Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Auch Eichenbaumschwamm kann zu Waldnutzungen infolge höherer Gewalt im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG 1951 führen.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 3, § 34b/1/2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Steuerpflichtige (Bg.) die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG 1951 für Kalamitätsnutzungen in den Wirtschaftsjahren 1951/1952 und 1952/1953 aus den vom Eichenbaumschwamm befallenen Eichen in Anspruch nehmen kann. Es handelt sich hierbei um Anfälle in älteren Eichenbeständen seines Forstreviers "X.-Wald", der am Anfang des 19. Jahrhunderts als Hütewald weitständig begründet und später bis zum Ende des ersten Weltkrieges als Hofjagdrevier benutzt worden ist. Das Finanzamt hat dem Bg. die Vergünstigung des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG versagt, da der Pilzbefall nicht zu den dort beispielsweise aufgezählten Naturereignissen rechne; außerdem ergebe sich aus dem Begriff der höheren Gewalt, daß das schädigende Ereignis unabwendbar sein müsse und weder voraussehbar noch vom Steuerpflichtigen verschuldet sein dürfe. Schließlich seien die Holzeinschläge infolge Eichenbaumschwamms ihrem Wesen nach als Totalitätsnutzungen aufzufassen, die in vollem Umfang nicht steuerbegünstigt seien.
Zur Begründung dieser Auffassung hat das Finanzamt vorgetragen, daß seit Ablösung der Waldweide etwa um 1870 eine Verbesserung der Bestandsverhältnisse in dem Forst des Steuerpflichtigen hätte eingeleitet werden können. Diese sei jedoch unterblieben, weil das Revier bis zum Jahre 1920 als Hofjagdrevier gedient habe. Der außerordentliche Wildbestand habe das Aufkommen eines Bodenschutzholzes unmöglich gemacht. Damit habe eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Pflege der Eichenbestände gefehlt. Der Befall der Bestände des Steuerpflichtigen durch den Eichenbaumschwamm sei daher durch eine nicht ordnungsmäßige forstwirtschaftliche Pflege hervorgerufen, so daß kein Ereignis der höheren Gewalt vorliege.
Auf die Berufung des Steuerpflichtigen hat das Finanzgericht mit Zustimmung des Steuerpflichtigen durch Zwischenurteil entschieden, daß die Nutzung schwammbefallener Eichen in den Wirtschaftsjahren 1950/1951 und 1951/1952 (richtig 1951/1952 und 1952/1953) gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG 1951 insoweit steuerbegünstigt sei, als sie den jeweiligen Durchschnittssatz für Sammelhiebnutzungen in dem Forst des Steuerpflichtigen überstiegen. Die Feststellung des Durchschnittssatzes, die Festsetzung der Einkommensteuer sowie des Streitwertes und die Kostenentscheidung hat es dem Endurteil vorbehalten.
Das Finanzgericht hat hierbei die Auffassung vertreten, daß auch Waldnutzungen infolge Pilzbefalls unter § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG fielen, und hat weiter ausgeführt, daß der vom Finanzamt vertretene Standpunkt, wonach ein Naturereignis nicht voraussehbar, nicht abwendbar und nicht verschuldet sein dürfe, zwar dem Begriff der höheren Gewalt im Zivilrecht entspreche, daß aber für das Steuerrecht im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG eine abweichende und großzügigere Auslegung gerechtfertigt sei. § 34 Abs. 3 EStG begünstige die zwangsläufig zusammengeballten Nutzungen der in vielen Jahren durch den Holzzuwachs angewachsenen, an sich schon mit dem Zuwachs voll steuerpflichtigen stillen Reserven durch Herausnahme aus der vollen Progression des Tarifes. Es solle außerdem durch diese Bestimmung bewirkt werden, daß die über den bisher unversteuerten Zuwachs hinaus aus der Substanz gezogenen Nutzungen (bereits versteuerter oder als bereits versteuert zu behandelnder Zuwachs), also Vermögensumschichtungen, die an sich gar nicht der Einkommensteuer unterlägen, in gewissem Umfang von der Besteuerung ausgeschlossen würden, indem für die gesamten übernutzungen ein ermäßigter Steuersatz vorgeschrieben werde. Es handle sich also um eine Art Gewinnermittlungsvorschrift, und diese stellte grundsätzlich nicht darauf ab, ob Umstände, die den Gewinn beeinflußten, voraussehbar, abwendbar oder vom Steuerpflichtigen verschuldet worden seien. Soweit allerdings der Eichenbaumschwamm zu den regelmäßigen Schäden jeder Forstwirtschaft mit Eichenbestand gehöre und im jährlichen Fällungsplan veranschlagt werden könne, scheide seine Anerkennung als Kalamitätsnutzung aus; soweit aber die durch den Eichenbaumschwamm verursachten Nutzungen den Durchschnittssatz überstiegen, seien sie als außergewöhnliche steuerbegünstigte Kalamitätsnutzungen anzuerkennen.
Mit der Rb. macht der Vorsteher des Finanzamts geltend, daß eine durch Pilzinfektion verursachte Baumkrankheit nicht zu den im Gesetz aufgezählten Naturereignissen zu rechnen sei, weil für diese ein plötzliches und katastrophenartiges Auftreten gefordert werden müsse. Der Auffassung des Finanzgerichts, § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG 1951 sei eine von Voraussehbarkeit, Abwendbarkeit und Verschulden unabhängige Gewinnermittlungsvorschrift, stehe entgegen, daß der Reichsfinanzhof in ständiger Rechtsprechung in dieser Bestimmung lediglich eine Tarifvorschrift gesehen habe (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 158/42 vom 13. Januar 1943, RStBl 1943 S. 210; ebenso Buschhoff, Steuer und Wirtschaft 1956, Sp. 743/744). Die vom Bg. infolge Eichenbaumschwamms vorgenommenen Waldnutzungen seien voraussehbar und abwendbar gewesen, wenn er die Pflege des Forstreviers "X.-Wald" entsprechend einer ordnungsmäßigen Forstwirtschaft betrieben hätte. Daß eine erfolgreiche Bekämpfung des Eichenbaumschwamms theoretisch und praktisch möglich sei, sei in der forstpathologischen Literatur seit Jahrzehnten anerkannt (vgl. Hartig, "Die Zersetzungserscheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche"; ferner E. Münch, "Handbuch der Pflanzenkrankheiten", 3. Band, S. 322 ff.). Schließlich sei es nicht angängig, eine schematische Abrechnung von Totalitätsnutzungen nach Vomhundertsätzen des planmäßigen Abnutzungssatzes vorzunehmen. Die Totalitätsnutzungen müßten vielmehr nach den besonderen Verhältnissen des einzelnen Forstbetriebes so berücksichtigt werden, wie sie tatsächlich angefallen seien.
Der Bg. hat den Ausführungen des Vorstehers des Finanzamts in sachlicher und rechtlicher Hinsicht widersprochen und beantragt, die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Zu den Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen) im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG 1951 gehören alle Nutzungen, die infolge von Naturereignissen der im Gesetz genannten oder ähnlicher Art anfallen und zu einem Holzanfall führen, der über die mit dem forstwirtschaftlichen Betrieb verbundenen natürlichen und üblichen Schäden (sogenannte Scheitholz- oder Totalitätsschäden) hinausgeht (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs I 138/60 S vom 11. April 1961, BStBl 1961 III S. 276). Was unter höherer Gewalt im Sinne dieser Gesetzesvorschrift zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nur durch die beispielsweise angeführten Ereignisse angedeutet bzw. umschrieben. Eine genaue gesetzliche Begriffsbestimmung fehlt; es muß sich jedoch stets um ein Naturereignis handeln, das wegen seines außergewöhnlichen Umfanges und wegen der mit jedem Ereignis der Natur verbundenen Ungewißheit seines Eintritts nicht in der forstwirtschaftlichen Planung berücksichtigt werden konnte und daher zu Holznutzungen zwingt, die regelmäßig nicht als wirtschaftlich angesehen werden können. Daher können Schäden, die sich im üblichen Rahmen eines forstwirtschaftlichen Betriebes halten, nicht zu den steuerbegünstigten Kalamitätsnutzungen gerechnet werden, auch wenn sie durch ein im Gesetz aufgeführtes Naturereignis verursacht worden sind. Andererseits werden größere Schäden, die die erfahrungsgemäß auftretenden sogenannten Totalitätsschäden erheblich übersteigen, nach dem Sinn und Zweck des § 34 Abs. 3 EStG steuerlich zu begünstigen sein. Es können also auch solche Naturereignisse, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit eintreten, mithin insoweit auch voraussehbar sein, zu steuerbegünstigten Kalamitätsnutzungen führen, vorausgesetzt, daß sich die hierdurch eingetretenen Nutzungen nicht in einem nur unbedeutenden Umfange halten. Daher ist die Auffassung der Rb. abzulehnen, daß voraussehbare Naturereignisse grundsätzlich nicht zu steuerbegünstigten Kalamitätsnutzungen führen können. Zu Unrecht bezieht sich die Rb. auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 540/39 vom 23. August 1939 (RStBl 1939 S. 1056), wonach der Begriff der höheren Gewalt erfordere, daß das Ereignis nicht voraussehbar, nicht abwendbar und nicht verschuldet sei. Der Vorsteher des Finanzamts übersieht, daß es sich hier um eine in der Tatbestandsdarstellung des Urteils wiedergegebene Ansicht des damaligen Bf. handelt, dem es darauf ankam, daß nicht nur Naturereignisse, sondern auch behördliche Maßnahmen zu Kalamitätsnutzungen führen könnten. In den Entscheidungsgründen des Urteils wird jedoch ausgeführt, daß unter höherer Gewalt alle dem Waldbestand schädlichen Naturereignisse zu verstehen sind, die eine den forstwirtschaftlichen Grundsätzen zuwiderlaufende vorzeitige Waldnutzung verursachen, wozu jedoch behördliche Maßnahmen nicht gerechnet werden könnten. Eine Einschränkung im Sinne der vom Vorsteher des Finanzamts vertretenen, dem Zivilrecht entnommenen Begriffsbestimmung der höheren Gewalt ist daher dem Urteil nicht zu entnehmen. Auch aus den späteren Entscheidungen des Reichsfinanzhofs ergibt sich kein derartig einschränkender Hinweis, es wird vielmehr immer wieder hervorgehoben, daß die Unplanmäßigkeit der Kalamitätsnutzungen und die sich hieraus ergebenden Schäden für die Anwendung des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG maßgebend seien. Der Vorsteher des Finanzamts kann sich auch nicht für seine Auffassung, daß die Voraussehbarkeit eines Naturereignisses eine steuerbegünstigte Kalamitätsnutzung ausschließe, auf die von ihm angeführten Schriftsteller berufen. Eckhardt (Die Besteuerung der Forstwirtschaft, S. 41) weist vielmehr darauf hin, daß es Forstgebiete gebe, in denen schwerwiegende Naturereignisse, wie Bergrutsch, Lawinen, Insektenfraß und andere, mit gewisser Regelmäßigkeit auftreten. Der Gesetzgeber habe aber ohne Zweifel nicht beabsichtigt, wiederkehrende Schäden dieser Art von der Steuervergünstigung der Holznutzung infolge höherer Gewalt auszuschließen, vor allem dann nicht, wenn es sich um umfangreiche Schäden handle. Ebenso Hartmann-Böttcher, Groß-Kommentar zur Einkommensteuer, § 34 b, Anm. 2, d: "Größere Schäden infolge von Naturereignissen werden stets als Kalamitätsnutzungen anzusehen sein".
Bedenken bestehen allerdings gegen die Auffassung des Finanzgerichts, daß ein Verschulden des Forstwirts bzw. die Abwendbarkeit der Schäden der Gewährung der Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG nicht im Wege stünden. Schäden, die sich bei einer ordnungsmäßig durchgeführten Forstwirtschaft hätten vermeiden lassen, können nicht zu steuerlich begünstigten Kalamitätsnutzungen führen (so Eckhardt, a. a. O., S. 40). Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vergünstigungsvorschrift des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG. Jedoch wird man die Frage des Vorliegens eines Verschuldens oder der Abwendbarkeit eines Schadens nur unter Zugrundelegung eines sehr strengen Maßstabes und unter Hinzuziehung von forstwirtschaftlichen Sachverständigen entscheiden dürfen. Nur in den Fällen, in denen sich einwandfrei ein grober Verstoß gegen die anerkannten Grundsätze einer ordnungsmäßigen forstwirtschaftlichen Betriebsführung feststellen läßt, wird eine Versagung der Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG in Frage kommen.
Schließlich braucht es sich auch nicht im Gegensatz zu der Auffassung des Vorstehers des Finanzamts um außergewöhnliche, plötzlich oder katastrophenartig auftretende Ereignisse zu handeln, wie sich aus dem im Gesetz aufgeführten Beispiel des Insektenfraßes ergibt; auch schleichende Krankheiten wie etwa Rotfäule oder andere infektiöse Holzkrankheiten, soweit sie über das normale Maß hinausgehen und auf Grund forstwirtschaftlicher Erfahrungen nicht mit Erfolg zu bekämpfen sind, können zu Kalamitätsnutzungen führen. Zu Rotfäule vgl. insbesondere Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 1540/30 vom 15. Oktober 1930, besprochen in "Der Deutsche Forstwirt" 1940 S. 816, und VI 149-150/40 vom 31. Juli 1940 (Steuer und Wirtschaft 1940 Nr. 378).
Entsprechend diesen Ausführungen ist dem Finanzgericht im Ergebnis darin beizutreten, daß auch der Eichenbaumschwamm zu steuerlich begünstigten Kalamitätsnutzungen führen kann. Es handelt sich hierbei um eine Infektionskrankheit, bei der die krankheitserregenden Pilze durch Sporen, die in die Wundstelle von noch gesunden Bäumen eindringen, verbreitet werden. Diese Infektion kann nicht verhindert werden, ist also unabwendbar. Die einzige Bekämpfungsmaßnahme ist der Aushieb der befallenen Eichen, sobald die Krankheit außen am Stamme festzustellen ist, und zwar muß sofortiger Aushieb erfolgen, damit einer weiteren Entwertung des befallenen Stammes Einhalt geboten und die in diesem bestehende Infektionsquelle beseitigt und damit einer weiteren Verbreitung der Krankheit nach Möglichkeit vorgebeugt wird (vgl. die vom Vorsteher des Finanzamts in dem Verfahren vor dem Finanzgericht eingereichte Fotokopie aus dem Buch von Dr. Robert Hartig: "Die Zersetzungserscheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche"). Wenn der Vorsteher des Finanzamts nunmehr unter Berufung auf den gleichen Schriftsteller und auf E. Münch, "Schutzmaßnahmen" im "Handbuch der Pflanzenkrankheiten", 3. Band, S. 322 ff., ausführt, daß das Auftreten des Eichenbaumschwammes niemals ein Ereignis der höheren Gewalt sein könne, weil er nur die Folge einer nicht schulgerechten Forstwirtschaft sei, so kann dies weder aus den oben angeführten Darlegungen von Hartig noch aus denen von Münch gefolgert werden. Auch Münch weist darauf hin, daß in allen Fällen, in denen die Schwammverseuchung bereits eingefressen ist, planmäßiger Aushieb der Schwammbäume einzusetzen hat und daß vorbeugende Maßnahmen entsprechend den wichtigsten Krankheitsursachen in der Vermeidung von Wunden, der Regelung des Bestandsalters und der Freihaltung der Bestände von Pilzfruchtkörpern bestehen, was aber nur im intensiv bewirtschafteten Kulturwald mit Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden könne. Die Vermeidung von Eingangspforten für holzzersetzende Pilze, besonders von Astwunden und Fällungsschäden werde sich aber nur in einem gleichaltrigen, geschlossenen, kunstmäßig begründeten Hochwaldbetrieb erzielen lassen. Diese forstwirtschaftlichen Ausführungen treffen aber auf das Forstrevier "X.-Wald" des Bg. nach seiner Entstehungsgeschichte nicht zu.
Daß mit dem Auftreten des Eichenbaumschwammes in dem Forstrevier "X.-Wald" zu rechnen war und daß der Einschlag von Schwammeichen nach der Behauptung des Vorstehers des Finanzamts von jeher als Totalitätsnutzung verbucht worden sei, steht, wie bereits ausgeführt, seiner Anerkennung als Kalamitätsnutzung dann nicht im Wege, wenn er in erheblichem Umfange über den normalen Anfall hinaus in einzelnen Wirtschaftsjahren auftritt. Der vom Vorsteher des Finanzamts weiter vertretenen Auffassung, daß die Pflege des Forstreviers "X.-Wald" nicht nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Forstwirtschaft erfolgt sei, daß also das Auftreten des Eichenbaumschwammes - zumindest in dem Umfange - vom Bg. verschuldet sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Daß nach der Behauptung des Vorstehers des Finanzamts in dem fraglichen Gebiet bis 1919 kaum forstwirtschaftliche Maßnahmen durchgeführt worden sind, da jagdliche Interessen im Vordergrund gestanden hätten, muß für die Frage eines etwaigen Verschuldens hinsichtlich der in den Streitjahren aufgetretenen Schäden unberücksichtigt bleiben, da auf so lange zurückliegende Zeiträume nicht zurückgegriffen werden darf. Abgesehen hiervon hat der Bg. auch den großen Anteil alter Eichenbestände mit den hohen Umtriebszeiten von 160 bis 200 Jahren als beachtliche forstwirtschaftliche Tatsache ausreichend erklärt und darüber hinaus darauf hingewiesen, daß auch eine noch so intensive Durchforstung (im Forstrevier "X.-Wald" werden nach der unwidersprochenen Angabe des Bg. die Bestände zwei- bis dreimal im Jahrzehnt durchhauen) das Auftreten des Eichenbaumschwammes nicht verhindern könne.
Das Finanzgericht hätte jedoch über die grundsätzliche Frage, ob eine Kalamitätsnutzung im vorliegenden Fall anzunehmen ist, nicht entscheiden dürfen, ohne die weitere Frage zu prüfen, ob und in welchem Umfange es sich um Nutzungen bzw. Schäden handelt, die als regelmäßig auftretend anzusehen und daher nicht steuerbegünstigt sind. Denn erst nach Klärung dieses Tatbestandes kann ausgesprochen werden, ob und in welchem Umfange Kalamitätsnutzungen im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG 1951 gegeben sind. Da diese Streitfrage allein Gegenstand des Verfahrens ist und sie nicht in mehrere selbständige Streitpunkte aufgeteilt werden kann, haben im übrigen auch die Voraussetzungen für den Erlaß einer Zwischenentscheidung im Sinne des § 284 Abs. 2 AO nicht vorgelegen (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs I 47/58 U vom 24. November 1959, BStBl 1960 III S. 188, Slg. Bd. 70 S. 499, und IV 330/57 U vom 21. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 409, Slg. Bd. 71 S. 429).
Hiernach war die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Dabei wird, wenn die nachträgliche genaue mengenmäßige Ermittlung der tarifbegünstigten Kalamitätsnutzungen und der nicht begünstigten Totalitätsnutzungen unmöglich oder nur mit besonderen Schwierigkeiten durchführbar ist, der auf die regelmäßigen Schäden entfallende Teil des Gesamtanfalles gemäß § 217 AO zu schätzen sein. Im allgemeinen werden die von der Steuerverwaltung für bestimmte größere Gebiete festgelegten Pauschsätze der Schätzung zugrunde gelegt werden können; man wird aber, und insoweit ist der Auffassung des Vorstehers des Finanzamts zu folgen, zur Vermeidung unzulässiger Verallgemeinerungen die individuellen Verhältnisse und die Erfahrungen während einer langen Reihe von Jahren im einzelnen Betriebe angemessen zu berücksichtigen haben. Das Finanzgericht wird bei dieser gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen vorzunehmenden Ermittlung die Frage zu prüfen haben, ob und inwieweit der auffallend hohe Aufwand von Holznutzungen infolge Eichenbaumschwammes in den beiden Streitjahren nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten gleichmäßig auf eine größere Anzahl von Jahren hätte verteilt werden können, ob er also zwangsläufig in den beiden Streitjahren angefallen ist. Wie der Senat im vorletzten Absatz des Urteils IV 29/52 S vom 7. Oktober 1954 (BStBl 1954 III S. 345, Slg. Bd. 59 S. 348) ausgeführt hat, könnte eine steuerbegünstigte Kalamitätsnutzung unter Umständen entfallen, wenn im Einzelfall der Steuerpflichtige durch besondere, forstwirtschaftlich nicht gebotene Maßnahmen die Vorteile des § 34 Abs. 3 Satz 3 EStG zu erlangen sucht.
Fundstellen
Haufe-Index 410198 |
BStBl III 1962, 28 |
BFHE 1962, 69 |
BFHE 74, 69 |