Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Abziehbarkeit von Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (amtlich)
Löst ein Steuerpflichtiger seine Darlehensschuld vorzeitig ab, um sein bisher vermietetes Objekt lastenfrei übereignen zu können, so kann er die dafür an den Darlehensgeber zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung auch dann nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, wenn er mit dem Kredit Aufwendungen finanziert hatte, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben im Jahre 1997 ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück im Wege der Erbfolge. Die Erblasserin selbst hatte das Objekt im Jahre 1974 von ihrem Ehemann geerbt. Zur Finanzierung von Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen und zur Ablösung eines Hypothekendarlehens nahm sie ein Darlehen über 275 000 DM auf, das im Jahre 1996 in voller Höhe ausgezahlt wurde. Es diente dazu, von 1996 bis 1999 laufende Modernisierungsarbeiten zu bezahlen. Überdies waren weitere Renovierungsmaßnahmen geplant. Aufgrund der Veräußerung des Grundstücks durch die Kläger im März 1999 kam es aber nicht mehr zu den geplanten Renovierungen. Im Zusammenhang mit der Veräußerung führten die Kläger das Darlehen in voller Höhe zurück und mussten dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank in Höhe von 17 500 DM bezahlen.
In ihrer Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr (1999) begehrten die Kläger den Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 15 782,50 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Dieser Betrag entspricht dem Anteil der geplanten Modernisierungsmaßnahmen (249 241,74 DM) am Gesamtdarlehen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) lehnte das auch im Einspruchsverfahren ab.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 749 veröffentlichten Urteil berücksichtigte das Finanzgericht (FG) den Teil der Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung, der dem Anteil der mit dem Darlehen tatsächlich bezahlten Erhaltungsaufwendungen (105 000 DM) an dem Gesamtdarlehen (275 000 DM) entspricht. Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. September 1999 IX R 42/97 (BFHE 190, 165, BStBl II 2001, 528) bleibe der Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung auch nach der Veräußerung bestehen, soweit mit dem Kredit Aufwendungen finanziert worden seien, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren (hier: 105 000 DM). Dies müsse auch für die Vorfälligkeitsentschädigung gelten, die lediglich an die Stelle des periodisch über die Restlaufzeit zu entrichtenden Zinses trete und deshalb die Gegenleistung für die Überlassung des Kapitals darstelle.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es vorträgt, dass die Vorfälligkeitsentschädigung unmittelbar und damit maßgebend durch die in der privaten Vermögenssphäre liegende Grundstücksveräußerung veranlasst sei.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Abweisung der Klage. Unzutreffend hat das FG die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 6 682 DM als Werbungskosten der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
Die von den Klägern gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung ist nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
1. Die zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung steht, wenn sie ―wie im Streitfall― durch die Grundstücksveräußerung veranlasst ist, ebenso wie andere Veräußerungskosten mit dem nicht steuerbaren Vermögensbereich in Zusammenhang (Urteile des BFH vom 19. Februar 2002 IX R 36/98, BFHE 198, 198, BStBl II 2003, 126, und vom 23. April 1996 IX R 5/94, BFHE 180, 374, BStBl II 1996, 595; Beschluss des BFH vom 5. November 2001 IX B 92/01, BFHE 197, 139, BStBl II 2002, 144). Dementsprechend werden bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb solche Vorfälligkeitsentschädigungen zu den Veräußerungskosten i.S. von § 16 Abs. 2 EStG gerechnet, die den laufenden Gewinn unberührt lassen (BFH-Urteile vom 25. Januar 2000 VIII R 55/97, BFHE 191, 111, BStBl II 2000, 458; vom 18. Oktober 2000 X R 70/97, BFH/NV 2001, 440).
2. Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch dann, wenn die Entschädigung zur Ablösung eines Darlehens hingegeben wurde, mit dem Aufwendungen finanziert worden sind, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren.
Zwar wird der durch die tatsächliche Verwendung des Kredits geschaffene wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ―anders als bei einem Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. dazu BFH-Urteil vom 8. April 2003 IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706, m.w.N.)― durch die Veräußerung des Wirtschaftsgutes nicht berührt, so dass der Darlehensnehmer berechtigt ist, auch nach Aufgabe seiner Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen (BFH in BFHE 190, 165, BStBl II 2001, 528).
Er ist aber nicht berechtigt, Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten abzuziehen: Löst er seine Schuld vorzeitig ab, um ein lastenfreies Grundstück übereignen zu können, so ist die dafür an den Darlehensgeber zu entrichtende Entschädigung nicht mehr der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, sondern der nicht einkommensteuerbaren Veräußerung zuzurechnen. Der Zusammenhang der Kreditkündigung mit der einkommensteuerrechtlich unerheblichen Vermögensumschichtung tritt an die Stelle der Veranlassung der Kreditaufnahme durch die frühere Einkunftsart (BFH-Urteil vom 23. Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464, und BFH-Beschluss vom 3. August 2001 IX B 32/01, BFH/NV 2002, 21).
Obschon die Vorfälligkeitsentschädigung Bestandteil der auf die (verkürzte) Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals ist und ―ebenso wie die Zinsen― weiterhin auf dem Darlehensvertrag als Rechtsgrund beruht (BFH-Urteil vom 25. Februar 1999 IV R 55/97, BFHE 188, 406, BStBl II 1999, 473), ist sie das Ergebnis einer auf vorzeitige Kreditablösung gerichteten Änderung des Kreditvertrags (Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 1. Juli 1997 XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161). Erst mit dieser Modifizierung des Vertragsinhalts steht dem Darlehensgeber eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zu.
Diese vertragliche Vereinbarung ist auch steuerrechtlich das "auslösende Moment" für die Zahlung. Sie hängt mit der nicht steuerbaren Veräußerung des Grundstücks zusammen; denn die Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, besteht gerade dann, wenn für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist (so BGH in BGHZ 136, 161).
3. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung aufzuheben. Das FG hat unzutreffend einen wirtschaftlichen Zusammenhang der Vorfälligkeitsentschädigung mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung allein wegen der tatsächlichen Verwendung des Darlehens für sofort als Werbungskosten abziehbare Aufwendungen gesehen. Dieser Zusammenhang ist im Streitfall durch die Änderung des Darlehensvertrags aufgrund der Vereinbarung der Kläger mit ihrer Bank gelöst worden. Wirtschaftlicher Anlass für diese Vereinbarung war die beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks.
4. Die Sache ist spruchreif. Der Senat entscheidet in der Sache selbst und weist die Klage ab.
Fundstellen
Haufe-Index 1076939 |
BFH/NV 2004, 125 |
BStBl II 2004, 57 |
BFHE 2004, 352 |
BFHE 203, 352 |
BB 2004, 33 |
DB 2004, 117 |
DStR 2003, 2219 |
DStRE 2004, 63 |
HFR 2004, 116 |