Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur doppelten Haushaltsführung von Auslandsbeamten
Leitsatz (NV)
Erhält ein Beamter für die Zeit einer Auslandsabordnung neben seinem Inlandsgehalt eine steuerfrei ausgezahlte Auslandsbeschäftigungsvergütung, so kann er die Kosten einer doppelten Haushaltsführung nicht als Werbungskosten geltend machen (Anschluß an Urteil in BFHE 148, 457, BStBl II 1987, 385).
Normenkette
EStG § 3c
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1975 Beamter in einem Bundesministerium. Er wurde für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1975 an eine Vertretung der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) bei einer internationalen Organisation im Ausland in B abgeordnet. Seine Ehefrau war als Angstellte in A beschäftigt. Die Eheleute haben Kinder.
Für die Zeit seiner Abordnung mietete der Kläger eine Wohnung in B. Während der Abordnung wurde die Wohnung in A von der Ehefrau und den Kindern bewohnt; dorthin ist der Kläger nach seiner Abordnung zurückgekehrt.
Während seiner Abordnung erhielt der Kläger neben seinem Inlandsgehalt von . . . (brutto) laut Bescheinigung des Bundesminister für . . . (BM) eine (über dem Betrag des Brutto-Inlandsgehalts liegende) Auslandsbeschäftigungsvergütung von . . . DM und Mietzuschüsse für die Wohnung in B. Von seinem Inlandsgehalt wurde Lohnsteuer einbehalten; die Auslandsbeschäftigungsvergütung und die Mietzuschüsse erhielt der Kläger ohne Einbehaltung von Lohnsteuer.
In seiner Einkommensteuererklärung für 1975 beantragte der Kläger, die Kosten für 38 Familienheimfahrten von B nach A in Höhe von 10 671 DM und die Kosten der ersten und letzten Fahrt zum bzw. vom Beschäftigungsort in Höhe von 562 als Werbungskosten zum Abzug zuzulassen. Er legte eine Bescheinigung des BM vor, nach der ihm Reisebeihilfen für Familienheimfahrten für die Zeit seiner Abordnung nicht gezahlt worden sind. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung ab.
Mit der hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die Auslandsbeschäftigungsvergütung sei in ihrer Höhe nach dem Familienstand, der Anzahl der Kinder, dem Dienstgrad sowie der Zonenstufe des Dienstortes bemessen. Sie orientiere sich nicht an den Kosten einer doppelten Haushaltsführung und könne damit auch nicht als Abgeltung der Kosten von Familienheimfahrten angesehen werden. Ihm sei bekannt, daß aus vielen Bonner Ministerien seit Jahren Beamte zu Dienstleistungen an die Vertretungen der Bundesrepublik bei der EG und der NATO in Brüssel, der OECD in Paris und beim GATT in Genf abgeordnet würden. Diese Beamten erhielten regelmäßig keine Umzugsanordnung und keine Reisebeihilfen; die Kosten der Familienheimfahrten würden ohne Schwierigkeiten als Werbungskosten anerkannt.
Die Klage hatte - bis auf einen Betrag von 62 DM - Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil zunächst aus, daß das FA in der Einspruchsentscheidung darauf hingewiesen habe, der Kläger habe nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes in Verbindung mit den Abordnungsbestimmungen Ausland vom 7. Februar 1934 in der Fassung der Rundschreiben des Bundesministers des Innern (BMI) ein Trennungsgeld erhalten, durch das die gesamten Mehraufwendungen pauschal abgegolten seien, ohne daß einzelne Aufwendungen nachgewiesen werden müßten oder im einzelnen Berücksichtigung finden könnten; einen Anspruch auf Reisebeihilfe für Familienheimfahrten habe nur derjenige Beamte, der innerhalb des Inlands abgeordnet sei, während bei Bezug von Auslandsbeschäftigungsvergütung Reisebeihilfen für Familienheimfahrten grundsätzlich nicht gewährt würden.
Die Klage sei jedoch ganz überwiegend begründet. Zwar sei der Kläger gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als deutscher Staatsangehöriger auch in der Zeit seiner Abordnung unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Gleichwohl könne er als Auslandsbediensteter einem gemäß § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt Steuerpflichtigen gleichgestellt werden. Das Gericht folge insoweit der Auffassung der Oberfinanzdirektion (OFD) Köln (Verfügung vom 9. September 1980 - S 250-5-St 121, Der Betrieb - DB - 1980, 2012). Gemäß Ziff. 1 dieser Verfügung könnten Auslandsbedienstete, die nur wegen ihres aufrechterhaltenen Wohnsitzes im Inland schon nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig seien, den nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt Steuerpflichtigen gleichgestellt werden. Diese von der Verwaltung allgemein gewährte Gleichstellung, die zur Anwendung des § 3 Nr. 64 EStG führe, könne dem Kläger nicht vorenthalten werden, da sonst gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen würde. Es handele sich um einen Fall der Selbstbindung der Verwaltung, von der das FA nicht ohne Verletzung des Gleichheitssatzes im Einzelfall abweichen könne. Daher seien gemäß § 3 Nr. 64 EStG die Bezüge des Klägers, soweit sie den Arbeitslohn, der ihm bei einer gleichwertigen Tätigkeit am Ort der zahlenden öffentlichen Kasse zustehen würde, überstiegen, steuerfrei. Zu Recht habe deshalb das Bundesamt für Besoldung die Auslandsbeschäftigungsvergütung und den Mietkostenzuschuß ohne Abzug von Lohnsteuer ausgezahlt.
Die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten seien Kosten einer doppelten Haushaltsführung. Das Abzugsverbot des § 3 c EStG stehe ihrer Anerkennung nicht entgegen, da die steuerfreie Auslandsbeschäftigungsvergütung kein Ersatz - auch nicht in pauschalierter Form - der Kosten einer doppelten Haushaltsführung sei. Nach dem Schreiben des BMI vom 10. Juli 1975 - D 23-221251/5 - beruhe die Auslandsbeschäftigungsvergütung auf dem Prinzip der pauschalen Abgeltung der quantitativen und qualitativen Mehraufwendungen sowie der immateriellen Belastungen der Auslandsbeamten am ausländischen Dienstort. Der darin enthaltene Kaufkraftausgleich gelte ebenfalls nicht Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung ab, sondern gleiche pauschal den Nachteil aus, den der Auslandsbeamte durch eine an seinem Dienstort bestehende allgemeine Verminderung der Kaufkraft seiner Bezüge aufgrund der ausländischen Währung erleide. Die Auslandsbeschäftigungsvergütung gemäß § 55 des Bundesbesoldungsgesetzes werde prozentual nach dem Inlandsgehalt des Auslandsbeamten bemessen. Sie sei unabhängig davon, in welcher Entfernung der Beamte im Ausland eingesetzt werde; sie sei demnach ein Gehaltszuschlag, der sich nicht an Kostenerstattungsgesichtspunkten orientierte. Eine solche Erstattung, selbst wenn sie als eine Pauschale bezahlt werde, könne nämlich die völlig unterschiedlichen Kosten, z. B. von Familienheimfahrten, die sich je nach Einsatzort ergäben, nicht ignorieren. Der Umstand, daß der Kläger neben der Auslandsbeschäftigungsvergütung einen Mietkostenzuschuß erhalten habe, spreche ebenfalls dafür, daß die Kosten einer doppelten Haushaltsführung nicht mit der Auslandsbeschäftigungsvergütung abgegolten seien; denn auch die Mietkosten am ausländischen Beschäftigungsort gehörten zu den Kosten einer doppelten Haushaltsführung.
Aus den vorerwähnten Gründen vermöge das Gericht insoweit nicht der Verfügung der OFD Köln vom 9. September 1980 zu folgen, die für den Fall einer Abordnung ins Ausland annehme, daß die Auslandsbeschäftigungsvergütung unter § 3 c EStG falle.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der im wesentlichen geltend gemacht wird:
Entgegen der Auffassung des FG sei der Kläger einem gemäß § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht gleichzustellen. Die das fiktive Inlandsgehalt übersteigenden Bezüge seien deshalb nicht gemäß § 3 Nr. 64 EStG steuerfrei. Für unbeschränkt Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 1 EStG sei gemäß § 3 Nr. 64 EStG lediglich der gewährte Kaufkraftausgleich steuerfrei. Daneben gelte die Steuerfreiheit nur für Leistungen nach § 3 Nrn. 12 und 13 EStG. Das führe dazu, daß Trennungsentschädigungen zwar gemäß § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei seien, weil sie aufgrund des § 22 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) als Teil der Reisekosten gezahlt würden. Als Reisekostenersatz hätten sie jedoch Werbungskostencharakter. Sie würden für den Mehraufwand gezahlt, der dadurch entstehe, daß der abgeordnete Beamte keine Umzugskostenvergütung erhalte und ggf. zwei Wohnungen unterhalten müsse. Kosten für eine doppelte Haushaltsführung könnten deshalb nicht zum Abzug zugelassen werden.
Die vom FG vorgenommene Gleichstellung des Klägers mit einem nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt Steuerpflichtigen sei auch nicht aufgrund einer Selbstbindung der Verwaltung Rechtens. Die Verfügung der OFD Köln vom 9. September 1980 sei im Streitfall nicht anwendbar. Eine Verfügung aus dem Jahre 1980 könne keine Gültigkeit für das Jahr 1975 haben. Selbst wenn man der Meinung sein sollte, eine Selbstbindung der Verwaltung sei eingetreten, so könne dies nur ab 1980 gelten; eine Rückwirkung komme jedenfalls nicht in Betracht. Soweit in dieser Verfügung von einer Gleichbehandlung aller Auslandsbediensteten die Rede sei, sei dies nicht zwingend. Es heiße lediglich, daß die betroffenen Gruppen gleichgestellt werden könnten. Im übrigen werde zwischen Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 1 EStG und Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 2 EStG unterschieden. Wie sich auch aus der Verfügung ergebe, bestehe zwischen der Auslandsbeschäftigungsvergütung und den Kosten einer doppelten Haushaltsführung ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i. S. des § 3 c EStG, so daß der Werbungskostenabzug zu versagen sei.
Der Kläger, der nicht vertreten ist, hat sich zur Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Die vom FA verneinte, vom FG aber bejahte Frage, ob die Auslandsbeschäftigungsvergütung zu Recht steuerfrei belassen worden ist, kann für die Entscheidung des Streitfalls dahingestellt bleiben. Denn bei Steuerpflichtigkeit wäre die Revision - wegen der dann vorzunehmenden Saldierung - von vornherein unbegründet. Ist die Auslandsbeschäftigungsvergütung hingegen zu Recht steuerfrei belassen worden, so sind die hier streitigen Werbungskosten gemäß § 3 c EStG vom Abzug ausgeschlossen. Denn zwischen der Auslandsbeschäftigungsvergütung und den streitigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung besteht ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne dieser Vorschrift. Der Senat hat in seinem Urteil vom 14. November 1986 VI R 226/80 (BFHE 148, 457, BStBl II 1987, 385) entschieden, daß das einem ins Ausland versetzten deutschen Beamten neben seinem Gehalt sowie steuerfrei gewährten Beträgen (Auslandszulage und Mietkostenzuschuß) ebenfalls steuerfrei gezahlte Trennungsgeld die notwendigen Auslagen für die doppelte Haushaltsführung abgelten soll. Diese Zweckbestimmung hatte der BMI im damaligen, das Streitjahr 1977 betreffenden Fall dem FG auf dessen Anfrage hin ausdrücklich bestätigt. Der Senat führte im Hinblick darauf aus, daß die vorerwähnte Zweckbestimmung in die Verordnung über das Auslandstrennungsgeld (Auslandstrennungsgeldverordnung - ATGV -) vom 18. Dezember 1984 (BGBl I, 1645) eingegangen sei. Nach § 3 ATGV werde das Trennungsgeld u. a. gewährt als Entschädigung für getrennte Haushaltsführung. Da nach der Verwaltungspraxis im Jahre 1977 und nach der ATGV - abgesehen von Reisebeihilfen für Reisen in Krankheitsfällen - keine Kostenerstattung für Familienheimfahrten ausdrücklich vorgesehen gewesen sei, Familienheimfahrten aber typischerweise im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anfielen, sei davon auszugehen, daß durch den Trennungszuschlag auch Aufwendungen für Familienheimfahrten pauschalierend abgegolten seien.
Nichts anderes kann im vorliegenden, das Streitjahr 1975 betreffenden Fall gelten. Nach den vom FG in seinem Urteil wiedergegebenen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung des FA hat der Kläger nach den Bestimmungen des BRKG in Verbindung mit den Abordnungsbestimmungen Ausland vom 7. Februar 1934 in der Fassung der Rundschreiben des BMI ein Trennungsgeld erhalten, das die gesamte Mehraufwendungen pauschal abgilt, ohne daß einzelne Aufwendungen nachgewiesen werden müßten oder im einzelnen Berücksichtigung finden könnten. Ist aber - wie im Fall in BFHE 148, 457, BStBl II 1987, 385 - dem Kläger im Rahmen der Auslandsbeschäftigungsvergütung ein Trennungsgeld gezahlt worden, so stehen die geltend gemachten Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung nach den vorstehenden Grundsätzen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der steuerfrei gezahlten Auslandsbeschäftigungsvergütung. Dies hat das FG in seinem vor der Entscheidung in BFHE 148, 457, BStBl II 1987, 385 ergangenen Urteil verkannt. Wenn es ausgeführt hat, die Auslandsbeschäftigungsvergütung stelle deshalb keinen Ersatz der Kosten einer doppelten Haushaltsführung dar, weil sie nach einem Schreiben des BMI vom 10. Juni 1975 auf dem Grundprinzip der pauschalen Abgeltung der quantitativen und qualitativen Mehraufwendungen sowie der immateriellen Belastungen des Auslandsbeamten am ausländischen Dienstort beruhe, so spricht diese Begründung eher für als gegen eine pauschale Abgeltung der Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung. Nichts anderes gilt für die vom FG für seine Auffassung angeführte Berechnungsweise (prozentual nach dem Inlandsgehalt) der Auslandsbeschäftigungsvergütung. Denn eine prozentuale Bemessung nach dem Inlandsgehalt unter Vernachlässigung der tatsächlichen Entfernung des ausländischen Tätigkeitsortes steht einer pauschalen Abgeltung von Mehraufwendungen, auch den durch eine doppelte Haushaltsführung veranlaßten, nicht entgegen. Auch im Urteil in BFHE 148, 457, BStBl II 1987, 385 war im übrigen das Trennungsgeld nach einem bestimmten Vomhundertsatz der Inlandsbezüge des Beamten berechnet worden. Daß sich - im Gegensatz zur Auffassung des FG - auch aus der Zahlung des Mietkostenzuschusses nichts anderes ergibt, läßt sich ebenfalls bereits aus dem vorerwähnten Urteil des Bundesfinanzhofs entnehmen, in dem - wie hier - neben dem Auslandstrennungsgeld ein Mietkostenzuschuß gezahlt worden war, ohne daß der Senat dem für die Frage der Abgeltung von Kosten einer doppelten Haushaltsführung Bedeutung beigemessen hätte.
Die Vorentscheidung, die der Rechtsauffassung des Senats nicht entspricht, ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 415546 |
BFH/NV 1988, 494 |