Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit einer Forderungspfändung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Zulässigkeit einer Feststellungsklage des Drittschuldners gegen den Gläubiger auf Unwirksamkeit der Forderungspfändung.
Normenkette
ZPO §§ 256, 766, 829, 840, 843
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das am 10./15. Oktober 1975 an Verkündungs Statt zugestellte Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München geändert:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, die ein Speditionsunternehmen betreibt, stand mit der griechischen Exportfirma L…-K… in Geschäftsverbindung. Wegen einer Forderung gegen diese Firma erwirkte die Beklagte einen Arrest und aufgrund desselben einen Pfändungsbeschluß, mit dem die angeblichen Ansprüche der Firma L…-K… gegen die Klägerin auf Auszahlung von Beträgen, die die Empfänger von Waren zur Weiterleitung an die genannte Firma der Klägerin übergeben haben, sowie auf Weitergabe sonstiger deponierter Zahlungsmittel (Schecks oder Wechsel) bis zur Höhe von 80.000 DM gepfändet wurden. Der am 7. Juni 1974 erlassene Pfändungsbeschluß wurde der Klägerin am 11. Juni 1974 mit der Aufforderung, binnen zwei Wochen eine Erklärung gem. § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben, zugestellt. Eine derartige Erklärung gab die Klägerin nicht ab.
Am 3. Juli 1974 verzichtete die Beklagte auf die durch den Pfändungsbeschluß erworbenen Rechte. Diese Erklärung wurde der Klägerin und der Schuldnerin durch Aufgabe zur Post zugestellt. Auf Antrag der Beklagten wurde der Pfändungsbeschluß mit Beschluß vom 22. Juli 1974 aufgehoben.
Bereits am 19. Juni 1974 hatte die Klägerin Klage auf Feststellung eingereicht, daß die Pfändung von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei. Die Beklagte beantragte, die Feststellungsklage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen. Im übrigen erklärte sie die Hauptsache im Hinblick auf ihren Verzicht für erledigt. Das Landgericht wies die Klage als unbegründet ab. Mit der Berufung wiederholte die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag und beantragte hilfsweise die Feststellung, daß die Pfändung von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei und daß die Beklagte den Pfändungsbeschluß widerrechtlich dadurch erwirkt habe, daß sie schuldhaft ohne jeden Anhaltspunkt für das Bestehen tatsächlich nicht bestehende Drittschuldnerforderungen behauptet habe. Das Berufungsgericht gab dem Hauptantrag der Klägerin statt.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
I.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, daß die Feststellungsklage zulässig sei. Das Rechtsschutzinteresse für die Feststellungsklage sei zu bejahen, wenn der Feststellungsantrag gegenüber dem Leistungsantrag als der einfachere und sachgerechtere Weg angesehen werden müsse. Dabei sei hier zu beachten, daß einem Drittschuldner die leugnende Feststellungsklage zustehe und daß das Rechtsschutzinteresse für die Feststellungsklage sich auch aus den Rechtskraftwirkungen für einen Schadensersatzanspruch ergeben könne. Das Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung sei im Hinblick auf die Auswirkungen auf deren Kundenstamm offenbar. Das Rechtsschutzinteresse sei weder infolge des Verzichts der Beklagten gemäß § 843 ZPO noch der Aufhebung des Pfändungsbeschlusses noch der Erledigterklärung der Beklagten entfallen. Es sei nicht von Bedeutung, daß die Klägerin in der Zweiwochenfrist des § 840 ZPO eine Drittschuldnererklärung nicht abgegeben habe, zumal der Drittschuldner befugt sei, auch nach Ablauf der Frist eine Erklärung gemäß § 840 ZPO abzugeben und diese Erklärung in der Klageschrift enthalten sei. Die Klägerin könne daher die Feststellung verlangen, daß die Pfändung von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei.
2. Die Klage sei auch begründet, weil der Pfändungsbeschluß die zur Pfändung gestellten Forderungen zu ungenau bezeichnet habe.
3. Da dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben werde, sei über den Hilfsantrag nicht mehr zu befinden. Überdies hätte dieser keinen Erfolg haben können, weil Gegenstand einer Feststellungsklage nicht Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses sein könnten und weil insoweit nach Erhebung einer Leistungsklage durch ein Grundurteil hätte entschieden werden können.
II.
Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.
1. Die Klägerin hat ihre Feststellungsklage damit begründet, daß erstens der Schuldnerin eine Forderung gegen sie nicht zustehe und daß zweitens der Pfändungsbeschluß vom 7. Juni 1974 mangels ausreichender Bezeichnung der zu pfändenden Forderungen unwirksam sei.
2. Das Berufungsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben, weil der Pfändungsbeschluß unwirksam sei. Für die mit dieser Begründung erhobene negative Feststellungsklage fehlt indessen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts das Rechtsschutzinteresse. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob das Berufungsgericht den Pfändungsbeschluß zu Recht für unwirksam gehalten hat, was fraglich ist.
a) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das Urteil auf die Feststellungsklage geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGHZ 15, 382, 390; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO 19. Aufl. § 256 Anm. III). Das ist hier der Fall, weil nach einer wirksamen Forderungspfändung zwischen dem Gläubiger und dem Drittschuldner ein Rechtsverhältnis besteht und weil mit einer negativen Feststellungsklage geklärt werden kann, ob der Pfändungsbeschluß wirksam ist und ob mithin zwischen Gläubiger und Drittschuldner ein Rechtsverhältnis entstanden ist, aus dem sich Rechte des Gläubigers gegen den Drittschuldner ergeben können. Der Drittschuldner darf daher nach allgemeiner Meinung an sich mit einer negativen Feststellungsklage geltend machen, daß der Pfändungsbeschluß unwirksam ist (Stein/Jonas/Münzberg, aaO § 829 Anm. VII 2 a und 4; Wieczorek, Grosskommentare der Praxis, ZPO § 829 Rdn. G II a 1 und 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 35. Aufl. § 829 Anm. 7 B b a.E.; vgl. auch RGZ 93, 74, 77). Dagegen bestehen keine Bedenken.
b) Weitere Voraussetzung einer jeglichen Feststellungsklage ist indessen, daß dem Kläger kein einfacherer und billigerer Weg zur Verfügung steht, um sein Ziel zu erreichen. Unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses kann es daher erforderlich sein, einen einfacheren Rechtsbehelf zu ergreifen, der schneller und billiger zum Ziele führt (BGHZ 55, 201, 206 zur Frage des allgemeinen Rechtsschutzinteresses; BGH Urteil vom 27. November 1973 – VI ZR 171/72 = NJW 1974, 503; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, aaO Anm. III 4 a vor § 253 m.w.Nachw.).
aa) Es kann offen bleiben, ob hier ein Rechtsschutzinteresse für eine negative Feststellungsklage möglicherweise schon deshalb zu verneinen wäre, weil die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung zum Verzicht auf die durch die Pfändung erworbenen Rechte gemäß § 843 ZPO hätte auffordern können (s. unten 3 c).
bb) Denn einem Drittschuldner steht die Erinnerung gemäß § 66 ZPO gegen einen Pfändungsbeschluß zu (Stein/Jonas/Münzberg, aaO § 766 Anm. II 3 b; Wieczorek, aaO § 766 Rdn. B IV b 6 und § 829 Rdn. G II a 1 und 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO § 766 Anm. C und § 829 Anm. 7 B a; Thomas/Putzo, ZPO 9. Aufl. § 766 Anm. 5 e und § 829 Anm. 8 b aa; Zöller, ZPO 11. Aufl. § 766 Anm. 3 c; J. Blomeyer, Die Erinnerungsbefugnis Dritter in der Mobiliarzwangsvollstreckung 1966 S. 69 ff.; Stöber, Forderungspfändung 4. Aufl. S. 247). Die Klägerin hätte daher Erinnerung gegen den Pfändungsbeschluß einlegen können, um seine Aufhebung zu erreichen. Diese wäre ein einfacherer und billigerer Weg als die negative Feststellungsklage gewesen.
Die Entscheidung über eine Erinnerung ergeht infolge der Unterschiedlichkeit der Verfahren in der Regel weit schneller als ein Urteil auf eine negative Feststellungsklage. Das Verfahren nach § 766 ZPO ist auch deshalb einfacher, weil, wenn der Erinnerung stattgegeben wird, der Pfändungsbeschluß beseitigt ist, während nach erfolgreicher Feststellungsklage der Pfändungsbeschluß noch aufgehoben werden muß.
Vor allem ist eine Erinnerung erheblich billiger als eine negative Feststellungsklage. Eine Gerichtsgebühr wurde und wird nicht erhoben (Lauterbach/Hartmann, Kostengesetze 17. Aufl. GKG § 42 Anm. 1 und 18. Aufl. KV 1109 Anm. 1). Die Erinnerung muß nicht vor. einem Anwalt, sondern kann von dem Drittschuldner selbst eingelegt werden (Wieczorek, aaO § 766 Rdn. B II c; Thomas/Putzo, aaO § 766 Anm. 5 c). Legt ein Anwalt die Erinnerung ein, so erhält er gemäß § 57 BRAGO lediglich eine 3/10 Gebühr und zwar dann, wenn er nicht zuvor mit der Zwangsvollstreckung befaßt war (Lauterbach/Hartmann, aaO 17. Aufl. BRAGO § 57 Anm. 2 A b und 18. Aufl. BRAGO § 57 Anm. 2 A b). Für einen Gegenanwalt gilt nichts anderes. Demgegenüber erwachsen bei einer Klage mindestens zwei Gerichtsgebühren und für jeden Anwalt zwei 10/10 Gebühren. Auch in den Rechtsmittelinstanzen sind die Kosten nach einer Erinnerung erheblich geringer als nach einer Klage.
cc) Auf eine Erinnerung wird der Pfändungsbeschluß zwar erst mit seiner Aufhebung, also ex nunc, beseitigt, während die Klägerin die Feststellung erstrebt, daß der Pfändungsbeschluß „von Anfang an”, also ex tunc, unwirksam gewesen sei. Wie dargelegt wurde, kann ein Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage indessen nur bejaht werden, wenn die der Klage stattgebende Entscheidung die Rechtslage des Klägers beeinflußt. Eine Feststellung, daß der Pfändungsbeschluß von Anfang an unwirksam gewesen sei, beeinflußt die Rechtslage der Klägerin indessen nicht. Denn auch dann, wenn die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Pfändung Erfolg hätte, könnte der Pfändungsbeschluß nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Anders wäre das Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage zu beurteilen, die der Vorbereitung einer Klage auf Schadensersatz dient. Das ist indessen nicht Gegenstand des Hauptantrags, sondern des Hilfsantrags (s. unten 4 a und b).
3. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob eine Forderung der Firma L…-K… gegen die Klägerin bestand und ob bei Nichtbestehen einer Forderung eine negative Feststellungsklage zulässig und begründet wäre. Einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht bedarf es indessen nicht, weil auch für eine Feststellungsklage mit dieser Begründung das Rechtsschutzinteresse fehlt.
a) Infolgedessen kann hier dahingestellt bleiben, ob der Drittschuldner mit der Begründung, daß eine Forderung nicht bestehe, Feststellungsklage auf Unwirksamkeit des Pfändungsbeschlusses erheben kann, ob er nicht vielmehr in diesem Falle lediglich die Feststellung des Nichtbestehens der Forderung begehren darf (vgl. RG JW 1901, 187), und ob insoweit eine Umdeutung des Antrags der Klägerin möglich wäre.
b) Daß ein Drittschuldner negative Feststellungsklage auf Nichtbestehen der gepfändeten Forderung erheben kann, ist allgemeine Meinung (RG JW 1901, 187; OLG Hamburg OLGRspr 25, 129; OLG München NJW 1958, 68; Stein/Jonas/Münzberg, aaO § 829 Anm. VII 2 b und 4; Wieczorek, aaO § 256 Rdn. C V b 1 und § 829 Rdn. D II b; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO § 829 Anm. 7 B b a.E.). Insoweit gilt indessen gleichfalls, daß ein Rechtsschutzinteresse für eine negative Feststellungsklage zu verneinen ist, wenn der Drittschuldner sein Ziel, die Beseitigung der Pfändung, auf einem einfacheren und billigeren Weg erreichen kann.
c) Wenn eine Forderung gegen den Drittschuldner nicht besteht, bieten dazu die §§ 840, 843 ZPO einen einfacheren und billigeren Weg als eine negative Feststellungsklage. Der Drittschuldner kann gemäß § 840 Abs. 1 ZPO dem Gläubiger erklären, daß der Schuldner keine Forderung gegen ihn habe. Zu einer Erklärung über das Bestehen oder Nichtbestehen der gepfändeten Forderung ist er nach § 840 Abs. 1 ZPO ohnehin verpflichtet. Mit der Erklärung, daß eine Forderung nicht bestehe, kann der Drittschuldner dem Gläubiger Frist zur Abgabe einer Verzichtserklärung gemäß § 843 ZPO setzen.
aa) Das Reichsgericht hat in dem erwähnten Urteil (JW 1901, 187) nicht entschieden, ob ein Drittschuldner, wenn er eine Forderung des Schuldners bestreitet, vor Erhebung einer negativen Feststellungsklage nach den §§ 840, 843 ZPO vorgehen müsse; es hat lediglich darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen einer Feststellungsklage zu prüfen seien. Das Oberlandesgericht Hamburg (OLGRspr 25, 129) hat diese Frage gleichfalls nicht erörtert; den Entscheidungsgründen ist indessen zu entnehmen, daß eine Drittschuldnererklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO vorlag. Das Oberlandesgericht München (NJW 1958, 68) hat angenommen, daß der Drittschuldner vor Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine Erklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben habe und daß er danach dem Gläubiger eine angemessene Zeit zur Prüfung der Sach- und Rechtslage lassen müsse, um aufgrund dieser Prüfung eine Entscheidung darüber zu treffen, ob er dem Verlangen des Drittschuldners, auf die Rechte aus der Pfändung zu verzichten, nachkommen werde. Eine andere Beurteilung sei nur dann gerechtfertigt, wenn eine Pfändung ohne jeden vernünftigen Anhaltspunkt für das Bestehen einer Forderung erfolgt sei.
bb) Der erkennende Senat ist der Meinung, daß dann, wenn eine Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner nicht besteht, in der Regel ein Rechtsschutzinteresse für eine negative Feststellungsklage des Drittschuldners erst gegeben ist, wenn dieser gegen den Gläubiger erfolglos gemäß §§ 840, 843 ZPO vorgegangen ist. Denn ein derartiges Vorgehen kann erheblich schneller, ohne Inanspruchnahme eines Gerichts und damit einfacher und wesentlich billiger zur Beseitigung der Pfändung führen.
Falls ein Drittschuldner durch eine Erklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO, daß eine Forderung des Schuldners nicht bestehe, erreicht, daß der Gläubiger gemäß § 843 ZPO auf die durch die Pfändung erworbenen Rechte verzichtet, so ist seinem Interesse Genüge getan. Daß der Erlaß eines Pfändungsbeschlusses möglicherweise Nebenwirkungen hat, daß infolgedessen unter Umständen Kunden „abspringen”, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es liegt nahe und geschieht häufig, daß beispielsweise Bankkunden, deren Forderungen gegen eine Bank gepfändet wurden, oder Arbeitnehmer, deren Lohnansprüche gepfändet wurden, mit einer anderen Bank in Geschäftsverbindung treten bzw. sich einen anderen Arbeitsplatz suchen, um den Folgen des Pfändungsbeschlusses zu entgehen. Das ist indessen eine Folge der Möglichkeit einer Forderungspfändung, die der Gesetzgeber offensichtlich in Kauf genommen hat und die auch durch die Zulassung einer negativen Feststellungsklage nicht beseitigt werden könnte.
Ob, wie das Oberlandesgericht München (aaO) gemeint hat, eine negative Feststellungsklage dann ohne weiteres erhoben werden darf, wenn eine Pfändung ohne jeden vernünftigen Anhaltspunkt für das Bestehen einer Forderung erfolgte, kann dahingestellt bleiben. Insoweit können jedenfalls keine strengen Anforderungen gestellt werden, weil der Gläubiger von den Geschäftsbeziehungen zwischen Schuldner, und Drittschuldner in der Regel keine verläßliche Kenntnis hat. Eine Pfändung ist daher jedenfalls dann nicht ohne jeden vernünftigen Anhaltspunkt für das Bestehen einer Forderung erfolgt, wenn zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner Geschäftsbeziehungen bestehen, aus denen sich Forderungen ergeben können. Das war nach den in Bezug genommenen Schriftsätzen beider Parteien hier der Fall.
cc) Überdies wäre eine Forderungspfändung mit erheblichen Risiken verbunden, falls ein Drittschuldner bei Nichtbestehen einer Forderung des Schuldners eine Forderungspfändung ohne Abgabe einer Erklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO sofort mit einer negativen Feststellungsklage beantworten könnte, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. Denn die Klägerin erhob auf die Forderungspfändung eine negative Feststellungsklage mit einem Streitwert von 80.000 DM. Eine Forderungspfändung wäre daher ohne Risiko nur dann möglich, wenn der Gläubiger vom Bestehen einer Forderung gegen den Drittschuldner und von deren Höhe sichere Kenntnis hätte, was meist nicht der Fall ist. Daran ändert nichts, daß der Drittschuldner bei Nichtabgabe einer Erklärung gemäß § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden haftet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in einem Falle wie dem vorliegenden die Prozeßkosten des Gläubigers als Schaden im Sinne des § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzusehen wären, und ob dieser Schaden im Wege der Widerklage oder nur in einem besonderen Prozeß geltend gemacht werden könnte. Denn wegen der Kosten wäre allenfalls eine Feststellungswiderklage möglich, die einen weiteren Prozeß nicht erübrigte.
dd) Verzichtet indessen der Gläubiger trotz der Erklärung des Drittschuldners nach § 840 Abs. 1 ZPO, daß eine Forderung nicht bestehe, innerhalb angemessener Frist nicht auf die durch die Pfändung erworbenen Rechte, dann kann der Drittschuldner negative Feststellungsklage erheben. Hier hatte die Klägerin jedoch negative Feststellungsklage erhoben, ohne eine Erklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben.
4. Auch der Hilfsantrag der Klägerin, mit dem diese ersichtlich die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch schaffen will, ist unzulässig.
a) Für eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zu Schadensersatz wäre zwar ein Rechtsschutzinteresse gegeben, wenn die Klägerin ihren Schaden noch nicht beziffern konnte (Stein/Jonas/Schumann/Leipold, aaO § 256 Anm. III 5 b; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO § 256 Anm. 5). Eine derartige Klage könnte auch begründet sein. Ob insoweit als Rechtsgrundlage lediglich § 826 BGB in Betracht kommt (BGHZ 36, 18, 20/21; dazu kritisch Baur JZ 1962, 95), kann dahinstehen.
b) Gegenstand der Feststellung müßte in jedem Fall die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz sein. Im Rahmen dieser Feststellungsklage wären auch die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten sowie deren Verschulden zu prüfen. Insoweit handelt es sich jedoch lediglich um Vorfragen oder Elemente einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, die – außerhalb des Schadensersatzprozesses – nicht, wie es die Klägerin hier anstrebt, gesondert festgestellt werden können (BGHZ 22, 43, 48 und das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil vom 3. Mai 1977 – VI ZR 36/74).
c) Der Hilfsantrag der Klägerin kann nicht in einen Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten umgedeutet werden. Abgesehen von den sich aus § 308 ZPO ergebenden Bedenken hätte es nahegelegen, daß – wie das Berufungsgericht in seiner allerdings prozessual unbeachtlichen Hilfsbegründung ausgeführt hat – die von einem Rechtsanwalt beratene und vertretene Klägerin eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten geltend gemacht hätte, wenn sie eine solche Verpflichtung festgestellt wissen wollte.
III.
Auf die Revision der Beklagten war somit das Urteil des Berufungsgerichts zu ändern und die Klage als unzulässig abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 609723 |
BGHZ, 144 |
NJW 1977, 1881 |
NJW 1978, 272 |