Leitsatz (amtlich)
1. Die auf jede Woche entfallende Lohnsteuer-Pauschalierungsschuld entsteht mit Ablauf der Woche, jedoch auflösend bedingt durch eine Überschreitung des Durchschnittslohns von 12 DM je Arbeitsstunde und der Wochenlohngrenze von 120 DM.
2. Bei der Berechnung des Wochenarbeitslohns und des durchschnittlichen Stundenlohns ist die Weihnachtsgratifikation auf die Beschäftigungszeit des Kalenderjahres zu verteilen.
3. Der für die Pauschalierung nach § 40a EStG maßgebliche Arbeitslohn ist nicht um den Weihnachts-Freibetrag und Arbeitnehmer-Freibetrag zu kürzen.
4. Ist die Stundenlohngrenze des § 40a Abs.3 EStG eingehalten, so läßt die Überschreitung der Wochenlohngrenze für bestimmte Wochen die Wirksamkeit der Pauschalierung für andere Wochen, in denen die Wochenlohngrenze nicht überschritten ist, unberührt.
Normenkette
EStG § 40a Abs. 3, 1 Nr. 2, § 19 Abs. 3-4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, beschäftigte in den Jahren 1983 und 1984 Aushilfskräfte, deren Lohn sie der Pauschalierung nach § 40a Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) unterwarf. Im Monat Dezember der Jahre 1983 und 1984 zahlte sie diesen Aushilfskräften ein zusätzliches Weihnachtsgeld, wodurch die Lohngrenzen des § 40a Abs.1 Nr.2 EStG für diesen Monat jeweils überschritten wurden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) versagte nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung die Pauschalierung nach § 40a EStG für den Monat Dezember der Jahre 1983 und 1984 und erhob Lohnsteuer in Höhe von 175,40 DM bzw. 439,42 DM unter Anwendung des § 40 Abs.1 EStG durch Lohnsteuerpauschalierungsbescheid vom 12.Juni 1985 nach.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Gewährung des Weihnachts-Freibetrages (§ 19 Abs.3 EStG) auf die gezahlten Weihnachtsgelder begehrt, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Für die Ermittlung der in § 40a Abs.1 EStG genannten Grenzen sei nach dem Gesetzeswortlaut der Begriff des "Arbeitslohns" maßgebend. Hierzu gehörten alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zuflössen. Die von der Klägerin als Weihnachtsgeld gezahlten Beträge fielen unter den Begriff des Arbeitslohns. Dieser sei im Rahmen des § 40a EStG nicht etwa um die in § 19 Abs.3 und 4 EStG genannten Freibeträge zu kürzen. Wäre dies die Absicht des Gesetzgebers gewesen, so hätte das in § 40a EStG seinen Ausdruck finden müssen. Die Freibeträge des § 19 Abs.3 und 4 EStG seien Arbeitnehmervergünstigungen. Diese würden aber, wenn sie bei einer Lohnsteuerpauschalierung angesetzt würden, ausschließlich dem Arbeitgeber als dem Schuldner der pauschalen Steuer zugute kommen. Daher sei von dem Grundsatz auszugehen, daß sich im Rahmen des § 40a EStG keine dem Arbeitnehmer zustehenden Freibeträge auswirken dürften. Der Auffassung des FG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 28.Oktober 1985 5 K 89/85 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1986, 202), wonach das Weihnachtsgeld auf das Jahr zu verteilen sei, sei nicht zu folgen.
Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin weiterhin den Ansatz des Weihnachts-Freibetrages nach § 19 Abs.3 EStG auf die im Dezember der Jahre 1983 und 1984 gezahlten Weihnachtsgelder. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus: § 19 Abs.3 EStG schreibe ausdrücklich vor, daß ein Weihnachts-Freibetrag abzuziehen sei. Da es den Weihnachts-Freibetrag seit Jahrzehnten gebe, hätte der Gesetzgeber den Abzug dieses Freibetrages in § 40a EStG ausdrücklich ausschließen müssen. Es sei sinnwidrig, die Lohnsteuerpauschalierung nach § 40a EStG als eine Art Vergünstigung zu betrachten, die ausschließlich dem Arbeitgeber als dem Steuerschuldner zugute komme. Vorteile aus der Pauschalierung nach § 40a EStG habe der Arbeitnehmer, da er mit dem Nettolohn rechnen könne und sich um die Besteuerung dieses Lohns nicht mehr zu kümmern brauche. Der Arbeitgeber habe allenfalls arbeitsmarktpolitische Vorteile, weil es ohne die Möglichkeit einer Lohnsteuerpauschalierung oft sehr schwierig wäre, Aushilfskräfte zu bekommen. Der Nichtansatz des Weihnachts-Freibetrages im Rahmen des § 40a EStG führe zu erheblichen Nachteilen des Arbeitnehmers. Werde nämlich durch die Zahlung von Weihnachtsgeld die Lohngrenze des § 40a EStG überschritten und fordere das FA die Lohnsteuer vom Arbeitnehmer an, so komme es regelmäßig zu erheblichen Nachzahlungen. Gegen den Ansatz des Weihnachts-Freibetrages im Rahmen des § 40a EStG spreche nicht etwa, daß in Ausnahmefällen Aushilfskräften mit zwei Beschäftigungsverhältnissen der Weihnachts-Freibetrag unter Umständen zweimal zugute kommen könne. Dies Ergebnis könne aus sozialen Gründen hingenommen werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Zur Begründung führt es ergänzend zu den Gründen der Vorentscheidung aus: § 19 Abs.3 EStG bestimme, daß der Weihnachts-Freibetrag vom Arbeitslohn abzuziehen sei. Dieser Abzug stelle lediglich eine Tarifvergünstigung dar, die den Begriff des Arbeitslohns nicht berühre. Weiterhin könne der Weihnachts-Freibetrag nur bei dem ersten Dienstverhältnis abgezogen werden. Werde die Lohnsteuer aber pauschal nach § 40a EStG erhoben, könne mangels Vorlage einer Lohnsteuerkarte von einem ersten Dienstverhältnis nicht gesprochen werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß bei der pauschalen Lohnbesteuerung nach § 40a Abs.1 Nr.2 EStG der an die Aushilfskräfte gezahlte Arbeitslohn weder um den Arbeitnehmer- Freibetrag des § 19 Abs.4 EStG noch um den Weihnachts-Freibetrag des § 19 Abs.3 EStG zu kürzen ist. Das Weihnachtsgeld ist daher in voller Höhe Teil des Arbeitslohnes, auf den die pauschale Lohnsteuer zu erheben ist.
Zum Arbeitslohn i.S. des § 40a EStG gehören alle Einnahmen, die dem Teilzeitbeschäftigten aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis zufließen (§ 2 Abs.1 Satz 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung --LStDV--). Dieser Arbeitslohn ist der pauschalen Besteuerung zu unterwerfen, ohne daß er um die genannten Freibeträge zu kürzen ist. Etwas anderes ist der gesetzlichen Anordnung des § 40a EStG nicht zu entnehmen. Eine Berücksichtigung solcher Freibeträge würde mit der pauschalen Lohnsteuererhebung des § 40a EStG auch nicht im Einklang stehen. Die pauschale Lohnsteuer soll losgelöst von den Besteuerungsmerkmalen des Arbeitnehmers in Höhe von 10 v.H. des gezahlten Arbeitslohnes entstehen. Allein dieser gezahlte Arbeitslohn ohne irgendwelche in der Person des Arbeitnehmers liegende Kürzungsgründe (z.B. auch ohne Berücksichtigung von Werbungskosten des Arbeitnehmers) soll der pauschalen Lohnsteuer unterworfen werden.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist das Weihnachtsgeld bei der Prüfung, ob die Pauschalierungsgrenzen eingehalten sind, nicht allein dem Zahlungsmonat oder der Zahlungswoche zuzurechnen.
a) Ob die Pauschalierungsgrenzen eingehalten worden sind, kann sich nicht nach dem Zuflußzeitpunkt des Arbeitslohns richten. Dieser Zuflußzeitpunkt ist zwar bedeutsam für das Entstehen der pauschalen Lohnsteuer. Diese kann erst mit dem Zufluß des Arbeitslohns entstehen (Rechtsgedanke des § 38 Abs.2 Satz 2 EStG). Für die Beantwortung der Frage, welcher Lohn für eine bestimmte wöchentliche Arbeit gezahlt worden ist, kann aus dem Zahlungs- bzw. Zuflußzeitpunkt als solchem nichts abgeleitet werden. Entscheidend für die Einhaltung der Pauschalierungsgrenzen ist allein, daß der Arbeitslohn, der in einem Kalenderjahr für eine bestimmte wöchentliche Arbeitsleistung gezahlt wird, die Wochenlohngrenze von 120 DM nicht übersteigt.
Der Senat folgt dem FG Rheinland-Pfalz in EFG 1986, 202 darin, daß die Zahlung des Weihnachtsgeldes eine Belohnung durch den Arbeitgeber für die ihm in der gesamten Beschäftigungszeit eines Kalenderjahres geleistete Arbeit darstellt. Daß diese Belohnung erst gegen Ende des Kalenderjahres gezahlt wird, macht sie nicht zum Arbeitslohn allein für die Arbeitsleistung der Zahlungswoche. Es ist damit gerechtfertigt, das Weihnachtsgeld zur Feststellung, ob die Pauschalierungsgrenzen (Wochenlohngrenze von 120 DM, Durchschnittslohn von 12 DM je Arbeitsstunde) eingehalten sind, rechnerisch auf die einzelnen Arbeitswochen des Kalenderjahres zu verteilen. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht des FA stehen dieser rechnerischen Verteilung die auf den wöchentlichen Lohnsteuerabzug zugeschnittenen Vorschriften der §§ 38 Abs.3 und 39b Abs.3 EStG nicht entgegen.
b) Die rechnerische Verteilung des Weihnachtsgeldes auf die Arbeitswochen der Beschäftigungsdauer eines Kalenderjahres beim selben Arbeitgeber hat zur Folge, daß regelmäßig erst am Ende eines Kalenderjahres feststeht, in welchen Wochen die Wochenlohngrenze von 120 DM eingehalten worden ist und in welchen Wochen damit die Lohnsteuerpauschalierung zulässig war. Dies bedeutet keine unangemessene Verkomplizierung einer Vorschrift, die die Lohnsteuererhebung bei Arbeitgebern erleichtern soll, die auf Teilzeitbeschäftigte angewiesen sind. Denn bei jeder Zahlung von Weihnachtsgeld oder sonstigen Sonderzuwendungen ist zu überprüfen, ob die bisher vorgenommene Pauschalierung noch Bestand hat. Da gemäß § 40a Abs.3 EStG der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 12 DM durchschnittlich je Arbeitsstunde nicht überschreiten darf, kann auch im Hinblick auf diese Bestimmung regelmäßig erst am Ende des Kalenderjahres festgestellt werden, ob die Lohnsteuerpauschalierung eines Kalenderjahres zu Recht erfolgt war. Die auf jede Woche entfallende Lohnsteuerschuld entsteht somit auflösend bedingt durch eine Überschreitung des Durchschnittslohns von 12 DM je Arbeitsstunde und der Wochenlohngrenze von 120 DM. Hierauf muß sich der Arbeitgeber einstellen, wenn er in einem Kalenderjahr vom Beginn der Beschäftigung an die Pauschalierungsgrenzen stets voll ausschöpfen will bzw. stets ausgeschöpft hat.
3. Das FG hat von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Pauschalierungsgrenzen des Monats Dezember der Jahre 1983 und 1984 nach einer Verteilung des Weihnachtsgeldes entsprechend den vorstehenden Ausführungen des Senats überschritten sind. Daher mußte die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.
Sollten die vom FG nachzuholenden Feststellungen ergeben, daß als Folge der Verteilung des Weihnachtsgeldes der zulässige durchschnittliche Stundenlohn überschritten ist, so erweist sich die Pauschalierung nach § 40a EStG als unzulässig, so daß die Klage abzuweisen ist. Das gleiche gilt, wenn auch nach Verteilung des Weihnachtsgeldes auf die gesamte Beschäftigungszeit des Kalenderjahres die Wochenlohngrenze im Monat Dezember der Jahre 1983 und 1984 überschritten worden ist. Ist hingegen die Wochenlohngrenze im Monat Dezember der Jahre 1983 und 1984 nicht überschritten und hält sich der durchschnittliche Stundenlohn der Beschäftigungszeit der Jahre 1983 bzw. 1984 innerhalb der Grenzen des § 40a Abs.3 EStG, so hat die Klägerin im Monat Dezember 1983 bzw. 1984 zutreffend pauschaliert, wenn der gesamte Lohnzufluß des Monats Dezember mit 10 v.H. pauschal besteuert worden ist. Dies gilt selbst dann, wenn infolge der Verteilung des Weihnachtsgeldes die Wochenlohngrenze in anderen Monaten überschritten gewesen sein sollte; denn Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist nur die Zulässigkeit der Lohnsteuerpauschalierung für Dezember 1983 und 1984.
Fundstellen
Haufe-Index 62692 |
BFH/NV 1989, 43 |
BStBl II 1989, 1032 |
BFHE 157, 431 |
BFHE 1990, 431 |
BB 1989, 2168-2169 (LT1-4) |
DB 1989, 2359-2360 (LT) |
DStR 1989, 640 (KT) |
HFR 1990, 25 (LT) |