Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der ein für eine Gesellschaftsschuld in Anspruch genommener persönlich haftender Gesellschafter sich auf eine Verjährung der Forderung gegen die Gesellschaft nicht berufen kann, wenn die Verjährung ihm gegenüber unterbrochen wurde (BGHZ 104, 76), ist auf die Bürgschaft nicht zu übertragen (Bestätigung von BGHZ 76, 222).
Eine Partei kann Einwendungen, welche auf Gründen beruhen, die nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eingetreten sind, auch dann im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, wenn sie im Revisionsrechtszug hätten berücksichtigt werden können.
Normenkette
BGB §§ 767-768, 773; HGB § 129 Abs. 1; ZPO § 561 Abs. 1 S. 1, § 767 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Oktober 1996 aufgehoben.
Die Berufung des Streithelfers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 25. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
Der Streithelfer hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Vater des Klägers nahm in den Jahren 1983 und 1984 die Dienste der verklagten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Anspruch. Am 31. März 1984 erkannte er in zwei Urkunden an, den Beklagten für 1983 ein Honorar in Höhe von 115.700 DM und für weitere Tätigkeiten bis Ende März 1984 eine Vergütung von 89.020 DM zu schulden. Am 25. Mai 1984 verbürgte der Kläger sich auf den Anerkenntnisurkunden für die Verbindlichkeiten seines Vaters. Er wurde durch Urteil des Landgerichts Bonn vom 13. August 1985 verurteilt, an die Beklagten 204.720 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufung des Klägers wurde aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. März 1986 zurückgewiesen. Seine Revision, über die am 4. November 1987 mündlich verhandelt wurde, blieb ohne Erfolg. Weitere Schritte zur Unterbrechung der Verjährung ihrer Ansprüche gegen den Vater des Klägers, über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, unternahmen die Beklagten nicht. Sie erhoben gegen ihren jetzigen Streithelfer – einen Rechtsanwalt – Klage auf Schadensersatz, weil er sie nicht darauf hingewiesen habe, daß zur Sicherung der Bürgschaftsforderung die Verjährung der Hauptforderung zu unterbrechen sei. Gegen den Streithelfer erging ein rechtskräftig gewordenes Grundurteil.
Die Vollstreckungsgegenklage, mit welcher der Kläger unter Berufung auf die Verjährung der Hauptforderung die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 13. August 1985 geltend macht, hatte vor dem Landgericht Erfolg. Auf die Berufung des Streithelfers hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die Honorarforderungen der Beklagten gegen den Vater des Klägers seien nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren des Bürgschaftsprozesses (5. März 1986) und vor Schluß der Revisionsverhandlung (4. November 1987) verjährt. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Vaters steht dem nicht entgegen (vgl. BGHZ 95, 375, 382). Vergütungsansprüche von Steuerberatern verjähren gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 15 BGB in zwei Jahren (BGH, Urt. v. 21. November 1996 – IX ZR 159/95, WM 1997, 330, 331); gleiches gilt für Honorarforderungen von Wirtschaftsprüfern (vgl. MünchKomm-BGB/von Feldmann, 3. Aufl. § 196 Rdn. 36; Palandt/Heinrichs, BGB 57. Aufl. § 196 Rdn. 29). Die Verjährung beginnt mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entsteht (§§ 198, 201 BGB).
1. Danach verjährten die Honoraransprüche für die im Jahre 1984 erbrachten Leistungen mit Ablauf des 31. Dezember 1986. Das Schuldanerkenntnis des Vaters hat sich auf den Lauf der Verjährungsfrist nicht ausgewirkt. Die Voraussetzungen für ein abstraktes Schuldanerkenntnis, durch das ein eigenständiger vertraglicher Anspruch mit der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB begründet worden wäre (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 1982 – V ZR 251/80, NJW 1982, 1809, 1810), konnten bereits im Bürgschaftsprozeß nicht festgestellt werden; im vorliegenden Rechtsstreit fehlt dazu jeder Sachvortrag. Das Anerkenntnis vom 31. März 1984 war nicht geeignet, die Verjährung des Honoraranspruchs zu unterbrechen, weil zu diesem Zeitpunkt die Verjährung noch nicht begonnen hatte (§ 201 BGB). Wirksam hätte eine nach § 208 BGB mit einem Anerkenntnis eintretende Unterbrechung erst zu Beginn des Laufs der Verjährungsfrist am 1. Januar 1985 werden können (vgl. BGHZ 52, 47, 48). Zu diesem Zeitpunkt war der verjährungsunterbrechende Akt indes bereits beendet; denn die Unterbrechung durch ein Anerkenntnis läßt mit dem darauffolgenden Tag eine neue Verjährungsfrist beginnen (OLG Köln VersR 1995, 420, 421; Palandt/Heinrichs a.a.O. § 208 Rdn. 1). Damit blieb es bei dem ursprünglichen Verjährungsbeginn am 1. Januar 1985 (vgl. BGHZ 52, 47, 49; BGH, Urt. v. 27. September 1993 – VIII ZR 257/94, WM 1995, 2107, 2109).
2. Die Verjährung der Vergütungsansprüche für Leistungen im Jahre 1983 begann am 1. Januar 1984. Sie wurde durch das Schuldanerkenntnis vom 31. März 1984 nach § 208 BGB unterbrochen. Die neue Verjährung begann am 1. April 1984 und endete mit Ablauf des 31. März 1986, nicht – wie das Berufungsgericht gemeint hat – des 31. Dezember 1986. § 201 BGB ist auf eine neue Verjährung nach Beendigung der Unterbrechung der ursprünglichen Verjährung nicht mehr anwendbar (BGHZ 93, 287, 294; BGH, Urt. v. 20. November 1997 – IX ZR 136/97, WM 1998, 355, 357, z.V.b. in BGHZ). Der Kläger als Bürge muß sich die Unterbrechung der Verjährung durch das Anerkenntnis seines Vaters schon deshalb entgegenhalten lassen, weil er die Bürgschaft erst nach dieser ihm bekannten Erklärung übernommen hat.
II.
Der Kläger kann sich gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Verjährung der Hauptforderung berufen.
1. Die Berufung auf die Verjährung der Hauptforderung ist dem Kläger nicht schon deshalb versagt, weil sie sich erst vollendete, nachdem er aus der Bürgschaft gerichtlich in Anspruch genommen worden war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterbricht eine Klage gegen den Bürgen die Verjährung des gesicherten Anspruchs gegen den Hauptschuldner nicht. Der Bürge kann daher, selbst wenn ihm die Einrede der Vorausklage – etwa gemäß § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB – nicht zusteht, die Verjährung der Hauptforderung auch dann noch einwenden, wenn diese Verjährung erst nach Erhebung der Bürgschaftsklage eintritt (BGHZ 76, 222, 225 ff.; BGH, Urt. v. 10. Mai 1990 – IX ZR 246/89, NJW 1990, 2754, 2755). Der Senat sieht keinen Anlaß, von diesen Entscheidungen, die mit dem Willen des historischen Gesetzgebers übereinstimmen (vgl. BGB-Motive II, 663) und im Schrifttum Zustimmung gefunden haben (vgl. Rehbein JR, 1980, 506; Tiedtke ZIP 1986, 69, 75; MünchKomm-BGB/Habersack a.a.O. § 768 Rdn. 5; Staudinger/Horn, BGB 13. Aufl. § 768 Rdn. 13, 15; Graf Lambsdorff/Skora, Handbuch des Bürgschaftsrechts Rdn. 147), abzurücken.
2. Dazu nötigt auch nicht die zeitlich nach der Grundsatzentscheidung BGHZ 76, 222 ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die es dem persönlich haftenden Gesellschafter einer handelsrechtlichen Personengesellschaft untersagt, sich auf eine Verjährung der Gesellschaftsschuld zu berufen, wenn die Verjährung des ihm gegenüber bestehenden Anspruchs unterbrochen wurde (BGHZ 104, 76, 79 ff.; BGH, Urt. v. 27. April 1981 – II ZR 177/80, WM 1981, 875). Die zwischen dem Verhältnis von Hauptschuldner und Bürgen einerseits und demjenigen von handelsrechtlicher Personengesellschaft und persönlich haftendem Gesellschafter andererseits bestehenden Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung der Verjährungsfrage.
a) Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, einseitig übernommene Verbindlichkeit des Bürgen (BGHZ 113, 287, 288; BGH, Urt. v. 14. Mai 1998 – IX ZR 56/95, WM 1998, 1388, 1389, z.V.b. in BGHZ). Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht aus der Natur der Hauptschuld, und ihre Abhängigkeit von der gesicherten Hauptschuld (Akzessorietät) soll nur sicherstellen, daß der Gläubiger vom Bürgen das bekommt, was er vom Hauptschuldner nach dem jeweiligen Bestand der Hauptschuld zu bekommen hat (BGHZ 90, 187, 190). Eine Verschlechterung seiner Rechtsstellung durch eine Erweiterung der Hauptschuld, die nicht auf die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Hauptschuldners zurückzuführen ist (vgl. § 767 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB), muß sich der Bürge ebensowenig zurechnen lassen (§ 767 Abs. 1 Satz 3 BGB) wie einen Einredeverzicht des Hauptschuldners (§ 768 Abs. 2 BGB). Demgegenüber besteht zwischen der Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB und der Gesellschaftsschuld eine engere Verbindung, die sich grundsätzlich nach dem jeweiligen Stand der Gesellschaftsschuld richtet (§ 129 Abs. 1 HGB). Erweiterungen der Gesellschaftsschuld gehen ohne weiteres zu Lasten des Gesellschafters, und dieser kann Einwendungen und Einreden nicht mehr erheben, wenn sie der Gesellschaft nicht mehr zustehen (vgl. BGHZ 73, 217, 224 f.; 104, 76, 78). Insbesondere wirkt eine Unterbrechung der Verjährung der Gesellschaftsschuld zu Lasten des Gesellschafters (BGHZ 73, 217, 232 f.). Ferner muß ein persönlich haftender Gesellschafter auch ein ihm nachteiliges rechtskräftiges Urteil gegen die Gesellschaft regelmäßig gegen sich gelten lassen (BGHZ 73, 217, 224; BGH, Urt. v. 11. Dezember 1995 – II ZR 220/94, WM 1996, 204). Die Unterbrechung der Verjährung der Hauptschuld hat hingegen auf die Verjährung der Bürgenschuld keinen Einfluß (BGHZ 95, 375, 384; MünchKomm-BGB/von Feldmann a.a.O. § 208 Rdn. 2; vgl. auch Staudinger/Horn a.a.O. § 765 Rdn. 238; § 768 Rdn. 15). Auch wirkt die Rechtskraft einer dem Gläubiger günstigen Entscheidung gegen den Hauptschuldner nicht zu Lasten des Bürgen (BGHZ 107, 92, 96; BGH, Urt. v. 9. März 1993 – XI ZR 179/92, WM 1993, 683; v. 18. Mai 1995 – IX ZR 129/94, WM 1995, 1229, 1230). Dies würde dem Rechtsgedanken des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB widersprechen (vgl. RGZ 56, 109, 111).
b) Auch der Sinn der Verjährungsvorschriften vermag einen Ausschluß des Bürgen mit der Einrede, die Hauptschuld sei nach seiner gerichtlichen Inanspruchnahme verjährt, nicht zu rechtfertigen. In den Entscheidungen BGHZ 104, 76, 80 f. und vom 27. April 1981 a.a.O. wird maßgeblich darauf abgestellt, daß der verklagte Gesellschafter des Schutzes der Verjährung, deren Zweck darin liege, dem Schuldner nach Ablauf einer bestimmten Frist die Gewißheit zu geben, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, nicht mehr bedürfe, weil er zeitgerecht in seinem Prozeß alle Möglichkeiten (gehabt) habe, sich sachgerecht zu verteidigen. Dieser Gedanke mag für die Gesellschafterhaftung zutreffen. Für den (nicht ausgeschiedenen) Gesellschafter läuft grundsätzlich keine besondere Verjährungsfrist (vgl. Schlegerberger/K. Schmidt, HGB 5. Aufl. § 128 Rdn. 6; § 129 Rdn. 7). Bis zu einer gerichtlichen Inanspruchnahme des Gesellschafters kann die Gesellschaftsschuld daher grundsätzlich nicht verjährt sein. Deshalb ist es – da die persönliche Haftung des Gesellschafters „gleichwertig neben der Haftung des Gesellschaftsvermögens steht” (BGH, Urt. v. 27. April 1981 a.a.O.) – auch aus Gründen des Gläubigerschutzes zu rechtfertigen, den Gesellschafter nach seiner gerichtlichen Inanspruchnahme mit der Einrede einer Verjährung der Gesellschaftsschuld auszuschließen. Für den Bürgen kann dies nicht gelten. Die Verjährungsfrist für Hauptschuld und Bürgenschuld ist nicht notwendig gleich. Insbesondere kann die Hauptschuld vor der Bürgenschuld verjähren. Darauf darf sich der Bürge bei einer späteren Inanspruchnahme berufen. Es besteht regelmäßig kein Grund, den Bürgen diese Einrede zu versagen, wenn die Hauptschuld erst im Laufe oder nach rechtskräftigem Abschluß des Bürgenprozesses verjährt. Insbesondere erscheint eine derartige Einschränkung des Akzessorietätsprinzips nicht deshalb geboten, weil der Bürge häufig erst bei einer Insolvenz des Hauptschuldners in Anspruch genommen und ihm neben dem gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ihn übergehenden – verjährten – Anspruch in aller Regel ein Aufwendungsersatzanspruch aus dem Innenverhältnis zum Hauptschuldner zustehen wird. Bereits in der Entscheidung BGHZ 76, 222, 226 f. wurde darauf hingewiesen und im einzelnen begründet, daß die Notwendigkeit einer Klageerhebung gegen den Hauptschuldner zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung in ihren Auswirkungen auch bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft nicht so tief in dieses Institut eingreift, daß schon deshalb dem Interesse des Gläubigers an der einfacheren Durchsetzung des Bürgschaftsanspruchs nachgegeben werden müßte. Das gleiche gilt, wenn die Einrede der Vorausklage gemäß § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB wegen Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Hauptschuldners ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 95, 375, 384 f.). Der Anspruchsübergang nach § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB ist für den Bürgen zumindest in den Fällen von Bedeutung, in denen ein Anspruch aus dem Innenverhältnis aus tatsächlichen Gründen nur schwer nachweisbar ist. Gerade davor soll der Forderungsübergang den Bürgen schützen; der Übergang soll ihm eine klare Anspruchsgrundlage verschaffen und ihm so den Rückgriff erleichtern (vgl. MünchKomm-BGB/Habersack a.a.O. § 774 Rdn. 1; Staudinger/Horn a.a.O. § 774 Rdn. 3).
c) Ob sich der Bürge auf eine Verjährung der Hauptschuld auch dann mit Erfolg berufen kann, wenn eine juristische Person als Hauptschuldnerin vor Ablauf der Verjährungsfrist vermögenslos geworden, im Handelsregister gelöscht und deshalb nicht mehr parteifähig ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
III.
Allerdings hat der Kläger sich während des Bürgschaftsprozesses auf den Eintritt der Verjährung der Hauptforderung nicht berufen. Das Berufungsgericht meint deswegen, er könne diese Einrede mit der Vollstreckungsgegenklage nicht mehr erheben, sondern sei mit ihr gemäß § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, weil er die Einrede in der Revisionsinstanz des Bürgschaftsprozesses hätte geltend machen können und müssen. Neue Tatsachen seien vom Revisionsgericht aus prozeßökonomischen Gründen zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig seien oder wegen Offenkundigkeit keines Beweises bedürften, ihre Beachtung einer schnellen und endgültigen Streitbereinigung diene und keine schutzwürdigen Belange der Gegenpartei entgegenstünden. Seien diese Voraussetzungen – wie hier – erfüllt, verschiebe sich der für die Berücksichtigung des Vorbringens maßgebliche Präklusionszeitpunkt auf den Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht. Da die Einrede der Verjährung der Hauptforderung objektiv im Laufe des Revisionsverfahrens habe geltend gemacht werden können, sei Präklusion gemäß § 767 Abs. 2 ZPO eingetreten. Dieser auch im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht (vgl. insbesondere Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 561 Rdn. 29; ferner Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 322 Rdn. 237; Rimmelspacher, Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß S. 255 Fußn. 115) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Eine solche Konsequenz wird weder von dem Grundgedanken, der die Rechtsprechung zur Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren bewogen hat, noch von Sinn und Zweck des § 767 Abs. 2 ZPO gefordert.
1. § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt, daß lediglich dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104, 215, 220); neue Tatsachen dürfen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO jedoch einschränkend dahin auszulegen, daß in bestimmtem Umfang auch Tatsachen, die sich erst während des Revisionsverfahrens ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, sofern sie unstreitig sind und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. BGHZ 53, 128, 130 ff.; 85, 288, 290; 104, 215, 221; BGH, Urt. v. 11. Juli 1996 – IX ZR 81/94, WM 1996, 1599, 1601; vgl. auch BAG NJW 1990, 2641 f.). Ob dies auch für die erstmalige Geltendmachung der Verjährung gilt, deren tatsächliche Grundlage erst nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
a) Der grundsätzliche Ausschluß neuer tatsächlicher Umstände gemäß § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO trägt dem Charakter der Revisionsinstanz Rechnung, die keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsinstanz ist (vgl. Mattern JZ 1963, 649, 653), und dient zugleich der Entlastung des Revisionsgerichts von dem mit der Feststellung von Tatsachen, insbesondere einer Beweiserhebung verbundenen zusätzlichen Arbeitsaufwand (BAG, a.a.O.; Stein/Jonas/Grunsky a.a.O. § 561 Rdn. 24; Gottwald, Die Revisionsinstanz als Tatsacheninstanz S. 314). Daß als Folge des Ausschlusses ein der materiellen Rechtslage nicht entsprechendes Urteil ergehen und ein neuer Rechtsstreit notwendig werden kann, nimmt das Gesetz in Kauf. Der Gedanke der Konzentration der Revisionsinstanz auf die rechtliche Bewertung eines festgestellten Sachverhalts verliert aber an Gewicht, wenn die Berücksichtigung von neuen tatsächlichen Umständen keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht und die Belange des Prozeßgegners gewahrt bleiben. Dann ist Raum für die Überlegung, daß es aus prozeßökonomischen Gründen nicht zu verantworten ist, die vom Tatsachenausschluß betroffene Partei auf einen weiteren, gegebenenfalls durch mehrere Instanzen zu führenden Prozeß zu verweisen. Vielmehr ist in einem solchen Fall durch die Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren eine rasche und endgültige Streitbereinigung herbeizuführen (BGHZ 53, 128, 130; BGH, Urt. v. 5. Dezember 1984 – VIII ZR 87/83, WM 1985, 263, 264; v. 10. Mai 1990 – IX ZR 246/89, NJW 1990, 2754, 2755; vgl. auch Gottwald a.a.O. S. 289 ff., 313).
b) Der die Einschränkung des § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO tragende Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zwingt indes nicht zu der Annahme, die insoweit begünstigte Partei sei zur Vermeidung endgültigen Rechtsverlustes von Gesetzes wegen gehalten, den ihr eingeräumten Handlungsspielraum auch zu nutzen. Mit dem Recht, ausnahmsweise entgegen der Grundkonzeption des § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO neue Tatsachen vorzutragen und ihre Berücksichtigung unter bestimmten Umständen erwarten zu dürfen, korrespondiert nicht notwendig die Pflicht, solche Tatsachen noch im Revisionsrechtszug vorbringen zu müssen. Die allgemeine Prozeßförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 ZPO ist auf die Förderung des Verfahrens in den Tatsacheninstanzen zugeschnitten. Sie verpflichtet eine Partei, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen, auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht. Demgegenüber soll das Revisionsverfahren grundsätzlich von neuem Tatsachenvortrag freigehalten werden.
Es kann daher einer Partei nicht zu einem über den Prozeßverlust hinausgehenden Nachteil gereichen, wenn sie neue Tatsachen nicht in das Revisionsverfahren einführt. Sie kann nicht sicher davon ausgehen, daß das Vorbringen vom Revisionsgericht berücksichtigt wird, weil häufig nicht abzusehen ist, ob die neue Tatsache unstreitig bleibt oder ihrer Berücksichtigung schützenswerte Belange der Gegenpartei entgegenstehen. Wollte man sich auf den gegenteiligen Standpunkt stellen, könnte sich eine Partei gehalten sehen, alle möglichen neuen Tatsachen in der Revisionsinstanz vorzutragen, um die Rechtsfolge des § 767 Abs. 2 ZPO zu vermeiden. Hierdurch auftretende Streitfragen könnten das Revisionsverfahren nicht unerheblich verzögern. Bringt eine Partei neue Tatsachen nicht vor, sondern nimmt sie insoweit einen zweiten Rechtsstreit in Kauf, trägt sie mithin der besonderen Prozeßlage in der Revisionsinstanz Rechnung. Dann aber erscheint es nicht geboten, ihr im Zweitprozeß die Berufung auf neue Tatsachen mit dem Hinweis auf eine möglich gewesene Berücksichtigung im Revisionsverfahren des Erstprozesses zu versagen. Dagegen läßt sich nicht anführen, es komme für den Umfang der Präklusion nicht darauf an, ob eine Partei die neuen Tatsachen vorgetragen habe oder nicht (so Stein/Jonas/Grunsky a.a.O. § 561 Rdn. 29). Dies trifft zwar grundsätzlich zu (vgl. BGHZ 61, 25, 26 f., BGH, Urt. v. 17. März 1995 – V ZR 178/93, WM 1995, 1204, 1206), wird aber den Besonderheiten des Revisionsverfahrens, das eine Partei nicht zum Vorbringen neuer Tatsachen verpflichtet, sondern ihr neuen Tatsachenvortrag nur unter engen Voraussetzungen ausnahmsweise erlaubt, nicht gerecht (Gottwald a.a.O. S. 358 spricht insoweit treffend von einer „außerordentlichen Befugnis”; im Ergebnis ebenso Mattern a.a.O. S. 654 sowie AK-ZPO/Ankermann § 561 Rdn. 10).
2. Auch § 767 Abs. 2 ZPO schließt es nicht aus, bei einer Vollstreckungsgegenklage tatsächliche Umstände zu berücksichtigen, die erst nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden, aber im Revisionsverfahren nicht vorgetragen worden sind. Nach dieser Norm sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der sie nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind. Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht dagegen, daß solche Tatsachen, die nach Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Erstprozeß eingetreten und im Revisionsverfahren nicht vorgebracht worden sind, durch § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert werden; denn ein Zwang zum Vortrag neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz besteht – wie dargelegt – angesichts des grundsätzlichen Ausschlusses neuen Tatsachenvortrages gemäß § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht. Neue Tatsachen hätten daher im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden müssen (so auch Gottwald S. 358).
Zweck des § 767 Abs. 2 ZPO ist es, die materielle Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils gegenüber nachträglichen Einwendungen abzusichern und dessen Vollstreckung vor Verzögerungen zu schützen (BGHZ 125, 351, 353; BGH, Urt. v. 5. Dezember 1996 – IX ZR 67/96, WM 1997, 324, 325). Ist eine neue Tatsache im Revisionsverfahren des Vorprozesses vorgetragen und bei der Entscheidung berücksichtigt worden, tritt die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO ein, weil diese Vorschrift eine Doppelberücksichtigung von Neutatsachen verhindern soll (vgl. Mattern a.a.O. S. 654; Gottwald a.a.O. S. 356). Ob hingegen eine neue Tatsache, die in der Revisionsinstanz nicht vorgetragen worden ist, eine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO zur Folge hätte, ließe sich häufig nur mit Mühe bestimmen. Die Klärung dieser Frage würde nicht selten erhebliche tatsächliche Schwierigkeiten bereiten, zu Verfahrensverzögerungen führen und Rechtsunsicherheit hervorrufen. Sie machte Ermittlungen darüber notwendig, ob die neue Tatsache in der Revisionsinstanz des Vorprozesses unstreitig geworden wäre und Belange der Gegenseite ihrer Berücksichtigung nicht entgegengestanden hätten. Diese Belastung des Vollstreckungsgegenklageverfahrens wird vermieden, wenn der Partei die Berufung auf ein solches Vorbringen in der Revisionsinstanz des Erstprozesses zur Vermeidung eines endgültigen Rechtsverlustes nicht aufgezwungen wird. Unzumutbare Nachteile für den Prozeßgegner sind damit nicht verbunden. Er kann vorbehaltlich gerichtlicher Anordnungen nach § 769 ZPO aus dem rechtskräftigen Urteil vollstrecken. Ist die neue Tatsache unstreitig und hat sie die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung zur Folge, ist der Prozeßgegner nicht deshalb schützenswert, weil die Partei es – zu ihrem Nachteil – unterlassen hat, die Tatsachen noch in der Revisionsinstanz des Vorprozesses vorzubringen. Bleibt die neue Tatsache streitig, wäre die Partei ohnehin auf die Vollstreckungsgegenklage verwiesen worden; die damit verbundenen Verzögerungen bei der Vollstreckung hätte der Prozeßgegner in jedem Fall hinnehmen müssen.
3. Das Ergebnis stimmt überein mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu neuem tatsächlichen Vorbringen zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz. Auch wenn das Revisionsgericht die neuen Tatsachen hätte berücksichtigen können (vgl. dazu BGHZ 3, 65, 67 ff.; 5, 240, 247 ff.; 15, 59 f.; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1976 – IV ZR 147/75, NJW 1977, 498, 499), gereicht es der Partei nicht zum Verschulden im Sinne von § 582 ZPO, wenn sie dieses Vorbringen im Revisionsverfahren unterlassen hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. Oktober 1976 a.a.O.; Zöller/Greger, ZPO 20. Aufl. vor § 578 Rdn. 16).
IV.
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Hauptforderung ist – wie unter I dargelegt – verjährt; hierauf kann sich der Kläger gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen. Daher ist die landgerichtliche Entscheidung unter Aufhebung des Berufungsurteils wiederherzustellen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat der Streithelfer zu tragen, weil er allein Berufung eingelegt hat und im Revisionsverfahren unterlegen ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. März 1959 – VIII ZR 177/58, WM 1959, 724, 727 = MDR 1959, 571).
Fundstellen