Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ist das Wohnsitz-FA nicht gehindert, die Zulässigkeit einer pauschalen Besteuerung von Arbeitslohn für Teilzeitbeschäftigte nach § 40a EStG zu überprüfen und die unzutreffend pauschal besteuerten Lohnteile in die Veranlagung einzubeziehen (Anschluß an BFH-Urteil vom 10.Juni 1988 III R 232/84, BFHE 154, 68, BStBl II 1988, 981).
2. Bei der Prüfung, ob die Pauschalierungsgrenzen des § 40a EStG eingehalten worden sind, sind auch Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 40b EStG einzubeziehen.
3. Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind bei der Berechnung der Wochenlohngrenze den Wochen zuzuordnen, für die sie erbracht worden sind.
Orientierungssatz
Zum Arbeitslohn i.S. des § 40a EStG gehören alle Einnahmen, die dem Teilzeitbeschäftigten aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis zufließen. Dieser Arbeitslohn ist der pauschalen Besteuerung zu unterwerfen, ohne daß er um den Arbeitnehmer-Freibetrag oder den Weihnachtsfreibetrag zu kürzen ist.
Normenkette
EStG § 40a Abs. 1 Nr. 2, §§ 40b, 19 Abs. 3-4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Facharztpraxis, in der seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 1978 als Sprechstundenhilfe angestellt war. Er zahlte der Klägerin einen monatlichen Barlohn in Höhe von 430 DM. Daneben hatte er sich verpflichtet, in Höhe eines monatlichen Betrages von 100 DM eine Direktversicherung für die Klägerin abzuschließen. Die Beiträge zur Versicherung leistete der Kläger jährlich oder halbjährlich. Den Barlohn und den Beitrag für die Direktversicherung unterwarf der Kläger der Pauschalierung nach § 40a des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. § 40b EStG. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung versagte der Prüfer die pauschale Besteuerung des Barlohns nach § 40a EStG; er beanstandete jedoch nicht die Pauschalbesteuerung der Direktversicherungsbeiträge nach § 40b EStG. Aufgrund einer entsprechenden Kontrollmitteilung erfaßte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die von der Lohnsteueraußenprüfung mitgeteilten, bisher nach § 40a EStG versteuerten Beträge (Barlohn 12 x 430 DM zuzüglich 430 DM Weihnachtsgeld) im Rahmen der Einkommensteuerzusammenveranlagung 1978 bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit der sich die Kläger gegen den Ansatz des Arbeitslohns wenden, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus:
Der Kläger habe der Klägerin monatlich einen Gesamtlohn in Höhe von 530 DM (430 DM Barlohn, 100 DM Direktversicherungsbeitrag) gezahlt und damit die Pauschalierungsgrenze des § 40a EStG in Höhe von monatlich 520 DM überschritten. Die Tatsache, daß der Kläger als Arbeitgeber die Versicherungsbeiträge in einem oder in zwei Jahresbeiträgen an die Versicherungsgesellschaft gezahlt habe, ändere nichts an der zwischen ihm und der Klägerin getroffenen Vereinbarung, daß ein Betrag von monatlich 100 DM in die Direktversicherung habe geleistet werden sollen. Der Direktversicherungsbeitrag sei für die Berechnung der Lohngrenze des § 40a EStG mit einzubeziehen; denn auch diese Versicherungsbeiträge seien Arbeitslohn. An deren Lohncharakter ändere auch nichts der Umstand, daß der Kläger diese Versicherungsbeiträge der Pauschalierung nach § 40b EStG unterworfen habe. Die Vorschrift des § 40a EStG sei eine eigenständige Vorschrift für die Besteuerung des Arbeitslohns bei Teilzeitbeschäftigten. Ihr Anwendungsbereich sei nicht durch die Art der Einnahmen, sondern durch die Höhe der Einnahmen begrenzt. Daher stünden die Vorschriften des § 40a EStG und des § 40b EStG nicht in Konkurrenz zueinander. Wähle daher ein Arbeitgeber die Versteuerung nach § 40a EStG, so sei die Höhe der gesamten Lohnzahlungen --also einschließlich etwaiger Zahlungen auf eine Direktversicherung-- für die Überschreitung der Arbeitslohngrenze des § 40a EStG maßgeblich.
Mit ihrer Revision begehren die Kläger die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abänderung des Einkommensteueränderungsbescheids 1978 vom 14.Juni 1985 dahingehend, daß die Einkommensteuer 1978 ohne Berücksichtigung von Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit berechnet wird. Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor:
§ 40a EStG betreffe die Pauschalierung von Arbeitslohn für Teilzeitbeschäftigte, während § 40b EStG die Pauschalierung für bestimmte Zukunftssicherungsleistungen regele. Beide Vorschriften seien voneinander unabhängige Rechtsnormen. Daher dürften die nach § 40b EStG pauschal besteuerten Zukunftssicherungsleistungen nicht bei der Ermittlung der Lohngrenzen des § 40a EStG herangezogen werden. Andernfalls würde der Gesetzeszweck des § 40b EStG (Förderung der Vermögensbildung und Sicherung des Alters) beeinträchtigt. Im Streitfall seien allerdings wegen der Zahlung des Weihnachtsgeldes die Pauschalierungsvoraussetzungen des § 40a EStG für den Monat Dezember nicht erfüllt. Die Auffassung des FG müßte, da die Versicherungsbeiträge in einem Jahresbeitrag in Höhe von 1 200 DM im April 1978 gezahlt worden seien, eigentlich dazu führen, daß auch für diesen Monat die Pauschalierungsgrenzen des § 40a EStG überschritten worden seien. Da jedoch laufender Lohn und Versicherungsbeiträge losgelöst voneinander nach § 40a EStG bzw. § 40b EStG versteuert werden müßten, hätten im Streitfall die Voraussetzungen des § 40a EStG bis auf den Lohn des Monats Dezember vorgelegen.
Das FA beantragt, die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, daß der laufende Lohn der Klägerin für das Streitjahr (12 x 430 DM) sowie das Weihnachtsgeld in Höhe von 430 DM in die Einkommensteuerveranlagung der Kläger einzubeziehen sind.
1. Das FA war nicht gehindert, die Frage, ob der strittige Lohn der Klägerin in die Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen ist, im Veranlagungsverfahren zu prüfen. Nach § 40 Abs.3 EStG, der gemäß § 40a Abs.4 EStG auch auf die Pauschalierung für Teilzeitbeschäftigte anzuwenden ist, ist der Arbeitgeber des Teilzeitbeschäftigten Schuldner der pauschalen Lohnsteuer. Demgemäß bleiben der pauschal besteuerte Arbeitslohn und die pauschale Lohnsteuer bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer und im Lohnsteuer-Jahresausgleich außer Ansatz (§ 40 Abs.3 Satz 3 EStG).
Diese Rechtsfolge kann aber nur eintreten, wenn die Pauschalierung dem Gesetz entsprochen hat, nicht hingegen bei einer fehlgeschlagenen Pauschalierung. Eine Lohnsteueranmeldung, in der der fehlerhaft pauschalierte Lohn und die darauf vom Arbeitgeber errechnete pauschale Lohnsteuer enthalten sind, kann die Rechtswirkungen des § 40 Abs.3 EStG nicht herbeiführen. Ebensowenig kann eine solche Lohnsteueranmeldung das Wohnsitz-FA bei der Jahresbesteuerung des Arbeitnehmers daran hindern zu überprüfen, ob ein vom Arbeitgeber pauschal besteuerter Lohn in die Veranlagung oder in den Lohnsteuer-Jahresausgleich einzubeziehen ist. Der Senat folgt insoweit dem zutreffenden Urteil des III.Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.Juni 1988 III R 232/84 (BFHE 154, 68, BStBl II 1988, 981). Entscheidungen im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens sind Entscheidungen im Vorauszahlungsverfahren des zur Einkommensteuer zu veranlagenden Arbeitnehmers, die bei der Einkommensteuerveranlagung unbeschränkt überprüft werden und regelmäßig auch keine Bindungswirkung entfalten können. Auch die pauschale Lohnsteuererhebung ist Teil des Lohnsteuerabzugsverfahrens und damit Teil des Vorauszahlungsverfahrens des Arbeitnehmers. Nur wenn der Lohn dem Gesetz entsprechend pauschal besteuert worden ist, wurde die Vorauszahlungspflicht des Arbeitnehmers dadurch ersetzt, daß sie vom Arbeitgeber als neuem Steuerschuldner zu erfüllen ist. Nur eine solche, dem Gesetz entsprechende Pauschalierung kann eine Bindungswirkung auch für die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers entfalten. Ob dies der Fall ist, kann vom Wohnsitz-FA bei der genannten Jahresbesteuerung des Arbeitnehmers wie jede andere Maßnahme des Vorauszahlungsverfahrens in vollem Umfang überprüft werden.
2. FA und FG haben zutreffend das Vorliegen der Pauschalierungsvoraussetzungen des § 40a Abs.1 Nr.2 EStG verneint.
a) Eine der Voraussetzungen ist, daß der Arbeitslohn 120 DM wöchentlich nicht übersteigt. Im Streitfall hatte der Kläger --der Arbeitgeber der Klägerin-- einen laufenden Monatslohn in Höhe von 430 DM, Versicherungsbeiträge in Höhe von 1 200 DM jährlich und ein Weihnachtsgeld in Höhe von 430 DM als Gegenleistung für die Arbeitsleistungen der Klägerin erbracht. Wie der Senat im Urteil vom 22.Juni 1984 VI R 211/80 (BFHE 141, 279, BStBl II 1984, 632) entschieden hat, steht eine monatliche Lohnabrechnung der Pauschalierung nach § 40a Abs.1 Nr.2 EStG dann nicht entgegen, wenn der tatsächlich auf jede Woche entfallende Lohnanteil in keiner Woche der Beschäftigungsdauer die Wochenlohngrenze von 120 DM überschreitet. Im Streitfall war diese Wochenlohngrenze selbst bei Außerachtlassung des Weihnachtsgeldes überschritten, wie folgende Berechnung zeigt:
6 360 DM (laufender Lohn zuzüglich Versicherungsbeiträge)
x 7
---------------------------------------------------- = 121,97 DM.
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Zum Arbeitslohn im Sinne des § 40a EStG gehören alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen (§ 2 Abs.1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung --LStDV--). Hierzu zählen neben den laufenden Einnahmen auch ein- oder mehrmalige Sonderzahlungen, wie im Streitfall die Versicherungsbeiträge und das Weihnachtsgeld.
Bei der Prüfung, ob die Pauschalierungsgrenzen eingehalten worden sind, dürfen nicht solche Teile des Arbeitslohns unberücksichtigt bleiben, die nach § 40b EStG pauschalierungsfähig sind. Eine Pauschalierung nach § 40a Abs.1 Nr.2 EStG ist nur bei geringem Arbeitslohn zulässig. Sowohl der Wochenlohn von 120 DM als auch der durchschnittliche Stundenlohn von 12 DM je Arbeitsstunde dürfen nicht überschritten sein. Würde man den nach § 40b EStG pauschalierungsfähigen Arbeitslohn im Rahmen des § 40a Abs.1 Nr.2 EStG unberücksichtigt lassen, so hätte dies zur Folge, daß der im Rahmen des § 40a Abs.2 Nr.2 EStG mögliche Jahresarbeitslohn in Höhe von 6 240 DM (52 Wochen x 120 DM) um 2 400 DM und damit um mehr als 1/3 überschritten werden könnte. Dies kann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, der in § 40a EStG bewußt niedrige Lohngrenzen bestimmt hat.
b) Im Streitfall waren --wie die Kläger zu Unrecht meinen-- auch nicht die Pauschalierungsgrenzen nur in den Monaten der Zahlung des Weihnachtsgeldes oder nur in den Monaten der Zahlung der jährlichen oder halbjährlichen Versicherungsprämie überschritten. Ob die Pauschalierungsgrenzen eingehalten worden sind, kann sich nicht nach dem Zuflußzeitpunkt des Arbeitslohns richten. Dieser Zeitpunkt ist zwar bedeutsam für das Entstehen der pauschalen Lohnsteuer; denn diese kann erst mit dem Zufluß des Arbeitslohns entstehen (Rechtsgedanke des § 38 Abs.2 Satz 2 EStG). Für die Beantwortung der Frage, welcher Lohn für eine bestimmte wöchentliche Arbeitsleistung gezahlt worden ist, kann aber nicht auf den Zahlungs- bzw. Zuflußzeitpunkt abgestellt werden. Entscheidend für die Einhaltung der Pauschalierungsgrenzen kann allein sein, daß der Arbeitslohn, der in einem Kalenderjahr für eine bestimmte wöchentliche Arbeitsleistung gezahlt wird, die Wochenlohngrenze von 120 DM nicht übersteigt.
Die Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Kläger (Arbeitgeber) für die Klägerin (Teilzeitbeschäftigte) stellt ein Arbeitsentgelt für deren ganzjährige Arbeitsleistung dar. Daß diese Versicherungsleistung halbjährlich (jeweils 600 DM) oder jährlich (1 200 DM) gezahlt worden ist, macht sie nicht zum Arbeitslohn allein für die Arbeitsleistung der Zahlungswoche. Die Versicherungsbeiträge sind daher gleichmäßig auf die einzelnen Arbeitswochen der Beschäftigungszeit des Kalenderjahres zu verteilen. Allein dadurch ergibt sich schon bei Außerachtlassung des Weihnachtsgeldes eine Überschreitung der Wochenlohngrenze (6 360 DM : 365 x 7 = 121,97 DM), was zur Unzulässigkeit der Pauschalierung führt.
c) Die vorbezeichneten Lohnteile waren auch nicht etwa um den Arbeitnehmer-Freibetrag (§ 19 Abs.4 EStG) oder den Weihnachts- Freibetrag (§ 19 Abs.3 EStG) zu kürzen, was eine Unterschreitung der Wochenlohngrenze bedeutet hätte. Zum Arbeitslohn im Sinne des § 40a EStG gehören alle Einnahmen, die dem Teilzeitbeschäftigten aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis zufließen (§ 2 Abs.1 Satz 2 LStDV). Dieser Arbeitslohn ist der pauschalen Besteuerung zu unterwerfen, ohne daß er um die genannten Freibeträge zu kürzen ist. Etwas anderes ist der gesetzlichen Anordnung in § 40a EStG nicht zu entnehmen. Eine Berücksichtigung von persönlichen Arbeitnehmer-Freibeträgen würde auch mit dem Wesen der pauschalen Lohnsteuererhebung des § 40a EStG nicht im Einklang stehen. Die pauschale Lohnsteuer soll losgelöst von den Besteuerungsmerkmalen des Arbeitnehmers in Höhe von 10 v.H. des gezahlten Arbeitslohns entstehen. Allein dieser gezahlte Arbeitslohn ohne irgendwelche in der Person des Arbeitnehmers liegende Kürzungsgründe (z.B. auch ohne Berücksichtigung von Werbungskosten des Arbeitnehmers) soll der pauschalen Lohnsteuer unterworfen werden.
3. Da im Streitfall eine Pauschalierung nach § 40a Abs.1 Nr.2 EStG nicht zulässig war, hat das FA zutreffend die im Streit befindlichen Lohnteile (Barlohn zuzüglich Weihnachtsgeld) in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen. Über die Besteuerung der Versicherungsbeiträge mußte der Senat nicht entscheiden, da diese nicht in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen worden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 62668 |
BFH/NV 1989, 27 |
BStBl II 1989, 1030 |
BFHE 156, 412 |
BFHE 1989, 412 |
BB 1989, 2169-2170 (LT1-3) |
DB 1989, 1549-1551 (LT) |
DStR 1989, 458 (KT) |
HFR 1990, 24 (LT) |