Verfahrensgang
Gründe
I. Die Parteien schlossen am 6. Juli 2000 vor dem Landgericht Köln einen Vergleich ohne Widerrufsvorbehalt, in dem sich die Schuldner gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 5.000 DM an den Gläubiger verpflichteten. Am 17. Juli 2000 wurde dem Gläubiger, von Beruf Rechtsanwalt, eine Ausfertigung des Vergleichs zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt [vgl. Bl. 99 in 20 U 129/00]. Am 31. Juli 2000 forderte er die Schuldner zur Zahlung des Vergleichsbetrages bis zum 14. August 2000 auf. Die Schuldner kamen dieser Aufforderung am 9. August 2000 in Höhe von 4.000 DM nach. In Höhe weiterer 985,18 DM erklärten sie die Aufrechnung mit einer Gegenforderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Köln vom 10. Oktober 2000. Die restlichen 14,82 DM zahlten sie am 27. Oktober 2000. Einen Ausgleich der durch die Zahlungsaufforderung entstandenen anwaltlichen Kosten lehnten sie ab, weil ihnen der Titel erst am 15. November 2000 zugestellt worden sei. Daraufhin beantragte der Gläubiger die gerichtliche Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung, nämlich der Anwaltskosten für das Schreiben vom 31. Juli 2000 in Höhe von 380,48 DM sowie der Kosten für zwei Vollstreckungsaufträge vom 21. Oktober 2000 und vom 6. Januar 2001. Das für die Schuldner zu 1 und 2 örtlich zuständige Amtsgericht Langenfeld und das für die Schuldnerin zu 3 örtlich zuständige Amtsgericht Köln haben den Antrag zurückgewiesen. Die gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Langenfeld erhobene sofortige Beschwerde ist vor dem Landgericht (Einzelrichter) ohne Erfolg geblieben. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde des Gläubigers, die nur noch die Erstattungsfähigkeit der Kosten in Höhe von 380,48 DM zum Gegenstand hatte, ist der Beschluß wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen worden. Der Einzelrichter hat daraufhin das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer zur Entscheidung übertragen. Diese hat die Beschwerde des Gläubigers zurückgewiesen. Dagegen wendet er sich mit seiner - erneut zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
II. Das gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist begründet. Gemäß § 577 Abs. 5 ZPO konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden.
1. Das Beschwerdegericht meint, die Kosten für das Anwaltsschreiben vom 31. Juli 2000, das die Gebühr des § 57 BRAGO ausgelöst habe, seien nicht erstattungsfähig, weil weder vor noch mit der Vollstreckungsandrohung die Zustellung des Vollstreckungstitels nebst Vollstreckungsklausel erfolgt sei. Um den Schuldnern die bevorstehende Zwangsvollstreckung zu verdeutlichen, hätte eine solche Zustellung genügt, wobei die damit verbundene anwaltliche Tätigkeit durch die Prozeßgebühr abgegolten gewesen wäre (§§ 37 Nr. 7, 58 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO).
2. Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, die vorherige Zustellung des Vollstreckungstitels sei nicht Voraussetzung, um die Zahlungsaufforderung als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung anzusehen. Anderenfalls werde der Gläubiger benachteiligt, der vor Schaffung der formellen Voraussetzungen des § 750 ZPO dem Schuldner mit der Zahlungsaufforderung eine letzte Überlegungsmöglichkeit einräume. Es sei darüber hinaus nicht richtig, daß die Prozeßgebühr auch die anwaltliche Tätigkeit abdecke, die erforderlich sei, um den Titel an die gegnerische Partei zuzustellen.
3. Der Standpunkt der Rechtsbeschwerde, es bedürfe keiner vorherigen Zustellung des Vollstreckungstitels, steht im Einklang mit dem Beschluß des Senats vom 18. Juli 2003 (IXa ZB 146/03 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
a) Danach bestimmt sich die Notwendigkeit von Vollstreckungshandlungen, die Kosten für den Schuldner auslösen, aus Sicht des Gläubigers zum Zeitpunkt ihrer Vornahme. Wesentlich ist, ob der Gläubiger bei verständiger Würdigung der Sachlage die Maßnahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte. Die durch eine anwaltliche Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung ausgelöste Vollstreckungsgebühr ist gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 ZPO erstattungsfähig, wenn der Gläubiger - wie hier - im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels, die Fälligkeit der titulierten Forderung eingetreten und dem Schuldner vor der anwaltlichen Zahlungsaufforderung eine nach den jeweiligen Umständen angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der Forderung eingeräumt worden ist. Daß der Rechtsanwalt nicht zuvor die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels bewirkt hat, steht - ausgenommen die Fälle des § 798 ZPO - der Erstattungsfähigkeit nicht entgegen, weil auch die Kosten eines im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung an ihrer Stelle erteilten Vollstreckungsauftrages unter den genannten Voraussetzungen als notwendig anzuerkennen wären. Denn der Gläubiger kann den Gerichtsvollzieher gemäß § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO gleichzeitig mit der Zustellung und der Pfändung beauftragen, so daß der Schuldner zusätzlich mit den dadurch entstehenden Kosten belastet wird. Demgegenüber stellt sich ein Zahlungsaufforderungsschreiben mit Vollstreckungsandrohung als eine den Schuldner schonendere Maßnahme dar (aaO. unter II. 3. b).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei der für die Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung vom 31. Juli 2000 entstandenen Vollstreckungsgebühr um notwendige und damit erstattungsfähige Kosten der Zwangsvollstreckung. Der Gläubiger hat die schutzwürdigen Belange der Schuldner gewahrt und eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung verstreichen lassen. Eine voreilige Vollstreckungsmaßnahme lag somit nicht vor. Da für die Vollstreckung aus einem Prozeßvergleich die in § 798 ZPO bestimmten Voraussetzungen für die Wartefrist nicht gelten, hatte diese bereits am Tag des Vergleichsschlusses zu laufen begonnen. Die beim Vergleichsschluß anwaltlich vertretenen Schuldner kannten seit diesem Tage ihre unbedingte Zahlungsverpflichtung; der Schuldner zu 1 war darüber hinaus im landgerichtlichen Termin persönlich anwesend. Eine Zahlungsfrist ist im Vergleich nicht vereinbart, so daß die Vergleichssumme sofort zur Zahlung fällig war. Da die Schuldner innerhalb einer angemessenen Zahlungsfrist ohne Angabe von Gründen ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen waren, durfte der Gläubiger Vollstreckungsmaßnahmen für erforderlich halten.
Fundstellen
Haufe-Index 2962002 |
FamRZ 2004, 101 |