Leitsatz (amtlich)
Beteiligte in einem die Gewerbesteuer-Meßbetragsfestsetzungen für eine Erbengemeinschaft betreffenden finanzgerichtlichen Verfahren können grundsätzlich nicht die Testamentsvollstrecker, sondern nur die Erben sein.
Normenkette
FGO § 57 Nr. 1; GewStG § 5 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist in den Gewerbesteuer-Meßbetragsverfahren 1960 bis 1964 die Zurechnung von Lizenzgebühren zum gewerblichen Gewinn (§ 7 GewStG) statt zu den nicht gewerbesteuerpflichtigen Einkünften aus freiberuflicher Erfindertätigkeit (§ 18 EStG, § 1 GewStDV).
Die Vorentscheidung erging gegen eine Treuhand-AG als Testamentsvollstreckerin über den Nachlaß des im Jahre 1955 verstorbenen Erfinders S. Zweiter Testamentsvollstrecker ist der Notar F in K, welcher der Klageerhebung durch die Treuhandgesellschaft zugestimmt hat. Die Klage war namens der Erben von der Treuhandgesellschaft erhoben worden. Die Vorentscheidung gab der Klage statt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Die Vorentscheidung ist schon deshalb aufzuheben, weil sie gegen eine Person ergangen ist, welche am Verfahren nicht beteiligt war (§ 57 FGO). Die Klage war von den Erben als den Eigentümern des Nachlasses und Inhabern des Gewerbebetriebs (§ 2 Absätze 1 und 2, § 5 Abs. 1 GewStG), vertreten durch die Testamentsvollstreckerin, erhoben worden. Das Urteil hätte daher nur für und gegen die Erben ergehen dürfen. Nur auf sie kann sich die Rechtskraft eines in diesem Verfahren ergehenden Urteils erstrecken (§ 110 Abs. 1 Satz 1 FGO).
2. Der Senat kommt aus den vorstehenden Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, und zwar ohne Zurückverweisung der Sache an das FG. Denn im Falle einer Zurückverweisung bliebe die Testamentsvollstreckerin Prozeßpartei. Das kann sie jedoch hier schon deshalb nicht sein, weil sie die Klage nur im Namen der Erben erhoben hatte und ein Parteiwechsel nicht erklärt worden war. Der Umstand, daß der Testamentsvollstrecker im Zivilprozeß nach herrschender Meinung die Stellung einer Partei kraft Amtes einnimmt (vgl. Urteil des RG vom 4. April 1911 Rep. VII 278/10, RGZ 1976, 125), ist für den Steuerprozeß ohne Bedeutung. Denn die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers im Besteuerungsverfahren und dementsprechend im finanzgerichtlichen Verfahren bestimmt sich in erster Linie nach den steuerrechtlichen Vorschriften. Danach ist es in der Regel nicht Aufgabe des Testamentsvollstreckers, öffentlichrechtliche Pflichten der Erben zu erfüllen (vgl. Urteile des BFH vom 20. Oktober 1970 II 167/64, BFHE 100, 56, BStBl II 1970, 826; vom 7. Oktober 1970 I R 145/68, BFHE 100, 346, BStBl II 1971, 119; vom 29. August 1973 I R 242/71, BFHE 110, 514, BStBl II 1974, 100). Dies gilt jedenfalls grundsätzlich dann, wenn die Erben feststehen und die Eigentumsverhältnisse am Nachlaßvermögen geklärt sind. Daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, ist offensichtlich.
Für das Gewerbesteuer-Meßbetragsverfahren im besonderen gelten die Vorschriften des § 5 Abs. 1 GewStG. Steuerschuldner ist danach der Unternehmer. Als Unternehmer gilt der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Wird es für Rechnung mehrerer Personen betrieben, so sind diese Gesamtschuldner. Der Gewerbesteuer-Meßbescheid hat dementsprechend gegen diejenigen zu ergehen, für deren Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§§ 210, 212 a Absätze 2 und 3 der Abgabenordnung). Diese Regelung gilt auch dann, wenn der Betrieb zu einem Nachlaß gehört, welcher von einem Testamentsvollstrecker verwaltet wird (§§ 2205, 2209 BGB). Es macht deshalb keinen Unterschied, ob der Testamentsvollstrecker die Verwaltung nach außen hin im Namen der Erben und für deren Rechnung oder ob er im Rahmen der Verwaltung den Betrieb - ausnahmsweise (z. B. als Treuhänder) - im eigenen Namen, aber für Rechnung der Erben führt. Für die Entscheidung des Streitfalles ergibt sich hieraus, daß- sofern nicht fehlerhaft die Gewerbesteuermeßbescheide gegen den Testamentsvollstrecker ergangen sind, so daß dieser die Möglichkeit haben muß, sich gegen diese Inanspruchnahme zu wenden - der Testamentsvollstrecker unter keinem Gesichtspunkt in diesem Verfahren Partei sein kann.
3. Die Streitsache ist somit durch die Aufhebung der Vorentscheidung wieder in den Stand zu versetzen, in welchem sie sich vor Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils befand. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß das FG die Personen der Nachlaßinhaber (Erben) im einzelnen festzustellen und gegebenenfalls auch die Frage der gesetzlichen Vertretung der Erben zu prüfen haben wird. Dementsprechend wird in der Sache selbst auch zu prüfen sein, ob die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide zutreffend adressiert und damit wirksam ergangen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 72306 |
BStBl II 1977, 481 |
BFHE 1977, 302 |
NJW 1977, 1552 |