Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Die monatliche gruppenweise Verbuchung der Geschäftsvorfälle im Journal und auf den Sach- und Personenkonten stellt dann keinen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dar, wenn die Geschäftsvorfälle vorher laufend, richtig und vollständig in Grundbüchern aufgezeichnet worden sind.
2. Die übersichtliche Sammlung und Aufbewahrung der Bank- und Postscheckauszüge kann unter bestimmten Voraussetzungen die Grundbücher für den Bank- und Postscheckverkehr ersetzen.
3. Das Fehlen eines besonderen Verzeichnisses über den Bestand an losen Blättern der Kunden- und Lieferantenkartei stellt für sich allein keinen Buchführungsmangel dar.
4. Zur Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben bei der Gewährung einer von der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung abhängigen Steuervergünstigung, wenn die Buchführung bei einer früheren Betriebsprüfung ausdrücklich als ordnungsmäßig anerkannt wurde.
Normenkette
EStG §§ 5, 6 Abs. 2; AO § 222 Abs. 1 Nr. 1, § 222/1/2
Tatbestand
Streitig ist bei den Einkommensteuerveranlagungen 1956 und 1957, ob der Steuerpflichtige eine Vollabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG vornehmen darf. Das Finanzamt hat sie wegen mangelnder Ordnungsmäßigkeit der Buchführung versagt.
Der Steuerpflichtige betrieb als im Handelsregister eingetragene Einzelkaufmann einen Autohandel mit Reparaturwerkstatt. Seinen Gewinn ermittelte er nach § 5 EStG. Eine im Jahre 1959 durchgeführte Betriebsprüfung führte zur Verwerfung seiner Buchführung und zu Berichtigungsveranlagungen nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 AO für die Jahre 1953 bis 1956 und zu einer von seiner Erklärung abweichenden Veranlagung für 1957. Die Verwerfung der Buchführung beruhte im wesentlichen auf folgenden Feststellungen des Betriebsprüfers:
Monatlich gruppenweise und deshalb nichtchronologische Verbuchung der Geschäftsvorfälle im Journal der manuellen Durchschreibebuchführung,
infolgedessen nichtchronologische Verbuchung auf den Kontokorrent-Sachkonten und Debitoren- und Kreditoren- Karteikonten,
Fehlen eines Verzeichnisses über die Debitoren- und Kreditoren-Karteikarten,
Mängel in der Buchführung des Kassenbuches, Wareneingangsbuches und Rechnungsausgangsbuches,
in der aktiven Rechnungsabgrenzung fehlten vorausbezahlte Miete und Versicherungen,
Bonusforderungen waren in den Bilanzen nicht ausgewiesen,
in den Warenbestandsaufnahmen waren Hilfsstoffe für öle und Fette in Höhe von 161 DM für 1956 und 179 DM für 1957 nicht enthalten.
Die Gewinne des Steuerpflichtigen wurden entsprechend richtiggestellt und die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG in Höhe von 2157,30 DM zum 31. Dezember 1956 und in Höhe von 2756,53 DM zum 31. Dezember 1957 versagt. Nichterfassungen von Geschäftsvorfällen wurden nicht festgestellt. Es erfolgten demgemäß in Sonderheit wegen der zu d) dargestellten Mängel keine Hinzurechnungen oder Schätzungen zum Gewinn. Bei der Berichtigungsveranlagung 1956 und bei der erstmaligen Veranlagung 1957 folgte das Finanzamt den Feststellungen des Betriebsprüfers.
Auf die Sprungberufung des Steuerpflichtigen gab das Finanzgericht ihm recht. Die Frage, ob das nichtchronologische Verbuchen der Geschäftsvorfälle im Journal einen Systemfehler darstelle, worauf sich insbesondere das Finanzamt stütze, lasse es dahingestellt. Auf Grund der Feststellungen einer im Mai 1954 stattgefundenen Betriebsprüfung hätten der Steuerpflichtige und seine Buchhalterin davon überzeugt sein können, daß die Buchführung in der Art und Weise, wie sie damals geführt und weiterhin beibehalten worden sei, in Ordnung sei. Unter diesen Umständen verbiete es der Grundsatz von Treu und Glauben, steuerliche Vergünstigungen aus formellen Gründen lediglich deshalb zu versagen, weil das Finanzamt nunmehr der Ansicht des Betriebsprüfers aus dem Jahre 1959 folgend im Gegensatz zur Meinung des Vorprüfers den Standpunkt vertrete, die unstreitig in gleicher Weise wie zuvor gehandhabte Buchführung sei nicht ordnungsgemäß. Das Finanzamt müsse den im Betriebsprüfungsbericht 1954 schriftlich zum Ausdruck gekommenen Standpunkt des Betriebsprüfers zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung gegen sich gelten lassen. Würden die Berichte so abgesetzt, als ob der Prüfer auch zuständig sei, die Rechtsfragen zu beurteilen, oder gebe der Betriebsprüfer rechtliche Beurteilungen ab, ohne den Sachverhalt so darzustellen, daß die rechtliche Beurteilung von den zuständigen Beamten nachgeprüft werden könne, so müßten die zuständigen Beamten, die diese Art der Berichtsabfassung duldeten, den entstehenden Rechtsschein gegen sich gelten und sich die Auffassung des Betriebsprüfers als eigene zurechnen lassen (Urteile des Finanzgerichts Hamburg III 83-86/58 vom 9. Oktober 1959 und II 26/57 vom 26. März 1959, Der Betriebs-Berater 1959 S. 1196 und Der Betrieb 1959 S. 613). Das müsse jedenfalls bei Fragen zur Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung gelten, die weitgehend auf dem Gebiete des Tatsächlichen, d. h. der praktischen Handhabung, liege und gewöhnlich nur vom Betriebsprüfer gewürdigt werden könne. Eine umfangreiche Buchführung werde auch kaum jemals dem Finanzamt an Amts Stelle zur überprüfung vorgelegt werden, jedenfalls sei dies nicht üblich. Es sei daher für den Streitfall von der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung in den Streitjahren auszugehen.
Den Einzelfeststellungen des Betriebsprüfers, insbesondere den Mängeln in der Führung des Kassenbuches, des Wareneingangsbuches und des Rechnungsausgangsbuches sowie dem Fehlen eines Verzeichnisses der Debitoren- und Kreditoren-Karteikarten, maß das Finanzgericht keine entscheidende Bedeutung bei. Insbesondere zu der Feststellung des Betriebsprüfers, daß die Kassenbuchbestände mit den monatlichen Kassenbeständen im Journal nicht immer übereinstimmten, führte es aus. Einmal seien nach Darstellung des Finanzamts die Abweichungen dadurch zu erklären, daß die Kassenvorgänge im Journal unabhängig vom Kassenbuch dargestellt worden seien. Ferner hätten unstreitig zwei dieser Abweichungen in einer Besprechung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt vom 16. November 1957 aufgeklärt und andere bestimmte Abweichungen vom Finanzamt nicht genannt werden können. Das Finanzamt habe sich auf die Erklärung beschränkt, daß die Aufklärung von Abweichungen nicht besage, daß immer eine vollständige übereinstimmung zwischen Kassenbuch und Journal vorhanden gewesen sei. Diese unbestimmte Einlassung des Finanzamts könne dem Finanzgericht keinen genügenden Anlaß zu weiteren Nachforschungen geben.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht.
1. Der Senat tritt dem Finanzgericht darin bei, daß die unter d) bis g) aufgeführten Mängel der Buchführung deren Verwerfung und damit die Versagung der Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG nicht rechtfertigen. Soweit Mängel in der Führung des Kassenbuches, des Wareneingangsbuches und des Rechnungsausgangsbuches genannt sind (d), hat das Finanzamt hieraus keine Folgerungen für die Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen gezogen. Weder aus dem Betriebsprüfungsbericht noch aus den weiteren im Laufe des Verfahrens gemachten Feststellungen des Finanzamts sind Einzelheiten über diese Mängel und damit zusammenhängende zahlenmäßige Feststellungen erkennbar. Im übrigen haben diese Mängel von vornherein im Verhältnis zu dem angeblichen Systemfehler wegen nichtchronologischer gruppenweiser Verbuchung im Journal und auf den Debitoren- und Kreditoren-Konten im gesamten Verfahren nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Der Senat ist daher der Auffassung, daß es sich um Mängel handelt, die auf Grund menschlicher Unzulänglichkeit in jeder Buchführung vorkommen und über die im allgemeinen bei der Entscheidung darüber, ob Steuervergünstigungen versagt werden dürfen, hinweggesehen werden kann. Der Fall ist insoweit dem im Urteil des Senats IV 131/54 U vom 26. Oktober 1955, BStBl 1956 III S. 3, Slg. Bd. 62 S. 6, entschiedenen vergleichbar. Bei den Mängeln unter e) bis g) handelt es sich um heilbare Inventur- und Bilanzierungsmängel, über die ebenfalls hinweggesehen werden kann.
2. Was den Hauptstreitpunkt des Falles, nämlich die Frage anbelangt, ob das gruppenweise Verbuchen der Geschäftsvorfälle im Journal der Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nimmt, so kann der Senat der Vorinstanz darin nicht folgen, daß dem Steuerpflichtigen schon deshalb recht zu geben sei, weil es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn das Finanzamt den Mangel der Buchführung, sollte er bestehen, rückwirkend aufgreift, obwohl bei früher gleicher Buchführungsmethode die Buchführung des Steuerpflichtigen durch den Vorprüfer des Jahres 1954 als ordnungsmäßig anerkannt worden war. Der Senat hält an dem für die Verbindlichkeit von Zusicherungen des Finanzamts entwickelten Grundsatz fest (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 269/60 S vom 4. August 1961, BStBl 1961 III S. 562, Slg. Bd. 73 S. 813), daß sich ein Steuerpflichtiger gegenüber einem bestimmten Verhalten des Finanzamts nur dann auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen kann, wenn die für die Beurteilung der Rechtsfrage entscheidenden tatsächlichen Verhältnisse derjenigen Stelle bekannt waren, deren Verhalten in Betracht kommt und die für die Beurteilung zuständig ist. Hierbei müssen im allgemeinen auch solche tatsächlichen Verhältnisse als der zuständigen Stelle des Finanzamts bekanntgeworden angesehen werden, von denen der Steuerpflichtige billigerweise erwarten kann, daß sie das Finanzamt zur Kenntnis genommen hat.
Im Streitfall hat das Finanzamt die tatsächliche Beschaffenheit der Buchführung des Steuerpflichtigen, die ihm eine zutreffende Beurteilung der Frage der Ordnungsmäßigkeit erlaubt hätte, nicht gekannt. Der Betriebsprüfungsbericht des Jahres 1954 enthält nur eine Aufzählung der Bücher, die der Steuerpflichtige damals geführt hat, und daran anschließend die globale Feststellung des Betriebsprüfers: "Mängel, die die sachliche Ordnungsmäßigkeit der Buchprüfung in Frage stellen, wurden nicht festgestellt". Dieser Vermerk des Betriebsprüfers läßt erkennen, daß er sich mit der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht näher befaßte, sondern sich darauf beschränkte, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen zu prüfen, und daß er ein Urteil über die formelle Ordnungsmäßigkeit nicht abgeben wollte. Dieser Sachverhalt war dem Steuerpflichtigen auf Grund der Zusendung des Betriebsprüfungsberichts bekannt. Eine Schlußbesprechung, aus der sich ergeben könnte, daß die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung im Hinblick auf die jetzt streitigen Fragen auch vom Finanzamt anerkannt worden wäre, hat nicht stattgefunden. Der Steuerpflichtige konnte unter diesen Umständen nicht erwarten, daß dem Finanzamt die Beschaffenheit seiner Buchführung bekannt sein mußte und damit auch nicht darauf vertrauen, daß ihm die begehrten und zunächst auch gewährten Steuervergünstigungen bei späterer Aufdeckung der Buchführungsmängel verbleiben würden.
Es kann nicht anerkannt werden, daß sich ein Finanzamt in einem solchen Fall grundsätzlich ihm nicht bekannte Tatsachen entgegenhalten lassen muß, weil es die diese Tatsachen nicht aufführende Berichterstattung des Betriebsprüfers geduldet habe. Die Abwägung des Interesses des Steuerpflichtigen an der Aufrechterhaltung eines mit dem Gesetz nicht zu vereinbarenden Steuervorteils gegen das Interesse der Allgemeinheit an gesetzmäßiger Steuererhebung gestattet keine andere Beurteilung. Ein Finanzamt kann durch Duldung einer nicht nachprüfbaren Beurteilung einer Rechtsfrage durch den Betriebsprüfer keine Rechtslage schaffen, die den Steuerpflichtigen zur Berufung auf Treu und Glauben berechtigen könnte. Es muß vielmehr gefordert werden, daß der Steuerpflichtige, der bei einem solchen Sachverhalt Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen will, die von der Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung abhängen, dafür Sorge trägt, daß das Finanzamt hinreichende Kenntnis der tatsächlichen Beschaffenheit seiner Buchführung erlangt. Ein Steuerpflichtiger, der es darauf ankommen läßt, ob bei späterer Gelegenheit Mängel seiner Buchführung aufgedeckt werden, kann sich nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen. Denn er hat selbst nicht alles ihm billigerweise Zumutbare getan, um von vornherein klare Verhältnisse zu schaffen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige von seiner Sicht aus Anlaß hatte, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung zu zweifeln. Insoweit trägt er das Risiko der in seiner Sphäre befindlichen, die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung betreffenden Tatsachen.
Die Prüfung der Buchführungsfrage ergibt sodann folgendes. Die Buchführungsmethode des Steuerpflichtigen ist unstreitig. Er hat sämtliche Geschäftsvorfälle, soweit sie Geld- oder Warenbewegungen betreffen, zunächst in Grundbüchern festgehalten und monatlich gruppenweise im Wege der Durchschreibebuchführung im Journal und auf den Sach- und Personenkonten verbucht. Die Gruppenweise Verbuchung hatte zur Folge, daß zunächst die Sparkassenein- und - ausgänge, sodann die Postscheckein- und - ausgänge, die Kassenein- und - ausgänge und schließlich die Kunden- und Lieferantenrechnungen verbucht wurden. Hieraus ergibt sich, daß die einzelnen Geschäftsvorfälle im Journal nicht chronologisch, sondern gruppenweise erscheinen, wobei jedoch am Monatsende im Verhältnis zum Vormonat das Erfordernis einer chronologischen Verbuchung erfüllt ist. Da der Steuerpflichtige zunächst sämtliche Geldbewegungen und erst daran anschließend die Warenbewegungen verbuchte, ist die Verbuchung auf den Kontokorrent-Sachkonten und auf den Debitoren- und Kreditoren- Karteikarten ebenfalls nicht chronologisch. Hier können ohne weiteres z. B. Zahlungen von Debitoren vor den Lieferungen erscheinen.
Die dargestellte Buchführungsmethode ist üblicherweise bei Fernbuchführungen anzutreffen. Der Steuerpflichtige hat keine Fernbuchführung. Bei ihm wird sowohl die Eintragung in die Grundbücher als auch die übertragung ins Journal und auf die Sachkonten im Betrieb selbst durch eine eigene Buchhaltungskraft erledigt. Ein Unterschied in der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit dieser Methode für Steuerpflichtige, die sich der Fernbuchführung bedienen, und solchen, die ihre Buchführung im eigenen Betrieb nach dieser Methode durchführen, erscheint jedoch nicht gerechtfertigt.
Gegen die gruppenweise Verbuchung des Buchungsstoffes im Journal und auf den Sachkonten sind Bedenken nicht zu erheben. Es handelt sich um die systematische Verarbeitung des in den Grundbüchern aufgezeichneten Buchungsstoffes. Sie hat die Aufgabe, eine übersicht der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens auf den Buchungstag zu geben. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird durch die gruppenweise Verbuchung nicht beeinträchtigt. Jedenfalls im Zeitpunkt der Verbuchung ist für den abgelaufenen Monat die Vermögens- und Ertragslage des Betriebes ohne weiteres ersichtlich. Soll sie zu einem bestimmten Tag im Laufe des Monats festgestellt werden, so ist das bei Heranziehung der vom Steuerpflichtigen in den Grundbüchern gemachten Aufzeichnungen möglich. Sind die Grundbücher fortlaufend vollständig und richtig geführt, so kann also die Systematisierung des Buchungsstoffes durch gruppenweise Verbuchung der Geschäftsvorfälle im Journal und auf den Sachkonten keinen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung darstellen. Im übrigen erfolgt auch bei den konventionellen Methoden der doppelten Buchführung, bei denen mehrere Grundbücher nach der Art der Geschäftsvorfälle geführt werden die übertragung ins Hauptbuch nach längeren Zeitabständen aus einem Grundbuch nach dem anderen. Auch hier ergibt sich die sogenannte gruppenweise Verbuchung auf den Sachkonten, wobei Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit dieser Methode bisher nicht erhoben worden sind.
Fraglich kann sein, ob die Sammlung des Buchungsstoffes zunächst in Grundbüchern und die erst vier Wochen später erfolgende Eintragung in das Journal auf die Sachkonten den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung deshalb widersprechen, weil gegen die Forderung zeitnaher Verbuchung der Geschäftsvorfälle verstoßen wird. Das ist zu verneinen. Denn entscheidend ist, wann der einzelne Geschäftsvorfall in den Grundbüchern aufgezeichnet ist. Allerdings ist es bedenklich, die Systematisierung des in den Grundbüchern fortlaufend erfaßten Buchungsstoffes allzu lange hinauszuschieben. Denn hierdurch würde bei umfangreichen Buchführungen die Feststellung der jeweiligen Vermögens- und Ertragslage auch für einen Sachkundigen außerordentlich erschwert. In welchen Zeitabständen mindestens die Systematisierung des Buchungsstoffes durch Eintragung ins Journal und auf die Sachkonten zu erfolgen hat, ist bisher von der Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt. Im Urteil IV 131/54 U hat der Bundesfinanzhof die monatlichen Journalbuchungen durch einen Helfer in Steuersachen nach den laufenden Grundbuchungen nicht beanstandet. Hingegen hat er im Urteil IV 68/53 U vom 10. Juni 1954, BStBl 1954 III S. 298, Slg. Bd. 59 S. 227, die Buchführung deshalb nicht mehr als ordnungsmäßig angesehen, weil der Steuerpflichtige sich zunächst auf die Sammlung von Belegen beschränkt und jeweils erst nach Ablauf einer langen Zeit auf Grund dieser Belege die Geschäftsvorfälle in Grundbüchern eingetragen hat. Hier fehlte es an einer laufenden Erfassung der Geschäftsvorfälle in den Grundbüchern. Das Gutachten der Industrie- und Handelskammer Berlin (West) vom 24. April 1954 (BBK - Buchhaltungsbriefe - Gesetzestexte, Fach 8 S. 96) kommt für die übertragung der täglich geführten Kassenberichte zu dem Ergebnis, daß eine Zeit von zwei Wochen grundsätzlich als Grenze der Zulässigkeit angesehen und nur in Ausnahmefällen eine längere Frist zugestanden werden könne. Andernfalls sei dem Erfordernis, jederzeit den Stand des Vermögens und Gewinns feststellen zu können, nicht hinreichend genügt. Das Gutachten der Industrie- und Handelskammer München vom 12. Juni 1953 (BBK - Buchhaltungsbriefe - Gesetzestexte, Fach 8 S. 95) kommt im Gegensatz hierzu zur Auffassung, daß die systematische übertragung der Grundbuchaufzeichnungen ins Journal und auf die Sachkonten wöchentlich oder monatlich erfolgen könne. Der Senat ist der Auffassung, daß die monatliche Systematisierung des Buchungsstoffes den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung genügt. Eine andere Auffassung würde der sich aus den Notwendigkeiten der Rationalisierung der Buchführungsarbeit ergebenden Praxis bei den Fernbuchführungen nicht gerecht werden.
3. Die Vorentscheidung muß aus folgenden Gründen aufgehoben werden.
Es ist zweifelhaft, ob der Steuerpflichtige sämtliche Geschäftsvorfälle fortlaufend und zeitnah in Grundbüchern eingetragen hat. Im Schriftsatz vom 3. Juni 1960 spricht das Finanzamt davon, daß noch viele und wesentlich andere Geschäftsvorfälle nur im Journal erfaßt worden seien. Der Steuerpflichtige hat dem nicht widersprochen. Das Finanzgericht ist hierauf nicht eingegangen. Ein solches Verfahren würde jedenfalls dann den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung widersprechen, wenn diese Geschäftsvorfälle zahlreich und von größerer finanzieller Bedeutung waren und lediglich monatlich nach gesammelten Belegen erstmals aufgezeichnet wurden. Eine laufende Aufzeichnung unmittelbar im Journal hingegen würde den Erfordernissen der chronologischen Erfassung in Grundbüchern genügen. Das Journal wird hierdurch selbst aber nicht zur Gänze zum Grundbuch. Das Finanzgericht muß diesen Punkt aufklären.
Zweifel bestehen, ob die Erfassung der Sparkassen- und Postscheckbewegungen den Anforderungen an eine laufende Aufzeichnung in den Grundbüchern entspricht. Der Steuerpflichtige verwendete bis zur monatlichen Verbuchung die gesammelten Sparkassen- und Postscheckauszüge mit anliegenden Belegen als Grundbuchersatz. In dem Urteil IV 188/59 vom 27. Juni 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 161, Rechtsspruch 11, hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten, die Sammlung von Bank- und Postscheckauszügen könne die Aufzeichnung der Bank- und Postscheckvorgänge in Grundbüchern nicht ersetzen. Geht man von dem Zweck der Führung von Grundbüchern aus, nämlich dem der chronologischen und zeitnahen Erfassung aller Geschäftsvorfälle zum Zwecke vollständiger Belegsicherung für die nach Sachkonten geordnete Hauptbuchführung, so sind Bankgegenbücher kein zwingendes Erfordernis. Die Bankauszüge stellen eine wort- und zahlengetreue Durchschrift des Kontos der Bankbuchhaltung dar. Sie sind fortlaufend numeriert und weisen den alten und neuen Saldo aus, so daß die Vollzähligkeit jederzeit nachprüfbar ist. Sie gewähren eine zuverlässigere Belegsicherung als eigene Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen. Im Zusammenhang mit angehefteten Belegen oder durch Erläuterungen und Hinweise auf Belege geben sie ausreichend Auskunft über die Art der Geschäftsvorfälle. Es muß allerdings gefordert werden, daß die Umsatzzahlen mit erläuterndem Text und einem Beleghinweis versehen werden. Unter diesen Voraussetzungen können Bankbelege einen vollwertigen Ersatz für laufende Aufzeichnungen der Bankvorgänge in einem entsprechenden Grundbuch darstellen. Das Finanzgericht wird die notwendigen Feststellungen zu treffen haben.
Nach den Aktenunterlagen besteht die Vermutung, daß auch innerhalb der Gruppen im Journal nicht chronologisch gebucht ist. Auch scheinen noch ungeklärte Differenzen zwischen den Aufzeichnungen im Kassenbuch und im Journal zu bestehen, die damit erklärt werden, daß die Eintragungen im Journal unabhängig vom Kassenbuch gemacht worden seien. Auch insoweit muß das Finanzgericht noch Ermittlungen anstellen, die zur Bejahung eines Systemfehlers der Buchführung führen könnten.
4. Der Steuerpflichtige hat einen Nachweis über die in der Buchführung verwendeten Debitoren- und Kreditoren-Karteikarten nicht geführt. Nach dem Gutachten der Industrie- und Handelskammer Berlin, veröffentlicht in den Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer zu Berlin vom 25. Februar 1927, S. 166, entspricht eine Lose-Blatt-Buchführung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung namentlich dann, wenn u. a. ein Nachweis über alle in der Buchführung verwandten losen Blätter geführt wird. Der Senat möchte diese Ansicht der Industrie- und Handelskammer Berlin nicht dahin verstehen, daß beim Fehlen eines solchen Nachweises die Buchführung ohne weiteres als nicht mehr ordnungsgemäß anzusehen ist. Eine Buchführung über die Buchführung soll von dem Kaufmann im allgemeinen nicht verlangt werden. Welche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen von Karteiblättern der Kaufmann trifft, muß ihm überlassen bleiben. Gegen bewußte und absichtliche Entfernung von Karten oder ihr Hinzutun oder eine Schwarzbuchführung bietet ein solcher Nachweis ohnehin keinen Schutz. Im übrigen zeigen sich Differenzen, sofern die Aufzeichnungen über die unbaren Geschäftsvorfälle in den Grundbüchern fortlaufend und vollständig gemacht worden sind, spätestens bei der Inventur der Debitoren oder Kreditoren, die in größeren Betrieben zu Kontrollzwecken in angemessenen Zeitabständen durchgeführt wird. Das Fehlen eines solchen Nachweises führt also im Streitfall nicht zur Verneinung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 411364 |
BStBl III 1964, 654 |
BFHE 1965, 500 |
BFHE 80, 500 |
BB 1964, 1328 |
DB 1964, 1688 |