Leitsatz (amtlich)

Der Antrag auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses muss den Gegenstand der geltend gemachten Kostenpositionen in hinreichend bestimmter Form bezeichnen. Erforderlich sind eine genaue Bezeichnung des zugrunde liegenden Rechtsstreits oder Vollstreckungstitels sowie die nachvollziehbare Angabe von Grund und Höhe der einzelnen Positionen. Wird die Festsetzung von Rechtsanwaltskosten begehrt, so muss die nach § 10 Abs. 2 RVG vorzunehmende Kostenberechnung aus sich heraus verständlich sein; die Bezugnahme auf Vollstreckungsunterlagen genügt hierfür nicht.

 

Normenkette

ZPO § 103 Abs. 2, §§ 104, 107; RVG § 10 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Passau (Beschluss vom 19.02.2018; Aktenzeichen 2 T 36/18)

AG Passau (Beschluss vom 05.02.2018; Aktenzeichen 4 M 357/18)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des LG Passau - 2. Zivilkammer - vom 19.2.2018 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 276,32 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Rz. 1

I. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Mit Schriftsatz vom 23.1.2018 beantragte die Gläubigerin beim AG, gegen die Schuldnerin gem. § 788 ZPO die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung festzusetzen. Der Antrag, in dem der zugrunde liegende Vollstreckungstitel nicht bezeichnet war, enthielt eine nicht unterschriebene Übersicht der bisherigen Vollstreckungskosten mit folgendem Inhalt:

19.10.2017

Rechtsanwaltsvergütung/Vermögensauskunft

28,80 EUR

19.10.2017

Rechtsanwaltsvergütung/Einholung von Drittauskünften

28,80 EUR

6.12.2017

Gerichtsvollzieherkosten/TEML, ELFRIEDE DR 1354/17

59,31 EUR

7.12.2017

Rechtsanwaltsvergütung/Erneute Vermögensauskunft

41,40 EUR

7.12.2017

Rechtsanwaltsvergütung/Sachpfändung

41,40 EUR

22.1.2018

Gerichtsvollzieherkosten/TEML, ELFRIEDE DR 1526/17

73,11 EUR

23.1.2018

Gerichtskosten/Zustellkosten für diesen Beschluss

3,50 EUR

23.1.2018

Gesamtsaldo

Rz. 2

Dem Antrag waren Belege beigefügt. Das AG hat den Festsetzungsantrag mit Beschluss vom 5.2.2018 zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 12.2.2018 hat das AG der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt. Dieses hat nach Übertragung des Verfahrens vom Einzelrichter auf die Kammer die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 19.2.2018 zurückgewiesen.

Rz. 3

II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Kostenfestsetzungsantrag sei schon deshalb mangelhaft, weil der der Zwangsvollstreckung zugrunde liegende Vollstreckungstitel nicht angegeben sei. Es fehle ferner mangels Angabe des Gegenstandswerts, der Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und der Gebührenbezeichnung an einer ordnungsgemäßen, aus sich heraus verständlichen Berechnung der Rechtsanwaltskosten.

Rz. 4

III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der Kostenfestsetzungsantrag nicht den aus § 788 Abs. 2 und § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 10 Abs. 2 RVG folgenden formalen Anforderungen genügt.

Rz. 5

1. Nach § 788 Abs. 2 ZPO setzt das Vollstreckungsgericht die Kosten der Zwangsvollstreckung gem. §§ 103 Abs. 2, 104 und § 107 ZPO fest. Nach § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind dem Kostenfestsetzungsantrag die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege beizufügen.

Rz. 6

Der Inhalt des Antrags hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich bei dem mit ihm begehrten Kostenfestsetzungsbeschluss gem. § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO um einen Vollstreckungstitel handelt, der formell und materiell in Rechtskraft erwächst (vgl. BGH, Beschl. v. 16.1.2003 - V ZB 51/02, NJW 2003, 1462 [juris Rz. 3]; Beschl. v. 10.3.2011 - IX ZB 104/09, AGS 2011, 566 [juris Rz. 7]; MünchKomm/ZPO/Schulz, 5. Aufl., § 104 Rz. 137). Aus dem Antrag muss deshalb in bestimmter Form hervorgehen, welche Kostenpositionen Gegenstand der Geltendmachung sind. Erforderlich ist danach zunächst eine genaue Bezeichnung des zugrunde liegenden Rechtsstreits oder Vollstreckungstitels (BeckOK.ZPO/Jaspersen, 29. Ed., § 103 Rz. 27; MünchKomm/ZPO/Schulz, a.a.O., § 103 Rz. 39; Saenger/Girl, ZPO, 7. Aufl., § 103 Rz. 7). Weiter müssen Grund und Höhe der einzelnen Positionen nachvollziehbar bezeichnet werden (vgl. OLG Brandenburg, AnwBl. 2001, 306; FG Nürnberg, EFG 1989, 364; MünchKomm/ZPO/Schulz, a.a.O., § 103 Rz. 42).

Rz. 7

Bei der Geltendmachung von Rechtsanwaltskosten richtet sich der erforderliche Inhalt der Kostenberechnung nach § 10 Abs. 2 RVG (vgl. OLG Brandenburg, AnwBl. 2001, 306 [zu § 18 Abs. 2 BRAGO a.F.]; BeckOK/ZPO/Jaspersen, a.a.O., § 103 Rz. 27; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 104 Rz. 4; Saenger/Girl, a.a.O., § 103 Rz. 11). Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 RVG sieht vor, dass in der Kostenberechnung die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben sind; bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags. Die Kostenberechnung muss aus sich heraus verständlich sein.

Rz. 8

2. Danach hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsantrag der Gläubigerin zu Recht für unzureichend erachtet, weil er weder den zugrunde liegenden Rechtsstreit oder Vollstreckungstitel genau bezeichnete noch eine hinreichend detaillierte Kostenberechnung enthielt.

Rz. 9

Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, dass die jeweiligen Grundlagen und Berechnungen der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in den dem Antrag beigefügten Vollstreckungsaufträgen genannt seien. Den formalen Anforderungen des § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 10 Abs. 2 RVG ist mit Blick auf ihren Sinn, den Inhalt des beantragten Kostenfestsetzungsbeschlusses in hinreichend bestimmter Weise festzulegen, nicht dadurch genügt, dass sich die Grundlagen der Honorarberechnung aus dem Antrag beigefügten Vollstreckungsunterlagen ergeben.

Rz. 10

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 12481546

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