Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA-Bemessungsgrundlage; Kaufpreisaufteilung auf Einzel-Wirtschaftsgüter bei gemischter Schenkung
Leitsatz (amtlich)
Ist ein erworbenes Zweifamilienhaus-Grundstück in zwei eigenständige Wirtschaftsgüter bildende Gebäudeteile (fremdvermietete Wohnung sowie einem Wohnungsberechtigten überlassene Wohnung) aufzuteilen, so ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich ―auch in Fällen der gemischten Schenkung― der Besteuerung zugrunde zu legen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zur Einkommensteuer 1998 (Streitjahr) zusammen veranlagt. Mit notariellem "Kauf- und Übergabevertrag" übertrugen die Eltern der Klägerin auf diese ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück. Nach dem Vertrag wurde die ―an einen Dritten vermietete― Dachgeschosswohnung (75qm) des Gebäudes zu einem Preis von 160 000 DM verkauft. Hinsichtlich der Erdgeschosswohnung (144qm) wurden folgende "Gegenleistungen" vereinbart: lebenslängliches dingliches Wohnrecht der Eltern, Wart und Pflege in gesunden und kranken Tagen, Pflege der künftigen Gräber der Eltern sowie die Zahlung von 40 000 DM zur Gleichstellung an die Schwester der Klägerin, die ebenso von ihren Eltern 40 000 DM erhielt - insgesamt gegen Verzicht auf etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Die Kläger ordneten im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1998 den Kaufpreis von 160 000 DM der Dachgeschosswohnung (einschließlich Anteil am Grund und Boden) zu und nahmen entsprechend eine Absetzung für Abnutzung (AfA) vor. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) verteilte den Kaufpreis hingegen auf beide Wohnungen (einschließlich Grund und Boden) und berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1998 nur eine entsprechend geringere AfA. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 151).
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Erwerbe jemand ein Gebäude mit zwei gleich großen Wohnungen, von denen er eine Wohnung dem lebenslänglich Wohnungsberechtigten überlasse und die andere weiterhin vermiete, mit der Maßgabe, dass der Kaufpreis lediglich für die vermietete Wohnung bezahlt werden soll, sei eine Zurechnung des Kaufpreises allein auf die vermietete Wohnung steuerrechtlich nicht möglich. Alleiniger Grund für die ausschließliche Zuordnung des bürgerlich-rechtlichen Gesamtkaufpreises auf die vermietete Wohnung dürften allein steuerrechtliche Auswirkungen wie hier die höhere AfA sein.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zu Recht die AfA nach dem auf die Dachgeschosswohnung entfallenden Kaufpreis von 160 000 DM (abzüglich des anteiligen Grund- und Bodenwerts) als Anschaffungskosten berechnet.
1. Das FG ist nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (vgl. Beschlüsse vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132,unter C.II.2.; vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281, unter C.II.) zutreffend davon ausgegangen, dass das von der Klägerin erworbene Zweifamilienhaus-Grundstück in (neben dem Grund und Boden) zwei eigenständige Wirtschaftsgüter bildende Gebäudeteile aufzuteilen ist, nämlich die fremdvermietete Dachgeschosswohnung und die von ihren Eltern genutzte Erdgeschosswohnung.
Auf dieser Basis hat der BFH (vgl. Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389, und IX R 40/01, BFH/NV 2003,23; s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 16. April 2002, BStBl I 2004, 464, unter 1.a) bei dem Erwerb gemischt genutzter Gebäude die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde gelegt (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BFHE 193, 326, BStBl II 2001, 183; Beschluss vom 9. Juli 2002 IV B 160/01, BFH/NV 2002, 1563); so auch in Fällen der gemischten Schenkung, s. Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 50, 51/97 (BFHE 191, 563, BStBl II 2001, 594). Dies gilt auch, wenn ―wie hier― nicht ein Gesamtkaufpreis, sondern von vornherein Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter bzw. bestimmte Leistungen vereinbart werden.
2. Nach den vorstehenden Grundsätzen hat das FG den Kaufpreis von 160 000 DM entsprechend den Vereinbarungen der Vertragsparteien zu Recht der Dachgeschosswohnung als Anschaffungskosten zugeordnet und als Bemessungsgrundlage für die AfA angesetzt.
Zum einen ergeben sich aus Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte, dass die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Eltern hinsichtlich Höhe und Zuordnung des Kaufpreises nur zum Schein getroffen sein könnten (§ 117 des Bürgerlichen Gesetzbuches) und deshalb der "Kauf- und Übergabevertrag" insoweit als Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht zu berücksichtigen ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 17. Dezember 2002 IX R 35/99, BFH/NV 2003, 611; vom 19. Oktober 1999 IX R 39/99, BFHE 190, 173, BStBl II 2000, 224, m.w.N.). Zum anderen können auch Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig gestalten; auch macht das Motiv, Steuern zu sparen, eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen i.S. des § 42 AO 1977. Insbesondere steht es dem Eigentümer eines Immobilienobjekts ―wie hier den Eltern der Klägerin― frei, dieses ohne jede Auflage oder Einschränkung entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen (vgl. BFH-Urteile vom 10. Dezember 2003 IX R 12/01, BFHE 205, 62; vom 17. Dezember 2003 IX R 60/98, BFHE 204, 485, jeweils m.w.N.) und entsprechend Preise für die Übertragung insgesamt oder für steuerrechtlich eigenständige Gebäudeteile (Wirtschaftsgüter) in Übereinstimmung mit dem Erwerber (hier: der Klägerin) festzulegen.
Dies ist im Streitfall geschehen, ohne dass Bedenken gegen die Zuordnung des Kaufpreises von 160 000 DM vorgebracht worden sind. Insoweit geht das FA von einer unzutreffenden Rechtsansicht aus. Dafür, dass der vereinbarte Kaufpreis von 160 000 DM nicht dem Verkehrswert (Marktwert) der Dachgeschosswohnung entspricht, besteht nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) kein Anhaltspunkt. Diese Würdigung des FG ist möglich, sie verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; zulässige und begründete Verfahrensrügen sind nicht erhoben worden. Die Vorentscheidung ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 1442215 |
BFH/NV 2004, 1645 |
BFH/NV 2005, 2269 |
BStBl II 2006, 9 |
BFHE 210, 233 |
BB 2005, 2450 |
DB 2005, 2561 |
DB 2005, 8 |
DStRE 2005, 1379 |
DStZ 2005, 801 |
HFR 2006, 22 |