Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. Abweg. Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums. geringfügige Unterbrechung. Einkauf von Lebensmitteln zum Verzehr in der Arbeitspause. Unfall auf dem Parkplatz eines Supermarktes
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Unterbrechung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit ist nicht geringfügig, wenn der öffentliche Verkehrsraum verlassen wird.
2. Die versicherte Tätigkeit beginnt erst wieder, wenn der Versicherte in den öffentlichen Verkehrsraum zurückgekehrt ist und den versicherten Weg in Richtung des ursprünglichen Ziels erneut aufnimmt.
Orientierungssatz
1. Es muss dass zwischen der Unterbrechung eines bestimmten Verhaltens oder einer bestimmten Verrichtung auf der tatsächlichen Ebene und der rechtlichen Wertung und Auswirkung dieser tatsächlichen Unterbrechung auf der versicherungsrechtlichen Ebene unterschieden werden (vgl BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R = BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14 und BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R).
2. Wird der Weg zum oder vom Ort der Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren (vgl BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 25 mwN).
Normenkette
SGB 7 § 8 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der Kläger war als Maschinenschlosser beschäftigt und fuhr am 14. Juli 2004 mit einem Motorroller von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte. Er verließ die zum Betrieb führende Straße und stellte auf dem Parkplatz eines Supermarktes den Motorroller ab. Nachdem der Kläger im Supermarkt Äpfel eingekauft hatte, stieß er beim Wegfahren mit seinem Motorroller noch auf dem Parkplatz des Supermarktes mit einem Pkw zusammen. Dabei zog er sich eine Verletzung des linken Sprunggelenks zu. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Entschädigung des Unfalls ab, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall handele (Bescheid vom 28. Juli 2004, Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2005).
Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat die Beklagte verurteilt, den Unfall als Arbeitsunfall zu entschädigen (Urteil vom 23. November 2005). Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Dezember 2006). Ein Arbeitsunfall in Form eines Wegeunfalls liege nicht vor, weil der hierfür erforderliche innere Zurechnungszusammenhang zwischen der generell versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung des Klägers nicht gegeben sei. Zwar sei der Kläger auf dem Weg zur Arbeitsstätte grundsätzlich versichert gewesen. Allerdings habe sich der Unfall während einer eigenwirtschaftlich bedingten mehr als geringfügigen Unterbrechung des Weges zu dem Ort der Tätigkeit ereignet. Diese Unterbrechung sei zum Zeitpunkt des Unfalles auf dem Parkplatz noch nicht beendet gewesen. Sie habe mit dem Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes durch Einbiegen auf den Parkplatz begonnen und wäre erst wieder mit dem Einbiegen von dem Parkplatz in die zum öffentlichen Verkehrsraum gehörende Straße auf dem Weg zur Arbeitsstätte beendet gewesen. Entgegen der Ansicht des SG ergebe sich nichts anderes aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Dezember 2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3) , mit dem nur über die Unterbrechung zu privatwirtschaftlichen Zwecken innerhalb des Straßenbereichs des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit entschieden worden sei. Vorliegend sei jedoch dieser Straßenbereich verlassen und zum Unfallzeitpunkt noch nicht wieder erreicht gewesen.
Mit der vom BSG zugelassenen Revision macht der Kläger eine Verletzung von § 8 Abs 2 Nr 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geltend. Das LSG habe die Bedeutung dieser Norm vor dem Hintergrund des vom BSG mit Urteil vom 9. Dezember 2003 (aaO) eingeleiteten Paradigmenwechsels zur Frage des Einbezugs von Wegeunfällen in den Versicherungsschutz verkannt. Nach dieser Entscheidung sei für das Ende einer nicht versicherten Unterbrechung des Arbeitsweges die Wiederaufnahme der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Zieles maßgebend. Dabei komme es nicht darauf an, ob sich der Betroffene von einer Parkbucht oder einem unmittelbar an die Straße grenzenden Parkplatz aus in Bewegung setze. Das BSG habe bei einer Unterbrechung des Arbeitsweges durch eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die unmittelbar in dem an den öffentlichen Verkehrsraum angrenzenden Umfeld vorgenommen werde, nicht mehr die Grenze des öffentlichen Verkehrsraumes beibehalten wollen, wenn der Betroffene bereits vor Erreichen des öffentlichen Verkehrsraumes sich mit dem Willen, den Weg zur Arbeitsstätte wieder aufzunehmen, in Bewegung gesetzt habe. Zudem verlange der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass der Einkauf von zum Verzehr in der Arbeitspause bestimmten Lebensmittel auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeit mit Fällen gleichgestellt werde, in denen der Betroffene während einer Arbeitspause das Betriebsgelände verlasse, um sich in einem in der Nähe gelegenen Geschäft Lebensmittel zum Verzehr in der Arbeitspause zu kaufen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2006 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23. November 2005 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Mit dem Urteil des BSG vom 9. Dezember 2003 (aaO) sei der Versicherungsschutz nicht ausgedehnt, sondern eingeschränkt worden. Erst mit der Wiederaufnahme des ursprünglichen Weges hätte der Kläger erneut unter Versicherungsschutz gestanden. Bei dem Lebensmittelkauf handele es sich um eine nicht versicherte Vorbereitungshandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Soweit das SG die Beklagte verurteilt hat, den "Arbeitsunfall zu entschädigen", handelt es sich um ein unzulässig unbestimmtes unechtes Grundurteil ohne einen bezüglich der "Entschädigung" vollstreckungsfähigen Inhalt (BSG Urteil vom 18. März 2008 - B 2 U 2/07 R; BSG Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 6/06 R - SGb 2007, 748, jeweils mwN) .Darüber hinaus ist der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2005 rechtmäßig, denn bei dem Unfall des Klägers vom 14. Juli 2004 handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Arbeitsunfall nicht gegeben ist, dessen Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) klären lassen (BSG Beschluss vom 27. Juni 2006 - B 2 U 77/06 B - SozR 4-1500 § 55 Nr 4 RdNr 8 f; Urteil vom 15. Februar 2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 RdNr 5; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 2 RdNr 4, jeweils mwN) .
Der Kläger hat aber keinen Arbeitsunfall erlitten und damit keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung.
Nach der Legaldefinition des § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (vgl BSG Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, jeweils RdNr 5; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, jeweils RdNr 5; Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, jeweils RdNr 10; Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 24/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 24) .
Der Kläger war zwar als Beschäftigter nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert. Nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hat er am 14. Juli 2004 bei dem Zusammenstoß als Fahrer eines Motorrollers mit einem Pkw, der zu einer Verletzung seines linken Sprunggelenks führte, auch einen Unfall erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - die Fahrt auf dem Parkplatz des Supermarktes im Anschluss an den Einkauf von Äpfeln - nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stand.
Zu den versicherten Tätigkeiten eines Versicherten zählt nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ferner das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der - auch heute umstrittene (vgl nur die Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucks 15/1070 Anl 2 S 8; vgl zu den Gründen für die Versicherung des Wegeunfalls Thüsing, SGb 2000, 595 mit rechtsvergleichenden Ausführungen) -Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von der Arbeitsstätte oder einer anderen versicherten Tätigkeit wird damit begründet, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit unternommen werden und somit eine Art Vor- oder Nachbereitungshandlung zur eigentlichen versicherten Tätigkeit darstellen. Andererseits sind diese Wege noch nicht Teil der eigentlichen versicherten Tätigkeit und rein tatsächlich werden mit solchen Wegen häufig auch private Verrichtungen und Zwecke verbunden.
Die in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII gebrauchte Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden (BSG Urteil vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 mwN) . Da der Gesetzgeber die Grundentscheidung "Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nur zu klären, ob der Versicherte, als er verunglückte, einen solchen versicherten Weg zurückgelegt und infolge dessen einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Dieser Unfallschutz setzt zunächst voraus, dass der Weg der (grundsätzlich) versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII zuzurechnen ist, weil es sich nur dann um eine nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit handelt. Sodann ist erforderlich, dass die Verrichtung während des Weges zur Zeit des Unfallereignisses in sachlichem Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stand. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung auszuüben, dh ob sein Handeln zum Weg zu oder von der Arbeitsstätte gehört (BSG Urteile vom 4. September 2007 - B 2 U 24/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 24 und vom 11. September 2001 - B 2 U 34/00 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 9 S 33, jeweils mwN) .
Nach diesen Maßstäben war der Kläger während des Unfalls am 14. Juli 2004 nicht versichert. Er stand zwar auf dem Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Der Einkauf im Supermarkt mit der Fahrt auf dem Parkplatz ist diesem Weg aber nicht zuzurechnen (dazu 1.). Es fehlt auch am inneren Zusammenhang mit der Beschäftigung. Der Weg zum Betrieb wurde durch den Erwerb der Äpfel unterbrochen. Dadurch ist der zunächst gegebene Versicherungsschutz entfallen (dazu 2.). Dieser ist nicht bereits mit dem Fahrtantritt auf dem Parkplatz im Anschluss an den Einkauf erneut begründet worden, sondern wäre erst wieder mit dem Einbiegen in die zur Arbeitsstätte führende Straße entstanden. Nichts anderes ergibt sich aus der geltend gemachten Handlungstendenz, nach dem Einkauf zur Arbeit fahren zu wollen, iVm der Entscheidung des Senats vom 9. Dezember 2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3; dazu 3.). Ein Arbeitsunfall ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Äpfel während der Arbeitszeit hätten verzehrt werden sollen (dazu 4.). Dem stehen nicht die Grundsätze zum Versicherungsschutz auf dem Weg zum oder vom Essenseinkauf während einer Arbeitspause entgegen (dazu 5.).
1. Der Kläger ist einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nachgegangen, solange und soweit er den Weg von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte zurücklegte. Dieser zum Zwecke der Arbeitsaufnahme unternommene Weg ist seiner gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Beschäftigung als Maschinenschlosser zuzurechnen. Allerdings befuhr der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht diesen Weg. Er befand sich vielmehr noch auf dem Parkplatz des Supermarktes und damit auf dem Rückweg vom Einkauf zu dem üblichen Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte. Dieser eingeschobene Weg zum und vom Einkauf ist nicht dem versicherten Weg von der Wohnung zum Betrieb zuzurechnen. Die konkrete Verrichtung zum Unfallzeitpunkt "Fahrt auf dem Parkplatz des Supermarktes nach dem Erwerb der Äpfel" steht in keiner sachlichen Beziehung zum versicherten Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte. Ein derartiger Zusammenhang oder eine darauf gerichtete Handlungstendenz ist vom Kläger auch nicht behauptet worden.
2. Die eingeschobene Verrichtung stand aber auch nicht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Beschäftigter.
Der Weg zur Arbeit wurde durch die nicht seiner Zurücklegung dienende Verrichtung des Lebensmitteleinkaufs unterbrochen. Bei diesem Einkauf handelte es sich nicht nur um eine geringfügige Unterbrechung, während der der Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII fortbestehen kann. Eine Unterbrechung ist als geringfügig anzusehen, wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" zu erledigen ist (BSG Urteile vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 RdNr 8 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3 RdNr 7 und vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14 jeweils RdNr 12) . Das ist nicht der Fall, wenn - wie hier - der öffentliche Verkehrsraum der zur Arbeitsstätte führenden Straße verlassen wird.
Eine Wegeunterbrechung führt zum Verlust des Versicherungsschutzes, da der versicherte Weg nicht mehr zurückgelegt wird. Insoweit wird zur Klarstellung der bisherigen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass zwischen der Unterbrechung eines bestimmten Verhaltens oder einer bestimmten Verrichtung auf der tatsächlichen Ebene und der rechtlichen Wertung und Auswirkung dieser tatsächlichen Unterbrechung auf der versicherungsrechtlichen Ebene zu unterscheiden ist (BSG Urteile vom 12. April 2005 - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14 jeweils RdNr 11 und vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 26/06 R) . Wird der Weg zum oder vom Ort der Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherte lediglich seine Fortbewegung beendet, um sich an Ort und Stelle einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder ob er den eingeschlagenen Weg verlässt, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren (BSG Urteil vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 mwN) .
3. Die Unterbrechung war zum Unfallzeitpunkt noch nicht beendet. Einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ist der Kläger nicht bereits wieder mit dem Fahrtantritt auf dem Parkplatz des Supermarktes nachgegangen.
Der auf Grund einer mehr als geringfügigen Unterbrechung entfallene Versicherungsschutz wird zwar mit der Beendigung der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit und der Fortsetzung des ursprünglich angetretenen Weges wieder begründet, es sei denn, aus der Dauer und der Art der Unterbrechung muss auf eine endgültige Lösung des Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit geschlossen werden (BSG Urteil vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 16 mwN) . Der Kläger hatte aber zum Unfallzeitpunkt die private Besorgung noch nicht abgeschlossen und den durch den Einkauf unterbrochenen Weg noch nicht fortgesetzt.
Die räumliche Unterbrechung beginnt spätestens dann, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum seines Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit verlässt, und endet mit dem Erreichen dieses Verkehrsraumes sowie der Wiederaufnahme der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Ziels (BSG Urteil vom 29. April 1980 - 2 RU 17/80 - SozR 2200 § 550 Nr 44 S 108, modifiziert durch Urteil vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293, 296, 301 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3 RdNr 8 und 18) . Die durch den Einkauf der Äpfel bedingte Unterbrechung ist daher mit dem Verlassen der unmittelbar zur Arbeitsstätte führenden Straße durch Einbiegen auf den Parkplatz des Supermarktes in Gang gesetzt worden und wäre erst mit dem Wiedererreichen dieser Straße und der Fortsetzung des Weges zur Arbeitsstätte beendet gewesen. Der Unfall hat sich indes auf dem Parkplatz und damit außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes der zunächst genutzten Straße in einem Bereich ereignet, den der Kläger ohne den Einkauf der Äpfel auf dem Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte weder betreten noch befahren hätte (vgl BSG Urteil vom 12. Juni 1990 - 2 RU 31/89 - SozR 3-2200 § 550 Nr 2 S 7) .
Dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt mit der Handlungstendenz unterwegs gewesen ist, zur Arbeitsstätte zu fahren, führt zu keiner anderen Beurteilung. Er beruft sich insoweit zu Unrecht auf das Urteil des Senats vom 9. Dezember 2003 (aaO). Eine privaten Zwecken dienende Unterbrechung des Weges zu oder von dem Ort der Tätigkeit bei der Benutzung eines Fahrzeuges (Pkw, Motorrad, Fahrrad) beginnt nicht immer erst mit dessen Verlassen und endet nicht schon mit dessen Wiedererreichen. Auch wird die eigenwirtschaftliche Handlungstendenz nicht erst mit dem Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes ersichtlich. Diese prägt nach der angegebenen Entscheidung vielmehr das Verhalten des Versicherten, sobald er zB mit dem Ziel des Besuchs eines Geschäftes sein Fahrzeug verlässt und dadurch dokumentiert, dass er sich (vorläufig) auf dem versicherten Weg nicht weiter fortbewegen will. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass (entgegen der zuvor herrschenden Rechtsprechung) eine Unterbrechung des versicherten Weges auch schon vor dem Überschreiten der Grenze des öffentlichen Verkehrsraumes eintreten kann, sobald deutlich wird, dass das Verhalten des Versicherten nicht mehr durch den Willen zur Fortsetzung des Weges von oder zu dem Ort der Tätigkeit, sondern durch eine andere Handlungstendenz gekennzeichnet ist. Dies war in dem der Entscheidung vom 9. Dezember 2003 zu Grunde liegenden Fall mit dem Aussteigen der Versicherten aus ihrem Wagen erkennbar. Die Versicherte hatte ihren Wagen in einer Parkbucht unmittelbar an der Straße, auf der sie den nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Weg zurücklegte, abgestellt, um in einem gegenüberliegenden Geschäft eine private Besorgung zu erledigen. Bei dem Überqueren der Straße ist sie verunglückt. Die Versicherte hatte in diesem Fall die Straße, auf der sie ihren versicherten Weg zurücklegte, nicht mit dem Pkw verlassen. Als Zeitpunkt für eine Unterbrechung des versicherten Weges kam spätestens das Aussteigen aus dem Wagen in Betracht.
Unabhängig davon, dass sich die Entscheidung vom 9. Dezember 2003 mit einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes im Bereich des öffentlichen Verkehrsraumes auseinandersetzt, im vorliegenden Fall sich der Unfall aber außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes des Weges zur Arbeit ereignete, hat der Kläger bereits vor dem Absteigen von dem Motorroller mit dem Verlassen der Straße durch das Einbiegen auf den Parkplatz des Supermarktes deutlich erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er sich vorläufig nicht mehr auf dem versicherten Weg zu dem Ort seiner Tätigkeit fortbewegen, sondern einen mit diesem Weg nicht in sachlichem Zusammenhang stehenden Einkauf verrichten wollte. Erst von dem Zeitpunkt an, ab dem der Kläger die zu seiner Arbeitsstätte führende Straße wieder erreicht gehabt und den unterbrochenen Weg dort fortgesetzt hätte, wäre auch seine Handlungstendenz wieder auf die Weiterführung des versicherten Weges von seiner Wohnung zu dem Ort seiner Tätigkeit gerichtet und damit der sachliche Zusammenhang seines Handelns mit der versicherten Tätigkeit unter diesem Gesichtspunkt erneut gegeben gewesen. Sein unmittelbar vorangegangenes Handeln, das Fahren auf dem Parkplatz, diente der Vollendung des Einkaufs. Mit dem Fahrtantritt auf dem Parkplatz war die Handlungstendenz nicht schon darauf gerichtet, den Weg zur Arbeit aufzunehmen, sondern darauf, den zum Zwecke des Einkaufs verlassenen Weg zu erreichen, um anschließend den ursprünglichen Weg fortzusetzen.
4. Wird eine versicherte Tätigkeit mehr als geringfügig unterbrochen, besteht während der Unterbrechung der Versicherungsschutz nur dann weiter, wenn die eingeschobene Verrichtung ihrerseits im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (BSG Urteil vom 9. Dezember 2003 - B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 RdNr 7 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3 RdNr 6) . Daran fehlt es hier, denn der Einkauf von Lebensmitteln gehört zum unversicherten persönlichen Lebensbereich. Der Kläger wäre selbst für den vom LSG nicht festgestellten Fall, dass der Einkauf der Äpfel dem Verzehr während der Arbeitszeit dienen sollte, nicht aus betriebsbedingten Gründen vom üblichen Weg abgewichen. Allein aus dieser Handlungstendenz kann ein Versicherungsschutz für den umstrittenen Unfall nicht hergeleitet werden. Dass der Kläger die Äpfel zur Vorbereitung der versicherten Tätigkeit mit dem Ziel erworben hätte, seine Arbeitskraft im Laufe der Arbeitszeit aufrecht zu erhalten, genügt nicht, um den sachlichen Zusammenhang zwischen einer solchen Vorbereitungshandlung und der versicherten Tätigkeit annehmen zu können.
Der Versicherungsschutz beschäftigter Personen ist grundsätzlich auf die Tätigkeiten beschränkt, die im Rahmen des nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherten Beschäftigungsverhältnisses selbst verrichtet werden. Soweit einzelne Vorbereitungshandlungen, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit vorangehen und ihre Durchführung erleichtern oder überhaupt ermöglichen, nicht von den in § 8 Abs 2 SGB VII aufgezählten vorbereitenden versicherten Tätigkeiten erfasst sind, kommt eine Ausweitung auf weitere Vorbereitungshandlungen nur in Betracht, wenn diese mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung so eng verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden. Hierfür ist ein besonders enger sachlicher, örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zu fordern, der die Vorbereitungshandlung nach den Gesamtumständen selbst bereits als Bestandteil der betrieblichen Tätigkeit erscheinen lässt (BSG Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 5 RdNr 9 f, jeweils mwN) .
Grundsätzlich reicht es nicht aus, dass eine nicht mit der versicherten Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang stehende Vorbereitungshandlung auf dem versicherten Weg zur Arbeit eingeschoben wird. Etwas anderes kann nur gelten, wenn es zur Aufnahme oder Durchführung der versicherten Tätigkeit erforderlich ist, die Vorbereitungshandlung gerade auf dem versicherten Weg vorzunehmen und aus diesem Grund der erforderliche enge sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit besteht (vgl einerseits BSG Urteil vom 18. März 1997 - 2 RU 17/96 - SozR 3-2200 § 550 Nr 16 S 62: Kauf von Schmerzmitteln bei plötzlich auftretenden Schmerzen, um die Arbeitsfähigkeit zu sichern; andererseits BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 6 RdNr 13: Holen vergessener Medikamente bei einer Dauermedikation) .
Danach ist der Einkauf der Äpfel nicht als unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende Vorbereitungshandlung anzusehen. Diese Verrichtung und die damit zusammenhängenden Wege auf dem Parkplatz standen in keinem besonders engen sachlichen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers. Sie hat das Zurücklegen des Weges zur Betriebsstätte nicht ermöglicht oder gefördert. Auch sind weder den Feststellungen des LSG noch dem Vortrag des Klägers Umstände zu entnehmen, die es zur Ausübung der Beschäftigung erfordert hätten, die Äpfel gerade auf dem Weg zur Arbeit zu erwerben. Der Kauf von Nahrungsmitteln stellt ebenso wie die Nahrungsaufnahme selbst eine persönliche Verrichtung dar, die auch dann grundsätzlich nicht mit der versicherten Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII steht, wenn sie während der versicherten Tätigkeit vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 24. Februar 2000 - B 2 U 20/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 2 mwN) .
5. Schließlich ergibt sich aus dem Versicherungsschutz auf dem Weg zum oder vom Essen während einer Arbeitspause oder zwecks Besorgung von Lebensmitteln zum Verzehr während einer solchen Pause nichts anderes. Insoweit liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) nicht vor. Dieser ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG Beschluss vom 30. März 2007 - 1 BvR 3144/06 - SozR 4-2700 § 9 Nr 10 RdNr 18 mwN) . Solche rechtfertigenden Gründe sind hier gegeben.
Der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz ist in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft. Zum einen handelt es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Zum anderen dient die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, das Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit des Weges, ist der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen worden (BSG vom 2. Juli 1996 - 2 RU 34/95 - SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN) . An diesen besonderen Beziehungen zur Betriebstätigkeit fehlt es bei einem Einkauf von Lebensmitteln vor Arbeitsantritt. Er ist weder räumlich durch den Betriebsort vorgegeben noch innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen und steht in keinem Zusammenhang mit bereits erbrachter Arbeit. Dieser grundlegende Unterschied steht einer gebotenen Gleichbehandlung beider Sachverhalte entgegen (vgl hierzu BSG Urteil vom 31. Oktober 1968 - 2 RU 122/66; Urteil vom 29. Juni 1971 - 2 RU 117/69; Urteil vom 25. Januar 1977 - 2 RU 57/75 - SozR 2200 § 550 Nr 24 S 53; Urteil vom 19. Mai 1983 - 2 RU 44/82 - BSGE 55, 139, 140 = SozR 2200 § 550 Nr 54 S 136; Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 RU 5/89 - SozR 2200 § 548 Nr 97 S 275; Urteil vom 11. Mai 1995 - 2 RU 30/94) .
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
NWB 2008, 4796 |
NZS 2009, 680 |
SGb 2009, 91 |