Leitsatz (amtlich)
Verluste aus gescheiterten Betriebsstättengründungen in Spanien können in sinngemäßer Anwendung des § 2 AIG bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden.
Normenkette
AuslInvG § 2; DBA ESP Art. 7; EStG § 3 Nr. 41, § 3c
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der seinen Hauptwohnsitz im Bezirk des Finanzamts A hat, ist Inhaber einer privaten Altenpension. Die Pension befindet sich im Schloß B, dessen Eigentümer der Kläger ist. Der Betrieb liegt im Bezirk des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt C -- im folgenden: FA --).
Im Jahre 1972 schloß der Kläger mit der "X-GmbH" (im folgenden: GmbH) einen Kaufvertrag über fünf Appartements in einem Hotelgebäude in Teneriffa zum Preis von 154 500 DM ab. Er überwies an die Verkäuferin folgende Ratenzahlungen:
am 21. Februar 1972 38 625 DM
am 24. April 1972 38 625 DM
am 15. November 1973 29 625 DM
am 31. Januar 1974 9 000 DM
Nach Angaben des Klägers war beabsichtigt, insbesondere im Winter Pensionsgäste aus B nach Teneriffa zu bringen. Dieser Plan ließ sich jedoch nicht verwirklichen, da über das Vermögen der GmbH im Februar 1975 das Konkursverfahren eröffnet und der Bau des Hotelgebäudes eingestellt wurde.
Im Rahmen der gesonderten Gewinnfeststellung für 1972 bis 1974 ließ das FA die aus dem Kaufvertrag erlittenen Verluste nicht zum Abzug zu.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Auf die Klage änderte das Finanzgericht (FG) die Bescheide über die Gewinnfeststellung 1972 und 1973, indem es gewisse -- in einem anderen Zusammenhang gemachte -- Aufwendungen des Klägers als Betriebsausgaben berücksichtigte; demgemäß stellte es den Gewinn für das Jahr 1972 auf 104 769 DM, den Gewinn für das Jahr 1973 auf 76 728 DM fest. Außerdem ergänzte das FG die Bescheide über die. Gewinnfeststellung 1973 und 1974 wie folgt: "Für 1973 ist ein gewerblicher Verlust i. H. v. 21 375 DM und für 1974 ein gewerblicher Verlust von 94 500 DM nach § 2 Abs. 1 Auslandsinvestitionsgesetz bei der ESt-Veranlagung des Klägers zu berücksichtigen."
Das FG führte u. a. aus, hinsichtlich der Berücksichtigung des Verlustes aus den Anzahlungen folge es den übereinstimmenden Anträgen der Parteien, die sich in der mündlichen Verhandlung darauf geeinigt hätten, den Verlust nach § 2 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes -- InvZulG -- (gemeint ist offensichtlich: § 2 Abs. 1 des Auslandsinvestitionsgesetzes -- AIG --) bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers anzusetzen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts, soweit es die Berücksichtigung der Verluste aus den Anzahlungen für die Appartements betrifft. Die Voraussetzungen für einen Verlustabzug nach § 2 Abs. 1 AIG seien nicht gegeben.
Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als darin eine Ergänzung der Gewinnfeststellungsbescheide hinsichtlich der Berücksichtigung der Verluste aus den Anzahlungen nach § 2 Abs. 1 AIG vorgenommen wurde.
Der Kläger Beantragt, die Revision als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen gegen die Zulässigkeit der Revision keine Bedenken.
a) Die Zulässigkeit der Revision setzt u. a. voraus, daß der Rechtsmittelführer durch die von ihm angefochtene Entscheidung beschwert ist. Die Beschwer könnte z. B. fehlen, wenn der Kläger Revision einlegen würde, obwohl seinen Anträgen im finanzgerichtlichen Verfahren voll stattgegeben wurde (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 3. Juni 1976 IV R 236/71, BFHE 120, 348, BStBl II 1977, 62). Anders liegt es dagegen, wenn ein FA gegen ein Urteil des FG Revision einlegt; hier kommt es für die Zulässigkeit der Revision nicht darauf an, ob und mit welchen Ausführungen und Anträgen das FA seinen Verwaltungsakt im Verfahren vor dem FG verteidigt hat. Das FA muß die Möglichkeit haben, auch dann Revision gegen ein Urteil des FG einzulegen, wenn es seine Einlassung beim FG nicht mehr für richtig hält und deshalb eine durch das Urteil des FG eingetretene Veränderung hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsakts durch Einlegung der Revision wieder rückgängig machen möchte. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH (Beschluß vom 15. November 1971 GrS 7/70, BFHE 103, 456, BStBl II 1972, 120; Urteil vom 2. Februar 1979 VI R 108/75, BFHE 127, 37, BStBl II 1979, 338).
b) Der Ansicht des Klägers, im Streitfall lägen noch darüber hinausgehende besondere Umstände vor, die der Zulässigkeit der Revision entgegenstehen, kann nicht gefolgt werden.
Das FA hat zwar ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG durch seinen Vertreter erklärt, es sei bereit, dem Hilfsantrag des Klägers zu folgen und anzuerkennen, daß der Verlust der Anzahlungen nach § 2 AIG zu berücksichtigen sei, und zwar mit 20% der Anzahlungen für 1973 und mit 80% der Anzahlungen für 1974. Diese Erklärung ist indessen nicht -- wie der Kläger annimmt -- Gegenstand eines Vergleichs gewesen. Vergleiche über Abgabenansprüche sind nicht möglich (vgl. hierzu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 76 FGO Tz. 3). Zudem fehlt es an den äußeren Merkmalen eines Vergleichsschlusses; das Protokoll weist nichts auf, was auf einen Vergleichsabschluß schließen ließe.
Abgesehen hiervon vermag die vom FA vor dem FG abgegebene Erklärung aber auch im übrigen keine Bindung des FA hinsichtlich seines weiteren Prozeßverhaltens (etwa nach dem Grundsatz von Treu und Glauben) zu erzeugen. Insbesondere kann in der protokollierten Äußerung des FA, es sei bereit, dem Hilfsantrag des Klägers zu folgen und anzuerkennen, daß der Verlust der Anzahlungen nach § 2 AIG zu berücksichtigen sei, keine Zusage gesehen werden. Zusagen stellen hoheitliche Selbstverpflichtungen zu einem bestimmten künftigen Verhalten dar (Tipke/Kruse, a. a. O., vor § 204 AO 1977 Tz. 7). Bei der Äußerung des FA handelt es sich dagegen um eine prozessuale Erklärung, gegen den geltend gemachten Hilfsantrag des Klägers nichts mehr einwenden zu wollen. Von einer derartigen Einlassung kann sich die Finanzbehörde aber -- wie oben ausgeführt -- im Revisionsverfahren wieder distanzieren.
2. In der Sache selbst kann eine abschließende Entscheidung ohne neue tatsächliche Feststellungen durch das FG nicht getroffen werden.
a) Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, daß die Revision ohne weitere Prüfung der Rechtslage hätte zurückgewiesen werden müssen, weil das FA die mit der Klage (hilfsweise) begehrten Rechtsfolgen vor dem FG anerkannt habe.
Die Frage, ob Anerkenntnisurteile (§ 307 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --) im finanzgerichtlichen Verfahren zulässig sind, ist umstritten (ablehnend List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 95 FGO Tz. 19; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 76 Anm. 2; Tipke/Kruse, a. a. O., § 95 FGO Tz. 3 c; Ziemer/Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 95 Tz. 19; zustimmend Martens, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1968, 615; Lohse in Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, 3. Aufl., Tz. 8603 ff.). Der Senat kann dahinstehen lassen, welcher Auffassung er sich anschließt. Denn selbst wenn er die Zulässigkeit von Anerkenntnisurteilen grundsätzlich bejahen würde, könnte im Streitfall nicht von einem wirksamen Anerkenntnis ausgegangen werden.
An die Form und den Inhalt eines prozessualen Anerkenntnisses müßten gewisse Mindestanforderungen gestellt werden (vgl. Martens, a. a. O., Sp. 624; Lohse, a. a. O., Tz. 8620). Auf jeden Fall müßte erkennbar sein, daß das FA eine die Wirkungen eines Anerkenntnisurteils (vgl. § 307 ZPO) auslösende Erklärung überhaupt abgeben wollte; außerdem müßte die vom FA abgegebene Erklärung den Grund für das Anerkenntnis erkennen lassen (vgl. Lohse, a. a. O., Tz. 8620). Schon daran hat es im Streitfall gefehlt.
Bei dieser Sachlage war der Senat gehalten, in eine Prüfung der verfahrens- und materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Verlustberücksichtigung einzutreten.
b) Dabei war zunächst davon auszugehen, daß Verluste, die im Betrieb des Klägers entstanden sind, im Rahmen des gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens zu berücksichtigen sind.
Dies ergibt sich aus der -- für den Streitfall maßgebenden -- Vorschrift des § 180 Abs. 1 Nr. 2 b der Abgabenordnung (AO 1977). Hiernach werden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert festgestellt, wenn -- wie im Streitfall -- das für die gesonderte Feststellung zuständige FA nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Im Gewinnfeststellungsverfahren sind auch Feststellungen über etwaige im Zusammenhang mit einem Auslandsgeschäft entstandene Verluste zu treffen, sofern diese Verluste den betrieblichen Gewinn berühren.
Im Rahmen dieses Verfahrens müssen ferner auch solche Feststellungen über Besteuerungsgrundlagen getroffen werden, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von der Besteuerung zwar ausgenommen, gleichwohl aber bei der Festsetzung der Steuer von Bedeutung sind. Hierzu gehören insbesondere Feststellungen über Verluste aus einer in einem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätte nach § 2 AIG (§ 180 Abs. 5 AO 1977; hierzu Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., Anm. 292 ff. zu § 180 AO 1977; für den vorausgegangenen Rechtszustand vgl. BFH-Urteil vom 9. November 1978 IV R 185/74, BFHE 127, 96, BStBl II 1979, 330).
Die hierzu im gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren zu treffenden Feststellungen beschränken sich allerdings auf die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigungsfähigkeit der Verluste bei der Einkommensteuerveranlagung; der Antrag, auf den es für die Berücksichtigung nach § 2 Abs. 1 AIG außerdem noch ankommt, kann nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung gestellt werden. Die in der Tenorierung des finanzgerichtlichen Urteils zum Ausdruck gekommene Auffassung, es müsse bereits im Feststellungsverfahren darüber entschieden werden, daß die Verluste bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind, trifft daher nicht zu.
c) Verluste können den im Rahmen des gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens festzustellenden Gewinn nur dann mindern, wenn sie aus betrieblichen Vorgängen stammen. Die Frage, ob die vom Kläger geltend gemachten Verluste betrieblicher Natur waren, läßt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht entscheiden.
Es ist davon auszugehen, daß die vom Kläger aus der Anzahlung für die Appartements erworbenen Forderungen kein notwendiges Betriebsvermögen der vom Kläger betriebenen Altenpension darstellten (zu den Voraussetzungen für die Annahme notwendigen Betriebsvermögens vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582). Denn der Kläger hätte die Appartements, falls es zu einem Erwerb durch ihn gekommen wäre, ebensogut auch privat vermieten oder anderweitig nutzen können.
Ob die mit der Anzahlung erworbenen Forderungen gewillkürtes Betriebsvermögen waren, läßt sich ohne weitere Ermittlungen nicht feststellen. Die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens setzt u. a. voraus, daß die aus den Vorauszahlungen auf die Appartements sich ergebenden Forderungen dem Betriebsvermögen gewidmet waren. Hierzu hätte es eindeutiger Einlagehandlungen bedurft. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß Einlagen von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen dann nicht mehr zulässig sind, wenn bereits erkennbar ist, daß die betreffenden Wirtschaftsgüter dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur noch Verluste bringen werden (BFH-Urteil vom 25. Februar 1982 IV R 25/78, BFHE 135, 316, BStBl II 1982, 461). Bei seinen insoweit noch zu treffenden Feststellungen wird das FG insbesondere die Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht vom 21. Juni 1976 zu Tz. 14 zu berücksichtigen haben.
d) Sollten die durch den Appartementkauf erworbenen Forderungen dem Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen sein, so könnte sich dies allerdings nicht auf seine Einkünfte aus der Altenpension auswirken, weil dem Abzug der Verluste insoweit Grundsätze des Doppelbesteuerungsrechts entgegenstehen würden.
Nach Art. 7 Abs. 1 DBA-Spanien erstreckt sich das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht auf Gewinne, die in einer in Spanien gelegenen Betriebsstätte eines deutschen Unternehmens erzielt werden; die Betriebsstätteneinkünfte sind von der deutschen Steuer befreit (§ 3 Nr. 41 des Einkommensteuergesetzes -- EStG -- in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung). Diese Steuerbefreiung bewirkt, daß auch Verluste aus spanischen Betriebsstätten bei der deutschen Besteuerung nicht berücksichtigt werden können (vgl. BFH-Urteile vom 28. März 1973 I R 59/71, BFHE 109, 127, BStBl II 1973, 531, und vom 25. Februar 1976 I R 150/73, BFHE 118, 334, BStBl II 1976, 454).
Nun ist zwar davon auszugehen, daß die vom Kläger geltend gemachten Verluste nicht in einer in Spanien gelegenen "Betriebsstätte" entstanden sind; der Begriff "Betriebsstätte" bedeutet nach Art. 5 Abs. 1 DBASpanien "eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird". Etwas Derartiges hat im Streitfall nicht vorgelegen.
Gleichwohl könnte der vom Kläger geltend gemachte Verlust seinen der deutschen Besteuerung unterliegenden gewerblichen Gewinn nicht mindern. Denn dieser Verlust hätte -- sofern man die betriebliche Veranlassung der Anzahlungen unterstellt -- zu den sog. "vorbereitenden Aufwendungen" für die Errichtung einer Betriebsstätte im DBA-Ausland gehört, die nach § 3 c EStG nicht abziehbar sind. Nach § 3 c EStG dürfen Ausgaben insoweit nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Das Verbot des Betriebsausgabenabzugs besteht auch dann, wenn steuerfreie Einnahmen gegenwärtig noch nicht vorliegen, sondern erst zukünftig erwartet werden (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., Anm. 11 zu § 3 c EStG). Da die Einnahmen, die aus einer noch zu errichtenden Betriebsstätte im Ausland zukünftig erzielt werden sollen, nach DBA-Recht nicht der deutschen Besteuerung unterliegen würden, können auch die hierfür geleisteten vorbereitenden Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 1973 VI R 198/69, BFHE 110, 47, BStBl II 1973, 732). Zu diesen Aufwendungen gehören auch die im Zusammenhang mit der Errichtung einer Betriebsstätte im DBA-Ausland erlittenen Vermögensminderungen, die im Rahmen einer Teilwertabschreibung geltend gemacht werden (Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., Anm. 18 zu § 3 c EStG).
e) Für den Fall, daß die vom Kläger erlittenen Verluste betrieblicher Natur gewesen sein sollten, ist ihm allerdings die Vergünstigung nach § 2 AIG zu gewähren.
Die Vorschrift des § 2 AIG sieht für ausländische Verluste unter gewissen Voraussetzungen einen Verlustausgleich bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte in den Fällen vor, in denen ein Verlust nach dem Recht der DBA im Inland nicht berücksichtigt werden kann. Die Gewährung der Vergünstigung setzt u.a. voraus, daß ein unbeschränkt Steuerpflichtiger aus einer in einem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätte Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit hat, die nach einem DBA von der Einkommensteuer zu befreien sind. Ein Verlust, der sich nach den Vorschriften des EStG bei diesen Einkünften ergibt und nach den Vorschriften des EStG ausgeglichen oder abgezogen werden könnte, wenn die Einkünfte nicht von der Einkommensteuer zu befreien wären, kann in solchen Fällen unter gewissen Voraussetzungen auf Antrag des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AIG).
Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Fälle, in denen ein deutsches Unternehmen die Errichtung einer Betriebsstätte in einem DBA-Staat plant und im Rahmen dieser Planung "vorbereitende Aufwendungen" macht, ohne daß es dann zu der angestrebten Betriebsstättengründung kommt. Die sinngemäße Anwendung des in § 2 Abs. 1 AIG vorgesehenen Verlustausgleichs auf diese Fälle ergibt sich aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Berücksichtigung "ausländischer Verluste bei Doppelbesteuerungsabkommen" (vgl. Überschrift zu der gesetzlichen Regelung des § 2 AIG) hat zum Ziel, Nachteile auszugleichen, die bei einem abkommenslosen Zustand nicht bestehen. In der amtlichen Gesetzesbegründung zu der (zunächst als Teil des Zweiten Steueränderungsgesetzes 1968 geplanten, dann aber in einem eigenen Gesetz enthaltenen) Regelung ist hierzu folgendes ausgeführt:
"Die Möglichkeit, ausländische Verluste gegen inländische Gewinne auszugleichen, wird für deutsche Unternehmen eingeschränkt, wenn ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die ausländischen Einkünfte von der deutschen Besteuerung befreit. Dies kann für die deutsche Außenwirtschaft zu steuerlichen Nachteilen führen, die im Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz fühlbar werden und erwünschte Auslandsinvestitionen behindern können. Bemühungen, in gemeinsamer Vertragsauslegung mit den Vertragspartnern angemessene Erleichterungen zu schaffen, führten zu keinem annehmbaren Ergebnis. Es fällt daher der innerstaatlichen Gesetzgebung die Aufgabe zu, diese dringend gewordene Frage in einer mit dem Abkommen im Einklang stehenden Weise zu regeln.... " (vgl. BT-Drucks. V/3890 S. 20).
Wenn auch die aufgrund dieser Erwägungen geschaffene, nunmehr in § 2 AIG enthaltene Regelung die Möglichkeit eines Verlustausgleichs nur für Verluste aus bereits bestehenden Betriebsstätten vorsieht, so ist doch seine erweiterte Anwendung auf Verluste, die aus vorbereitenden Aufwendungen für eine gescheiterte Betriebsstättengründung stammen, geboten. Denn nach der oben (zu d) erwähnten Rechtsprechung des BFH sind die Verluste aus gescheiterten Betriebsstättengründungen in DBA-Ländern bei der Besteuerung in Deutschland genauso zu behandeln wie die Betriebsstättenverluste in solchen Ländern. In beiden Fällen besteht in gleicher Weise das Bedürfnis, Nachteile auszugleichen, die bei einem abkommenslosen Zustand nicht bestehen würden.
Die mit dem 2. Haushaltsstrukturgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1523, BStBl I 1982, 247) in das AIG eingefügte -- den Kreis der begünstigungsfähigen Tatbestände einschränkende -- Vorschrift des § 5 ist auf die Vorgänge der Streitjahre noch nicht anzuwenden.
Da es für die Entscheidung darauf ankommt, ob die entstandenen Verluste dem betrieblichen oder dem privaten Bereich zuzurechnen sind und die Vorentscheidung die hierzu erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht enthält, muß die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden.
Sollte das FG feststellen, daß die dem Kläger entstandenen Verluste seinem gewerblichen Betrieb zuzurechnen sind, so müßte aus den oben erörterten Gründen im Rahmen der Entscheidung über die gesonderte Gewinnfeststellung auch eine Feststellung über das Vorliegen eines nach § 2 AIG berücksichtigungsfähigen Verlusts aus der in Spanien versuchten Betriebsstättengründung getroffen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 74675 |
BStBl II 1983, 566 |
BFHE 1983, 366 |