzung des Verspätungszuschlags u.a. von folgenden Rechtsgrundsätzen aus:
a) Zweck der Ermächtigung zur Festsetzung des Verspätungszuschlags ist es, die Personen, die Steuererklärungen abzugeben haben, zur Einhaltung der Abgabefrist anzuhalten (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977; BFH-Urteil vom 12. Dezember 1990 I R 92/88, BFHE 163, 299, BStBl II 1991, 384). Der Verspätungszuschlag ist ein besonderes Druckmittel der Finanzbehörden. Es soll verhindern, daß die Steuerfestsetzung durch die nicht fristgemäße oder unterlassene Abgabe der Steuererklärung verzögert wird (Urteil in BFHE 154, 23, BStBl II 1988, 929, m.w.N.).
b) Bei der Ausübung des Auswahlermessens sind der Zweck des Zuschlags, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977) und auch in der schriftlichen Begründung der Ermessensentscheidung zu behandeln (BFH-Urteile vom 8. Dezember 1988 V R 169/83, BFHE 155, 46, BStBl II 1989, 231; vom 13. Juni 1991 V R 44/87, BFH/NV 1992, 78). Dies gilt auch dann, wenn die Festsetzung des Verspätungszuschlags dem Grunde nach nicht zu beanstanden ist, weil die verspätete Abgabe von Steuererklärungen durch den Steuerpflichtigen nicht entschuldbar ist (BFH-Beschluß vom 25. Oktober 1995 I B 69/95, BFH/NV 1996, 377).
c) Die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 genannten Kriterien sind grundsätzlich gleichwertig (BFH-Urteile vom 9. März 1989 VI R 101/84, BFHE 157, 1, BStBl II 1989, 749, und in BFH/NV 1992, 78, m.w.N. der Rechtsprechung). Nach den Umständen des Einzelfalles kann ein Kriterium stärker als ein anderes hervortreten (Urteil in BFH/NV 1989, 1). Bei der Bemessung darf sich die Finanzbehörde nicht ausschließlich am erzielten Vorteil und nicht in erster Linie an der festgesetzten Steuer bzw. den zu versteuernden Einkünften oder Umsätzen orientieren. Die Aussage in den BFH-Urteilen in BFH/NV 1989, 1 (unter 3.), vom 25. November 1988 VI R 137/85 (BFH/NV 1989, 279) und vom 29. September 1989 III R 159/86 (BFH/NV 1990, 615), die aus der verspäteten Abgabe der Erklärung gezogenen Vorteile seien nicht vorrangig zu berücksichtigen, bezieht sich auf die als rechtsfehlerhaft bewertete Auffassung der Vorinstanz, der Verspätungszuschlag sei an dem jeweils erlangten Vorteil auszurichten und darüber hinaus dürfe das Verschulden oder die Ausübung von Druck allenfalls mit einem Betrag zwischen 50 DM und 200 DM berücksichtigt werden. Die Gleichwertigkeit der Ermessenskriterien gestattet eine angemessene Sanktion in Fällen erheblicher Fristüberschreitung, schwerwiegenden Verschuldens und hoher Steuerfestsetzung (BFH in BFH/NV 1989, 279).
d) Da beim Verspätungszuschlag der eigentliche Druck auf den Steuerpflichtigen nicht von der Wegnahme des erlangten Vorteils, sondern von der darüber hinausgreifenden Auferlegung einer Geldsanktion ausgeht (BFH-Urteil vom 30. April 1987 IV R 42/85, BFHE 149, 429, BStBl II 1987, 543), muß der Zuschlag innerhalb der zulässigen Höchstgrenze um so höher angesetzt werden, je höher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist (Urteil in BFH/NV 1990, 615). Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Höhe des Verspätungszuschlags den durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung bewirkten Zinsvorteil erheblich übersteigt (BFH-Urteil vom 9. April 1987 IV R 7/86, BFH/NV 1988, 750).
e) Entgegen der Auffassung der Kläger gibt es keinen generellen Rechtsgrundsatz des Inhalts, daß eine Festsetzung des Höchstbetrages von 10 000 DM nur bei einem Zusammentreffen mehrerer erschwerender Umstände zulässig wäre. § 152 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 ist vielmehr dahin auszulegen, daß der Höchstbetrag nur ein Korrektiv zur Anwendung eines ermessensgemäß ermittelten Vomhundertsatzes bezogen auf die festgesetzte Steuer (im Streitfall bei 10 v.H.: 60 849 DM) ist. Wird hiernach etwa bei Annahme eines "minder schweren Falles" ein Vomhundertsatz von beispielsweise fünf (im Streitfall rechnerisch: 30 424 DM) angewendet, ist dies grundsätzlich rechtlich auch dann einwandfrei, wenn dadurch die Höchstgrenze von 10 000 DM erreicht wird. Vorrangig ist mithin von der prozentualen Höchstgrenze auszugehen; hierbei darf die absolute Höchstgrenze nicht überschritten werden (ebenso FG Berlin, Urteil vom 6. Dezember 1984 I 277/82, Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, 429; Trszaskalik in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 152 AO 1977 Rdnr. 24; Tipke/Kruse, a.a.O., § 152 AO 1977 Tz. 9; Klein/Orlopp, a.a.O., § 152 Anm. 3; Schwarz/Dumke, Abgabenordnung, § 152 Rdnr. 58; a.A. Schmieszek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, Bd. 2, § 152 AO 1977 Rdnr. 24).
Beruht demgegenüber die Festsetzung des Verspätungszuschlags nicht lediglich auf einer prozentualen Relation zur festgesetzten Steuer, sondern insbesondere auf Erwägungen zu einem realisierten Zinsvorteil, besteht keine Notwendigkeit, das Anwendungsergebnis durch besondere Anforderungen an den Verschuldensgrad gegen ein verfassungswidriges Übermaß abzusichern. Bereits nach § 168 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung konnte das FA dem Steuerpflichtigen bei der schuldhaft verspäteten Abgabe einer Steuererklärung "einen Zuschlag bis zu zehn vom Hundert der endgültig festgesetzten Steuer" auferlegen; die heute in § 152 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 genannten Ermessenskriterien wurden der Generalklausel des § 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) entnommen. Einen absoluten Höchstbetrag gab es nach damaligem Recht nicht. In Anbetracht dieser rechtlichen Situation hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Beschluß vom 19. Oktober 1966 2 BvR 652/65 (BStBl III 1967, 166) erwogen, daß der Höchstbetrag von 10 v. H. zwar zu einem sehr hohen Zuschlag führen könne. Diese Vorschrift lasse sich jedoch unter Berücksichtigung des Übermaßverbots verfassungskonform und in Übereinstimmung mit der damals herrschenden Praxis dahin auslegen, daß "ein Zuschlag in dieser Höhe nur in außergewöhnlichen Fällen, bei Zusammentreffen mehrerer erschwerender Umstände, festgesetzt" werden dürfe. Solcher Kautelen bedarf es indes nicht, wenn schon in Anbetracht der rechtlich zulässigen und gebotenen Abschöpfung eines Zinsvorteils auch bei einem geringeren Verschuldensgrad von einem "Übermaß" an staatlicher Sanktion nicht gesprochen werden kann. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die absolute Höchstgrenze von 10 000 DM in Anlehnung an den Sanktionsrahmen des Ordnungswidrigkeitenrechts durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436) zusätzlich eingeführt worden ist, um den Einwand auszuräumen, daß Verwaltungsunrecht u.U. härter sanktioniert werde als kriminelles Unrecht (hierzu BTDrucks 19/4513, S. 16; Trszaskalik, a.a.O., Rdnr. 24). Nur in dem Umfang, wie die Sanktionswirkung und nicht die Abschöpfung des Zinsvorteils im Vordergrund steht, ist es gerechtfertigt, den oberen Bereich der Sanktionsskala für besonders schwere Fälle vorzubehalten. Denn die Festsetzung mit dem gesetzlichen Höchstbetrag bedarf einer zusätzlichen Rechtfertigung, welche die Abweichung vom Üblichen an den Besonderheiten des Falles verständlich macht.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 149, 429, BStBl II 1987, 543, unter 2.c, das über einen in Höhe von 920 DM (= ca. 0,1 v.H. der erzielten Einkünfte, 0,2 v.H. der festgesetzten Einkommensteuer) verfügten Verspätungszuschlag zu befinden hatte. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf den Beschluß des BVerfG in BStBl III 1967, 166; dessen Rechtssätze sind aber für die getroffene Entscheidung ohne konkrete Bedeutung. Das Urteil in BFHE 163, 299, 304, BStBl II 1991, 384 hat die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in Höhe von 8 000 DM in Anbetracht einer festgesetzten Körperschaftsteuer von 738 094 DM und einer Abschlußzahlung von 75 943 DM bei einem abzuschöpfenden Zinsvorteil von ca. 4 000 DM als nicht gegen das Übermaßverbot verstoßend gebilligt. Auch diese Entscheidung bemerkt unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG in BStBl III 1967, 166, der höchstzulässige Zuschlag dürfe nur in außergewöhnlichen Fällen bei Zusammentreffen mehrerer erschwerender Umstände festgesetzt werden. Der Sachverhalt jenes Urteils ist mit dem hier zu entscheidenden Fall deswegen nicht vergleichbar, weil dort wegen der relativen Geringfügigkeit des abzuschöpfenden Zinsvorteils dem in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 genannten Zweck des Verspätungszuschlags, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärungen anzuhalten, besonderes Gewicht zukam. Das Urteil vom 26. April 1989 I R 10/85 (BFHE 157, 14, 16, BStBl II 1989, 693) hat ausdrücklich ausgesprochen, bei erheblicher Fristüberschreitung oder schwerwiegendem Verschulden könne ein Verspätungszuschlag selbst dann gerechtfertigt sein, wenn die Steuerfestsetzung zu einer Erstattung führe. Es liegt nahe, daß, wenn wie in einem solchen Fall ein Zinsvorteil nicht abzuschöpfen ist, die bloße Ahndung eines sog. Verwaltungsunrechts (vgl. Trzaskalik, a.a.O., Rdnr. 3 f.) durch einen Höchstbetrag begrenzt sein muß, dieser folgerichtig nur bei Vorliegen besonderer Umstände festgesetzt werden kann. Nach dem Urteil in BFHE 157, 1, BStBl II 1989, 749 kann die Festsetzung eines Verspätungszuschlags unter Anwendung des prozentualen Höchstsatzes (10 v.H.) ungeachtet dessen, daß der gezogene Vorteil gering war, im Hinblick auf die Häufigkeit und Dauer der Verspätung ermessensgerecht sein.
f) Vorsorglich stellt der Senat klar, daß die Festsetzung eines Verspätungszuschlags auch bei erstmaliger Fristüberschreitung nicht ermessensfehlerhaft sein muß (BFH-Urteile vom 18. November 1986 VIII R 183/84, BFH/NV 1987, 416; in BFH/NV 1990, 615, und in BFH/NV 1989, 1, unter 3.). Das Urteil in BFH/NV 1987, 416 führt aus, weder dem Zweck noch dem Wortlaut des Gesetzes könne in dieser Hinsicht eine Einschränkung der Ermessensermächtigung entnommen werden. Andererseits fallen wiederholte Versäumnisse bei der Abgabe von Steuererklärungen rechtlich ins Gewicht (BFH-Urteil vom 28. August 1987 III R 230/83, BFHE 151, 3, 7, BStBl II 1987, 836). Es ist daher rechtlich zulässig, auch bei erstmaliger Verspätung den Zinszuschlag im dargelegten Umfang "abzuschöpfen" und darüber hinaus aus dem Gesichtspunkt der Sanktionswirkung zu erhöhen (oben d). Wird hierbei der Höchstbetrag von 10 000 DM erreicht, kommt es auf die übrigen gesetzlich vorgesehenen Ermessenskriterien nicht an.
g) Nach dem BFH-Urteil vom 26. April 1995 I R 28/94 (BFHE 178, 1, BStBl II 1995, 680), dem sich der erkennende Senat anschließt, kann die Finanzverwaltung den maßgebenden Zinssatz summarisch ermitteln. Sie braucht nicht im Einzelfall zu prüfen, ob der Steuerpflichtige Fremdkapital aufgenommen hat oder über genügend Eigenkapital verfügt, das er zwecks Erzielung steuerbarer Einkünfte eingesetzt haben könnte. Detaillierte Ermittlungen zum anzuwendenden Rechnungszinsfuß sind der Finanzverwaltung zwar nicht versagt, sie sind jedoch auch nicht vorgeschrieben. Auch braucht nicht geprüft zu werden, ob die Anlage von Eigenkapital zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften geführt hat.
3. Dies vorausgesetzt sind die angefochtenen Entscheidungen rechtsfehlerhaft.
Das FG hat ausgeführt, es erübrige sich jede Diskussion über die Angemessenheit des Verspätungszuschlags, wenn dieser ohnehin auf den gesetzlichen Höchstbetrag zu kappen sei. Es hat damit unterstellt, daß im Streitfall die Anwendung eines ermessensgemäß gewählten Vomhundertsatzes in jedem Falle an den Höchstbetrag heranreiche. Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
Das FA hat den Zinsvorteil mit 1 v.H. je Monat für volle 5 Monate auf 17 197 DM errechnet. Selbst wenn mit Rücksicht auf die Regelung des § 238 AO 1977 ein Zinssatz von 0,5 v.H. je Monat anzusetzen wäre, ergäbe sich immer noch ein Vorteil von ca. 8 600 DM. Die Beschwerdeentscheidung trägt zwar dem Einwand der Kläger Rechnung, geht aber davon aus, auch bei einer Zinshöhe von 0,5 v.H. je Monat übersteige der Vorteil die Höchstgrenze. Hierbei hat sie indes den Vorteil zu Unrecht ausgehend von einem Zeitraum von 6 Monaten berechnet; legt man einen Zeitraum von nur 5 Monaten zugrunde, führte dies bei sonst gleichen Annahmen zu einem rechnerischen Ergebnis unterhalb des gesetzlichen Höchstbetrages.
Diese Begründung des Verspätungszuschlags ist rechtsfehlerhaft. Die Bestimmung des anzuwendenden Rechnungszinsfußes gehört zu den wesentlichen Ermessenserwägungen, welche in die der Verwaltung obliegende Gesamtwürdigung aller einschlägigen Gesichtspunkte einfließen müssen. Zinshöhe und Zeitdauer der Verspätung müssen festliegen, bevor die Verwaltung auf dieser Grundlage die rechtlich gebotenen Überlegungen zur beabsichtigten Wirkungsweise anstellen kann. Die Gerichte sind durch § 102 FGO grundsätzlich an eigenen Ermessensentscheidungen gehindert.
Fundstellen
Haufe-Index 66234 |
BFH/NV 1997, 408 |
BStBl II 1997, 642 |
BFHE 183, 21 |
BFHE 1998, 21 |
BB 1997, 1886 (Leitsatz) |
BB 1998, 782 |
DB 1997, 1956 (Leitsatz) |
DStR 1997, 1488-1491 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 902 (Leitsatz) |
DStZ 1998, 175 (Leitsatz) |
HFR 1998, 1 |
StE 1997, 555-556 (Leitsatz) |
StRK, R.29 (Leitsatz und Gründe) |
FR 1997, 774-777 (Leitsatz und Gründe) |
Information StW 1997, 635-636 (Leitsatz und Gründe) |
LEXinform-Nr. 0144160 |
NJW 1998, 1334 |
NJW 1998, 1334-1336 (Leitsatz und Gründe) |
SteuerBriefe 1997, 22 |
GStB 1997, Beilage zu Nr 10 (Leitsatz) |
BFH/NV BFH/R 1997, 408-411 (Leitsatz und Gründe) |
NWB-DokSt 1999, 191 |
StSem 1998 |